Garmisch-Partenkirchen und seine jüdischen Bürger - 1933-1945 |
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Museum Aschenbrenner - Sonderausstellung Clemens Fränkel
Clemens Fränkel (1872-1944)
Clemens Fränkel, geboren am 11.06.1872 in
Frankfurt am Main, lebte zeitweise in Ohlstadt. Am 28.04.1937 meldete der
Bürgermeister der Gemeinde Ohlstadt dem Bezirksamt Garmisch, dass „der Jude
Kunstmaler Clemens Fränkel ... mit seinem Sohne Kurt Oskar Fränkel, geb. am
23.02.09 zu Sibichhausen heute nach Italien abgemeldet worden" war.[1]
Im „Künstlerlexikon des
Werdenfelser Landes“ von Ralf Benkert (Teil 2, S. 49 f,
Garmisch-Partenkirchen Vorabdruck 2001) finden sich zu Clemens Fränkel die
folgenden Hinweise: „Maler, Landschaften, auch Gouachen und Pastelle...
1899-1901 Studium an der Malschule Knirr in München, 1901 an der ABK München
bei L. v. Löfftz und L. Schmid-Reutte; 1903/04 Studienreise nach Italien;
1906 gründet F. eine Schule für Landschaftsmalerei in Leoni / Starnberger
See; 1916-1929 lebt F. in München, seit 1929 in Partenkirchen; Mitglied im
Deutschen Künstler-Verband „Die Juryfreien“ München und im RK; „1937 mußte
er emigrieren und fand in Cortina d´Ampezzo einen neuen Wohnsitz. Hier
entstanden seine schönsten Freilichtstudien. Von Cortina wurde er 1944 von
der deutschen SS verschleppt und ist seitdem verschollen.“ (BMM, Hans-Peter
Bühler); Ausstellungen 1904-1909 im Frankfurter Kunstverein, 1912, 1914,
1919-21 und 1926 im Münchner Glaspalast.“[2]
[1]
Staatsarchiv München - LRA Garmisch-Partenkirchen 63049
[2]
Ralf Benkert, Künstlerlexikon des Werdenfelser Landes
(Garmisch-Partenkirchen, Vorabdruck 2001, Teil 2, S. 49)
Clemens Fränkel
– und die Malkunst in Garmisch-Partenkirchen Woran das lag?
Seine Farben waren doch die gleichen wie die der anderen Maler, seine Motive
die gleichen wie die seiner Kollegen? Seit Januar 1933
galten in Garmisch und in Partenkirchen aber nur noch die „Farben der
nationalen Erhebung“ - Schwarz, Weiß, Rot. Nicht dabei waren Farben, wie man
sie für treue Wiedergabe der Natur, für ein empfindsames Menschenbildnis
brauchte. Zu diesem
Deutschland gehörte Clemens Fränkel nicht. Er war kein Fremder, wurde aber
zu einem Fremden gemacht. Er spürte das und verließ deshalb
Garmisch-Partenkirchen im Juni 1936 – nach Ohlstadt. Nicht weit genug. Edward Elgar
komponierte hier 1895 seine „Songs from the Bavarian Highlands“, dem
Münchner Generalmusikdirektor Hermann Levi wurde vor 1900 von Emanuel von
Seidl und Adolf von Hildebrand eine Villa erbaut. Der Schriftsteller Josef
Ruederer nahm für „Die Fahnenweihe“ das Posthotel Partenkirchen als Motiv,
der Maler Max Beckmann kam zum Skifahren nach Garmisch. Der Philosoph Ernst
Bloch wohnte in der Höllentalstraße und formulierte dort die Grundgedanken
für sein „Prinzip Hoffnung“. Walther Siegfried ließ sich in Partenkirchen
nieder, Richard Strauss 1908 erbaute sich in Garmisch vom Erlös seiner Oper
Salome eine Villa. Kurt Tucholsky,
Karl Kraus, Erich Kästner oder Lion Feuchtwanger - sein Schlüsselroman
„Erfolg“ spielt in München und Garmisch-Partenkirchen – wohnten in Hotels
und Pensionen unter der Alpspitze. In der Pension Nirvana verkehrten
Heinrich Mann und Edgar Ende – Vater des 1929 in Garmisch-Partenkirchen
geborenen Schriftstellers Michael Ende. 1934 wurde mit der Reichskulturkammer ein politisches Instrument geschaffen, mit dessen Hilfe alle „Kulturschaffenden“ aus politischen und rassischen Gründen mit einem Berufs- und Veröffentlichungsverbot konfrontiert waren – Fränkel traf es als Maler und als Jude. Ausgeschaltet wurden Personen, die für Kultur im Sinne des NS-Regimes nicht geeignet erschienen. Nichtaufnahme bedeutete Berufs- und Ausstellungsverbot – vor allem für Nichtarier .[5]„Entartete
Kunst“ - mit dem Kunstverständnis und Schönheitsideal der
Nationalsozialisten nicht in Einklang zu bringen waren: Expressionismus,
Impressionismus, Dadaismus, Neue Sachlichkeit, Surrealismus, Kubismus oder
Fauvismus. Moderne Kunst wurde als "entartet" und als Verfallserscheinung
verstanden. Die Präsentation "kranker", "jüdisch-bolschewistischer" Kunst
war auch ein Weg zur Legitimierung und zur Verfolgung "rassisch Minderwertiger" und
politischer Gegner.
„Kampfbund für
Deutsche Kultur“ Der 1928 von
Alfred Rosenberg gegründete „Kampfbund für Deutsche Kultur“ sollte als
Organisation gewährleisten, dass auf allen Ebenen die NS-Grundsätze
verwirklicht wurden. Hier entfaltete er die völkisch-nationale Kunsttheorie
und schuf mit ihr die erste kunstpolitische Organisation der
Nationalsozialisten. Im selben Jahr wurde von Zahnarzt Dr. Frank Heinz der „Kampfbund für Deutsche Kultur – Ortsgruppe Garmisch-Partenkirchen" gegründet. Den „Ewigkeitswert unserer Rasse und unseres Volkstums" wollte er damit auch in Garmisch-Partenkirchen sicherstellen, Liberalismus und Marxismus „bekämpfen". „Kampf" wurde überhaupt zum Inbegriff aller kulturellen Programme der NS-Zeit. Einig war man
sich darin, dass deutsches Kulturschaffen arisiert werden musste, dass alles
Jüdische als „entartet“ zu gelten hatte. Es folgte die Verurteilung jeder
moderner Kunst und ein Rückzug ins 19. Jahrhundert.
Im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt wurde die
„Arbeit des Kampfbundes der Deutschen Kultur“ im Dezember 1933 mit diesem
Kommentar begrüßt: „Es gibt letztlich nur zwei Weltanschauungen: Die der
Minderwertigkeit und die des Wertbewusstseins… Weltanschauungen sind
rassegebunden. Nur eine hochwertige Rasse kann Trägerin einer klaren und
selbstbewussten Weltanschauung sein. Für uns Deutsche kann nur das
Wertbewusstsein des nordischen Menschen Gültigkeit haben. So ist es im
Grunde das Ringen um den Sieg des nordischen Rassegeistes über das
schleichende Gift der Rassevermischung, das unseren Kampf ausmacht.“[6]
Der „Kampfbund“
stellt aus Im April 1933
wurde die erste lokale Kunstausstellungen unter Führung des „Kampfbundes“
ausgerichtet.
Das Garmisch-Partenkirchner Tagblatt kommentierte: „In der bildenden Kunst machten sich Nichtskönner breit - ehrliche, talentierte und bekannte Künstler mit nationaler Gesinnung, nationalem Geist und Empfinden wurden einfach ausgeschaltet… Der jüdische Geist machte die deutsche Seele und den deutschen Charakter morsch… Adolf Hitler, unser Volkskanzler, ging voran und versuchte, die Feinde an der Kehle zu packen… Aufgabe der hiesigen Ortsgruppe ist es, mit allen Mitteln zu erstreben, das Alte zu erhalten, das deutsche Spießbürgertum zu bekämpfen… Der KdfK ist ein Mittel, eine Waffe, den Deutschen wieder zu sich selbst zurückzubringen.“ [7]Fränkel war
mittellos und unbewaffnet. Kunstausstellung
„Der Kreis“ in Garmisch
Die Münchner Künstlervereinigung „Der Kreis“
eröffnete im August 1933 ihre Ausstellung in der Garmischer Knabenschule.
Bürgermeister Thomma begrüßte. Der Sprecher des „Kampfbundes“ verkündete,
„dass mit dem 9. März 1933 die deutsche Kultur von der Gefahr des
Bolschewismus erlöst worden sei.“ Bisher seien das Ausland, die Mode und der
jüdische Geschmack ausschlaggebend in der Kunst gewesen. „Dem Führer Adolf
Hitler haben wir es zu verdanken, dass sich das Gute heute wieder
durchzusetzen beginnt.“ Die hier ausstellenden Künstler betonen bewusst die
deutsche Kunst: „Kunst ist nicht international; jedes Volk hat seine eigene
Kunst. International sind wir, wenn wir im Ausland unsere Werke ausstellen.“[8] Professor Kaiser
zeigte Gebirgslandschaften, Schönchen Bilder mit Hafen, Moor und
Hochseestimmungen, Sattler Blumenbilder, Märchenmaler Bayerlein Wolken- und
Wasserstimmungen. Fränkel - nicht
dabei. Der "Kampfbund"
und seine Kunstausstellung
in Garmisch-Partenkirchen Die „Fachgruppe
für bildende Kunst“ in der Ortsgruppe des „Kampfbundes“ zeigte im Januar
1934 Werke ortsansässiger Künstler, „die als vorbildlich gelten konnten.“
Paul Ehlers von der Landesleitung, Karl Fell von der Reichsleitung und Dr.
Heinz als Leiter der Ortsgruppe des „Kampfbundes eröffneten. Gezeigt wurden
Bilder und Plastiken von Preißler, Bickel („gewaltige Höhe pathetischen
Ausdrucks“), Carl Reiser („Bilder von bedeutender Sicherheit, des Könnens
und Größe der Anschauung“), Schels, Henel, Hoffmann („Charakterköpfe“),
Uhlich („gute Graphiken“), Prof. Georg Schreyögg („Büste des Führers für
Bronze“), K.B. Kraus (Plastiken), Dusch (Holzschnitzereien). Es sei ein Zug
der Zeit, so hieß es zur Eröffnung, dass sich das Gewicht des Lebens von der
Stadt auf das Land verschiebe. Es gebe völlig verschiedene Stile, es sei
„überhaupt keine Einheit festzuhalten.“ Gesehen wurden „geheime Mächte der
Landschaft und der Heimat.“ Die „lebenspendende und kunstspendende
Atmosphäre des Landes“ komme zu ihrem Recht.
Sich befehdende Künstlergruppen sollten,
„aufbauend auf dem nationalsozialistischen Kulturgedanken“, die
Auseinanderstrebenden zusammenzuführen und sie „zum Wohl des deutschen
Volkes und der deutschen Kunst nach dem einen großen Ziel auszurichten:
Deutschland!“[9] Kein Platz für
Fränkel! Kunst des
Werdenfelser Landes Ein halbes Jahr
später, im Juli 1934, begrüßte der „Völkische Beobachter“ angesichts einer
„besonders großen Besucherzahl während der Sommersaison“ eine Ausstellung im
Bezirksmuseum Partenkirchen, „an der sich mit wegen Ausnahmen sämtliche im
Kreise Werdenfels ansässigen Maler und Bildhauer beteiligten. Es ist zu
begrüßen, dass es der Ortsgruppe gelungen ist, diese gemein-same Ausstellung
zustande zu bringen.“
Ausgestellt wurden Paul Massow (Alpenbilder,
„kraftvoll, frisch und karg“), F. J. Haindl (Wettersteinmotiv), Theis
(Alpenmotive, Mädchenakt, Hitlerporträt „das leider die photographische
Vorlage nicht leugnen kann“), Hellmann, F. Uhlich (Gebirgsmotive),
Schneider-Dörffel, Kittmann, Bickel, Preißler („Porträts romantischer
Gesinnung“), Dusch („zwei Holzplastiken, die zwar aus der Tradition der
Gegend stammen, jedoch deren Schulung vermissen lassen“),
Henels
„Bauernkinder“ … dürfte van Gogh Pate gestanden haben“, Salvini-Plawen
(„Bergseelandschaft“, deren Farbigkeit echt ist und rein klingt, eins der
besten Bilder der Ausstellung“).[10] Für Fränkel kein
Platz!
„Judenzetttel“
der Kurverwaltung
Garmisch-Partenkirchen 1937/38
(Marktarchiv
Garmisch-Partenkirchen)
Willy Tiedjen
Mehr Glück hatte der aus Hamburg stammende
„Entenmaler“ Willy Tiedjen. Er wurde gefeiert für seine typisch „deutsche
Künstlernatur“. In seiner Landschaftsmalerei war „ein Ausdrucksmittel
nordischer Seelenkunst!“ Für das Braune Haus in München hatte er das Bild
„Minensuchflottille auf der Trave“ gestiftet. Er galt als „Kämpfernatur“ und
war politisch anerkannt, denn „seit Jahren steht er bereits fest in der
nationalsozialistischen Bewegung und trägt heute stolz das Freikorpszeichen.
(Er war beim Freikorps Werdenfels.).“[11] Damit konnte
Fränkel nicht konkurrieren. „Der 1. Mai in
Garmisch-Partenkirchen“ Die
Nationalsozialisten kaperten die Idee des 1. Mai und besetzten sie mit ihren
eigenen Ritualen und Phrasen.
Ein bandwurmartiger Zug zog sich am 1. Mai 1935
von der Ludwigstraße in Partenkirchen bis zur Zugspitzstraße in Garmisch
durch den gesamten, seit Jahresbeginn zwangsvereinten Ort: An der Spitze der
Spielmannszug der Deutschen Arbeitsfront ging es bis zum Zimmerergewerbe –
mittendrin die Künstler, umgeben von Rechtsanwälten und Revisoren.[12] Für Fränkel -
kein Platz! „Werdenfelser
Künstler im Haus der Deutschen Kunst“ Im Juli 1937,
ein Jahr nach dem Ende der Olympischen Winterspiele in
Garmisch-Partenkirchen, berichtet das Garmisch-Partenkirchner Tagblatt von
den Werdenfelser Künstlern, die im Haus der Deutschen Kunst ausgestellt
haben. Paul Geißler war
mit zwei Kunstwerken vertreten, „die in ihrer Art in der ganzen Ausstellung
einzig sind. Nirgends war unserem Empfinden gemäß Licht so gesehen und
gebannt wie hier. Licht, das im Schnee spielt und huscht und tanzt und doch
abgeklärt ruhig, geheimnisvoll und wieder ganz natürlich erscheint -
„Scheidende Wintersonne am Eibsee“, das andere stellt unsere liebe,
idyllische Ballengasse in Partenkirchen dar mit Blick auf die Alpspitze.“
Oskar Mulley wird „als ein Meister besonderer
Artung“ gewürdigt. „Empfindsam und fein in der Farbe, zeigt sich Oskar
Mulley mit seinem Bild „Hochtal“. Gewaltig starren die Berge hoch.“
Professor Wackerle ist mit zwei Statuen vertreten, “Mädchen mit Krug“ und
„Jüngling“. „Symbolhaft, weil der Künstler mit dem Mädchen das Volk, mit dem
Jüngling die Erde ausdeuten will.“[13] Fränkel gehörte
nicht dazu. „Unsere Künstler
haben ausgestellt. Ein Gang durch das Kurhaus“
Im August 1937 zeigte die NS-Kulturgemeinde,
Ortsgruppe Garmisch-Partenkirchen heimische Künstler, zusammengetrommelt zu
einer Ausstellung im vielbesuchten Kurhaus Garmisch am Festsaal.
Garmisch-Partenkirchen sei ein Eldorado für den Künstler der Farbe, Bilder
aus der Alpenwelt. Hubert Breuer mit „Dreitorspitze“ und „Alpspitze“,
Hellmann, Geißler, Theiß und Rosl Reiser, Lo Hiller „malt markant und
knapp“, Oskar Schulz mit „Ballengasse“, Stöckl mit „Floriansplatz“.
Abschließend heißt es: „Unsere Berge lassen nur eine gesunde und edle
Malerei reifen.“[14] Fränkels Berge
waren die Falschen.
„Kraft-durch-Freude“-Grundsätze Schon im Juni
1937 hatte eine Arbeitstagung der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ den
Grund dafür genannt, warum Fränkel nicht dazugehörte: „Die Kultur ist
total.“ KdF-Gauwart Härtel erklärte „die Totalität der kulturellen
Lebensgestaltung“ sei erreicht.
NS-Kreisleiter
Heinrich Schiede und die Kunst
Der Garmisch-Partenkirchner NS-Kreisleiter
Heinrich Schiede – 1943 bis 1945 - überschrieb sein Programm mit dem
Leitsatz „Erziehung der Willigen, Ausschaltung der Abseitigen.“ Seine Maxime
hieß „Kunst – eine zum Fanatismus verpflichtende Mission“.[16]
Um die Wirklichkeit des Krieges und der Diktatur
durch dreiste Phrasen zu verbergen - dafür wählte Schiede zum Ende des
Jahres 1943 ein neues Agitationsfeld - die Kunst. Vor der Er-öffnung der
jährlichen Kunstausstellung im Dezember 1943[17]
begab er sich kurz auf das Feld der Kunstgeschichte, fragte nach dem
örtlichen „Anteil an der Entwicklung der deutschen Kunst“ und vermisste eine
„markante nationale Eigenart“ in der Werdenfelser Malerei, für ihn eine
„bedenkliche Schattenseite“.
Seine Rede zur
Eröffnung der Ausstellung war ganz auf „nationale Eigenarten“ abgestimmt.
„Es gibt keine internationale Kunst“, erklärte er, „international ist nur
der Jude.“ Und „der Jude“, der „durch das Vorhandsein des deutschen Volkes
an seine Minderwertigkeit erinnert“ werde, „möchte uns ausrotten.“ Die
abstruse Agitation Schiedes und die mörderischen Aktivitäten seiner „Führer“
in Auschwitz zur gleichen Zeit waren kein Widerspruch, sondern ergänzten
sich: Auch in Garmisch-Partenkirchen, weit weg vom täglichen Massenmord,
aber vielleicht nicht weit genug, sollten die Rollen klar definiert sein:
Juden als Täter, Deutsche als Opfer. Dazu passte das
zweite Thema Schiedes: Deutschlands Recht zum gegenwärtigen Krieg. Aus einem
Volk der Dichter und Denker seien die Deutschen zu einem Volk geworden, das
verstanden habe, „dass es auch Boden und Raum“ brauche – und Macht. Bei einer Tagung
des Kreiskulturamtes im April 1944 zog Schiede der Kunst und der Kultur im
Werdenfelser Land neue, engere Grenzen. Bisher hatte er „nationale Eigenart“
vermisst, jetzt verbannte er auch noch alle in Garmisch-Partenkirchen „in
Erscheinung getretenen internationalen Gepflogenheiten“ und entschied, „nur
was echt, was wahr, rein und deutsch ist, kann für uns kulturellen Wert
besitzen.“ Zur Begründung wies er auf die Probleme hin, „die sich unserer
kulturellen Arbeit in einem Ort entgegenstellen, der bis zum Ausbruch dieses
Krieges als international gegolten habe.“ Die Offenheit
des internationalen Kur-, Erholungs- und Olympiaortes war ihm ein Gräuel.
Dieser Treffpunkt schwer kontrollierbarer Gedanken war stets verdächtig. Die
Kunst sollte sich jetzt endgültig seinen Vorgaben fügen. Bei der Eröffnung
der Wanderausstellung „Kunst in der Zeit“ Anfang Mai 1944 drückte er es so
aus: „Es hat einmal Kulturschaffende gegeben, die zu beweisen versuchten,
dass Kunst etwa Unpolitisches wäre.“ Für ihn war das eine „völlige
Verkennung der inneren Zusammenhänge.“ Die NSDAP habe eine
selbstverständliche „Führungsaufgabe auch auf kulturellem Gebiet.“ Schiede
berief sich auf den „Führer“, für den Kunst „eine zum Fanatismus
verpflichtende Mission“ geworden sei. Fanatismus war
jetzt Staatstugend. Fränkel aber
flüchtete nach Cortina d´Ampezzo – und wurde dort 1944 Opfer einer
politischen Vergiftung. Auschwitz ...
[1]
Partenkirchen, Münchnerstraße 33 bei Voggenauer – Karteikarte des
Marktes Partenkirchen
[2]
Werdenfelser Anzeiger – 08.08.1930: Bericht von der Ausstellung des
Künstlerbundes Werdenfels in der Schnitzschule Partenkirchen.
Gezeigt wurden Bilder von Toni Ascherl, Frl. Bermann, Frau Doposcheg,
Dusch, Eber, Ende, Fränkel, Geißler, Haindl, Hellmann, Horn, Kaiser,
Matzen, Traub, Uhlich. Begrüßung durch den Vorsitzenden Paul
Geißler. Ehrengäste: Bezirksamtmann von Merz und Bürgermeister
Döllgast. „Ein Rundgang vermittelte gute Eindrücke.“
[3]
GPT 26.05.1933 – Rede Wagners anlässlich der Schlageter-Gedenkfeier
auf der Zugspitze
[4]
Protokoll der Sitzung des Gemeinderats Garmisch am 12.06.1933
[5]
Kurt Fränkel, Sohn von Clemens und Luise Fränkel, erhielt am
23.04.1936 vom Präsidenten der Reichskulturkammer diesen Bescheid:
„Die Ausübung einer von den Bestimmungen der §§ 4 - 6 der ersten
Verordnung zur Durchführung des Reichskulturkammergesetzes vom
1.11.1933 (RGBl. I. S.797) erfassten Tätigkeit im Kunst- und
Antiquitätenhandel ist Ihnen somit untersagt…“ Die Durchführung war
zu überwachen durch die „Staatspolizeistelle Partenkirchen.“ (Fränkel,
Kurt O. -1 - MAGAPA_Nr_1179_Blutschutzgesetz_Auszüge Teil 8) Was für
den Sohn galt, hatte mit Sicherheit auch Gültigkeit für den Vater.
[6]
GPT 12.12.1933 – „Die Arbeit des Kampfbundes der Deutschen Kultur“
[7]
GPT 03.05.1933 – „Kampfbund für Deutsche Kultur – Ortsgruppe
Garmisch-Partenkirchen“
[8]
GPT 06.06.1933 – „Kunstausstellung `Der Kreis` in Garmisch“
[9]
GPT 17.01.1934 – „Kunstausstellung in Garmisch-Partenkirchen – Aus
dem Kulturleben Südbayerns“
[10]
GPT 03.09.1934 – „Kunst des Werdenfelser Landes“
[11]
GPT 12.09.1934 – „Der Tiermaler und Mensch Willy Tiedjen“
[12]
GPT 29.04.1934 – „Lokales: Zugaufstellung für den 1. Mai“
[13]
GPT 24.07.1934 – „Werdenfelser Künstler im Haus der Deutschen Kunst“
[14]
GPT 10.08.1937 – „Unsere Künstler haben ausgestellt. Ein Gang durch
das Kurhaus“
[15]
GPT 18.06.1937 – „Auch die Kunst ist total Gauwart Härtel über die
Mitarbeit der Vereine in der NSG `Kraft durch Freude`“
[16]
GPT 14.12.1943, 20.12.1943, 24.04.1944, 04.05.1944
[17]
Ausgestellt wurden Werke von A. Bauriedl, Heinrich Betzold, Eugen
Dekkert, Getrud Fabian, Franz Götze, Hans Heinzeller, Jakob
Hellmann, Hugo Hodiener, Hans Holzner, Hans Horr, Klaus Huisgen,
Erich Kittmann, Andreas Lang, August Maninger, Fritz Modell, Oskar
Mulley, Hermann Peters, Carl Reiser, Salvini-Plawen, Max Sammet,
Traudl Schreyögg, Luise von Schrenk, Raffael Schuster-Woldan, Carl
Traub
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