1936 - Anmerkungen zu den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

 

 

Baron Peter von Le Fort (1899, Schwerin - 1969, Garmisch-Partenkirchen)

 

Peter von Le Fort war als Generalsekretär der IV. Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen für die organisatorische Abwicklung der Spiele verantwortlich. Er war der Sohn des preußischen Obersten Stephan von Le Fort und wurde am 28. Juli 1899 in Schwerin geboren.

Am letzten Tag des Kapp-Putsches im März 1920, eines von nationalistischen und antirepublikanischen Freikorps inszenierten Umsturzversuches gegen die legale Regierung in Berlin, wurde die Stadt Waren an der Müritz mit Artillerie beschossen, um die streikenden Gegner der Putschisten einzuschüchtern und zu bestrafen.  Bei dieser blutigen Metzelei schwer bewaffneter Geschütz- und Maschinengewehrabteilungen gegen unbewaffnete Zivilpersonen gab es fünf Tote und elf Schwer-verletzte.  Für das Kommando war der zwanzigjährige Reichswehrleutnant Peter von Le Fort verantwortlich, zusammen mit seinem Vetter, dem Rittmeister Stephan von Le Fort. Nach dem Scheitern des Kapp-Putsches sind die beiden Le Forts von Mecklenburg aus nach München bzw. nach Österreich geflohen.

Im Jahre 1923 tauchte Peter von Le Fort in Garmisch-Partenkirchen auf. Er arbeitete inzwischen als Journalist, war Mitglied beim Bund Oberland, dem Vorläufer der NS-Sturmabteilungen (SA) geworden und beteiligte sich im Herbst 1923, wenige Wochen vor dem Hitler-Putsch in München, an der Denkmaleinweihung für Albert Leo Schlageter auf der Zugspitze.

 

 

Karl Ritter von Halt (rechts), Präsident des Organisationskomitees der IV. Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen, und sein Generalsekretär Peter von Le Fort (1935) - Foto: Hanns Hubmann

Generalsekretär Peter von Le Fort (rechts) erklärt Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten (links) und dem Garmisch-Partenkirchner Bobfahrer Hanns Kilian (mitte, mit Brille) olympische Baupläne (1935) - Foto: Hanns Hubmann

 

Peter von Le Fort (links) mit Hermann Harster, Pressechef des Organisations-komitees der IV. Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen - Foto: Amtlicher Führer

 

Erfahrung in der Durchführung größerer Veranstaltungen hatte Peter von Le Fort als Sportwart des Skiclubs Garmisch gesammelt. Bekannt wurde er durch das Buch „Kampf und Sieg in Schnee und Eis – Winterolympiade 1936", das er zusammen mit Hermann Harster, dem Pressechef der Winterspiele, herausgebracht hatte. Unter dem Titel "So kämpfte und siegte die Jugend der Welt" erschien 1936 sein zweites Olympiabuch über die Sommerspiele in Berlin, herausgegeben mit Hermann Harster und Franz Miller.
In der „History of Ice Skating" des englischen „iceskate-magazine" (
www.iceskate-magazine.com) wird er als „a rather sinister individual with a French name" beschrieben. Zusammen mit Ritter von Halt, („a typical arrogant Nazi" ) habe er die ausländischen Sportler die Macht der NS-Funktionäre spüren lassen. Carl Hupfer, der Münchner Journalist und Kenner der Garmisch-Partenkirchner Sportszene, nannte Le Fort 1986 einen „hartgesottenen Nazi-Funktionär".

Dass die beiden Beobachter sich nicht getäuscht haben, das machen Inhalt und Stil eines Briefes deutlich, den Le Fort am 20. September 1935 an Carl Diem, den Generalsekretär der Olympischen Spiele von Berlin, schrieb. Darin kritisierte er in aller Schärfe, dass die offiziellen Olympiaabzeichen von den Herstellern, der Schrobenhauser Firma Poellath, auch an jüdische Verkäufer geliefert wurden.

Der Brief im Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Dr. Diem, die Firma Poellath hat offizielle Festabzeichen für die IV. Olympischen Winterspiele teilweise auch an jüdische Firmen geliefert. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass dies unter allen Umständen unterbleiben muss.

Verschiedene Beschwerden von arischen Geschäften, die sich für den Verkauf in den betreffenden Orten interessieren, sind bereits bei uns eingelaufen.

Die Firma Poellath schreibt mir heute, dass er Ihnen bereits über diesen Fall berichtet hat. Sie hätten ihm einen Bescheid in Aussicht gestellt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir Nachricht zukommen lassen wollten, welche Anweisungen Sie an Poellath in dieser Angelegenheit gegeben haben, damit wir den Vertrieb einheitlich regeln können.

Ich wiederhole nochmals, dass ich unter allen Umständen jüdische Geschäfte als offizielle Vertriebsstelle für das Festabzeichen ablehne. Ich nehme an, dass Sie meine Ansicht teilen. Mit besten Grüssen Ihr sehr ergebener gez. Le Fort"

Zur gleichen Zeit, in der Hitler und Ritter von Halt, Theodor Lewald und Avery Brundage zusicherten, dass jüdische Sportler bei den Olympischen Spielen nicht diskriminiert würden, hatte Le Fort keine Hemmungen, die Ächtung jüdischer Geschäftsleute nachdrücklich zu fordern. Wo getäuscht werden konnte, da wurde getäuscht, wo es nicht notwendig schien, weil nichts öffentlich wurde, da sonderte einer der höchsten Sportfunktionäre die jüdischen Bürger ohne Skrupel aus.

V.l.n.r.: Baron Peter Le Fort, Hanns Kilian, Karl Ritter von Halt und Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg - 1950 bei der Wintersportwoche in Garmisch-Partenkirchen

1950 in Garmisch-Partenkirchen: (v.l.n.r.) Peter Le Fort, Hanns Kilian, Karl Ritter von Halt und Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg-Schwerin - Foto: Clausing

 

 

 

 

Offizielles Abzeichen der IV. Olympischen Winterspiele 1936 Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

 

 

Carl Diem (links), Generalsekretär der XI. Olympischen Sommerspiele 1936 Berlin, und Hanns Kilian, (rechts) Präsident des Sportkomitees Garmisch-Partenkirchen (1950) - Foto: Bahr

Le Fort nahm mit dem in der Artilleriekaserne Garmisch stationierten Gebirgsartillerieregiment 95 und mit dem Artillerieregiment 236 am Zweiten Weltkrieg teil. Er überlebte den Krieg, wie wir von Lieselotte Diem, der Frau von Dr. Carl Diem, wissen. Sie berichtete im Januar 1950 anlässlich der Rückkehr Ritter von Halts aus dem Internierungslager Buchenwald: „Wir haben alle seine und unsere alten Freunde, die bis zuletzt in den Volkssturmtagen mit ihm zusammen waren, eingeladen… Nun wird er am Wochenende zur Olympischen Feierstunde in Garmisch mit meinem Mann, dem Baron Le Fort usw. zusammen sein."

Bis zuletzt in den Volkssturmtagen.

Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde Le Fort, inzwischen Oberst a.D., Mitglied im "Club der Luftfahrt" und gehörte schon sehr bald zu den ersten Lobbyisten mit guten Kontakten zu Rüstung und Flugwesen, baute Verbindungen zu Unternehmen und Organisationen auf und bereitete die Zusammenarbeit von deutschen mit ausländischen Unternehmen vor.

 

 

© Alois Schwarzmüller 2006