1936 - Anmerkungen zu den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

 

 

"Behandlung jüdischer Sportsleute in Deutschland" - Die Boykottbewegung

 

24.08.1935

Aufzeichnung über den Empfang des amerikanischen Botschafters a.D. Ch. H. Sherrill durch Hitler in München:

„Botschafter Sherrill gab seiner Befriedigung darüber Ausdruck, vom Führer persönlich empfangen worden zu sein. Er bezeichnete sich als Freund Deutschlands und der nationalsozialistischen Bewegung. Sein Sohn habe in Heidelberg studiert und sei als großer Verehrer des Führers nach Amerika zurückgekehrt…

Sherrill kam dann auf die Judenfrage zu sprechen. Für Amerika sei sie ein sehr ernstes Problem. Von den 5 Millionen Juden, die in den Vereinigten Staaten lebten, seien im Staats New York allein 2 ½ Millionen gegenüber einer Gesamtbevölkerung von ungefähr 7 Millionen ansässig…

Diese jüdischen Kreise hätten schon im Oktober 1933 im Zusammenhang mit der Olympiade 1936 eine Boykott-Bewegung ins Leben gerufen. Es sei ihm – Sherrill – ganz allein gelungen, die amerikanische Beteiligung am dem Olympischen Spielen in Deutschland trotz dieser Widerstände durchzusetzen… Nun wisse er aus seiner sportsmännischen Erfahrung, dass die jüdischen Athleten im allgemeinen den Anforderungen, die für die Aufnahme in eine Olympia-Ländermannschaft gestellt werden müssten, nicht gewachsen sein… Es sei daher für ihn als erfahrenen Sportsmann nicht verwunderlich, dass in der deutschen Olympiamannschaft für die Olympiade 1936 kein Jude auftrete, da er wissen, dass dies an den mangelnden sportlichen Leistungen der jüdischen Sportsleute läge…

Um die Schwierigkeiten, die sich aus den für die Anforderungen einer Olympiamannschaft nicht genügenden Leistungen der jüdischen Sportsleute und ihrer daraus folgenden Nichtaufnahme in die deutsche Olympiamannschaft ergeben, aus dem Weg zu räumen, schlage er vor, die Deutsche Reichsregierung solle die jüdischen Sportklubs in Deutschland auffordern, einen Vertreter für die Olympiamannschaft Deutschlands zu ernennen, wodurch dann der vom Reichsinnenministerium gegebenen Zusage Genüge geleistet sei.

Der Führer erwiderte, dass ihm eine derartige Lösung unmöglich erscheine. Sie würde schon an der Tatsache scheitern, dass in Deutschland eine völlige Trennung zwischen Juden und Deutschen hergestellt sei. Die Juden würden nicht unterdrückt, sondern völlig von den Deutschen abgesondert und könnten ihr eigenes Kulturleben führen. Aber es sei unter diesen Umständen natürlich unmöglich, der Anregung des Botschafters Sherrill Folge zu leisten. Der Führer erklärte dann weiter, dass … keinesfalls eine Verpflichtung übernommen worden sei, für eine jüdische Beteiligung innerhalb der deutschen Olympiamannschaft Sorge zu tragen. Deutschland habe … nur erklärt, dass es keine Einwendungen dagegen machen werde, wenn andere Länder in ihre Mannschaft Juden aufnehmen und dass diese Juden selbstverständlich innerhalb ihrer Ländermannschaften an den olympischen Spielen teilnehmen könnten. Er – der Führer – würde aber selbstverständlich den Text der vom Reichsinnenministeriums gegebenen Zusage prüfen lassen.

Botschafter Sherrill wies erneut auf den außerordentlichen Ernst dieser Frage hin…. Es sei also nicht nur mit einer Nichtbeteiligung Amerikas zu rechnen, sondern die Dinge lägen weit ernster, und als Freund Deutschlands bäte er den Führer, die Lage in diesem Sinne doch noch einmal zu prüfen.

Der Führer erwiderte, dass er von seinem Standpunkt nicht abgehen könne… Sollten im übrigen die olympischen Spiele vom Olympiaausschuss aus Deutschland wegverlegt werden, so würde auch dies nichts an der Haltung Deutschlands ändern, man würde dann eben rein deutsche olympische Spiele veranstalten."

Bundesarchiv Potsdam - 70 Or 1 G 147

 

 

© Alois Schwarzmüller 2006