01
- Die Bewerbung - „Eine bayerische Sache“
02 - Olympischer Gedanke und nationalsozialistische
Ideologie
03 - Internationale Anerkennung für den
„Friedenskanzler“ Hitler
04 - „Ein Land der Ruhe und Ordnung“
05 - Die Präsenz der NS-Führung bei den Winterspielen:
08 -
Antisemitismus führender Sportfunktionäre
09 -
Ein Bericht aus dem Alltag
10 - Die Zwangsvereinigung von Garmisch und
Partenkirchen 1935
11 - Kontrolle und Steuerung der Berichterstattung
12 - Auswahl der deutschen Athleten
13 - Die internationale Boykottbewegung
14 - Aus dem Polizeibericht: Lokale Aktionen gegen das
NS-Regime
15 - Jüdische Bürger und Gäste in
Garmisch-Partenkirchen
16 - Olympismus und Faschismus in den dreißiger Jahren
17 - Die Vergabe der Winterspiele 1940 an
Garmisch-Partenkirchen
18 - Olympische Elite?
19 - Schicksale
20 - „Nicht alle ließen sich täuschen“
15
Jüdische Bürger und Gäste in Garmisch-Partenkirchen
nach 1936
12.08.1937 - Der Reichsausschuss für Fremdenverkehr an die Kurverwaltung Garmisch-Partenkirchen
"Betr.:
Jüdische Kurgäste in Bädern und Kurorten - Unter Bezugnahme auf die heutige
fernmündliche Unterredung teile ich mit, dass gegen die Aufstellung von
Ortsschildern in Garmisch-Partenkirchen, die auf das Unerwünschtsein von Juden
im Orte aufmerksam machen, keine Bedenken bestehen. Ich verweise hierbei auf den
Erlass des Stellvertreters des Führers vom 29.01.1936, Rundschreiben Nr. 18/36
an die Gauleiter, das ich in der Anlage zur vertraulichen Verwendung
abschriftlich beifüge. Gez. Reichsausschuss für Fremdenverkehr i.A. Hessel"
Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
15.01.1938 - NSDAP-Ortsgruppe
Kramer im Gasthof "Lamm" über die „Judenfrage“:
„Für Garmisch-Partenkirchen ist der
Abwehrkampf gegen die Juden eine Selbstverständlichkeit. Gerade unsere
ausländischen Gäste würden sich mit Recht wundern, wenn der bedeutendste
Fremdenverkehrsort Deutschlands eine andere Stellung zur Judenfrage einnähme als
andere deutsche Städte. Weil auch wir in Garmisch-Partenkirchen die Juden
kennen, wollen wir nichts mit ihnen zu tun haben, und darum tragen unsere
Geschäfte, unsere Hotels und Gaststätten das Schild mit deutlicher Sprache:
"Juden unerwünscht".
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 15.01.1938
25.01.1938 - Bürgermeister Jakob Scheck, Kreisamtsleiter für Kommunalpolitik des Kreises Garmisch-Partenkirchen -
Rundschreiben K II/38 - An die Bürgermeister der Gemeinden des Kreises
Garmisch-Partenkirchen:
„Betreff: Judenaktion - Alle Gemeinden des Kreises Garmisch-Partenkirchen
bringen der Bevölkerung erneut zur Kenntnis, dass Juden in ihrer Gemeinde
unerwünscht sind. An allen Ortsein- und ausgängen der Gemeinden des Kreises werden die gleichen
Judenschilder, wie an den Geschäften, nur in größerem Ausmaße angebracht. Die
Schilder werden durch die Kreisleitung beschafft und sind von den Gemeinden
abzunehmen. Die Bürgermeister der Gemeinden werden verantwortlich gemacht, dass sie einen
eventuellen Ankauf von Grundstücken oder Gebäuden, der durch Juden oder für
Juden getätigt wird, unter allen Umständen unterbinden. Ich mache jeden
Bürgermeister für die Durchführung dieser Anordnung nochmals darauf aufmerksam
und persönlich verantwortlich. Durch den Kameradschaftsführer des Kreises Werdenfels (Kurdir. Reitinger)
ergehen in den nächsten Tagen Anweisungen über Prospektversand mit einem
Faltblatt als Beilage, dass Juden in Werdenfelser Kur- und Fremdenverkehrsorten
unerwünscht sind. Diese Anweisungen bitte ich genau zu beachten und
durchzuführen… Heil Hitler, gez. Scheck, Kreisamtsleiter für Kommunalpolitik“
Marktarchiv
Garmisch-Partenkirchen
19.02.1938 - Aus dem Bericht über
die „Judenaktion“ am 18. Februar 1938:
„Wir wollen keine Juden
in Garmisch-Partenkirchen! Unser Bekenntnis zum Deutschtum… Der 18. Februar 1938 wird in der Geschichte unseres Ortes und des ganzen
Werdenfelser Landes eine ganz besondere Bedeutung haben: einmütig und
geschlossen wie nie zuvor bekannte sich das Volk zum Kampf gegen das Judentum...
eine so spontane Volkskundgebung, ... die den über und über voll besetzten
Festsaal noch vor Beginn der Veranstaltung wegen Überfüllung .. gesperrt sehen
mußte..." Pg Walter Wüster „betonte weiter, daß die Nürnberger Gesetze nur den Anfang
einer Lösung der Judenfrage bedeuten, denn der Nationalsozialismus sei sich
darüber klar, daß es in dieser Frage neu ein "Entweder - Oder" gebe." Kreisleiter Hausböck „beschäftigte sich in sachlicher und vornehmer Weise mit
der Judenfrage und ihrer Auswirkung auf Garmisch-Partenkirchen... daß der Jude
die Schuld am Kriege, an der Revolte, an der Rätezeit, am Bürgerkrieg, an der
Inflation und an der gesamten wirtschaftlichen Vernichtung unzähliger
Existenzen trägt, gingen den Volksgenossen die Augen auf... gesamtes Kulturleben
untergruben, daß sie die Gottlosenbewegung organisierten... Wenn er seit
Wochen eine Aufklärungswelle durch unser Gebiet gehen ließ, so wollte er damit
erreichen, daß sich die Bevölkerung und die Geschäftswelt freiwillig zur
eindeutigen Abkehr vom Juden bekenne... den schädigenden Einfluß des Juden aus
... dem Fremdenverkehr auszuschalten, und Garmisch-Partenkirchen zu einem
sauberen Kurort zu machen... unter dem Beifall der Versammlung die Feststellung
machen, daß sein Kampf gegen das Judentum die Billigung der höchsten Stellen
findet... stichhaltig war seine Feststellung, daß dies gerade in den Hotels
schwer sei, zu kontrollieren, ob der Jude Rassenschande betreibe... Die in
Garmisch-Partenkirchen wohnenden jüdischen Familien könnten nach wie vor weiter
in ihren alten Geschäften einkaufen, das hindere jedoch die Geschäftsinhaber
keineswegs, die Judenabwehrschilder anzubringen, denn auch die hier ansässigen
Juden sollten wissen, daß sie bei uns unerwünscht sind. Diese Schilder, die
von der Kreisleitung ausgegeben ... werden, müßten so angebracht werden, daß
sie sofort ins Auge fallen. "Erklärung und Anordnung" der Bürgermeister des Kreises Ga.-Pa.: In allen gemeindlichen Regiebetrieben sowie an den Ortsein- und Ausgängen werden
die ... Judenabwehrschilder angebracht. Die Gemeindeverwaltungen werden ... bei
Auftragserteilung alle Geschäftsinhaber des Kreises Garmisch-Partenkirchen
unberücksichtigt lassen, die sich der Kreisleitung in ihrem Kampf gegen die
Juden entgegenstellen. Die Kurverwaltungen ... haben von den
Bürgermeistern des Kreises Garmisch-Partenkirchen die Weisung erhalten, an
Häuser, die nach wie vor Juden aufnehmen, Vermittlungen oder Zuweisungen von
Fremden zu unterlassen... Die Bürgermeister des Kreises
Garmisch-Partenkirchen ersuchen die Kreisleitung, uns darüber Mitteilung zu
geben, welche Häuser bzw. Geschäfte in unseren Gemeinden die Bindungen mit den
Juden nicht aufgegeben haben." Es folgen die Unterschriften der Bürgermeister von Garmisch-Partenkirchen,
Eschenlohe, Ettal, Farchant, Grainau, Kohlgrub, Krün, Mittenwald, Oberau,
Oberammergau, Ohlstadt, Saulgrub, Schwaigen, Unterammergau, Wallgau und
Wamberg.
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 19.02.1938
28.02.1938 - Der Beauftragte des
Landesfremdenverkehrsverbandes München und Oberbayern für den
Kameradschaftskreis Werdenfels:
„An die Bürgermeister
der Gemeinden des Kreises Garmisch-Partenkirchen Betreff: Judenaktion - Unter Bezugnahme auf Ziffer 4 des Rundschreibens K II/38
des Kreisamtsleiters für Kommunalpolitik des Kreises Garmisch-Partenkirchen
übersende ich in der Anlage Muster des Beilagenfaltblattes „Juden sind in den
Werdenfelser Kur- und Fremdenorten unerwünscht“, die gemäß Anordnung des
Kreisamtsleiters für Kommunalpolitik ab sofort jedem Faltblatt (Prospekt)
beizufügen sind, mit Ausnahme derjenigen Exemplare, die für den Versand ins
Ausland bestimmt sind. Ich ersuche um umgehende Bekanntgabe Ihres Bedarfs… Heil
Hitler gez. Reitinger
Marktarchiv
Garmisch-Partenkirchen
30.05.1938 - "Judenabwehrschilder"
"Juden-Abwehrschilder sind da! Die runden Schilder mit dem schwarzen Hakenkreuz
auf gelbem Grund und dem Text: "Juden unerwünscht" sind wieder eingetroffen und
können im Haus der Nationalsozialisten gegen den Unkostenbeitrag von 2.- RM
abgeholt werden. In Garmisch-Partenkirchen als repräsentativen
Fremdenverkehrsort Deutschlands darf es kein Haus, kein Hotel und kein Geschäft
ohne das Judenabwehrschild geben!"
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt,
30.05.1938
10.11.1938 - Bezirksamt Garmisch an
Regierung von Oberbayern:
"Bei Bekanntwerden des Todes des von
Judenhand niedergeschossenen deutschen Gesandtschaftsrates I. Kl vom Rath hat
sich der Bevölkerung eine sehr starke Erbitterung bemächtigt. Allgemein wurde
von der Parteigenossenschaft und von der SA nunmehr ein energisches Vorgehen
gegen die im Kreisgebiet noch ansässigen Juden verlangt, so daß sich der
Hoheitsträger der Partei veranlaßt sah, dieses Verlangen in geordnete Bahnen zu
lenken, um mögliche Ausschreitungen irgendwelcher Art von vornherein zu
unterbinden. Sämtliche im Kreisgebiet noch vorhandenen Juden (etwa 40) wurden im
Laufe des heutigen Vormittag vor den Kreisleiter vorgeladen, wo sie eine
Erklärung abgaben, sofort das Kriegsgebiet zu verlassen, niemehr in dieses
zurückzukehren und ihren hiesigen Grund- und Hausbesitz durch Verkauf
aufzugeben. Im Laufe des Nachmittag sind in Verfolg dieser Erklärung sämtliche Juden aus dem
Kreisgebiet abgereist. Da aber für sie auch im übrigen Reichsgebiet keine
dauernde Bleibe mehr möglich sein wird, ... wird eine grundsätzliche
Neuregelung, die der neuen Situation Rechnung trägt, für die Ausstellung von
Auslandspässen für diese Juden notwendig. Sonst kann dem berechtigten Verlangen
der Partei nach dem schleunigsten Verschwinden aller Juden nicht zum Erfolg
verholfen werden. Abgesehen von unbedeutenden kleineren Erbitterungsausbrüchen der Bevölkerung
gegen die in der Kreisleitung erschienenen Juden wickelte sich die ganz Aktion
völlig reibungslos ab. Der heutige Abend bringt noch Massenkundgebungen der
Partei gegen die Juden im Kreisgebiet. gez. Dr. Wiesend"
Staatsarchiv München - LRA 61616
10.11.1938 -
Wortlaut der "Eidesstattlichen Verpflichtung":
"Ich verpflichte mich mit dem nächsten
erreichbaren Zug Garmisch-Partenkirchen zu verlassen und nie wieder
zurückzukehren. Ich verpflichte mich weiter, die in meinem Besitz vorhandenen Grundstücke,
Gebäude und Waren sofort von meinem neuen Aufenthaltsplatz aus an einen Arier
zu verkaufen. Ich bin damit einverstanden, daß mich ab sofort bis zu meiner Abreise ein Arier
zu meinem persönlichen Schutz begleitet, bis ich mit dem Zug
Garmisch-Partenkirchen verlassen habe. Garmisch-Partenkirchen, den 10. November 1938 Unterschrift Wohnort Straße"
Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
4.11.1938 - Der 10.
November 1938 aus der Sicht der Täter:
"Nun
sind wir wieder unter Deutschen - Der gestrige 10. November gehört mit zu den
denkwürdigen Tagen in der Geschichte unseres Ortes. Garmisch-Partenkirchen
wurde innerhalb 24 Stunden frei von Juden! Als sich die Empörung der
Bevölkerung über den Meuchelmord in Paris durch spontane Protestkundgebungen
gegen die hier ansässigen Juden Luft machte, nahm sich die Partei der dadurch an
ihrem Leben gefährdeten Juden an und gab ihnen den guten Rat, unseren Ort
möglichst schnell zu verlassen. Dieser Rat wurde befolgt... Schon beim
Eintreffen des Kreisleiters (bei der Kundgebung im Festsaal, d.H.) zeigte sich
die Zustimmung der Bevölkerung zu seinen Maßnahmen durch den jubelnden Empfang,
der Pg Hausböck von allen Seiten bereitet wurde. Standartenführer Scheck
eröffnete die Kundgebung... Kreisleiter Hausböck ... schilderte dann im
einzelnen, daß es notwendig war, die hier ansässigen Juden zum schnellsten
Verlassen unseres Ortes aufzufordern. Nach Abgabe einer freiwilligen Erklärung, Garmisch-Partenkirchen zu verlassen
und nie wieder hierher zurückzukehren, fuhren 44 Juden ab mit dem Reiseziel
des Auslandes. Der Erfolg dieser Maßnahme war, daß Punkt 6 Uhr abends der letzte Jude den Kreis
Garmisch-Partenkirchen verlassen hat. Diese Feststellung des Kreisleiters löste einen minutenlangen Beifall der
Versammlung aus...“
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 14.11.1938
26.12.1938 - Gendarmerieinspektion Garmisch an Bezirksamt Garmisch
"In
Garmisch-Partenkirchen sind keine Juden."
Staatsarchiv München
- LRA 61616
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