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1945/46 - 451 Schüler - Monsignore Josef Knott Das Schuljahr 1944/45 endete im April 1945 kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner in Garmisch-Partenkirchen. Einer der ersten Deutschen, dem sie hier begegneten, war der 67-jährige Prof. Alexander Cap aus München, 1912-1914 Forschungsreisender in die Indianergebiete Kanadas und Nordamerikas, Ehrenhäuptling „Anizaho“ – „Der Vielfraß“. Privatgelehrter, Dolmetscher, Lehrer für Englisch, Geschichte und Geographie an der Oberschule Garmisch-Partenkirchen. Schon am Vortage des Einzuges der amerikanischen Truppen war Cap ins Rathaus gerufen worden. Er begleitete dann die Übergabeverhandlungen des Ortes als Dolmetscher und fand in dem ersten Gouverneur, Major H. L. Snapp, einen alten Bekannten aus den USA wieder.Das Schulgebäude wurde zunächst von amerikanischen Soldaten belegt, dann mehrere Monate lang als Durchgangslager für Flüchtlinge und Heimatvertriebene verwendet. Mit Hilfe der Militärregierung erhielt die Schule als eine der ersten in Bayern die Erlaubnis zur Wiedereröffnung. Die Leitung der Schule wurde wieder in die Hände von Studiendirektor Josef Höllerer gelegt. Sein NS-Vorgänger Dr. Seiffert wurde von den Besatzungsstreitkräften vorübergehend interniert. Am 12. November 1945 wurde der Unterricht mit allen acht Klassen der Oberschule und einer ersten Klasse des Gymnasiums aufgenommen. Bei der Eröffnungsfeier am 20.11.1945 in der Turnhalle des Lyzeums legte Studiendirektor Höllerer vor den Vertretern der US-Militärregierung, Landrat Ritter und Bürgermeister Schütte die Ziele der neuen Schule im neuen demokratischen Staat dar. Man gedachte der mehr als hundert im Krieg gefallenen Schüler und der drei gefallenen Lehrer sowie der immer noch vermissten Soldaten. Bürgermeister Schütte rief anklagend auf „zur Entnazifizierung der Seelen unserer Jugend, zur Befolgung der Lehren Christi und zum Besten unseres geliebten Bayernlandes.“ [1]
Das Schulgebäude, 1890 als Bahnhofshotel erbaut, entsprach schon seit vielen Jahren nicht mehr den baulichen, räumlichen, hygienischen und sanitären Anforderungen einer Schule mit etwa 570 Schülern. Die Raumnot war über die Jahre unerträglich geworden. Der 1939 begonnene Neubau wurde mit Ausbruch des Krieges eingestellt, nachdem die beiden Turnhallen und die Aula im Rohbau fertig gestellt waren. Diese Bauabschnitte wurden während des Krieges von der Firma Messerschmidt für Produktionszwecke benützt. [2]
Der Schulleiter stellte in seinem ersten Jahresbericht
an das Ministerium die Lage der Schule dar: „Auf die Schwierigkeiten des
Unterrichts, die Lehrermangel, Verwendung zum Teil wenig geeigneter
Lehrkräfte, Raumnot, Mangel an Lehrmitteln aller Art mit sich brachten,
möchte das Direktorat nicht näher eingehen, da sie an allen Schulen
herrschen und dem Ministerium nicht unbekannt sind. Immerhin soll nicht
verschwiegen
werden, dass nach unserer Auffassung die baldige Beschaffung von Lehrbüchern
notwendig ist... Eltern wie Schüler Am 1.4.1946 wurde Josef Höllerer zum Oberstudien-direktor ernannt. Ende Juni 1945 war er bereits von der US-Militärregierung als Evaluator in die Sonderabteilung (Special Branch) berufen worden. Im Juli 1945 hatte ihn die US-Militärregierung in München ernannt. Im Zuge der Entnazifizierung wurden zwischen Mai und Juli 1945 elf Lehrer der ehemaligen Oberschule für Jungen von der US-Militärregierung entlassen. Dadurch konnte es auch vorkommen, dass einzelne schulische Veranstaltungen, z.B. der Sonder-Reifekurs für 53 Kriegsteilnehmer gefährdet wurden. Die US-Militärbehörde enthob etwa den Mathematiker dieses Kurses am 14. Januar 1946 des Dienstes. Erst als der Schulleiter am 08. März.1946 versicherte, dass „die Wiederaufnahme seiner dienstlichen Tätigkeit keine Gefahr für die allgemeine Sicherheit bedeuten würde,“ konnte der Kurs erfolgreich fortgesetzt werden. [4]Neue Lehrpläne gab es noch nicht. Also musste man sich mit Provisorien helfen. Zunächst wurden „alle von Stellen der nationalsozialistischen Regierung ergangenen Bestimmungen über Erziehung und Unterricht an höheren Schulen bezüglich der Leibesübungen, Wehrerziehung, Rassenkunde, Pflege des Luftfahrtgedankens, Vierjahresplan sowie über die zusätzlichen Pflichten und Aufgaben der Schule und Lehrer und alle Bestimmungen über die außerschulische Betätigung der Jugend“ aufgehoben. Die einzelnen Fachschaften stellten daraufhin den „zur Behandlung vorgesehenen Lehrstoff“ kurz gefasst zusammen und legten ihn „zur Einsicht für den Unterrichtsoffizier der örtlichen Militärregierung“ vor.[5] „Vollkommen unbrauchbar sind die Anweisungen für den Geschichtsunterricht,“ so war im KMS vom 19. Oktober 1945 zu lesen. In den neuen Lehrplänen sollte der Schwerpunkt vor allem auf der „Geschichte des deutschen Volkes mit besonderer Betonung der Kulturgeschichte“ liegen. Außerdem war die bayerische Geschichte „eingehend“ zu behandeln. Neben dem föderalistischen Gedanken wurde die Europa-Idee stark in den Vordergrund gestellt: „Die Verflochtenheit der Geschicke aller europäischen Staaten und die Entwicklung der Großstaaten der Gegenwart ist aufzuzeigen.“[6] Die Lehrmittel mussten sorgfältig gesichtet werden, aus der Lehrer- und der Schülerbibliothek wurden alle nationalsozialistischen und militaristischen Schriften entfernt. In den Klassen der Oberstufe durften vorläufig keine Bücher verwendet werden. Den Schülern waren „über die einzelnen Abschnitte des behandelten Lehrstoffes kurz gefasste Zusammenstellungen an die Hand zu geben“, die von den Fachkonferenzen erstellt und den Schülern vervielfältigt ausgehändigt werden sollten.[7]
1946/47 Die Nachkriegsnöte waren uferlos, die Klagen in den Lehrerkonferenzen endlos. Schüler trieben sich ohne Aufsicht auf der Straße herum, gingen Schwarzmarktgeschäften nach. In der Schule wurde alles gestohlen, was nicht niet- und nagelfest war – Glühlampen und Heizmaterial standen ganz oben auf der Liste der begehrten Güter. StR Dehm schlug „die Einrichtung einer bewachten Kleiderabgabe vor“, da sich die Diebstähle so sehr vermehrt hatten. Der Schulleiter regte an „das Schulgebäude während der Schulzeit verschlossen zu halten und Besucher von auswärts eventuell einer Kontrolle – durch Vorzeigen der Kennkarte - zu unterziehen.“ [8] Ein Schüler aus der 5. Klasse, der sich an schweren Diebstählen beteiligt hatte, zeigte bei der Vernehmung durch den Schulleiter immerhin Reue und gab an, „dass er sich durch den Verkauf der gestohlenen Sachen zusätzliche Nahrungsmittel verschaffen wollte, da er dauernd hungrig sei. (Der Schüler) entstammt einer anständigen Familie, deren Ernährer zur Zeit interniert ist.“[9] Die Klasse 5a wurde in diesem Schuljahr von 36 Schülern besucht. Bei 13 von ihnen hieß es im Schülerbogen „Vater interniert, enthoben oder in fremdem Beruf“, in elf Fällen waren die „Eltern evakuiert oder Flüchtlinge“, acht Mal war der „Vater nicht in der Familiengemeinschaft“ und einmal „Mutter nicht in der Familiengemeinschaft.“[10]
Im Winter 1946/47 führte der Kohlenmangel sogar zu
einer Unterbrechu Die Unterrichtssituation blieb lange gekennzeichnet durch den Mangel an Lehrbüchern, der „immer noch als größtes und unangenehmstes Hindernis der vollen Entfaltung des Unterrichts im Wege“ steht. Ein unverhältnismäßig großer Teil der Unterrichtszeit musste für das Diktieren der Aufgaben und des Stoffes verwendet werden, da die Vervielfältigung von Texten wegen des Mangels an Papier nur in beschränktem Umfang möglich war. Aus diesem Grund konnte auch weder ein gedruckter Jahresbericht noch ein Schulprogramm herausgegeben werden. [12]Der schon seit Jahren angemahnte Schulhausneubau scheiterte in dieser Zeit „immer wieder an dem Mangel an Baustoffen und Arbeitskräften. Nunmehr soll versucht werden, Schulbaracken zu bekommen.“[13] Für Kriegsteilnehmer wurde vom 7. Oktober 1946 bis zum 23. Mai 1947 ein Sonderlehrgang zum Erwerb des Abiturs durchgeführt. Von 24 Teilnehmern bestanden 20 die Reifeprüfung. Im Zusammenhang mit der Entnazifizierung auf Grund §58 des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus mussten im laufenden Schuljahr weitere fünf Lehrer vorübergehend aus dem Dienst ausscheiden.
[1] Hochlandbote 21.11.1945 [2] alle Informationen aus dem Jahresbericht 1945/46 der Schulleitung [3] Jahresbericht 1945/46 [4] Jahresbericht 1945/46 [5] KMS Nr. VIII 26261 vom 19.10.1945 [6] KMS Nr. VIII 26261 vom 19.10.1945 [7] KMS Nr. VIII 26261 vom 19.10.1945 [8] Niederschrift der Lehrerratssitzung am 09.12.1946 [9] Lehrerratssitzung am 1.4.1947 [10] Klassenbericht 1946/47 [11] Lehrerratssitzung am 24.1.1947 [12] Jahresbericht 1946/47 [13] Jahresbericht 1946/47
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