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1939/40 - 318 Schüler Ludwig Büttner, Dr. Christian Dehm, Ferdinand Strauß, Dr. Erich Sanwald, Dr. Paul Walbinger
Am 9. März des Jahres 1940 war es dann endlich so
weit: Lehrer und Schüler, Architekten, Ingenieure und Bauarbeiter,
Handwerker und Kommunalpolitiker versammelten sich auf dem neuen
Schulgelände, um das Richtfest für die Bauabschnitte I und III, die
Turnhalle, die Aula und den
Nach dem Lob für die Architekten, für die am Bau beteiligten Firmen und Arbeiter und für den Bauherrn wandte sich der Richtspruch dem Zweck des neuen Gebäudes zu:
Eingebettet wurde alles in „Führer, Volk und Vaterland“, in „dreifaches Siegheil auf unseren Führer“ und in die Frage ganz nebenbei „Jetzt, wo so ernste Zeiten senn, Wia ko ma so an Bau nur wagen?“[2]
„D´Schualsäl“,
damit war der Bauabschnitt II gemeint, sollten bald folgen. „Recht bald,
spätestens aber zum Beginn des Schuljahres 1941/42“ wollte man das Bauwerk
fertig stellen.[3]
Da die Zeiten aber noch viel ernster wurden, als es sich viele
Garmisch-Partenkirchner vorstellen konnten oder wollten, musste man noch
mehr als ein Jahrzehnt auf den Augenblick warten, in dem das neue
Schulgebäude von Schülern und Lehrern bezogen werden konnte. Abhilfe für die Raumnot wäre ja dringend notwendig gewesen – 311 Schülerinnen und Schüler zählte die Oberschule zum Beginn des Schuljahres 1939/40. Statt Klassenzimmer mussten aber zunehmend Kanonen gebaut werden. Die Schüler wurden intensiv darauf vorbereitet. Die politische Bildung, besser der ideologische Drill wurde intensiv betrieben. Im Juni 1939 wurde der Fliegerhorst Penzing bei Landsberg besucht, die Abiturklassen durften an Rundflügen teilnehmen, mit denen sie für die Luftwaffe geködert werden sollten. „Staatspolitische Filme“ wie „Wer will unter die Soldaten?“ warben für die Wehrmacht, ein Fregattenkapitän zeigte im Oktober 1939 kurz nach Kriegsbeginn einen Marinewerbefilm. In den Kurlichtspielen mussten die Schüler an einem Gemeinschaftsempfang der Reichstagsrede Hitlers am 28. April 1940 teilnehmen – „Der Führer antwortet Roosevelt“ hieß die Veranstaltung. Nicht alle teilten den Optimismus des „Führers“. Studienrat Friedrich Wilhelm Daum, 51 Jahre alt, wurde am 10. November 1939 vom SS-Hauptscharführer der SD-Außenstelle Garmisch-Partenkirchen zur Anzeige gebracht. Der Vorwurf lautete: Daum habe sich „während seines Schulunterrichts in der Oberschule Garmisch-Partenkirchen, Klasse V, staatsabträglich geäußert.“ Unter anderem habe er gesagt, „England und Frankreich wären saudumm, wenn sie den Krieg aufhören würden“ und „dass wir schon noch sehen werden, wie es uns ergehen wird, da 1914/18 die Lebensmittelmarken erst 1917 eingeführt wurden, während sie in diesem Krieg bereits jetzt eingeführt wurden.“ Den Einwand von Schülern, „dass diesmal doch auch Russland als Mitversorger Deutschlands schwer ins Gewicht falle“, habe er nicht gelten lassen, sondern mit der Frage „Was wollt Ihr denn mit Eurem Russland, wo heute noch Menschen Hungers sterben“ geantwortet. Als Zeugen wurden drei Schüler genannt. Kurz darauf wurde Daum mit der Begründung in Schutzhaft genommen, dass er „in Hinblick auf den Schutz unserer Jugend gegen geistiges Vergiften und der Stärkung ihres Vertrauens zu Volk und Führung … auf dem raschesten Weg entfernt und unschädlich gemacht werden“ müsse. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. (StAM - LRA 199038 Schutzhaft – Verschiedene – 10.11.1939) Das Jahr endete mit einer Luftschutzübung für Schüler und Lehrer. Alles war exakt geplant: „Schüler, die nur 5 Min. Weg nach Hause haben, begeben sich nach Hause. Die übrigen werden in Luftschutzräumen untergebracht, und zwar im Keller der Schule 50 Pers., im evang. Pfarrhaus 31 Pers., in der Ortskr.-Kasse 20 Pers., im Bayernstüberl 8, im Hotel Neuwerdenfels 70.“[4]
1940/41 - 349 Schüler - Albert Blatt 349 Schüler besuchten in diesem Schuljahr die „Oberschule für Jungen“ und das Humanistische Gymnasium, unter ihnen noch 25 Mädchen. Der Raummangel war „bis zur Unerträglichkeit gesteigert.“ Zusätzlich zu den einheimischen Schülern hatte die Schule noch 57 Schülerinnen und Schüler „aus luftgefährdeten Gebieten“ als Gastschüler aufgenommen. 22 Schüler waren zur Wehrmacht eingezogen worden, die meisten von ihnen auf Grund freiwilliger Meldung. Jetzt wurde auch das Schulgebet gestrichen und durch einen geeigneten Tages- oder Wochenspruch oder ein Lied der HJ ersetzt. „An unserer Anstalt war das Schulgebet bereits seit längerer Zeit unterblieben.“[5] Das Schuljahr stand also ganz im Zeichen des Krieges. „Besondere Veranstaltungen“ sollten die Schüler für alle Zweige der Wehrmacht und anderer Institutionen gewinnen: Die Kriegsmarine warb mit Film und Vortrag, ein Leutnant lockte zum Eintritt als Offiziersanwärter, ein Hauptmann pries die verschiedenen Abteilungen der Luftwaffe an, Hauptsturmführer Stöwenow trommelte für den Eintritt in die Waffen-SS und Dr. Schuh vom Reichsstudentenwerk sammelte Interessenten für die SS-Sicherheitspolizei. Filme und Ausstellungen mit den Titeln „Sieg im Westen“ und „Auch wir kämpfen für den Sieg“ ergänzten das militaristische Angebot. Besondere Wirkung versprach man sich wohl auch von einem Auftritt des einheimischen Ritterkreuzträgers Michael Pössinger, Oberleutnant bei den Gebirgsjägern.[6]
1941/42 - 353 Schüler Der Krieg war noch keine zwei Jahre alt, der Überfall der deutschen Armeen auf die Sowjetunion war noch keine drei Monate her, da hagelte es im Deutschen Aufsatz aller Jahrgangsstufen hochaktuelle Themen: "Mit welchem Recht kann das deutsche Volk eine führende Rolle in Europa beanspruchen?" "Welche Aufgaben hat die deutsche Frau im Kriege?" "Wie weckt der Krieg die Volksgemeinschaft?" "Der soldatische Mensch - ein deutsches Ideal! Kann ich auch während der Kohlenferien zu meiner Wehrertüchtigung beitragen?" "Adolf Hitler setzt das im Mittelalter unterbrochene Werk der deutschen Ostbewegung fort. Bestätigt auch die Geschichte des Dritten Reiches, dass eine Nation nicht groß sein kann, ohne einen Preis für die Größe zu bezahlen?" Der Deutschunterricht wurde zum Tummelplatz der Nazi-Ideologie degradiert. Oberleutnant Felderer sprach über die wesentlichen Aufgaben der Gebirgsartillerie, Frau Trude Fuldner „brachte vor Schülern aller Klassen Gedichte, Balladen und Kriegslyrik recht gut zum Vortrag.“[7] Für den Fall eines Luftalarms wurde festgelegt, „dass nur die auswärtigen Schüler im Keller des Schulgebäudes bleiben und die anderen nach Hause entlassen werden sollen.“[8] Amtliche Bekanntmachungen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom Februar bis zum November 1941: "Landverschickung der Jugend luftgefährdeter Gebiete
/ Kinderlandverschickung Gebrauch von Fremdwörtern Privat- und Nachhilfestunden: „Die Genehmigung ist
zu versagen, wenn der Unterricht oder Entfernung konfessioneller Bilder und der Kruzifixe aus den Unterrichtsräumen Verbot der Werbung für hebräischen Unterricht und Verbot, dafür Schulräume zur Verfügung zu stellen Übernahme von Schülern aus luftgefährdeten Gebieten Schulgebet" [2] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 11.03.1940 [3] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 09.04.1940
[4]
Jahresbericht 1939/40 S. 16
[5]
Niederschrift der Lehrerratssitzung vom 06.05.1941
[6]
Jahresbericht 1940/41 S. 17 Die
Propagandareden und –veranstaltungen konnten wohl nicht allzu viele
Schüler überzeugen und gewinnen. In einem Schreiben an das
Bayerische Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom
27.03.1947 heißt es, es sei den „Lehrkräften erwiesenermaßen selbst
in den übelsten Zeiten der braunen Herrschaft gelungen, eine tiefer
gehende Wirkung der Partei- und HJ-Einflüsse zu verhüten. Das
erhellt schon zur Genüge aus der Tatsache, daß aus den Reihen
unserer Schüler nicht mehr als insgesamt drei junge Leute den Weg in
die Waffen-SS fanden, trotz zeitweilig mit größtem Nachdruck
betriebener Werbung.“ [7] Jahresbericht 1941/42 [8] Niederschrift der Lehrerratssitzung am 03.10.1941
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