Garmisch-Partenkirchen 1. Januar 1935
Die erzwungene Vereinigung

 

 

Quelle 8

11.10.1934

Innenminister und NS-Gauleiter Adolf Wagner an den Gemeinderat Garmisch

„Die Arbeiten des mit der Vorbereitung der Olympischen Winterspiele befassten Organisationskomitees sind, wie den Gemeinden selbst nicht unbekannt sein wird, dadurch auf erhebliche Schwierigkeiten gestoßen, dass die Verhandlungen des Komitees zur Zeit noch mit zwei in ihren Interesseneinstellungen und in ihren Zielen nicht gleichgerichteten Gemeinderäten zu führen sind.

Das Bezirksamt Garmisch wird beauftragt, gegebenenfalls im Benehmen mit der Kreisleitung, dafür zu sorgen, dass die beiden Marktgemeinderäte sich unverzüglich erneut mit der Frage der Vereinigung von Garmisch und Partenkirchen befassen und die Vereinigung beschließen. Die Verhandlungen sind so zu beschleunigen, dass die Vereinigung am 15. November 1934 verfügt werden kann. Binnen einer Woche ist kurzer Zwischenbericht zu erstellen.“

 

Quelle 9

13.10.1934

NS-Sonderkommissar Hartmann an Bürgermeister Thomma:

„Ich bitte Sie, sich am Dienstag, den 17. Oktober 1934, vorm. 10 Uhr im Staatsministerium des Innern, Zimmer des Herrn Stabsleiters Köglmeier, einzufinden zwecks Aussprache mit Herrn Innenminister Wagner über die Zusammenlegung der beiden Gemeinden Garmisch und Partenkirchen.“

Gez. Hartmann - Der Beauftragte des Sonderkommissars beim Bezirksamt Garmisch"

 

Quelle 10

13.10.1934

Bezirksamt Garmisch an den Marktgemeinderat Partenkirchen

„… Zur Aufforderung der Vereinigung der beiden Gemeinden ist sofort Beschluss zu fassen und beglaubigte Abschrift binnen 5 Tagen anher vorzulegen… Die Frage, welche Gemeinde als juristische Körperschaft aufgelöst werden soll, ist von rein formeller Bedeutung… die Wirtschaft der beiden gemeinden ist in den letzten Jahren mehr und mehr verschmolzen. In den Augen des Fremdenpublikums, namentlich des norddeutschen, bildet Garmisch-Partenkirchen längst eine Einheit… Die Gefahr durch die Vereinigung zum Vorort herabzusinken ist schon im Hinblick auf die gleiche Größe der Gemeinden weder für Partenkirchen noch für Garmisch gegeben. Dass der zentralen Verwaltung, vor allem dem gemeinsamen Rathaus auch ein zentraler Platz gebührt, erscheint selbstverständlich. Die Leitung des neuen Gemeinwesens wird sich aus Vertretern der Gesamtbevölkerung, an der das heutige Partenkirchen zur Hälfte beteiligt ist, zusammensetzen. Dass eine der beiden jetzigen Gemeinden den Führeranspruch für die Zukunft erhebt oder dass auch nur dieses Zusammenlegungsverfahren einseitig von einer Gemeinde betrieben würde, ist dem Bezirksamt nicht bekannt. Dass das Gebiet östlich der Partnach in der Gesamtgemeinde ins Hintertreffen geraten werde, ist übrigens schon mit Rücksicht auf dessen bevorzugte Lage nicht zu befürchten. Die vorgeschlagene Zwischenlösung – Bildung bzw. Erweiterung des Zweckverbandes – könnte in keiner Weise befriedigen… Das seit dem Vorjahr anhaltende Tempo der Bautätigkeit erheischt eine einheitliche und weit blickende Einteilung des noch vorhandenen gemeinsamen Talbodens. Ein neuzeitlicher zentraler Kongresssaal wird allmählich zum dringenden Bedürfnis, die systematische Entwässerung des gesamten Siedlungsgebietes mit gemeinsamer Kläranlage harrt noch der Vollendung, die Fragen der Errichtung eines Mittelschulgebäudes, eines Flugplatzes, der Führung der großen Durchgangsstraßen u.a.m. sind noch zu bereinigen. Konservative Bestrebungen und geschichtliche Erinnerungen müssen, auch wenn sie noch so berechtigt sind, hinter dem Übergewicht der neuzeitlichen Aufgaben zurücktreten.

Es wird auf die Einsicht der Gemeindeverwaltung Partenkirchen vertraut, dass sie den durch die Zeit und die Verhältnisse gebotenen und von allen vorgesetzten Stellen erwarteten Beschluss rasch und sicher finden.“ Gez. Dr. Roidl

 

 

© Alois Schwarzmüller 2006