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Burgrain - der "dritte Ortsteil" von Garmisch-Partenkirchen - 1974-1989 |
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Vom Bau der evangelischen Friedenskirche bis zur Gründung des Vereins "50 Jahre Burgrain"
1974 Die Bundeswehr „spendiert“ für die Errichtung der Grundschule Burgrain eine halbe Million. Nach den Richtlinien des Bundesverteidigungsministeriums können Gemeinden für Lasten entschädigt werden, die durch die bestehende Garnison bedingt sind. Dies ist in Burgrain der Fall durch den starken Zuwachs an schulpflichtigen Kindern aus dem wachsenden Kreis der Bundeswehrangehörigen, denn dort stehen zur Zeit 137 Wohnungen im Besetzungsrecht der Standortverwaltung Mittenwald. Die 78 „Stadi-Wohnungen“ an der Steigfeldstraße bringen zwei Neuheiten mit sich: Erstmals im Landkreis GarmischPartenkirchen wird für einen größeren Neubaukomplex ein Lärmschutzwall errichtet. Schon bei der Planung ging man davon aus, „daß die Nähe der vielbefahrenen Bundesstraße B23 einen Schutz der künftigen Bewohner erforderlich macht. Dieser Wall, der später einmal mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt wird, soll auch verhindern, daß Kinder in Gefahr kommen“. Außerdem wird von der Gemeinde die Auflage gemacht, „daß die zwei- und dreistöckigen Häuser mit einer umweltfreundlichen Gasheizung beheizt werden“. Im Oktober des Jahres 1974 wird ein lang gehegter Wunsch der evangelischen Kirchengemeinde erfüllt: Im Ortsteil Burgrain soll es eine eigene Kirche geben. Die Grundsteinlegung für die evangelische „Friedenskirche“ wird am 12. Oktober von Oberkirchenrat Georg Lanzen-stiel vorgenommen. Seit vielen Jahren schon ist bei der wachsenden Zahl der evangelischen Christen in Burgrain das Verlangen „nach einer eigenen evangelischen Kirche auch für den dritten Ortsteil immer dringlicher“ geworden. Die Grundstücksfrage und die Finanzierung bereiteten erhebliches Kopfzerbrechen. Über die Vorgeschichte des Kirchenbaus geben die einleitenden Worte der Grundsteinurkunde Auskunft: Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Garmisch-Grainau errichtet dieses Kirchengebäude, das den Namen „Friedenskirche“ tragen soll, für ihre in Burgrain wohnenden 580 Gemeindeglieder. Bisher wurden die Gottesdienste in der 69 Meter südostwärts gelegenen Siedlungskirche gehalten, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Einwohnern der Siedlung Burgrain in Gemeinschaftsarbeit gebaut wurde, bis zur Erbauung der neuen katholischen Kirche „St. Michael“ 1963 der Katholischen Kirchengemeinde für ihre Gottesdienste Raum bot und auch für evangelische Gottesdienste zur Verfügung stand. Die Evangelische Kirchengemeinde ist dankbar, daß sie seit dem Jahre 1963 diese Siedlungskirche zur alleinigen Benutzung für ihre Gottesdienste gebrauchen durfte. Da die einst notdürftig errichtete Kirche nach fast drei Jahrzehnten baufällig geworden ist, vollzog heute der Kreisdekan von Oberbayern, Herr Oberkirchenrat Lanzenstiel aus München, die Grundsteinlegung der neuen „Friedenskirche“. Der Grundstein der Kirche, so Dekan Lanzenstiel, sei in Burgrain längst vorhanden, Gott selbst habe eigentlich den Grundstein gelegt. Überall auf der Erde werde gebaut, „doch mittendrin muss dieser Bau, der Bau einer Kirche, als letztes sichtbares Zeichen für den Sinn dieser Welt stehen“. Der Entwurf für den zweiten Burgrainer Sakralbau stammt von den Münchner Architekten Franz Lichtblau und Ludwig Bauer. Pfarrer Friedrich E. Kohls kann als Ehrengäste der feierlichen Zeremonie Landrat Nau, die Bürgermeister Schumpp und Neidlinger und den katholischen Burgrainer Amtsbruder Niedermayer begrüßen.
1975 Im März gibt es Gas-Alarm in Burgrain: Bei Erdarbeiten am Lärmschutzwall für die „Stadi-Siedlung“ an der Steigfeldstraße beschädigt der Bagger ein Rohr zu einem Gastank mit einem Fassungsvermögen von 100000 Litern Flüssiggas. Polizei und Feuerwehr sperren die B23, auch der Betrieb der Bundesbahn muss unterbrochen werden. Ein einziger Funke hätte genügt, um eine Katastrophe auszulösen. Spezialisten aus München gelingt es schließlich, der Gefahr Herr zu werden. Gemeinderat und Kirchenpfleger Karl Volkmer feiert im April seinen 60. Geburtstag. Der aus Schlesien stammende Steuerfachmann wird für seine „langjährigen und hartnäckigen Bemühungen um Fortschritte für den Ortsteil“ gewürdigt. Sein unermüdlicher Einsatz galt vor allem der Errichtung der St. Michaels-Kirche, des Kindergartens und der Grundschule. Die Bürgermeister Schumpp und Neidlinger ehren ihn, unter anderem auch mit einer Ortschronik von Garmisch und Partenkirchen „mit Entschuldigung dafür, daß Burgrain darin noch fehle“. Für die Fußgänger, die im Norden Burgrains die viel und schnell befahrene B 23 überqueren müssen, kommt im Juni 1975 eine Verbesserung: Ein Fußgänger-Tunnel, das den neuen Martin-Luther-Platz mit der gegenüberliegenden Straßenseite verbindet, entschärft die Verkehrsprobleme in Burgrain wenigstens an dieser Stelle. Einige Monate zuvor hatte man die Tunnel-Lösung zwar von behördlicher Seite aus noch als „problematisch“ abgelehnt und sich für eine fußgängerfreundliche Druckknopfampel entschieden, nun aber ist man überzeugt, den „beiderseitigen Interessen“ der Fußgänger und Autofahrer mit einer Unterführung am besten entgegenzukommen. Im Juli 1975 wird in feierlichem Gottesdienst die „Friedenskirche“ der evangelisch-lutherischen Gemeinde Burgrain-Farchant-Oberau geweiht. Die neue Kirche, „ein niedrig gehaltener Bau mit Zeltdach und Schindelverkleidung“, passt gut in das Burgrainer Ortsbild. Angegliedert sind eine Mesnerwohnung und ein großzügiger Raum für Jugendarbeit. Der Turm, ein ebenfalls mit Schindeln verkleideter Obelisk, steht am Eingang der Kirche als „weithin sichtbares kirchliches Wahrzeichen“. Eine der beiden Glocken im Turm, der übrigens von der Marktgemeinde auf besonderen Wunsch des scheidenden Pfarrers Friedrich Kohls gestiftet wurde, stammt noch aus der ehemaligen kleinen Notkirche, in der zunächst die Verabschiedung von Pfarrer Kohls stattfindet. In feierlicher Zeremonie wird schließlich das Tor der neuen Kirche mit dem Mahnspruch eröffnet „Wer hier ein- und ausgeht, möge bedenken, daß Christus das Tor zum ewigen Leben ist“. Oberkirchenrat Lanzenstiel wünscht dem neuen Gotteshaus am „Martin-Luther-Platz“ in Burgrain, daß es als „Fluchtburg der Sammlung“ und „Stützpunkt Gottes“ der Gemeinde in einer „Krise der Angst und mörderischen Gottvergessenheit“ diene. In das Pfarrhaus, das neben der Friedenskirche entsteht, wird 1977 als erster Seelsorger der evangelischen Gemeinde Burgrain Pfarrer Hermann Bock mit Frau und drei Kindern einziehen.
1978 Bei den Kommunalwahlen im März 1978 werden zwei Burgrainer Kandidaten gewählt: Karl Volkmer (CSU) und Georg Frischmann (SPD) ziehen wieder in den Gemeinderat Garmisch-Partenkirchen ein. Aus gesundheitlichen Gründen muss Pfarrer Franz Niedermayer sein Amt als Pfarrherr der katholischen Kirchengemeinde St. Michael in andere Hände geben. Ihm folgt im September des Jahres 1978 Pfarrer Rudolf Ettenhuber, geb. 1932 in München, 1959 zum Priester geweiht, seit 1962 Kurat in Altenau/Saulgrub. Die Schwerpunkte seiner seelsorgerlichen Tätigkeit sieht er vor allem auf dem Gebiet der Jugendarbeit und der Senioren- und Krankenbetreuung.
1980 Im fünften Jahr nach der Einweihung gibt es erneut ein festliches Ereignis in der „Friedenskirche“: Die neue Orgel, auf die man lange Zeit gewartet hat, erklingt zum ersten Mal. Im Mai des Jahres 1980 wird ihre Weihe „für Christen beider Konfessionen zum freudigen Ereignis“. Das vom Tiroler Orgelbaumeister Johann Pirchner gebaute Instrument großer Kirchenmusik wird von Friedrich Högner mit Johann Sebastians Präludium und Fuge G-Dur den Besuchern vorgeführt. Im November weist Fritz Bölter, Vorsitzender des SC Burgrain, auf die „katastrophalen Trainingsbedingungen der Volleyball- und Tischtennisspieler seines Clubs hin und bedauert, daß die Marktgemeinde nicht in der Lage ist, für diese Sportarten mehr zu tun. In der Sportplatzfrage für den SC ist man leider noch keinen entscheidenden Schritt weitergekommen. Verhandlungen wegen eines Grundstückes werden aber inzwischen geführt. Im Februar findet das 1. Burgrainer Rentner-Eisschießen im Olympia-Eisstadion statt. Organisiert wird der Wettbewerb vom „Kiosk“ an der Lahnewiesbrücke. Den 1. Platz belegt dabei die Moarschaft Lang, Grone, Nunberger und Pfanzelt.
1981 Die Siedlervereinigung erkundet bei einem ihrer beliebten Jahresausflüge das Altmühltal mit seiner reizvollen Landschaft und den vielen historischen Stätten.
1982 Das Landratsamt äußert als Untere Naturschutzbehörde Bedenken gegen die geplante Autobahnspange über den Längenwagen zwischen March und Sonnenbichl und deutet an, daß eine Planungsalternative untersucht wird, die für Burgrain kaum akzeptabel wäre: Es müsste nämlich in Kauf genommen werden, daß der Durchgangsverkehr zur späteren Kramerumgehung nach wie vor auf der B23 durch den Ortsteil Burgrain verläuft. Im Juli geben im Pfarrsaal von St. Michael die „St. Michael-Spatzen“ ihr Debüt. Der Chor mit 30 Kindern zwischen 6 und 14, von Adele Wagner gegründet und dirigiert von Hans Genstorfer, zeigt bei seinem ersten öffentlichen Auftritt ein breites Repertoire aus Volksmusik, religiösen Liedern und internationalen Schlagern. Beim Otto-Oswald-Gedächtnisfischen des Burgrainer Fischereivereins im September gewinnt Walter Oswald, der Enkel des Vereinsmitbegründers, den ersten Preis mit einem Ergebnis von 2350 Gramm. „Über Burgrain droht der Wildbach!“ Mit dieser dramatisch klingenden Einleitung beginnt ein Bericht des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts im Oktober 1983, der die Leser über die Verbauung des Lahnewiesgrabens informiert. Zwischen Enninger Moos und Talgrund sind die Hänge des Lahnewiesgrabens extrem rutschgefährdet. Nach dem Urteil von Fachbehörden sei „die Siedlung im Tal auf dem Schuttkegel bedroht“, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen würden. Schon um die Jahrhundertwende habe man mit Holzverbauungen die Erosionsgefahr bekämpft. 1938 wurde die Mündungsstrecke ausgebaut, zehn Jahre später der Mittellauf. 1962 sei auch der Oberlauf des Lahnewiesgrabens durch Grünverbauung gesichert worden, allerdings mit mangelhaftem Erfolg. In den Jahren 1966 und 1967 habe man deshalb erneut fast 1 Million DM vor allem in den Ausbau des Reschberggebietes investiert. Fazit des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes Weilheim: Nach heutigen Erkenntnissen dürfte Burgrain nicht mehr gebaut werden. Im Dezember 1982 steht beim SC Burgrain erneut die Erstellung einer vereinseigenen Sportanlage im Mittelpunkt aller Überlegungen. Die ersten Grundstücksverhandlungen sind leider gescheitert. Nun soll die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen über das städtebauliche Hilfsmittel des Flächennutzungsplanes die Ausweisung eines Sportplatzgeländes ermöglichen.
1983 Im März wird der von dem Grainauer Holzbildhauer Karl Buchwieser entworfene und ausgeführte Kreuzweg in der St. Michaels-Kirche mit einem Festgottesdienst eingeweiht. Die Tischtennisdamen des SC Burgrain, Winden, Wankmüller, Helfrich und Adler erreichen ihr Ziel: Erstmals nach zehnjähriger Zugehörigkeit zur Landesliga gelingt ihnen der Aufstieg in die Bayernliga. Die Jugendherberge in Burgrain registriert im September die einmillionste Ubernachtung. Die Jubelzahl wird mit einem „Tag der offenen Tür“ gefeiert. Seit 1967 führen die Herbergseltern Angela und Günther Schuhmann das Jugendquartier mit etwa 50000 Besuchern im Jahr. Aus der ganzen Welt kommen die Gäste in die Burgrainer Jugendherberge mit insgesamt 290 Betten. Nicht selten beherbergt man dort bis zu 50 Nationen gleichzeitig unter einem Dach. Fischerkönig des Jahres 1983 wird der „Senior des Oswald-Clans“ Otto Oswald: Er wird beim Königsfischen des Fischereivereins Burgrain mit einen 750 Gramm schweren Schleie Sieger am Bayersoier See.
1984 In der Pfarrgemeinde St. Michael zieht im Januar die Sternsingergruppe von Haus zu Haus. Caspar, Melchior und Balthasar singen und sammeln für einen guten Zweck. Das Missionswerk des Bundes der katholischen Jugend errichtet mit den Mitteln aus dem alten Brauch ein Waisenhaus in Uganda und ein Rehabilitationszentrum für Kinder in Nicaragua. Ein „Mandat für Burgrain“ erringen bei den Gemeinderatswahlen im März des Jahres 1984 zwei Sozialdemokraten: Für Georg Frischmann beginnt damit die dritte Amtsperiode als Mitglied des Gemeinderats, Alois Schwarzmüller wird neu in das Ratsgremium des Marktes Garmisch-Partenkirchen gewählt. Josef Müller (CSU) wind in den Kreistag gewählt. Mit einem „Siegeszug an der grünen Platte“ gelingt es der Tischtennisjugend des SC Burgrain im April 1984, erneut die Kreismeisterschaft zu erringen. Thomas Franke, Thomas Frimmer, Albert Rahm und Richard Loher haben damit zum dritten Mal hintereinander den begehrten Titel geholt. Turniersieger im Eisstockturnier des SC Burgrain um den 1983 geschaffenen „Vereine-Wanderpokal“ wird nach harten, aber fairen Wettkämpfen die Moarschaft des Golfclub II mit Helmut Bürger, Josef Nominikat, Martin Kiermaier und Alfred Rohrmoser. Die Suche des SC Burgrain nach einem geeigneten Gelände für einen Burgrainer Sportplatz ist noch immer nicht von Erfolg gekrönt. Im Gegenteil: Die Bemühungen, über einen neuen Flächennutzungsplan ans Ziel zu gelangen, erweisen sich vorläufig jedenfalls als ergebnislos. „Aus der Sicht des Marktes Garmisch-Partenkirchen sind im Bereich des Ortsteils Burgrain keine Flächen vorhanden, auf denen die Ausweisung des Sportgeländes mit Tennisplätzen und Asphaltbahnen vertretbar wäre“, so lautet die ablehnende Stellungnahme des Bauamtes der Marktgemeinde. Im November 1984 erhalten die Burgrainer Hausbesitzer Post von den Gemeindewerken, die mit dieser Aktion über die kommenden Möglichkeiten eines Anschlusses an das im Landkreis Garmisch-Partenkirchen entstehende Erdgas-Netz informieren. Burgrain wird als erster Ortsteil an die neue, umweltfreundliche Energiequelle angeschlossen. Die Gemeindewerke rechnen, wie sie mitteilen, „mit einem Anschluss Burgrains schon im nächsten Jahr, zu Beginn der Heizperiode 1985/86“. Im Dezember veranstaltet, wie schon seit mehreren Jahren, die Bastelgruppe Burgrain unten kundiger Leitung von Eleonore Lachenmeier einen Weihnachtsbasar, dessen Erlös von 3000.— DM für die Pfarrkirche St. Michael bestimmt ist.
1985 Im Kampf um den begehrten „Rasthaus-Pokal“ der Eisschützen des SC Burgrain unter der bewährten Leitung von Georg Theil setzt sich im April die Moarschaft Helmut Hornung, Helmut Schacherbauer Hans Sailer und Sepp Ortner durch. Die Trophäe wurde im Jahre 1982 vom Wirt der Gaststätte „Rasthaus“, Sepp Waibl, gestiftet. Auf Einladung von Pfarrer Rudolf Ettenhuber diskutiert im Pfarrsaal von St. Michael eine Runde von Vertretern der Burgrainer Vereine, Kirchen und Institutionen mit zuständigen Kommunalpolitikern die Frage „Was kommt auf Burgrain im Zuge des Autobahnbaues zu?“ Im Mittelpunkt der Überlegungen steht ein „noch rein theoretisches Projekt“, das die Untertunnelung von Farchant und Burgrain vorsieht. Die Möglichkeit einer Verbindungsspange zwischen B2 und B23 über den Längenwagen wird erwogen. Die Kosten einer Untertunnelung des Ortsteils Burgrain werden auf 20 bis 30 Millionen DM geschätzt. Beim traditionellen Sportfest des SC Burgrain auf dem Schulsportplatz der Grundschule werden im Juni 1985 zahlreiche Wettkämpfe ausgetragen ~. „ 120 Sportler stürzen sich in den Dreikampf“, so berichtet das Tagblatt über Trimmtrab, Spielstraße und Leichtathletik beim Familiensportfest des SC Burgrain. Ein großes Burgrainer Ortsteilfest wird auf dem Kirchplatz von St. Michael im Juli gefeiert: Aus Anlas des zehnjährigen Jubiläums der „Friedenskirche“ trifft sich ganz Burgrain bei „Quiz, Spielstraße, Ballon-Flug, viel Musik und einem Biergarten“ zu einem guten Zweck. Der beachtliche Gewinn des Festes wird der Kinderklinik Garmisch-Partenkirchen für den Erwerb neuer Orff‘ scher Musikinstrumente übergeben. Am nächsten Tag heißt es dann Abschiednehmen von Pfarrer Hermann Bock, der seit nunmehr neun Jahren in den Gemeinden Burgrain, Farchant und Oberau als evangelischer Pfarrer tätig ist. Der gebürtige Oberpfälzer kehrt in seine Heimat zurück und übernimmt in Vohenstrauß ein großes Pfarramt. Sein Partenkirchner Amtsbruder Joachim Cunradi schreibt über ihn: „Pfarrer Hermann Bock brachte sehr viele neue Ideen und Initiative in die Gemeinde. Für viele war er deshalb nicht immer bequem — besonders für jene mit dem starren Standpunkt: Es muss alles so bleiben wie bisher. Aber das zentrale christliche Wort von der Buße fordert doch die ständige Änderung des Menschen. Er ist kein Bußprediger volkstümlichen Weise. Und doch fordert er indirekt seine Gemeinde zur Buße, d.h. zur Änderung der Lebenshaltung auf. Voller Engagement zeigte er den praktischen Weg heute z. B. in der ökologischen Frage oder im Bemühen um Frieden. Friedensgebet und Friedensgesprächskreis waren nur einige seiner Initiativen. Aber er lebt auch selbst das gepredigte Wort“. Pfarrer Bock, Vater von drei Kindern, wendet sich, wenn es ihm um die Christusnachfolge geht, vor allem an die Jugend — und hier wird er, der stets selbst sein Herz an die Angel hängt, zum erfolgreichen „Menschfänger“ in seiner Gemeinde. August 1985 – Brüssel - 1. Leichtathletik-Europameisterschaft der Behinderten: Der Sportstudent Roberto Simonazzi aus Burgrain „schafft eine Sensation“: der 22-jährige wird Europameister im Speerwurf und erhält die Goldmedaille — eine großartige Leistung des am linken Oberschenkel amputierten jungen Mannes mit dem starken Willen. „Ein Geistlichen, zu dem man Vertrauen haben kann“: So stellt das Garmisch-Partenkirchner Tagblatt im November 1985 den Nachfolger von Hermann Bock für die evangelisch-lutherische Pfarrstelle in Burgrain vor. Pfarrer Uhland Spahlinger stammt aus Westfalen, in München-Freimann war er Vikar. Auf die „oberbayerische Diaspora“ und die Arbeit mit der Jugend freut er sich besonders.
1986 Der „Volksbank-Wanderpokal“ den Eisschützen des SC Burgrain kommt im Januar in neue Hände: Beim Burgrainer Pokalturnier setzt sich die Moarschaft Franz Jettenberger, Helmut Schindler, Maria Hintermaier und Thomas BibI gegen die Pokalverteidiger Siggi Benvenuti, Helmut Schacherbauer, Rudi Seiband und Erwin Sirtl durch. In seinen „Gedanken zum Karfreitag“ schreibt Pfarrer Uhland Spahlinger: „Wenn ich die Leidensgeschichte Jesu betrachte, die im Kreuzestod gipfelt, so ist sie für mich zunächst ein Dokument der Menschenverachtung. Die Brutalität der römischen Schergen gegenüber dem, der nie anders als aus Liebe gehandelt hat, und die Folter- und Mordmethoden in den KZs haben dann durchaus einen Zusammenhang. Jemand sagte einmal sinngemäß: „Jesus wurde in den KZs millionenfach gekreuzigt“. Man fragt nach dem Sinn und will die offenkundige Sinnlosigkeit solchen Leidens mit Vernunftgründen beiseiteschieben. Man schweigt das ganze Elend dieses Leidens tot und wendet sich dem Alltag zu. Das ist viel bequemer. Und an diesem Punkt ist die Passion Jesu für mich mehr als ein Dokument des Leidens und der Gewalt. Sie wird mir zum Zeichen der Nähe Gottes gerade im Leiden“. In der Sportplatzfrage gibt es neue Hoffnung: Vorsitzender Albert Schönauer meint bei der Hauptversammlung des 443 Mitglieder zählenden Vereins im Juni 1986, daß „die Aussichten für einen Erfolg recht günstig stehen“. Die Marktgemeinde befinde sich in Verhandlungen mit den Eigentümern des in Frage kommenden Grundstücks. Im Juli 1986 wird im „Gasthaus Burgrain“ ein eigener Burgrainer CSU-Ortsverband gegründet. Erster Vorsitzender wird Heinz Teitscheid, seine Stellvertreter sind Josef Müller und Hans Meier. Burgrain, so der neue Vorsitzende, sei immer selbständiger geworden, „dadurch ist die Bindung zum Hauptort etwas verlorengegangen, obwohl wir uns natürlich als Garmisch-Partenkirchner fühlen“. Den Burgrainer Mitgliedern seiner Partei sei „ein eigener CSU-Ortsverband zunächst viel wichtiger als ein Burgrainer CSU-Gemeinderatsmitglied ohne Ortsverband“. „Antike Siedlungen“ sind das Ziel des Sommerausflugs der Burgrainer Siedlervereinigung. In Reichersbeuern, Seeon und auf den Chiemseeinseln wird diesmal Station gemacht. Die Burgrainer „Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft“ mit ihrem Vorstand Georg Erhard und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dohlus an der Spitze hält im November ihre Generalversammlung. Dabei bedauert man, „daß sich trotz stagnierender Baupreise und zinsgünstiger Staatsdarlehen bei Neubauten derzeit Kostenmieten errechneten, die immer noch weit über den finanziellen Möglichkeiten vieler Mitglieder lägen“. So müsse man sich, obwohl man die Wohnungsnot der jungen Leute sehe, mehr oder weniger auf den Erhalt des Bestandes konzentrieren.
1987
Mit „besonderer Spannung“
werden bei der Jahresversammlung des SC Burgrain die „Erläuterungen zum
Sportplatzbau“
erwartet. Vorsitzender Albert Schönauer kann den Vereinsmitgliedern
mitteilen, „daß die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen das Grundstück
zwischen Golfplatz und Loisach erworben und dem Verein zur Verfügung
gestellt“ habe. Die Planungen seien im Gange. Eine „Stätte mitmenschlicher Begegnung“, das erweiterte und erneuerte Pfarrzentrum St. Michael, wird im Oktober von Weihbischof Schwarzenböck gesegnet. Die nützliche, „von der Marktgemeinde großzügig bezuschusste Einrichtung“ mit Pfarrsaal und Katholischer Volksbücherei steht der Pfarrgemeinde für vielerlei Veranstaltungen zur Verfügung. Auf einem Grundstück an der Loisachstraße, das die Marktgemeinde auf dem Wege der Erbpacht zur Verfügung stellt, baut die „Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft“ ein Sechs-Familien-haus im sozialen Wohnungsbau. Nach vielen Jahren der Suche nach einem günstigen Baugelände - in Burgrain trotz vieler Bemühungen nicht zu ermöglichen - kann somit die Genossenschaft erstmals wieder auf dem Gebiet des Wohnungsbaus tätig werden.
1988 Zur Vorbereitung eines Festprogramms im Jubiläumsjahr 1989 wird im Mai 1988 im „Gasthaus Burgrain“ der Verein „50-Jahre-Burgrain“ gegründet. Zum Vorsitzenden wählen die mehr als 150 Gründungsmitglieder den Leiter der Burgrainer Grundschule Heinz Teitscheid. Wenige Wochen vor Beginn der Jubiläumsfeiern zählt der Verein über 600 Mitglieder. Die Schutzwaldproblematik wird im September 1988 noch einmal öffentlich diskutiert: „Enning — Gefahr für Burgrain“, so ist ein Bericht des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts überschrieben, in dem es dann weiter heißt: „Der Lahnewiesgraben, der das Enninggebiet entwässert, gefährdet den Ortsteil Burgrain durch Hochwasser und Vermurung“. Die Schutzwälder stünden zum Teil auf geologisch extrem labilen Gesteinen und die Standorte seien erheblich durch Schneeschurf, Humusschwund und Erosion gefährdet. Zur Abwehr wird seit vielen Jahren am Lahnewiesgraben saniert. Weitere Maßnahmen sind jetzt auf 137 Hektar Wald- und Weidefläche vorgesehen. Gerald Lang und Hans Schinko zeigen im Dezember 1988 ihren Tonfilm über das kirchliche Leben in der Pfarrei St. Michael. Pfarrer Rudolf Ettenhuber: „Der Film vermittelt ein lebendiges Bild von der Pfarrgemeinde“. Mit diesem Film sei ein „historisches Dokument“ entstanden.
1989 Pfarrer Uhland Spahlinger verlässt im Januar nach dreijähriger Tätigkeit in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Burgrain seinen bisherigen Wirkungskreis, um mit seiner Familie in Neuguinea für die Fortbildung einheimischer Pfarrer zu arbeiten. Seit 1. Mai 1989 ist die Pfarrstelle der „Friedenskirche“ in Burgrain mit Pfarrer Joachim Cunradi besetzt. Ein „gelungenes Bühnendebüt in Burgrain“ gibt es im März 1989 mit der Aufführung des Stückes „S‘ Dirndl von der Au“ im neuen Pfarrsaal St. Michael durch die Laienspielgruppe Burgrain. Dem Ensemble mit Adele Wagner, Inge Diedering, Karin Geyer, Christian Spatz, Markus Enthart und Jan Skrzypek gelingt es, einen „derb-deftigen Bauernschwank“ überzeugend zu inszenieren. Im April 1989 zieht mit der Pizzeria „San Marco“ italienisches Flair in Burgrain ein. Betrieben wird das neue Lokal im ehemaligen „Burghof“ von den Brüdern Claudio und Franco Bonafede, die aus Venedig stammen, denen aber „das schöne Werdenfelser Land mit seinem internationalen Publikum“ zur zweiten Heimat geworden ist. Dass nach vielen hundert Jahren und im fünfzigsten Jahr nach der Gründung des Ortsteils Burgrain die Geister der Burg Werdenfels noch immer lebendig sind, das wird in der Freinacht des Jubiläumsjahres wieder einmal deutlich. „Im oberen Viertel des Ortsteils schrauben Scherzbolde von über 50 geparkten Autos jeweils eins der beiden Kennzeichen ab“. Sie finden sich wieder auf dem Platz vor der Sparkasse, „wo sie allesamt fein säuberlich aufgereiht auf einer Wäscheleine hingen“.
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