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Die Kreisleiter der NSDAP in
Garmisch-Partenkirchen |
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Johann Hausböck - „Wir siegen, weil Gott es will!“
Organisator des „spontanen Volkszorns“ - 10. November 1938 Der 9. November 1938 brachte eine weitere „historische Stunde“, geplant und inszeniert von Propagandaminister Joseph Goebbels und seinen Helfern. Vorausgegangen war die Ermordung des deutschen Legationssekretärs Ernst vom Rath in Paris durch den 17-jährigen Polen Herschel Grynszpan am 7. November. In der Folge öffneten die Nationalsozialisten Tür und Tor für einen im nachmittelalterlichen Deutschland nicht mehr für möglich gehaltenen Pogrom. Garmisch-Partenkirchen, internationaler Kurort mit jüdischen Gästen aus vielen Ländern, olympischer Friedensort von 1936, war dabei beim abscheulichen Werk. Kreisleiter Hausböck setzte den „spontanen Volkszorn“ in Szene, Fritz Brunner lieferte dafür im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt die Schlagzeilen: "Alle Juden sind mitverantwortlich!" schrieb er. Und: „Kreisleiter Hausböck fordert die Juden auf, den Kreis Garmisch-Partenkirchen zu verlassen." Die Begründung: "Unseren Toten sind wir ein sauberes Reich schuldig!“[1]
Am Abend des 10. November fand die zweite „Großkundgebung“ der NSDAP im Garmisch-Partenkirchner Olympiafestsaal statt. Hausböck unterrichtete die versammelten Parteimitglieder über die Maßnahmen, die er gegen die in Garmisch-Partenkirchen lebenden jüdischen Bürger veranlasst hatte. Brunners Bericht im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt gab die Vorgänge aus der Sicht der Nationalsozialisten wieder: "Nun sind wir unter Deutschen! - Der gestrige 10. November gehört mit zu den denkwürdigen Tagen in der Geschichte unseres Ortes. Garmisch-Partenkirchen wurde innerhalb 24 Stunden frei von Juden! Als sich die Empörung der Bevölkerung über den Meuchelmord in Paris durch spontane Protestkundgebungen gegen die hier ansässigen Juden Luft machte, nahm sich die Partei der dadurch an ihrem Leben gefährdeten Juden an und gab ihnen den guten Rat, unseren Ort möglichst schnell zu verlassen. Dieser Rat wurde befolgt. Kreisleiter Hausböck schilderte … im Einzelnen, dass es notwendig war, die hier ansässigen Juden zum schnellsten Verlassen unseres Ortes aufzufordern. Nach Abgabe einer freiwilligen Erklärung, Garmisch-Partenkirchen zu verlassen und nie wieder hierher zurückzukehren, fuhren 44 Juden ab mit dem Reiseziel des Auslandes. Der Erfolg dieser Maßnahme war, dass Punkt 6 Uhr abends der letzte Jude den Kreis Garmisch-Partenkirchen verlassen hat.“ [2] Hausböcks Rede wurde mit „minutenlangem Beifall“ belohnt. Die Gewalt, von der die Vertreibung der jüdischen Bürger aus Garmisch-Partenkirchen am Vormittag des 10. November begleitet war, die Drohungen, die massive Einschüchterung wischte der mächtige junge Mann mit ein paar bösen Worten zur Seite. Es habe Menschen gegeben, die sich entrüstet hätten, „dass die Juden fürchterlich misshandelt worden seien.“ Es sei nur ein einziger Jude geschlagen worden und der habe es verdient, weil er „durch seine Haltung“ die Leute provoziert habe. Außerdem sei es „nicht so tragisch“, wenn die Menge „einmal auf der Straße einen Juden anspie.“[3]
Die Sicht der Opfer, soweit sie Deutschland verlassen konnten, die Vertreibung und den Holocaust überlebten und sich nach dem Krieg geäußert haben, wird im Spruchkammerverfahren gegen Johann Hausböck zu Wort kommen. Es war wohl so, wie Hausböck in der Kundgebung im Festsaal mitgeteilt hatte, die 44 betroffenen Frauen und Männer mussten Garmisch-Partenkirchen noch am gleichen Tag mit dem Zug und dem Wenigen, das sie mit sich führen durften, verlassen. Einige suchten in München Schutz, andere im Ausland. Mutter und Tochter Kohtz wussten keinen Ausweg und beendeten ihr Leben bei Innsbruck. Das Ehepaar Emmy und Michael Schnebel suchte nahe der Schweizer Grenze den Tod. Richard Ladenburg überlebte die Anstrengungen der Ausweisung nicht und starb an der Grenze zu den Niederlanden. Sie und alle anderen Opfer der Vertreibung hatten noch am Morgen des 10. November im Haus der Nationalsozialisten unter den Augen von Hausböck eine Erklärung unterzeichnet, in der sie sich verpflichteten, „mit dem nächsten erreichbaren Zug Garmisch-Partenkirchen zu verlassen und nie wieder zurückzukehren“, den Besitz „sofort von meinem neuen Aufenthaltsplatz aus an einen Arier zu verkaufen“ und sich bis zur Abreise von einem „Arier zu meinem persönlichen Schutz“ überwachen zu lassen. Wer sich weigerte zu unterschreiben, der würde in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Hausböck unterstrich seine Drohung mit einer Pistole. Drohungen hielt Hausböck auch für die bereit, denen diese Maßnahmen zu weit gingen, die sich noch nicht gefügt hatten. In Zukunft, so sagte er, „würden die Volksgenossen, die sich noch immer zu den Juden bekennen, genauso wie die Juden selbst behandelt.“ Innerhalb 24 Stunden sollten alle Geschäfte und Betriebe des Kreisgebietes das Judenabwehrschild tragen. „Wer sich dazu weigert, werde öffentlich bekanntgegeben. Wenn einer sagt, dann hast du kein Interesses an der Erhaltung meiner Existenz, dem sage ich: Mein lieber Freund, wenn du in der Rassenfrage mit uns nicht einig gehst, dann hast du kein Interesse an der Erhaltung des deutschen Volkes!“ Es gebe keinen Kompromiss: „Entweder mit uns gegen die Juden oder mit den Juden gegen uns. Etwas anderes gibt es nicht.“[4] [1] alle Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 10.11.1938 [2] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 11.11.1938 [3] alle ebd. [4] alle Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 11.11.1938
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