Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1919-1932 - Die Realschule in der Weimarer Republik

 

 


1919/20 - 108 Schüler

Der Realschulverein Garmisch-Partenkirchen war inzwischen auf 150 Mitglieder ange­wachsen. Die Werbung für Schule und Verein gab ganz deutlich zu verstehen, dass „Söhne und Töchter der Vereinsmitglieder satzungsgemäß den ersten Anspruch auf Aufnahme in die Schule“ haben[1]. Weiter hieß es im Jahresbericht: „Aus mehr als einem Grunde ist es für Väter, Mütter und Vormünder der Zöglinge geraten, Mitglied des Ver­eins zu werden.“[2]

Die Zielsetzungen der noch recht jungen Schule wurden nach dem Ende des Ersten Weltkrieges Aus dem Ortsplan Partenkirchen - 1925erneut klar formuliert: „Die Anstalt verfolgt den Zweck, den Schülern, welche sich einem gewerblichen oder kauf-männischen Beruf widmen wollen, eine weitergehende Ausbildung zu vermitteln, als es die Volksschule gestattet, und jenen Schülern, welche eine neunklassige höhere Schule durchmachen wollen, den Vorteil des Aufent­haltes im Elternhaus so lange als möglich zu verschaffen.“[3] Neben dem geistigen Rüst­zeug sollte auch die körperliche Ausbildung nicht zu kurz kommen, Turnen und Turnspiel wurden gepflegt, freilich immer noch oder schon wieder unter turnväterlich nationaler Aus-richtung „in der Erkenntnis, dass das deutsche Volk heute mehr als je auf die Ge­sundheit des Leibes achten muss.“[4]

Die schwierige politische und wirtschaftliche Lage der jungen Weimarer Republik brachte zum Ende dieses Schuljahres noch vielerlei Beschwerliches und Unerwartetes: So veranlasste das Gerücht, der Zugverkehr nach Garmisch-Partenkirchen werde dem­nächst eingestellt, zwei Lehrkräfte, stehenden Fußes die Schule und den Ort zu verlas­sen und in ihrer Heimat nach dem Rechten zu sehen. Außerdem war der Vorrat an Brennholz schneller zur Neige gegangen als man es geplant hatte, so dass, wie es im Jahresbericht recht lapidar heißt, „das Schulhalten auch aus diesem Grunde unmöglich“ wurde.[5]

 

1920/21

Seit August 1921 fand der Unterricht im ehemaligen Hotel „Bayerischer Hof“ sHotel "Bayerischer Hof" - 1920tatt, das von der Gemeinde Partenkirchen zu dem Zweck erworben wurde, es der Real­schule zur Verfügung zu stellen. Inzwischen konnte der Schule auch ein privates Schü­lerheim zur Aufnahme und Betreuung auswärtiger Schüler ange­schlossen werden.

1921 wurde Carl Kring vom Realschulverein zum Nachfolger von Schul­leiter Clemens Schoener berufen.


1922/23

Am 1. August 1923 beschloss der Bezirkstag, die seit 1913 durch den Verein ge­tragene Schule als Realschule des Bezirkes Garmisch zu übernehmen und weiter­zuführen. Trotz Inflation und vieler finanzieller Probleme erklärten sich die Ge­meinden Garmisch und Partenkirchen bereit, alle nicht durch Zuschüsse des Rei­ches und des Landes ge­deckten Kosten zu je einem Drittel zu übernehmen. Diese erfreuliche Entwicklung, die die finanzielle Lage der Schule spürbar verbes­serte und den 1913 gegründeten Real­schulverein entlastete, war nicht zuletzt dem unermüdlichen Einsatz des Bezirksamt­manns von Stengel zu ver­danken.

 

1924/25

Am 1. Juli 1925 beschloss der Bayerische Landtag, dass die seit 1923 kommu­nale Re­alschule in die Hände des Staates übergehen sollte. Durch die Verstaat­lichung wurde die Schule endgültig auf eine sichere finanzielle und personelle Grundlage gestellt.

Die „Schulzucht“ wurde in der Realschule streng gehandhabt in diesen Zeiten und „neuen Medien“ begegnete die Schulleitung mit strikter Abwehr: In der Leh­rerrats­sitzung am 24.9.1925 wurde - anlässlich einer Übertretung - ein generelles „Verbot des Kino­besuchs“ für alle Schülerinnen und Schüler „genau festge­legt.“

Nicht ganz so streng nahm es der Schulleiter mit seinen eigenen Pflichten und Oblie­genheiten. Eine vom Staatsministerium veranlasste Prüfung des Kassen- und Rech­nungswesens der Realschule hatte ergeben, dass Carl Kring „in sei­ner Eigenschaft als Leiter der Realschule Garmisch-Partenkirchen den Bayer. Staat  durch unredliche Handlungen um den Betrag von 2672,10 RM geschädigt hat.“ Staatliche Erziehungsbei­hilfen hatte er nur teilweise an die bedürftigen Schüler, denen sie eigentlich zugedacht waren, ausbezahlt. Carl Kring, der in­zwischen zum Studienprofessor an der Oberschule in    Aschaffenburg avanciert war, wurde nach Aufdeckung der Missstände aus dem Staatsdienst entlassen.[6]



[1] 2. Jahresbericht der Realschule mit Latein Garmisch-Partenkirchen – Schuljahr 1919/20, S. 1

[2] ebd.

[3] 2. Jahresbericht der Realschule mit Latein Garmisch-Partenkirchen – Schuljahr 1919/20, S. 2

[4] ebd.

[5] 2. Jahresbericht der Realschule mit Latein Garmisch-Partenkirchen – Schuljahr 1919/20, S. 4

[6] WG-Archiv: KMS 16.11.1926

 


 

© Alois Schwarzmüller 2006