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1938/39 - 287 Schüler - Dr. Oskar Englert, Leonhard Götz Die Schülerzahl war erneut erheblich angewachsen – von 224 auf 287. Die Raumnot der Schule wurde dadurch immer spürbarer. Die Schulzimmer waren „bis zum letzten und fast bis zur Unerträglichkeit“ ausgenützt.[38] Selbst der Musiksaal musste als Klassenzimmer herhalten. Eine Klasse wurde „ausgelagert“ und im Gemeindesaal der ev.-lutherischen Kirchengemeinde unterrichtet. Der Druck war so groß geworden, dass mehrere Schüler nicht mehr aufgenommen werden konnten, selbst dann nicht, als der Schulleiter seine Wohnung im Haus zu Unterrichtszwecken zur Verfügung stellte. Dieses Schuljahr blieb aber nicht nur durch die räumliche Enge im Gedächtnis, sondern noch weit stärker durch die politische Entwicklung. Im Jahresbericht wurde es als „ein Jahr stärksten völkischen Erlebens“ charakterisiert.[39] Im Herbst 1938 war Hitlers Armee mit Erlaubnis der Engländer, Franzosen und Italiener ins Sudetenland einmarschiert, im Frühjahr 1939 fiel die deutsche Wehrmacht über Prag und die ganze Tschechei her. „Kein Wunder,“ so sieht es der Jahresbericht, „wenn der Unterricht nicht immer nach der Uhr ablief und nach dem Stundenplan, wenn Lehrer in der Schule fehlten, weil sie Waffen trugen, wenn Schüler den Unterricht versäumten, weil sie für den Luftschutz aufgeboten waren.“[40] Sechs Lehrer erhielten „Beurlaubungen“ für den „Einsatz im Sudetenland bzw. zur Ableistung militärischer Übungen.“[41] In der „Luftschutzpflichtwoche“ im März 1939 wurde allen Schüler gezeigt, wie man eine Feuerpatsche bastelt. Monatlich gab es einen „Luftschutzpflichttag“, ein „Jugendluftschutztag“ fand statt, ein Luftschutzobmann aus dem Kreis der Lehrerschaft war mit der Organisation beauftragt – die Vorbereitungen auf den kommenden Krieg waren schon weit gediehen. Von den Soldaten in spe wurden noch „im Anschluss an das technische Zeichnen ... Fragen des Luftschutzes erörtert.“[42]
Anlass zur Freude war etwas
ganz anderes: Die erste
Kein Wunder, dass
fast jeder
dritte Abiturient sich für eine militäri Die „Umwälzung“ hatte auch schon in Garmisch-Partenkirchen stattgefunden. Am 10. November 1938 waren alle jüdischen Bürgerinnen und Bürger des Ortes von der NSDAP, der Gemeinde und vielen Helfershelfern mit Gewalt vertrieben worden. Im Anschluss daran war es auf dem Pausenhof der Schule zu „Belästigungen“ des Schülers Richard Strauss aus der 2. Klasse G – Enkel des in Garmisch-Partenkirchen lebenden Komponisten Richard Strauss – durch die Hitlerjugend gekommen. Der Fall wurde in einer Sitzung des Lehrerrats am 21. November 1938 behandelt. Schulleiter Josef Höllerer berief sich in der Sitzung ausdrücklich auf die geltende Gesetzeslage und stellte fest, dass der Schüler Richard Strauss auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen weder ein Jude sei, noch als Jude gelte. Zuvor erklärte der Vorsitzende ausdrücklich sein Verfahren: „Da immer noch Unkenntnis oder Missverständnis in den einschlägigen Fragen nicht nur bei den Schülern, sondern auch ... bei verschiedenen Lehrern herrscht, wird das Gesetz im Wortlaut vorgelesen und an Hand von Tafeln erläutert.“[46] Damit war der HJ und ihren Förderern aus der Lehrerschaft der Wind aus den antisemitischen Segeln genommen und der kleine Enkel des großen Komponisten konnte noch einige Zeit unbeschadet die Schule besuchen.
[38] Jahresbericht 1938/39 S. 23 [39] Jahresbericht 1938/38 S. 22 [40] dto. [41] Jahresbericht 1938/39 S. 23 [42] Jahresbericht 1938/39 S. 26 [43] Einladung zur Schulschlussfeier 1939 [44] Jahresbericht 1938/39 S. 28 [45] Jahresbericht 1938/39 S. 18ff [46] Niederschrift über die Lehrerratssitzung am 21. November 1939
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