Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1950-2003 - Entwicklung und Bewährung

 

 


1999/2000 - 713 Schüler – Karin Bues, Tina Czermin

Die Schülerzahlen bewegten sich wieder Schritt für Schritt nach oben. Vier Eingangs­klassen füllten Zimmer und Flure mit ihrer geistigen und leibhaftigen Dynamik. Die Klas­sengrößen lagen weiter bei der Zahl 30. Neu war die ministeriell verordnete „Budgetie­rung“; das heißt, die Schule konnte zwar mehr Eigeninitiative bei der Gestaltung der Klassen und Kurse entfalten, stand aber auch immer vor dem „Dilemma, sich zwischen übergroßen Kursen oder der Einschränkung des erzieherisch so dringend benötigen Wahlkursangebotes entscheiden zu müssen.“[38] Ein wirklich großzügiges Stundendepu­tat wurde nur für den Nachführunterricht der Schülerinnen und Schüler gewährt, die durch Wettkämpfe und Training am Olympiastützpunkt Garmisch-Partenkirchen der Doppelbelastung von Schule und Leistungssport ausgesetzt waren. Studienrätin Tina Czermin unterstützte die 16 Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Kadermann­schaften vor allem in Mathematik und Physik.

Verbessert wurde die räumliche Situation zweier Fachschaften: Chemie/Biologie erhielt einen zusätzlichen Praktikumsraum mit mehreren Laborplätzen, vor allem für experi­mentelle Facharbeiten geeignet. Und die Informatik durfte nach den Herbstferien endlich die neuen und großzügig ausgestatteten Computerräume im 1. Stock beziehen. Hier standen jetzt 16 Pentium-Rechner mit 64 MB Arbeitsspeicher und dem Betriebssystem WindowsNT. Die Einzelplätze waren vernetzt, Netz I unter Novell, Netz II unter Linux. Office2000, Delphi5, MapleIV und TeX standen den kundigen Benutzern zur Verfügung. Und die neuen Möglichkeiten wurden eifrig genutzt: Schüler recherchierten im Internet für Facharbeiten und Referate, Lehrer aller Fächer setzten den Computer immer häufi­ger in ihrem Unterricht ein. „Herr aller Computer“ war Studienrat Andreas Hirsch, tatkräf­tig und kenntnisreich unterstützt wurde er von den Schülern Volker Eiseler, Dominicus Heinzeller, Markus Linderer und Pauli Ostler.

Nur die Lernmittelbücherei wollte sich nicht vollständig auf Computer umstellen lassen. Sie blieb eine Sisyphusarbeit, wie Oberstudienrat Konrad Schlaipfer, ihr Organisator und „Herr aller Bücher“, einmal festgestellt hat. Nur die „mittelalterlichen Listen“ waren, ange­regt durch die Facharbeit von Volker Eiseler, inzwischen von modernen Computerlisten abgelöst worden. Der Büchereichef wagte es sogar im Computerzeitalter zu behaupten, dass es „viele Tätigkeiten gibt, die von Hand schneller und reibungsloser vor sich ge­hen.“[39] Schüler und Lehrer nahmen und nehmen den Büchereiservice dankbar an, so­wohl den des Kollegen Schlaipfer vor Ort wie den des Landkreises als stets verständnis­vollem Sachaufwandsträger, der nicht nur das Haus „in Schuss“ gehalten hat, sondern auch die Bücherei immer wieder mit den besten Lernmitteln gefüllt hat.

Beim Vorlesewettbewerb der 6. Klassen, den Oberstudienrätin Eva Brockelt schon seit vielen Jahren zu einem voller Freude erwarteten Unterstufenglanzpunkt gestaltet hatte, siegten in diesem Jahr Sebastian Neumeyer, Matthias Gerg, Maxi Wank, Daniel Gast, Franziska Schwarzmüller, Quirin Maderspacher, Veronika Niebauer und Johann Buch­wieser. Die 6. Klassen durften sich auch über die Begegnung mit der populären Schrift­stellerin Gudrun Pausewang freuen, die von der Schule – in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Garmisch-Partenkirchen – aus ihren Jugendbüchern las. Die Klasse 8e und ihre Deutschlehrerin Karin Bues luden Johann Stoll, den verantwortlichen Redakteur des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts, ein, um von ihm zu erfahren, wie ein Re­dakteur zu seinen Themen kommt, wie so eine Zeitungsausgabe überhaupt entsteht und wie man Redakteur werden kann.

Der Gedanke, die besten Facharbeiten an den Gymnasien Ettal, St. Irmengard, Staffel­see und Werdenfels jährlich mit einem Preis auszuzeichnen, wurde von der „Hans- und Klementia-Langmatz-Stiftung“ aufgegriffen. Damit wurden im Schul­jahr 2000 erstmals Arbeiten mit einem Büchergutschein in Höhe von 250.- DM prämiert, die einen Bezug zur lokalen Geschichte, Geographie, Literatur oder Ökologie des Landkreises in den Mittelpunkt ihrer Unter­suchung stellten.

Auf der neuen Schulbühne wurden der Agatha-Christie-Krimi „Kurz vor Null“ von der Gruppe MOTIV und der Gottfried-Keller-Klassiker „Kleider machen Leute“ von der Gruppe UMWEG  aufgeführt. Der Krimi verwickelte die Zuschauer ins Geschehen und ließ sie mitraten, wer der Mörder sein könnte. Gottfried Kellers berühmte Novelle, in der ein armer Schneider unfreiwillig in den Ruf gerät, ein Graf zu sein, war von Spielleiter Gebhard Zinßer als Bühnenstück umgeschrieben worden. Ein kammermusikalisches Quartett, Schwarzes Theater und ein Schattenspiel sorgten für viel Abwechslung auf der Bühne und für großen Zuspruch durch die zahlreich erschienenen Zuschauer.

„Sag zum Abschied leise Servus“ – diese Melodie begleitete die Big-Band des Werden­fels-Gymnasiums bei ihrem letzten Auftritt. 1994 hatte Studienrat Christian Wolf die Band in der Nachfolge der „Combo“ von Peter Socher gegründet. Seither war die Big-Band ein selbstverständlicher Bestandteil aller Schulkonzerte und vieler anderer Veran­staltungen im „Werdenfels“. Die musikalische Qualität dieser Gruppe sprach sich bald herum. Engagements auf der Zugspitze und bei der Eisgala in Garmisch-Partenkirchen, bei der Schüler-Ski-Weltmeisterschaft 1997, in Berlin-Köpenick und in den Garmisch-Partenkirchner Partnerstädten Chamonix und Lahti, in Hamburg und auf der „MS Werder Bremen“ trugen den Namen des Werdenfels-Gymnasiums in die Welt hinaus. Durch den „Umzug“ des Bandleaders Christian Wolf vom Werdenfels-Gymnasium an die Spitze des neuen Richard-Strauss-Instituts in Garmisch-Partenkirchen ging diese herrliche Zeit zu Ende. Aber die „Neuen“ warteten bereits auf ihre Chance – Studienrat Volker Schubert rief die „Junior-Big-Band“ des WG ins Leben. Beim Sommerkonzert 1999 konnte sie ihr Können schon zum ersten Mal unter Beweis stellen.

Die Errichtung einer neuen Ladenzeile an der Bahnhofstraße nahm Gestalt an. Im März 2000 begann der Abriss der Behelfsläden, im Volksmund auch „Flüchtlingsläden“ ge­nannt. Ganz unumstritten war das Projekt nicht. Während Bürgermeister Toni Neidlinger die Maßnahme begrüßte, weil die Gemeinde sich davon eine attraktivere Gestaltung der Bahnhofstraße versprach, fürchteten Geschäftsleute vor allem aus dem Ortsteil Parten­kirchen durch die Ausweitung der Ladenfläche eine zusätzliche Konkurrenz. Die Kosten für das geplante zweigeschossige Büro- und Geschäftshaus mit zwei Fachräumen für die Schule waren bei etwa 4,5 Millionen DM kalkuliert.

Der Verein der „Freunde des Werdenfels-Gymnasiums“ konnte im Februar 2000 ein prominentes Mitglied gewinnen: Bundesinnenminister Otto Schily trat dem Verein bei. Und nicht ganz von ungefähr. Denn Otto Schily war mit seinen Eltern während des Zweiten Weltkrieges nach Garmisch-Partenkirchen gekommen, hatte unweit des heuti­gen Schulgebäudes in der Reintalstraße gewohnt und für einige Jahre die damalige Oberschule für Jungen besucht. Ein Klassenkamerad war Biwi Rehm, inzwischen pensi­onierter Studiendirektor und 2. Bürgermeister von Garmisch-Partenkir­chen.

Nach 35 Dienstjahren verabschiedete sich Studiendirektor Hel­mut Knab in den Ruhe­stand. Der Latein- und Sportlehrer wurde 1968 an das Werdenfels-Gymnasium versetzt. Nach einem er­gän­zenden Psychologiestudium und der Fach­ausbildung an der Akademie für Lehrerfort­bildung in Dillingen hatte Helmut Knab die Tätigkeit des Beratungslehrers am Wer­denfels-Gymna­sium über­nommen. Auch Peppi Fritz, Hausmeister seit 1985, ging zum Jahresschluss in Rente. Seine tägliche Bewährungs­probe war der Pausenverkauf am Kiosk. Im größten Schülergetümmel ließ er sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Schüler und Lehrer wünschten dem leidenschaftlichen Angler, dass „ihm weiterhin noch viele dicke Fische an den Haken gehen.“[40]

Im August musste das Werdenfels-Gymnasium von einer be­liebten und hoch geschätzten Kollegin für immer Abschied neh­men: Oberstudienrätin Ingeborg Gold­schadt war nach lan­gem Leiden verstorben. Seit 1976 hatte sie in den Fächern Eng­lisch und Deutsch unterrichtet. Sie war in Weißenburg geboren, hatte in München studiert und kam über das Peutinger-Gymna­sium Augsburg und über das St.-Irmengard-Gymnasium an das Werdenfels-Gymnasium. „Gerad­linigkeit in allen Lebensberei­chen, feste Grundsätze, die sie mit Charme vertrat,“[41] zeichneten sie aus. Immer war sie für ihre Schülerinnen und Schüler da.

 

Studiendirektor Helmut Knab

Oberstudienrätin Ingeborg Goldschadt

Hausmeister Peppi Fritz

  Helmut Knab Ingeborg Goldschadt Peppi Fritz


[38] Jahresbericht 1999/00 S. 5

[39] Jahresbericht 1999/99 S. 86

[40] ebd. S. 16

[41] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 02.08.2000

 


 

© Alois Schwarzmüller 2006