Garmisch-Partenkirchen und seine jüdischen Bürger - 1939 |
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07.01.1939 / "... ein für allemal ausgeswingt." "Es hat sich 'ausgeswingt'... seit heute (sind) der Sing und Lambeth-Walk im Kreis Garmisch-Partenkirchen verboten ... Jawohl: Garmisch-Partenkirchen ist ein internationaler Sportplatz und Kurort. Aber Garmisch-Partenkirchen wünscht weder jüdische Gäste noch ihre Sitten, zu denen diese Tänze gehören... Was sich für Juden schickt, schickt sich eben nicht für uns... Eben darum hat es sich bei uns ein für allemal ausgeswingt." Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 07.01.1939
11.01.1939 / Bayerisches Hauptstaatsarchiv - Abtlg. Kreisarchiv München - an den Bürgermeister der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen "Betreff: Judenakten und Archivalien in jüdischem Besitz Die hiesige Abteilung wurde vom Herrn Generaldirektor der staatlichen Archive beauftragt, sich einen möglichst vollständigen Überblick zu verschaffen über die in Ihrer Marktgemeinde etwa beschlagnahmten Judenakten... Der hier in Frage stehende Quellenstoff soll für die künftige Rasseforschung und den Nachweis der arischen Abstammung sachdienliche Behelfe bieten. i.A. gez. Dr. Mittermesener" Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
27.01.1939 / Der Bürgermeister des Marktes Garmisch-Partenkirchen "Bei den hiesigen jüdischen Familien wurden einschlägige Akten oder Archivalien nicht beschlagnahmt, soweit mir bekannt. Eine jüdischen Kultusgemeinde war hier nicht vorhanden. gez. Scheck" Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
28.01.1939 / Gendarmeriestation Grainau an Gendarmerieinspektion Garmisch "Volljuden sind im Bezirk nicht mehr vorhanden." Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61616
30.01.1939 / Gendarmeriestation Garmisch-Partenkirchen an Landratsamt Garmisch-Partenkirchen "Stark unter dem Rückgang des Fremdenverkehrs haben besonders die größeren Häuser, wie Eibseehotel, Riesserseehotel, gelitten, die bis zu 70 Personen Personal beschäftigen müssen und oft keine oder sehr wenige Gäste hatten." Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61616
30.03.1939 / NSDAP Kreisleitung Garmisch-Partenkirchen – Kreisleiter – an den Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen "Betrifft: Schlüssel der Judenhäuser Im Auftrag des Kreisleiters übersende ich Ihnen, bezugnehmend auf die zwischen Ihnen und dem Kreisleiter stattgefundenen Besprechung, folgende bei uns noch liegende Schlüssel der Judenhäuser: Wallach - 12 Stk. Seligmann - 2 Stk Katz (Garage) - 4 Stk Fechheimer - 30 Stk Griensfelder, Ohlst. - 2 Stk Den Empfang der Schlüssel bitte ich mir zu bestätigen. Heil Hitler! i.A. Gierbauer" Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
17.04.1939 / Herrn Dr. L. Küppers, Garmisch, Alleestr. 39
"Als Bevollmächtigter der Frau Alice Sara Sabat,
München, Beethovenstr. 5/0, bitte ich Sie, die der Frau Sabat gehörenden
Gegenstände, die Sie zum Teil aus der Garage zu Ihrem Gebrauch entnahmen,
zum Teil Ihnen leihweise überlassen wurden, zum Abtransport bereitzustellen. Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
19.04.1939 / Dr. L. Küppers, Konsulatsarzt, Alleestr. 39, Garmisch-Partenkirchen, an Polizeiverwaltung Garmisch-Partenkirchen
"Betr:
Arisierung, Kunstgegenstände Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
21.04.1939 / Ortspolizeibehörde Garmisch-Partenkirchen "Laut telefonischer Feststellung bei Küppers befand sich seinerzeit eine Kommission in der Wohnung der Sabat, bestehend aus Herrn Direktor Blümel, Herrn Gerspach und 1 weiteren Herren, die verschiedene Gegenstände als Kunstgegenstände erklärten und aufnahmen.An die Schutzpolizei zur Feststellung und Aufforderung an Küppers, dass diese Gegenstände nicht hinausgegeben werden dürfen bevor nicht eine Freigabe durch die Kommission erfolgt ist." Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
27.04.1939 / Schutzpolizei-Dienstabteilung Garmisch-Partenkirchen „Die Feststellung ergab, daß die Gegenstände noch im Schuppen lagern und Dr. Küppers wurde aufgefordert lt. Unterschrift, daß die Gegenstände nicht hinausgegeben werden dürfen, bevor nicht die Kommission eine Freigabe erlaubt.“ Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
03.05.1939 / Alice Sara Sabat, München, Beethovenstr. 5/0 an Herrn Hauptwachtmeister Neugebauer, Garmisch
„Mir gehörte noch im vorigen Jahr das Anwesen Alleestr. 39. Dieses war an
Herrn Dr. Küppers vermietet (er wohnt übrigens noch heute darin), dem ich
auch verschiedene Gegenstände leihweise überlassen hatte. Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
11.05.1939 / Der Bürgermeister des Marktes Garmisch-Partenkirchen " Die Angelegenheit wurde heute am 8.5.1939 telefonisch mit der Geheimen Staatspolizei durch die Kriminalpolizei erledigt. Die in der Wohnung Alleestrasse 39 befindlichen Gegenstände sind nicht beschlagnahmt und können von Sabat abgeholt werden."Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
21.04.1939 / Der Regierungspräsident von Oberbayern an die Kreisverwaltungsbehörden - In Abdruck an den Bürgermeister von Garmisch-Partenkirchen zur Kenntnis und Beachtung
"Betreff:
Einsatz jüdischen Vermögens, hier: Grundstücksverkehr Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
22.04.1939 / "Juden ohne Maske" Filmvorschau: "Juden ohne Maske": "Die Juden, die wir als eine der übelsten Gefahren für unseres völkische Substanz erkannt haben, sind heute aus unserem ganzen kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Leben ein für allemal verbannt. Man kann sie also nicht mehr "studieren". Aber gerade die persönliche Anschauung ihres orientalischen Wesens ... hat die richtigen und besten Antisemiten geschaffen und diese persönliche Kenntnis des Judentums wird auch manchen harmlosen, "fried- und tugendsamen" Bürger auf andere Gedanken bringen als auf die von braven Juden, der "auch ein Mensch" ist... Böttcher hat Originalausschnitte aus jüdischen Filmen zusammengestellt, jüdische Stars aus der Novemberzeit... alte jüdische Größen stehen wieder auf, die den deutschen Film in der Novemberzeit schrankenlos beherrschten." Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 22.04.1939
26.04.1939 / "Märchen vom anständigen Juden" "Achtung! Heute! "Juden ohne Maske" - "... im Festsaal in Garmisch... Jüdische Darsteller zeigen das Gesicht des Juden unverhüllt und wie Schuppen wird es manchem deutschen Volksgenossen von den Augen fallen, der bisher vielleicht immer noch an das Märchen vom anständigen Juden glaubte." Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 26.04.1939
08.05.1939 / Ordnungsamt Garmisch-Partenkirchen - Schlüsselliste „Schlüssel für folgende Judenhäuser:Wallach - 12 Stück Seligmann - 2 Katz - 4 Griensfelder (Ohlstadt) - 2 Fechheimer - 10 (am 03.04.1939 entnommen und Dr. Mathias Steeg, München, Ritter-von-Epp-Platz 7, ausgehändigt. 12 Schlüssel für Anwesen Wallach von Herrn Abeking für Fr. Cassardt am 8.V.1939 herausgegeben Katz - 4 Schlüssel für Anwesen Zoeppritzstr. 36 als derz. Hausbesitzer heute empfangen 30.11.1948 Dr. Fux“ Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
21.06.1939 / Juden in Bädern und Kurorten - Ministerial-Blatt des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern Nr. 25 vom 21. Juni 1939"Bei der Regelung des Besuches jüdischer Kurgäste in Bädern und Kurorten sind folgende Richtlinien zu beachten: 1. Jüdische Kurgäste sind in Heilbädern und heilklimatischen Kurorten dann zuzulassen, wenn a) ihnen durch ärztliches Attest im Einzelfall eine Kurbehandlung in einem Heilbad oder heilklimatischen Kurort verordnet ist; ein von einem jüdischen Behandler ausgestelltes Attest bedarf der Bestätigung durch das für den Wohnsitz des Kurbedürftigen zuständiges Gesundheitsamt;... b) die Möglichkeit besteht, sie getrennt von den übrigen Kurgästen in jüdischen Kuranstalten, Hotels, Pensionen, Fremdenheimen oder dgl. Unterzubringen; Voraussetzung ist dabei, dass in diesen Anstalten und Betrieben deutschblütiges weibliches Personal unter 45 Jahren nicht beschäftigt wird... 7. (1) Die Feststellung der jüdischen Kurgäste kann in der Weise erreicht werden, dass diese die Tatsache, dass sie Juden sind, anlässlich der polizeilichen Anmeldung und im Anschluss daran der Kurverwaltung mitzuteilen haben. Die jüdischen Kurgäste haben nach der Dritten Bek. Über den Kennkartenzwang v. 23.7.1938 (RGBl.I S. 922) die Pflicht, bei der polizeilichen Anmeldung unaufgefordert auf ihre Eigenschaft als Juden hinzuweisen. (2) Die für Juden ausgestellten Kurkarten können durch eine besondere Farbe (z.B. gelb) kenntlich gemacht werden." Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
24.06.1939 / "Nicht die Völker wollen einen Krieg" Fritz Brunner, Hauptschriftleiter: "Das sind die Einkreiser! ... Nicht die Völker wollen einen Krieg, sondern das Judentum, das am Blut unschuldiger Menschen verdient und das zugleich mit seiner Hetze Rache am Dritten Reich nehmen will, dessen Pforten ihm für alle Zeiten verschlossen bleiben." Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 24.06.1939
18.07.1939 / Bürgermeister Scheck an Landrat Dr. Wiesend - Olympische Winterspiele 1940 - Unterbringung der Dienststellen in "Judenhäusern" "In Garmisch-Partenkirchen sind folgende Judenhäuser vorhanden: 1. Das Anwesen Wettersteinstrasse 4, Besitzer laut Einsichtnahme im Grundbuch, Israel Isidor Guttsmann, verzogen am 10.11.38 nach Berlin, Schlüterstrasse 35 bei Heidemann. In diesem Haus wohnt seit 1 Juli 1939 die Schwiegertochter Elisabeth Guttsmann, welche arischer Abstammung ist. 2. Das Anwesen in der Maximilianstrasse Haus Nr. 52, das unbewohnt ist. Besitzer dieses Hauses sind: Dr. Hellmuth Wallach in München, Möhlstr. 35/I, Luise Wolff, geb. Wallach in München, Reinhold Wallach in New York, Margarete Wallach in München, Nikolaiplatz 1/III in Erbengemeinschaft. Reinhold Wallach soll amerikanischer Staatsangehöriger sein. 3. Das Anwesen Riessackerstr. 54, Besitzer Alfred Stern in Schwarzenberg/Sa. Seine Ehefrau ist arischer Abstammung. Als Untermieter wohnt dort eine Familie Messner, bestehend aus Ehemann, Ehefrau u. 1 Kind. Das ganze Haus enthält nur 4 Zimmer u. 1 Küche. gez. Scheck" Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61946
24.07.1939 / Der Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen an den Bürgermeister des Marktes Garmisch-Partenkirchen "Betreff: Einsatz des jüdischen Vermögens, hier Treuhänderaufstellung Der Herr Reichwirtschaftsminister hat sich mit der Entschliessung vom 2.6.1939 Nr. III Jd. 3/10618/39 damit einverstanden erklärt, die zwangsweise Entjudung der im beiliegenden Verzeichnis aufgeführten Grundstücke durchzuführen. Bevor ein Treuhänder durch die Regierung aufgestellt wird, ist in jedem einzelnen Fall, soweit die Grundstücke im Gemeindebezirk liegen, genau zu prüfen und festzustellen: 1. dass die Grundstücke seit November 1938 unbetreut und Witterungsschäden zu befürchten sind, 2. dass die Grundstückseigentümer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, 3. dass die Grundstücke nicht bereits freiwillig veräußerst sind... 4. Zwecks Zustellung eventueller Zwangsanordnung ist die genaue zustellungsfähige Adresse des Grundstückseigentümers im Inland bzw. die Angabe, dass sich die Grundstückseigentümer im Ausland dauernd aufhalten, erforderlich. Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
16.08.1939 / Der Bürgermeister des Marktes Garmisch-Partenkirchen
"Betreff:
Vermietung von Wohnungen in Judenhäusern Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
17.08.1939 / Der Bürgermeister des Marktes Garmisch-Partenkirchen - Verzeichnis der in Garmisch-Partenkirchen vorhandenen Anwesen jüdischer Besitzer:
"1. von Leyden, Viktor, Wohnhaus Hs.Nr.11 am Hölzleweg Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61665
23.10.1939 / Der Reichswirtschaftsminister, Berlin-W 8, Behrenstrasse 43, an die Herren Bayerischen Regierungspräsidenten in München 22
"Betreff:
Erhebung von Ausgleichszahlungen bei der Entjudung nicht land- oder
forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitzes Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen
04.12.1939 / Gendarmerie-Station Eschenlohe an Gendarmerie-Kreisführer Garmisch-Partenkirchen - Anzeige gegen Anna Höck, Eschenlohe Die Eschenloher "Hausbesitzersfrau Anna Höck" wurde angezeigt, weil sie über den "früheren Kreisleiter Hausböck in Garmisch-Partenkirchen böswillige und gehässige Äußerungen gemacht" haben soll und zwar: "Kreisleiter Hausböck wohne in einem Judenhaus u. habe sich mit Judenmöbeln eingerichtet." Das Strafverfahren gegen Frau Höck wurde zunächst nicht eröffnet, sie wurde nur "ernstlich verwarnt." Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 61616
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