|
|
1983/84 - 956 Schüler – Hermann Anglhuber, Claudia Fritsch, Gisela Pfnür-Reichelt Der Bestimmung der Schulordnung, dass jedes Gymnasium den Schülerinnen und Schülern der Kollegstufe Studien- und Aufenthaltsräume bereitstellen muss, war bisher aus Gründen der räumlichen Enge im Schulhaus nur sehr unvollkommen Rechnung getragen worden. Mit Beginn dieses Schuljahres wurde aber eine Lösung gefunden, die – wie Schulleiter Dr. Klaus Ries stolz formulierte – „im Freistaat ihresgleichen suchen dürfte“: [5] Der Landkreis stellte der Schule ein eigenes Kollegiatenhaus zur Verfügung. Möglich geworden war das, weil die ehemalige Kreisgeschäftsstelle des Roten Kreuzes aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Werdenfels-Gymnasiums in die Fürstenstraße umgezogen war. Jetzt konnten die 232 Kollegiatinnen und Kollegiaten aus ihrem engen Kellerquartier einer ehemaligen Hausmeisterwohnung in das großzügig ausgestattete Kollegstufenhaus wechseln. Ein einmaliges Begegnungs-, Lern- und![]() Zur gleichen Zeit schlug der NATO-Doppelbeschluss hohe Wellen in der politischen Öffentlichkeit der Bundesrepublik. Die Pläne der Nachrüstungsbefürworter und die Ziele der Friedensbewegung führten auch im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zu erregten Diskussionen. Dem konnte und wollte sich die Schule nicht ganz entziehen. Die unterschiedlichen Ansichten trafen in einer Friedensveranstaltung des Werdenfels-Gymnasiums aufeinander, in der Oberleutnant Andreas Dittrich, Jugendoffizier der 1. Gebirgsdivision, und Pfarrer Hermann Bock von der evangelischen Friedenskirche in Burgrain die gegensätzlichen Standpunkte vertraten. Umrahmt wurde dieses von Oberstudienrat Gerhard Bruner geleitete „Meeting“ durch die Lieder der Schülergruppe „Weizenkorn“; Schüler der 8. Klassen boten Tee und gebackene Friedenstauben zur Stärkung an. „Tolerante Nachdenklichkeit“[6] auf beiden Seiten stand am Ende einer klugen Diskussionsrunde.Mitten im Weihnachtsfrieden, nur drei Tage vor Jahresende 1983, wurde die Schule von einer bösen Nachricht getroffen: Oberstudiendirektor Dr. Klaus Ries, Leiter des Werdenfels-Gymnasiums seit September 1982, war völlig unerwartet verstorben. Am 2. Januar 1984 wäre er 49 Jahre alt geworden. Langjährige Auslandserfahrung, die bedachtsame Liberalität und seine ungeteilte Verantwortungsfreude hatten ihn sehr schnell zu einem bei Lehrern, Eltern und Schülern in gleicher Weise beliebten und geachteten Schulleiter werden lassen. Ein tragischer Tod, der alle, die mit ihm zusammengearbeitet hatten, tief betroffen machte. Für die nächsten drei Monate lagen die Geschicke der Schule in den guten Händen von Studiendirektorin Hedwig Strobel, der Stellvertreterin des Schulleiters.
Im April 1984 wurde - in der
Nachfolge von Dr. Ries - Oberstudiendirektor Hermann Anglhuber neuer Leiter
des Werdenfels-Gymnasiums. Er war 46 Jahre alt, hatte in Passau sein Abitur
erworben Der frisch gebackene Schulleiter konnte sein Amt mit einer angenehmen Pflicht eröffnen: Er durfte den Kollegiaten Johann Braun und Bernhard Mayer zu einem großartigen Erfolg gratulieren. Die beiden hatten sich am Bundeswettbewerb Mathematik beteiligt und unter 1500 Mitbewerbern einen zweiten Preis errungen. Mit seinem Kursleiter Dr. Ludwig Götz besuchte der Leistungskurs Physik das DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) in Hamburg. Die Theatergruppen zeigten das Stück „Wer geht uns auf den Leim?“, Bertolt Brechts Parabel „Der gute Mensch von Sezuan“ und den „Gestiefelten Kater“ nach Ludwig Tieck. Studienrat Berthold Christ führte seinen Wahlkurs Russisch nach Leningrad. Auf dem Programm stand neben der Erkundung Leningrads als „Venedig des Nordens“ ein Freundschaftstreffen mit sowjetischen Komsomolzen.
![]() Und dann ging noch einer in den Ruhestand, der seit 1954 das Geschick der Schule in den Fächern Deutsch, Geschichte und Erdkunde mitgelenkt hatte: Studiendirektor Dieter Schlee. Der „Preuße mit bayerischer Liberalitas“[12] stammte aus der Uckermark, hatte nach dem Zweiten Weltkrieg in München studiert und war über Kaufbeuren und Marquardtstein ans Werdenfels-Gymnasium nach Garmisch-Partenkirchen gekommen. Er wäre wohl lieber Altertumsforscher geworden, aber „angesichts der Trümmerfelder in Deutschland erschien ihm die Bildung und Erziehung der Jugend wichtiger als archäologische Erkundungen.“[13]
1984/85 - 858 Schüler
Ein Jahr der Abschiede:
Theres
Kolbe hatte als S Das „Lehrer-Seminar“ am Werdenfels-Gymnasium wurde mit Beginn der Schuljahres um eine neue Fächerkombination bereichert. Neben die Fachseminare Deutsch/Englisch und Sport für Mädchen/Sozialkunde trat ein weiteres Ausbildungsseminar mit den Fächern Englisch und Sport für Mädchen. „Das Werdenfels-Gymnasium“, heißt es im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, „zieht manche Anregung aus der zusätzlichen Funktion, Seminarschule zu sein. In den Unterricht kann die unroutinierte Frische der jungen Lehrer Belebung bringen, gerade in der stofflich und entwicklungspsychologisch schwierigen Mittelstufe.“[15] Die Zahl der Mädchen an der Schule blieb prozentual zwischen 1978 und 1984, also in den Jahren des sehr ausgeprägten Rückgangs der Gesamtschülerzahlen von 1241 auf 865, ziemlich konstant: 1978 waren 26,1 Prozent der Neuzugänge in der 5. Jahrgangsstufe Mädchen, 1981 immerhin 34,6 Prozent und im Schuljahr 1984/85 wieder 25,8 Prozent. Der seit 1981 bestehende Austausch zwischen den Schulen der Partnerstädte Chamonix und Garmisch-Partenkirchen nahm immer konkretere Gestalt an. „Freunde aus Bayern – herzlich willkommen“: Mit diesem Gruß wurden 23 Schülerinnen und Schüler, unter ihnen auch vier Mädchen aus dem St.-Irmengard-Gymnasium, von der Partnerschule „Groupe Scolaire du Centre“ in Chamonix willkommen geheißen. Im „Collège“ und in den französischen Familien versuchten die „Werdenfelser“, die Sprachbarrieren abzubauen. Die Leitung lag bei Oberstudienrat Reiner Schmid-Egger. Im Frühjahr 1985 wurde das Austauschprogramm erweitert. Zum ersten Mal in der Geschichte der Schule begegnete eine Gruppe aus dem Werdenfels-Gymnasium englischen Schülern. Mit der Horndean-Comprehensive-School in der Nähe von Portsmouth hatten die Schüler der 10. Klasse unter Leitung von Oberstudienrat Berthold Christ einen Austauschpartner gefunden, der es ihnen möglich machte, den „English way of Life“ aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Ergänzt wurde diese immer stärker spürbare internationale Verankerung des Werdenfels-Gymnasiums durch die Gründung eines Deutsch-Amerikanischen Gesprächskreises, in dem sich auf Initiative der Schülermutter Mrs. Hen-Tov Referendare und Lehrer mit einer Gruppe amerikanischer Gäste im „Heldenkeller“ des Gymnasiums zu einem regen Gedankenaustausch trafen.
Erste Bemühungen, den
Zusammenhalt zwischen den „Ehemaligen“ des Werdenfels-Gymnasiums zu stärken,
hatte es ja schon in den frühen fünfziger Jahren gegeben. Dr. Walther
Hinrichs und Wilhelm Salisko hatten damals Listen getippt und
Informationsblätter verfasst. Jetzt wurde ein zweite
Berichtet wurde über diese
Vereinsgründung erstmals nicht nur in der Lokalpresse, sondern auch in
einem schulinternen Informationsblatt, das sich „Wir über uns – We Informationen gab es zum Beispiel über das Ergebnis des Wohltätigkeitsbasars zugunsten der Äthiopienhilfe, veranstaltet von der SMV unter der Leitung von Georg Büttel und Dominikus Zwink. Und von einem dreisten Computer-Diebstahl wurde Mitteilung gemacht: Die gesamte schuleigene Computeranlage, bestehend aus sechs Apple-Geräten und einem Matrix-Drucker, wurde im Februar entwendet. Die Diebe waren durch ein für diesen Zweck präpariertes Fenster in die Schule eingestiegen. Aber schon in der Mai-Ausgabe der „Werdenfelser Gymnasialnotizen“ konnte Entwarnung gegeben werden: „Die Computer-Freaks können aufatmen. Seit Anfang Mai steht die neu beschaffte Computer-Anlage unseren „Hackers“ wieder zur Verfügung.“[16]
Bereits im März hatte die
Schulleitung einen Antrag auf Neueinrichtung des Ausb Aber musisch war und blieb man trotzdem am WG. Das bewies wieder einmal ein Jubiläumskonzert des Schulorchesters zu Ehren von Heinrich Schütz (*1585) und Georg Friedrich Händel (*1685) unter der Stabführung von Oberstudienrat Peter Socher. Die Theatergruppen unterstrichen den musischen Anspruch gleich doppelt – einmal mit der Aufführung von Shakespeares „Komödie der Irrungen“ unter der Regie von Gerhard Bruner und zum Zweiten mit der Märchenkomödie „Die Abenteuer des braven Bertoldo“, inszeniert von Gebhard Zinßer, nach Gerd Henzler und Gerhard Bruner der dritte Theatermann des Werdenfels-Gymnasiums. Musisch gestaltet, getragen und umrahmt war auch die Verabschiedung des dreifachen schulischen Urgesteins Hedwig Strobel, Karl Baier und Dieter Schulz in den Ruhestand. [22]
Studiendirektor Dieter Schulz, geborener Berliner, gelernter Bayer, „Häuptling Silberlocke“ genannt, hatte als „Gentleman und Grandseigneur“ die Fachschaft Englisch sicher und souverän durch die Zeiten geführt. Das musische Abschieds-Kompot(t)-Pourri bescheinigte ihm, „dass der Unterricht bei Dieter das beste Englisch gewesen sei.“ Ein Freund der leisen Töne – „und doch war sein markantes Erscheinungsbild kaum zu übersehen.“ [23]
[5] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 26.09.1983 [6] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 26.10.1983 [7] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 04.04.1984 [8] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 25.05.1984 [9] ebd. [10] Jahresbericht 1983/84 S. 169 [11] ebd. [12] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 28.07.1984 [13] ebd. [14] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 10.01.1985 [15] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 04.10.1984 [16] Wir über uns – Werdenfelser Gymnasialnotizen Ausgabe Nr. 2/1985 [17] Antrag auf Neueinrichtung der Ausbildungsrichtung ‚Musisches Gymnasium’ 19.03.1985 [18] ebd. [19] ebd. [20] Schreiben des Kultusministeriums 23.04.1985 [21] ebd. [22] Studiendirektor Ernst Strobl, Mathematiker, Physiker und genialer Zeichner und Porträtist, verdanken wir dieses Bild von den drei Geehrten [23] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 30.07.1985
|
|
|
|
|
|