1936 - Anmerkungen zu den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

 

 

"Behandlung jüdischer Sportsleute in Deutschland" - Die Boykottbewegung

 

22.05.1935

Reichsinnenminister Dr. Frick an den Chef der Reichskanzlei

„… Der Reichssportführer hat zugesichert, dass jüdische Sportler in Deutschland ungestörte Trainingsmöglichkeiten hätten. Ich selbst habe in vollem Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers am 7. September 1934 dem Reichssportführer zur geeigneten Weitergabe mitgeteilt, dass der Erlass, der Parteigenossen den Verkehr mit Juden untersagt, sich weder auf den sportlichen Verkehr im Allgemeinen noch auf die bereits eingeleiteten Trainingskurse für jüdische Sportsleute und deren Zulassung zu den alle Rassen der Erde umfassenden Olympischen Spiele erstrecken.

An dieser Einstellung muss meines Erachtens bis zum Ablauf der Olympischen Spiele unter allen Umständen festgehalten werden…bitte ich Sie, die Angelegenheit dem Führer und Reichskanzler vorzutragen und ihn zu bitten, für alle beteiligten Stellen die sofortige Einstellung der zur Zeit in ihren folgen nicht absehbaren Propaganda in Garmisch-Partenkirchen und in den benachbarten Bezirken anzuordnen."

Bundesarchiv Potsdam - 70 Or 1 G 147 - L 382843

 

28.05.1935

Ritter von Halt vertraulich an Dr. Theodor Lewald, Präsident des Deutschen Olympischen Komitees:

„… Ich bezeichnete die von Herrn Oberbürgermeister Liebel (Nürnberg) erwähnten Tafeln im Hinblick auf die Olympischen Spiele als eine Unmöglichkeit und schilderte die Konsequenzen… Ich sprach von einem Misslingen der Garmischer Spiele und von einem Nichtstattfinden der Berliner Olympiade, wenn nicht ungehend diesem Unfug gesteuert wird.

Zu meiner großen Überraschung gab mir Oberbürgermeister Liebel in einer darauffolgenden privaten Aussprache recht und betonte, dass auch Herr Streicher die gleiche Ansicht vertrete und Orte, wie beispielsweise Garmisch-Partenkirchen und Bayreuth von dieser Beschriftung ausnehme…

Am nächsten Tag setzte sich Döhlemann mit dem stellvertretenden Gauleiter Nippold in Verbindung und frug an, warum bis jetzt noch nichts geschehen sie. Das Organisationskomitee für die Olympischen Winterspiele warte nur mehr noch eine kurze Frist, um dann geschlossen zurückzutreten, da jede ehrenamtlich geleistete Arbeit unter den obwaltenden Verhältnissen umsonst wäre… Döhlemann erklärte, er werde vorher dem Führer über die Verhältnisse eingehend Bericht erstatten. Darauf erklärte Nippold, dass die Tafeln bis spätestens 1. Juni d. J. verschwunden sein werden…"

Bundesarchiv Potsdam - 70 Or 1 G 158

 

07.06.1935

Chef der Reichskanzlei an Reichsminister Rudolf Hess, Stellvertreter des Führers:

„Der Herr Reichs- und Preußische Minister des Innern hat Ihnen Abschrift … über judenfeindliche Propaganda im Bezirk Garmisch-Partenkirchen und Umgegend zugehen lassen. Der Führer und Reichskanzler hat mich beauftragt, Ihnen, sehr verehrter Herr Reichsminister, weitere Veranlassung in dieser Angelegenheit anheimzustellen…"

Bundesarchiv Potsdam - 70 Or 1 P 31 - L382841

 

26.07.1935

In der Pariser Zeitschrift „L’Auto" erscheint ein Bericht unter der Überschrift „Die Olympischen Spiele 1936 in Rom?"

„Das amerikanische Olympia-Komitee wird sich weigern, nach Berlin zu gehen, um gegen die Zwischenfälle in der Rassenfrage zu protestieren und wird an das Internationale Olympia-Komitee die Forderung stellen, die nächsten Spiele in Rom abzuhalten… denn hier ist das allgemeine Gefühl so, dass man nicht glaubt, dass die Deutschen genügende Garantien hinsichtlich gleichmäßiger Behandlung von Ariern und Nichtariern geben können, auch nicht hinsichtlich der Sicherheit der letzteren.

Das Komitee und die AAU fassen sogar ins Auge, dem Internationalen Olympischen Komitee vorzuschlagen, die Spiele nicht in Berlin, sondern in Rom abzuhalten.

Bundesarchiv Potsdam - 70 Or 1 P 31

 

 

© Alois Schwarzmüller 2006