„… Juden sind hier nicht mehr aufhältlich.“
Die Ausgrenzung jüdischer Kurgäste in Garmisch-Partenkirchen
1937/38

 

 

 

Quelle 21

15.02.1938 - Garmisch-Partenkirchner Tagblatt

Massenversammlung am 18.02.1938 im Festsaal mit Kreisleiter Haus­böck

Kreisgruppe Einzelhandel: "Die Teilnahme ist für alle Mitglieder Pflicht" gez. Kiendl

 

16.02.1938 - Garmisch-Partenkirchner Tagblatt

Zur Veranstaltung "Fremdensaison ohne Juden" ruft der "SA-Standort Garmisch-Partenkirchen" zu einem "Propagandamarsch" auf.

"Dieser Propagandamarsch ist die erste Kampfansage gegen die Juden und Judenfreunde im Kreis Garmisch-Partenkirchen. Die Versammlung selbst muß zu einem machtvollen Bekenntnis zur Ras­senfrage wer­den."

 

18.02.1938 - Garmisch-Partenkirchner Tagblatt

"Wie in der Kampfzeit... Marschtritt in den Straßen, Musik, Lieder der Bewegung: SA Marschiert... Alle Anzeichen sprechen dafür, daß der heutige Abend zur größten politischen Kundgebung wird, die Garmisch-Partenkirchen je erlebt hat... Garmisch-Partenkirchen marschiert geschlossen zu dieser Großveranstaltung, in der der Ho­heitsträger der Bewegung entscheidende Schicksalsfragen behan­deln wird.

 

19.02.1938 - Garmisch-Partenkirchner Tagblatt

„Wir wollen keine Juden in Garmisch-Partenkirchen! Un­ser Bekenntnis zum Deutschtum

Der 18. Februar 1938 wird in der Geschichte unseres Ortes und des ganzen Werdenfelser Landes eine ganz besondere Bedeutung haben: einmütig und geschlossen wie nie zuvor bekannte sich das Volk zum Kampf gegen das Judentum... eine so spontane Volkskundgebung, die den über und über voll besetzten Festsaal noch vor Beginn der Veranstaltung wegen Überfüllung gesperrt sehen mußte."

Quelle 22

19.02.1938 - Garmisch-Partenkirchner Tagblatt

Aus der Rede von Gauamtsleiter Walter Wüster:

"... vorwiegend vorderasiatischen Rassenmischmasch..., der sich bis heute als jüdische Rasse erhal­ten habe... überaus sachlichen Ausführungen des Redners... Es sollte heute auch allen Menschen klar sein, daß ein Jude durch die Taufe niemals seine Rasse ver­liert, er bleibt immer Jude, ob er ka­tholisch oder evangelisch ge­tauft ist... betonte weiter, daß die Nürnberger Gesetze nur den Anfang einer Lösung der Judenfrage bedeuten, denn der Nationalso­zialismus sei sich darüber klar, daß es in dieser Frage neu ein "Entweder - Oder" gebe."

 

Aus der Rede von Kreisleiter Hans Hausböck:

".. beschäftigte sich in sachlicher und vornehmer Weise mit der Judenfrage und ihrer Auswirkung auf Garmisch-Partenkirchen... daß der Jude die Schuld am Kriege, an der Revolte, an der Rätezeit, am Bürgerkrieg, an der Inflation und an der gesamten wirtschaftlichen Vernichtung unzähliger Existenzen trägt, gingen den Volksgenossen die Augen auf... gesamtes Kulturleben untergruben, daß sie die Gottlosenbewegung organisierten...  Wenn er seit Wochen eine Auf­klärungswelle durch unser Gebiet gehen ließ, so wollte er damit erreichen, daß sich die Bevölkerung und die Geschäftswelt freiwil­lig zur eindeutigen Abkehr vom Juden bekenne... den schädigenden Einfluß des Juden aus ... dem Frem­denverkehr auszuschalten, und Garmisch-Partenkirchen zu einem sauberen Kurort zu machen... unter dem Beifall der Versammlung die Feststellung machen, daß sein Kampf gegen das Judentum die Billigung der höchsten Stellen fin­det... stichhaltig war seine Feststellung, daß des gerade in den Hotels schwer sei, zu kontrollieren, ob der Jude Rassenschande be­treibe... daß die von ihm vorgese­hene Arbeit mit den ortsansässi­gen jüdischen Familien nichts zu tun habe. Die in Garmisch-Parten­kirchen wohnenden jüdischen Familien könnten nach wie vor weiter in ihren alten Geschäften ein­kaufen, das hindere jedoch die Ge­schäftsinhaber keineswegs, die Judenabwehrschilder anzubringen, denn auch die hier ansässigen Juden sollten wissen, daß sie bei uns unerwünscht sind. Diese Schil­der, die von der Kreisleitung ausgegeben ... werden, müßten so angebracht werden, daß sie sofort ins Auge fallen...

Ein Beifall ohnegleichen erfüllte den Saal... In seiner sachli­chen Art ging dann Pg Hausböck auf die Rolle des Juden in der Wirtschaft ein, aus der er leider noch nicht völlig ausgeschlossen werden könne. Aber die Kreisleitung sei gerne bereit, die Ge­schäftsleute, die noch Bindungen mit Juden habe, entsprechend zu beraten... Garmisch-Partenkirchen, das ganze Werdenfelser Land will nichts mehr mit den jüdisch-bolschewistischen Drahtziehern zu tun haben! Deutschland ewig den Deut­schen!"

Quelle 23

"Erklärung und Anordnung" der Bürgermeister des Kreises Ga.-Pa.:

1. In allen gemeindlichen Regiebetrieben sowie an den Ortsein- und Ausgängen werden die ... Ju­denabwehrschilder angebracht.

2. Die Gemeindeverwaltungen werden ... bei Auftragserteilung alle Geschäftsinhaber des Kreises Garmisch-Partenkirchen unberücksich­tigt lassen, die sich der Kreisleitung in ihrem Kampf gegen die Juden entgegenstellen.

3. Die Kurverwaltungen ... haben von den Bürgermeistern des Krei­ses Garmisch-Partenkirchen die Weisung erhalten, an Häuser, die nach wie vor Juden aufnehmen, Vermittlungen oder Zuweisungen von Fremden zu unterlassen...

Die Bürgermeister des Kreises Garmisch-Partenkirchen ersuchen die Kreisleitung, uns darüber Mit­teilung zu geben, welche Häuser bzw. Geschäfte in unseren Gemeinden die Bindungen mit den Ju­den nicht aufgegeben haben."

Es folgen die Unterschriften der Bürgermeister von Garmisch-Par­tenkirchen, Eschenlohe, Ettal, Farchant, Grainau, Kohlgrub, Krün, Mittenwald, Oberau, Oberammergau, Ohlstadt, Saulgrub, Schwaigen, Un­terammergau, Wallgau und Wamberg.

 

Verzeichnis der 1. Bürgermeister des Kreises Garmisch-Partenkirchen 1938

Eschenlohe

Klemens Wörle

geb. 1899

in Eschenlohe

Erbhofbauer

Ettal

Martin Berchtold

geb. 1880

in Ettal

Schneidermeister

Farchant

Wilhelm Kemnitz

geb. 1887

in Nürnberg

Architekt

Garmisch-Partenkirchen

Jakob Scheck

geb. 1901

in Dettenschwang

Bürgermeister

Grainau

Otto Pentenrieder

geb. 1893

in Gmund/Tegernsee

Hauptlehrer

Kohlgrub

Wilhelm Diehl

geb. 1893

in Flonheim

Direktor

Krün

Michael Kriner

geb. 1902

in Krün/Barmsee

Landwirt

Mittenwald

Hans Sailer

geb. 1898

in Mittenwald

Bürgermeister

Oberammergau

Raimund Lang

geb. 1895

in Oberammergau

Bürgermeister

Oberau

Dr. Kurt Geissler

geb. 1899

in Stuttgart

Fabrikdirektor

Ohlstadt

Karl Wäckerle

geb. 1894

in Ohlstadt

Landwirt

Saulgrub

Josef Niklas

geb. 1881

in Altenau

Bauer

Schwaigen

Matthias Utzschneider

geb. 1887

in Grafenaschau

Erbhofbauer

Unterammergau

Hans Schärfl

geb. 1887

in Unterammergau

Bauer

Wallgau

Franz Neuner

geb. 1896

in Wallgau

Sägewerksbesitzer

Wamberg

Andreas Schnitzer

geb. 1882

in Ehrwald

Landwirt

 

© Alois Schwarzmüller 2009