Die Kreisleiter der NSDAP in Garmisch-Partenkirchen
 – „Politische Frontoffiziere der Bewegung“

 

 

 

 

 

Jakob Scheck - "Lassen wir das, was zurückliegt"

 

Bürgermeister des Marktes Partenkirchen – „SA marschiert“

Nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 war die „Machtergreifung“ auch in Partenkirchen ein Kin­derspiel. In den ersten Apriltagen wurde Jakob Scheck zunächst kommissarischer 2. Bürgermeister. Sein Konkur­rent, der von Kreisleiter Hans Hartmann unterstützt wurde, war Martin von Hagen, Orts­grup­penleiter der NSDAP in Partenkirchen. Von Hagen, 53 Jahre alt, aus Pommern, seit 1928 Inhaber einer Fremdenpension in Partenkirchen, war aber chancenlos. Im Bayerischen Innenministerium und in der NS-Gauleitung wollte man Scheck. Der hätte sich zwar lieber „im Holzfach selbständig ge­macht“,[1] folgte dann aber doch dem „Parteibefehl“.

Am 25. April wurde aus dem 2. der 1. Bürgermeister von Partenkirchen - „gewählt“ von den Mitglie­dern des Partenkirchner Gemeinderats. Zuvor war das Gremium gemäß dem „Gesetz zur Gleich­schaltung der Länder und Gemeinden mit dem Reich“ neu gebildet worden. Jetzt saßen auf einen Schlag und ganz ohne Gemeinderatswahl sieben Vertreter der NSDAP und drei des Kampfbundes Schwarz Weiß Rot (ehemals DNVP) im Gemeinderat, nur noch vier von der Bayeri­schen Volkspartei und nur noch ein Sozialdemokrat.[2] Damit war Scheck, einziger Kandidat für das Amt des 1. Bürger­meisters, so gut wie gewählt.

Die Nationalsozialisten gingen aber, mit ihren Mitteln, lieber auf Nummer sicher. Gemeinderatsmitglied Karl Krätz (BVP) erinnerte sich 1954: „Als es zur Wahl kam, waren im Sitzungssaal SA-Leute aufmar­schiert… Ich weiß nur so viel, dass uns der Vorschlag vorgelegt wurde und dass wir unter dem Druck der Verhältnisse nichts anderes machen konnten, als Scheck zum 1. Bürgermeister zu wählen.“[3] Die SA spielte Kroll-Oper in Partenkirchen.[4] Scheck, Bürgermeisterkandidat und SA-Sturmführer, erhielt 13 Stimmen, auf seinen Vorgänger Döllgast entfiel 1 Stimme und 1 Stimme war ungültig.[5]

 








Links: Jakob Scheck und Josef Thomma, 1. und 2. Bürgermeister von Garmisch-Partenkirchen seit der Zwangsvereinigung der beiden Gemeinden zum 1. Januar 1935. - Foto: Blumenthal / Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen 1935


 

 

 






Oben: Sogenannter "SA-Führer-Fragebogen" für Jakob Scheck mit Angaben zur Person, zur Mitgliedschaft in der NSDAP, zur Dienstzeit im Heer und zu Wehrverbänden - ausgestellt vom "Obersten SA-Führer" - Quelle: Bundesarchiv Berlin

 

 

 

 

 

 

 

Kommunalpolitische Qualitäten konnte Krätz bei Scheck nicht entdecken. Scheck habe vor 1933 in der Gemeindepolitik „keine Rolle gespielt“[6] und nicht zu den im Ort bekannten Persönlichkeiten ge­zählt. Auch parteipolitisch sei er wenig hervorgetreten, „er war nur bekannt als Führer der SA.“[7] Dass die Wahl Schecks „im Benehmen mit dem Kreisleiter“ [8] erfolgte, war der Schlusspunkt dieser Farce. Die „Partei“ hatte, was sie wollte - der demokratische Schein war gewahrt.

1958 wird das Verwaltungsgericht München ausdrücklich erklären, dass Schecks enge Verbindung zum Nationalsozialismus „nicht ernstlich in Abrede gestellt werden (könne), denn dass Scheck als ältester Parteigenosse der Gemeinde Partenkirchen im März 1933 wegen dieser seiner engen Verbin­dung zum Nationalsozialismus zum kommissari­schen 2. Bürgermeister bestellt und knapp sechs Wo­chen später wegen dieser Beziehung als 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Partenkir­chen gewählt und bestätigt wurde, kann keinem Zweifel unterlie­gen."[9]

 

 

[1] StA München Spruchkammerakten - Karton 1588 Jakob Scheck / Urteil 09.09.1948 S. 4

[2] Gemeinderäte: Wilhelm Melcher (NSDAP), Ernst Möbius (NSDAP), Johann Schuster (NSDAP), Johann Schwab (NSDAP), Martin von Hagen (NSDAP), Hans Witting, (NSDAP), Josef Bartl (NSDAP), Robert Schmidt (KBSWR), Karl Traub (KBSWR), Johann Maier (KBSWR), Karl Krätz (BVP), Dr. Karl Roesen (BVP), Josef Fraundorfer (BVP), Johann  Biehler (BVP), Anton Grasegger (SPD) - 2. Bürgermeister: Johann Neuner (NSDAP)

[3] MA Garmisch-Partenkirchen – Akt Jakob Scheck / Karl Krätz 15.10.1954

[4] Am 23. März 1933 verabschiedete der Reichstag in der Berliner Krolloper gegen die Stimmen der SPD, aber mit Unterstützung der bürgerlichen Parteien das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“, mit dem Hitler die Ausschaltung der Volksvertretung erreichte. Dabei wurden die Gegner der NSDAP innerhalb und außerhalb des Gebäudes durch massiven Einsatz von SA-Männern bedroht.

[5] Werdenfelser Anzeiger 27.04.1933 – Wahlergebnis: 13 Stimmen für Scheck, 1 Stimme für Döllgast, 1 Stimme ungültig

[6] MA Garmisch-Partenkirchen – Akt Jakob Scheck / Karl Krätz 15.10.1954

[7] ebd.

[8] MA Garmisch-Partenkirchen – AltReg Garmisch I/2/10 – Bildung der neuen Gemeindevertretung

[9] zit. nach Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 10.05.1961

 

 

 

© Alois Schwarzmüller 2012