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1935/36 - 179 Schüler – Wilhelm Schmerl
Der ideologische Zugriff der NS-„Weltanschauung“ wurde weiter verstärkt. Entsprechend der KM-Entschließung vom 5. Februar 1935 wurden die Schülerinnen und Schüler in „Erblehre, Rassenkunde, Rassenhygiene, Bevölkerungspolitik und Familienkunde“[16] unterwiesen. In der Realschule musste deshalb der Mathematikunterricht, im Progymnasium der Unterricht im Griechischen um je eine Wochenstunde verringert werden. Zusätzlich wurden alle Schüler in den „Grundlagen des Luftschutzes“ unterwiesen, die in den gesamten Unterricht integriert, „besonders aber während des letzten Jahrdrittels im nationalpolitischen Unterricht der 5. und 6. Klasse dargeboten“ wurden.[17] Dazu passend das Thema des Hausaufsatzes der 6. Klasse: „Das Flugzeug als Kriegswaffe und seine Abwehr“. Der politische Druck auf die Schüler wuchs. Während am Beginn des Schuljahres „nur“ 77 Prozent von Jungvolk, HJ und BdM erfasst waren, gehörten den „nationalen Jugendverbänden“ am Ende des Schuljahres schon 92,7 Prozent an.[18] Das Neubauprojekt schien nunmehr endlich in größere Nähe gerückt zu sein. Mit dem so genannten Friediger-Anwesen im Mittelpunkt des Ortes – Markus Friediger war ein Münchner Gastronom, der schon 1916 auf dem Grundstück des heutigen Werdenfels-Gymnasiums große Pläne für ein „Hotel Alpenbad“ verwirklichen wollte[19] – war ein Grundstück in Aussicht genommen, auf dem sich alle Wünsche für eine moderne Schule erfüllen ließen. Der Wunsch nach einem Ausbau der Schule zu einer 9-klassigen Vollanstalt fand zur gleichen Zeit einen wichtigen Verbündeten - die Behörden der Wehrmacht, die seit kurzem große Pläne für Garmisch-Partenkirchen schmiedete. Mehr als 3000 Soldaten mit 100 Offizieren sollten stationiert werden. Damit vergrößerte sich das Einzugsgebiet der Noch-Realschule so stark, dass sowohl die bauliche wie die schulische Erweiterung nur noch eine Frage der Zeit sein konnte. Im laufenden Schuljahr waren die Schülerzahlen in etwa konstant geblieben, obwohl der Anteil der Mädchen seit Gründung des Lyzeums naturgemäß ständig zurückging. Der Schulleitung war klar, dass „dies in Folge des Erlasses des Reichsunterrichtsministeriums vom 29.1.36, der die grundsätzliche Scheidung der Geschlechter an den höheren Schulen ausspricht, um so mehr in Zukunft sein“ werde. Während der olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen waren etwa einhundert Soldaten im Schulgebäude an der Hindenburgstraße untergebracht. Viele kritische Töne charakterisierten im übrigen den Jahresbericht 1935/36: So war die Rede davon, dass bei „der Pflege des Luftschutzes und des Luftfahrtgedankens ... allerdings auch Übertreibungen vorkamen. So verwandte Prof. R. einen großen Teil seiner Unterrichtsstunden in den oberen Klassen fast nur noch für den Luftschutzunterricht.“ Über den Einsatz von Filmen im Unterricht heißt es, dass „von einer wirklichen unterrichtlichen Ausnutzung nur in verhältnismäßig wenigen Fällen die Rede sein (konnte) und eher von einer Propagandavorführung gesprochen werden“ musste. Sogar gegen die „nationalpolitischen Lehrgänge hat das Direktorat seine Bedenken bereits in einem gesonderten Bericht dargelegt.“ Schließlich werden „Missgriffe von Unterführern“ (der HJ) gegeißelt: „So hielt ein Mittenwalder Gefolgschaftsführer, ohne die Schule auch nur zu verständigen, mehrere Schüler vom Unterrichtsbesuch zurück, weil er sie anlässlich des Reichsjugendwettbewerbes zu einem Aufmarsch benötigte.“ [20] Neben dem Unterricht in den Fächern Deutsch und Geschichte eignete sich besonders die Kunsterziehung für "Propagandavorführungen". Von der Unterstützung des Winterhilfswerks über die Darstellung von See- und Luftkriegsschlachten bis zum rassistischen Racheschrei reichten die Themen, mit deren Hilfe die Schüler der Oberschule Garmisch-Partenkirchen mit den Ideen der NS-Weltanschauung vertraut gemacht und propagandistisch gleichgeschaltet wurden. Hier einige Beispiele:
Diese Bilder und noch viele andere wurden im Schuljahr 2004/2005 im Zeichensaal des Werdenfels-Gymnasiums entdeckt. Sie waren, sofern sie politische Motive zeigten, in der Mitte durchtrennt, sind aber erhalten geblieben.
[16] Jahresbericht 1935/36 S.18 [17] Jahresbericht 1935/36 S.18 [18] Jahresbericht 1935/36 S.21 [19] Josef Ostler, Garmisch und Partenkirchen 1870 – 1935. Der Olympiaort entsteht (Garmisch-Partenkirchen, 2000) S. 100 [20] Jahresbericht 1935/36
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