Pfarrer Hermann Mencke
und die Pfarrei St. Martin Garmisch zur Zeit des Nationalsozialismus

 

 

 

 

 

 

9. Hermann Mencke

Mencke war ein Mann des Übergangs vom 19. ins 20. Jahrhundert. Kaiserreich und Revolution, lange Friedensperiode und Erster Weltkrieg, demokratische Republik und faschistische Diktatur – alle Brüche der Zeit ziehen sich durch sein Leben. Am liebsten hätte er wohl festgehalten an dem, was fest und unverrückbar im katholischen Weltbild des „langen 19. Jahrhunderts“ verankert schien. Er war kein Mann der Ökumene, die zahlreicher werdenden Protestanten in Garmisch blieben ihm fremd, die wenigen Juden am Ort nicht minder. Gesellschaftliche Veränderungen sah und notierte er mit großer Schärfe, aber auch mit strengem Blick – den Opfern dieser Veränderungen begegnete er mit karitativer Liebe, zuweilen aber auch mit Unverständnis bis zur Verachtung. Dass er den Grad der Religiosität seiner Gemeinde an der Zahl der österlichen Beichtiger und der Summe der jährlich ausgeteilten Hostien gemessen hat, gehörte wohl zum bürokratisch Unvermeidbaren seines Amtes in dieser Zeit. Er ließ sich aber von den wachsenden oder schrumpfenden Zahlen nicht täuschen – sein Blick richtete sich ins Innere der Menschen. Der Traditions- oder Brauchtumsreligiosität begegnete er mit geschärftem Misstrauen.

Er ließ sich auch vom Nationalsozialismus und von den Nationalsozialisten nicht blenden. Hakenkreuzfahnen hat er nie gehisst, auch nicht im übertragenen Sinn. Sein Kampf galt seit 1930 der Verblendung, die einen Menschen an die Stelle Gottes setzen wollte. Sein Christentum war nicht „deutsch“ und nicht „positiv“, sondern biblisch und menschlich. Ob er die Haltung seines Münchner Kardinals und des Römischen Papstes immer verstanden hat und nachvollziehen konnte, muss offen bleiben. Aber dass er unter dem zeitweiligen Appeasementkurs seiner Oberen nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gelitten hat, das darf man vermuten. Dass er in Kaplan Aloys Dick einen zuverlässigen Verbündeten gefunden hatte, mag ihm Kraft gegeben haben und Ermutigung gewesen sein.

 

   
   
   

 

 

 

© Alois Schwarzmüller 2007