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„… Juden sind hier
nicht mehr aufhältlich.“ |
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Jüdische Gäste aus Deutschland und aus vielen Ländern Europas und der Welt waren in den seit der Jahrhundertwende aufstrebenden Fremdenverkehrsgemeinden Garmisch und Partenkirchen selbstverständlicher Teil des touristischen Publikums. Es gab vor und nach dem Ersten Weltkrieg lokalen Antisemitismus, aber keine „Feldzüge gegen die Juden“ wie in anderen oberbayerischen Fremdenverkehrsregionen in den frühen zwanziger Jahren. Der „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ warnte ausdrücklich vor Reisen in den Chiemgau oder nach Berchtesgaden, Garmisch-Partenkirchen dagegen galt als „unbedenklich“. Das Kurerholungsheim „Alpina“ war das einzige Haus, das von der Central-Vereins-Zeitung vom 8. Mai 1931 „nicht anempfohlen“ wurde. Im September 1924 nahm der „Völkische Kurier“, ein Münchner Sammelbecken und Sprachrohr extrem rechter und völkischer Gruppierungen nach Hitlers gescheitertem Putsch, das Garmischer Palasthotel Sonnenbichl ins Visier, attackierte und diffamierte es als „Judenbichl“ und forderte ein „Garmisch-Lied“ ähnlich dem berüchtigten „Borkum-Lied“.Quelle 1 Bei den Gemeindewahlen ein Jahr später warnten besonnene ortsansässige Bürger mit Plakaten „vor unüberlegter Stimmzettelabgabe“ zugunsten antisemitischer Parteien.Quelle 2 Vom Hotel Sonnenbichl wurde versichert, „daß die Besucher unsres Wintersportplatzes, sowohl auf Straßen und Plätzen, wie in den Hotels unbehelligt bleiben.“
Vier Jahre später, im April 1928, trug die NSDAP ihre antisemitische Propaganda erneut ins Werdenfelser Land. Es war der Münchner NS-Stadtrat und nachmalige Oberbürgermeister Karl Fiehler, der im Garmischer Gasthof „Zum Lamm“ mit einer Hetzrede gegen die Juden Lokalpolitiker und Vertreter des Gastgewerbes herausforderte. Der 2. Bürgermeister des Marktes Partenkirchen, Georg Schütte, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, warf Fiehler vor, durch seine judenfeindliche Haltung schade er dem Fremdenverkehr und drohte, man werde sich „in einem Fremdenort wie Garmisch das aufreizende Verhalten der Hitler nicht gefallen“ lassen.Quelle 3 Bei den Reichstags- und Landtagswahlen im Mai 1928 warnte das Garmisch-Partenkirchner Tagblatt mit der Schlagzeile „Die Völkischen als Störer des Fremdenverkehrs“ vor den wirtschaftlichen Folgen eines Erstarkens der NSDAP und hoffte, „dass bei den Wahlen am nächsten Sonntag möglichst keine einzige Stimme für die Hitlerpartei abgegeben wird.“Quelle 4 Diese Erwartung erfüllte sich zwar nicht, aber mit 5,1 Prozent der Stimmen für die NSDAP war das Bezirksamt Garmisch zu dieser Zeit noch keine Hochburg der Nationalsozialisten. 1931 protestierte Georg Bader, Besitzer des Hotels „Sonnenbichl“, Landesgewerberat und Vorsitzender des Vereins für das Gastgewerbe, beim Bezirksamt Garmisch gegen Veranstaltungsplakate der NSDAP mit der Aufschrift „Juden haben keinen Zutritt“. Bei einer Versammlung der Bayerischen Volkspartei mit Staatsrat Fritz Schäffer im folgenden Jahr erinnerte Bader noch einmal daran, welcher Schaden dem Fremdenverkehrsgewerbe durch den Hitler-Putsch 1923 entstanden sei.Quelle 5 Alle Mahnungen wurden in den Wind geschlagen. Bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 erzielte die NSDAP im Markt Garmisch 49,97 Prozent, im Markt Partenkirchen 38,11 Prozent, im Bezirksamt Garmisch 46,21 Prozent. Im Deutschen Reich waren es 43,90 Prozent.
Zu den weiteren Kapiteln:
Literatur: Frank Bajohr, "Unser Hotel ist judenfrei". Bäder-Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert (Frankfurt a.M. 2003) Quellen: Archiv des Marktes Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 37 Staatsarchiv München - LRA-Garmisch-Partenkirchen Bundesarchiv - Bestand Olympische Winterspiele 1936 Garmisch-Partenkirchner Tagblatt Werdenfelser Anzeiger Bilder: Bildarchiv des Autors Archiv des Marktes Garmisch-Partenkirchen |
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