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Burgrain - der "dritte Ortsteil" von Garmisch-Partenkirchen - 1965 - 1973 |
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Von der Entstehung der Bundeswehrsiedlung bis zur Einweihung der Grundschule Burgrain
1965
Auch das neue Jahr bringt
in Burgrain „alles für das Kind“. Am Kirchweg wird ein großzügiger
Spielplatz
gestaltet, den die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellsch Im Februar 1965 wird im „Rasthaus Burgrain“ die Fischerzunft Burgrain aus der Taufe gehoben. 1. Vorstand ist Martin Härter, 2. Vorstand Otto Oswald sen., Kassier Otto Oswald jun. und Schriftführer Anton Schmalzl. Das erste Preisfischen findet im Herbst des Gründungsjahres statt. Im Jahr darauf erhält der Verein den Namen Sportfischerei-Verein Burgrain/Garmisch-Partenkirchen.
1966 Mit Georg Frischmann (SPD) wird erstmals ein Kommunalpolitiker aus Burgrain in den Kreistag des Landkreises Garmisch-Partenkirchen gewählt. 79 weitere Wohnungen werden in Burgrain durch die Bundeswehr für ihre Soldaten „in Angriff genommen“. Dabei beteiligt sich die Bundeswehr an der Abwasserbeseitigung, die für den expandierenden Ortsteil seit längerem schon ein „ungeklärtes“ Problem ist. Bisher fließen die Abwässer von mehr als zweitausend Einwohnern einfach in die Loisach, „ein Zustand, der nicht nur im Hinblick auf das Münchner Trinkwasserprojekt Abhilfe verlangt“. Drei Möglichkeiten stehen zur Wahl: Der Bau eines Erdfaulbeckens mit Ableitung des geklärten Wassers in die Loisach, ein Anschluss an die künftige Abwasserbeseitigung durch die Gemeinde Farchant oder der Bau eines Druckstollens, mit dem die Burgrainer Abwässer in die höher liegende Kläranlage von GarmischPartenkirchen geführt werden. Die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen entscheidet sich für die Lösung des Problems mit Hilfe eines Druckstollens, der die Abwässer unter Pumpendruck in die bestehende Kläranlage leitet. 1967 soll mit dem Stollenbau begonnen werden.
1967 Wieder einmal gibt es einen „Tag dankbarer Freude“ für viele Burgrainer: Die Kuratie St. Michael erlebt im Mai ihre Erhebung zur Pfarrei. Der bisherige Kurat Georg Mangold wird zum ersten Pfarrer der neuen Kirchengemeinde St. Michael bestellt. Die Einführung in sein Amt wird durch Domkapitular Tewes vorgenommen. Kirchenpfleger Volkmer dankt dem frischgebackenen Pfarrherrn für seine bisherige Tätigkeit. Pfarrer Leonhard Winkler aus der bisherigen „Mutterpfarrei“ Partenkirchen, Landrat Wilhelm Nau und Bürgermeister Philipp Schumpp gratulieren der jungen Pfarrgemeinde zu ihrem neuen Pfarrer. Im Juni erlebt die Pfarrei St. Michael ein „besonderes kirchenmusikalisches Ereignis“. Obwohl in der neuen Kirche noch keine Orgel erklingt, wird die „Deutsche Messe“ des Freisinger Domkapellmeisters Max Eham festlich aufgeführt: „Der erst seit Januar bestehende Singkreis St. Michael, ein gemischter Chor mit fast 30 Mitgliedern unter Leitung von Bernhard Wehrsdorf, gestaltet die mehrstimmigen Sätze mit spürbarer Begeisterung und erfreulicher Klangschönheit.“ Im September 1967 wird die Straßengabelung zwischen Burgrain und Farchant umgebaut und „entschärft“. Dennoch bleibt sie ein unfallträchtiger Gefahrenpunkt, an dem sich immer wieder schwere Zusammenstöße ereignen. Jetzt soll eine Signalanlage eingebaut werden. Seit dem dritten Adventsonntag des Jahres 1967 „klingt und singt es auch in Burgrain von der Empore“: Die neue Orgel von St. Michael, gebaut von einer namhaften Münchner Orgelbaufirma, wird feierlich geweiht. Sie kann sich „hören und sehen lassen. An einer Schmalseite der Empore eingebaut, fügt sich der dreifach gegliederte Prospekt mit den rötlich schimmernden Kupferpfeifen der Bassregister sehr glücklich in den modernen Kirchenraum ein“.
1968 Über 400 Kinder gibt es inzwischen in Burgrain, mehr als 200 sind im Alter zwischen sechs und zehn Jahren. Im Mai des Jahres 1968 stellt deshalb die Siedlervereinigung Burgrain bei der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen den Antrag auf Errichtung einer Grundschule für die erste bis vierte Klasse. Den Kindern könne man die Busfahrt in die Schulen des Hauptortes nicht mehr länger zumuten, das Umsteigen sei gefährlich, die Verkehrszeiten ungünstig und die Omnibusse meist überfüllt. Das Hauptargument lautet: „Der lange und zeitraubende Schulweg stellt gerade für die jüngeren Kinder zusätzliche, vermeidbare Strapazen dar“. Schon vier Wochen später steht das Schulthema erneut auf der Tagesordnung der Siedlervereinigung und anderer Organisationen des „dritten Ortsteils“: Karl Volkmer, Fritz Sattler, Thomas Mooshofer und Horst Rauscher überreichen Bürgermeister Philipp Schumpp eine Liste mit 600 Unterschriften von Burgrainer Bürgern, die alle den baldigen Bau einer vierklassigen Volksschule in ihrem Ortsteil wünschen. Um den Schulhausbau in Burgrain geht es auch bei einer Versammlung im „Rasthaus“, bei der Rektor Fischer von der Volksschule Partenkirchen vor etwa hundert Burgrainer Eltern seine ablehnende Haltung gegenüber einem Schulneubau in Burgrain begründet. Die Zahl der Kinder in Burgrain reiche nicht aus, da jede Klasse mindestens 37 Schüler umfassen müsse. Außerdem würde ein Neubau in Burgrain den Bestrebungen einer Schulreform grundsätzlich entgegenwirken. Zur Lösung des Problems schlägt Rektor Fischer die Einführung reiner Schulbusse vor, die nur für die Kinder fahren dürften, so daß nach dem Unterricht keine Wartezeiten entstünden. Karl Volkmer weist dagegen darauf hin, daß „mit einer wesentlichen Vergrößerung des Ortsteils zu rechnen“ sei, der Kreis der Betroffenen werde schon bald ansteigen, deshalb plädiert er für „eine positive Einstellung in Bezug auf einen Schulbau“. Pfarrer Mangold, der zu dieser Versammlung eingeladen hatte, „äußerte den Verdacht, daß Burgrainer Kinder in den Schulen des Ortes benachteiligt würden. Die Lehrkräfte hätten nach seinen Erfahrungen die Geduld mit den Kindern verloren, da diese Schüler durch das Busfahren nervös und fahrig seien“. Auch von kirchlicher Seite kommt also ein deutliches „Ja“ zu einer Schule in Burgrain. Die Siedlervereinigung Burgrain bleibt in der Schulfrage hartnäckig: „Von der Forderung einer Grundschule hierorts kann nicht abgegangen werden“, so heißt es in einer öffentlichen Stellungnahme. Und weiter wird gesagt: „Burgrain ist kein Rentner-Ortsteil, vielmehr das kinderreichste Ortsgebiet von Garmisch-Partenkirchen“. Hier werde weitergebaut werden für junge Familien mit Kindern. Dazu setzt man sich für den Bau einer Schulturnhalle ein, „die auch den im Berufsleben stehenden Burgrainern zur Verfügung stehen“ könnte. Es würde damit einem Bedarf Rechnung getragen, der in Burgrain ganz offensichtlich bestehe, zumal die vorhandenen Turnhallen in Garmisch-Partenkirchen überfüllt seien. Die heutige Einwohnerzahl von Burgrain „deutet nicht darauf hin, daß eine solche Turnhalle in Burgrain leer stehen würde“.
1969 Für das Schuljahr 1969/70 erklären sich die Burgrainer Elternvertreter grundsätzlich bereit, zur Auffüllung der Klassen 1 mit 6 die hierfür notwendigen Schüler an die Schule nach Farchant zu schicken, solange in Burgrain keine eigene Schule existiert. Die Elternvertreter von Farchant stimmen ihrerseits dafür, Schüler der Klassen 7 bis 9 nach Garmisch-Partenkirchen abzugeben. Mit dieser Übereinkunft zwischen Farchant und Burgrain „könnte ab kommendem Schuljahr sichergestellt werden, daß die Klassen 1 mit 6 der Schule in Farchant voll belegt sind“ und daß auf diese Weise mit Burgrainer Hilfe der Ausbau einer Volksschule in Farchant ermöglicht werden könne. In der zweiten Jahreshälfte 1968 rückt die so heiß begehrte Grundschule für Burgrain näher. Verhandlungen über den Baugrund laufen, Vorbereitungsarbeiten sollen beginnen. Bürgermeister Philipp Schumpp bestätigt, daß ein Ausbau der Bürgermeister-Schütte-Schule in Partenkirchen nicht mehr nötig werde, wenn die neue Schule in Burgrain die gewünschte Entlastung bringe. Bei 3000 Einwohnern und der Erwartung weiteren Zuwachses „sei eine Grundschule in diesem Ortsteil durchaus berechtigt“. Zudem fehlten in Partenkirchen 13 Räume und in den übrigen Schulen des Ortes weitere fünf; der Burgrainer Schulhausneubau sei daher also „unbedingt notwendig“. Diese Haltung sei auch vom Kultusministerium anerkannt worden. Im November 1969 hält die in Burgrain ansässige „Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Garmisch-Partenkirchen“ einen Rückblick auf die ersten zwanzig Jahre ihrer Tätigkeit. Geschäftsführender Vorstand Georg Erhard erinnert daran, daß man in den Jahren zwischen 1949 und 1953 über hundert Wohnungen, die meisten von ihnen in Burgrain, erstellt habe. Jahre der Krise und der Stagnation seien Dank des Verständnisses und der Mitwirkung der „Genossen“ überwunden worden. Man freue sich besonders darüber, daß derzeit wieder eine bescheidene Bautätigkeit in der Schlossangerstraße aufgenommen werden könne.
1971 Am Beginn dieses Jahres gibt es einen Wechsel im Vorsitz der Siedlervereinigung Burgrain. Georg Erhard wird abgelöst von Karl Volkmer. Rückblickend wird festgestellt, daß der Verein mit seinen Anträgen an die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen, „dank dem Verständnis des Gemeinderates“, meistens erfolgreich gewesen sei, so etwa wegen der Anlage eines Fußweges von Burgrain nach Garmisch, der Verbesserung der Straßenbeleuchtung auf einigen Straßen im Ortsteil Burgrain und der kostenlosen Schülerbeförderung. Während sich der Bau der Grundschule noch etwas verzögert, nimmt an der Steigfeldstraße ein neues Großprojekt im Wohnungsbau Gestalt an. Die Gemeinnützige Deutsche Wohnungsbaugesellschaft des Ostens will zwischen Bundesstraße und Bahndamm in Verlängerung der alten Steigfeldstraße 78 Wohnungen für Staatsbeamte und -angestellte errichten. Finanzbeamten und Lehrern, Angehörigen von Post und Bahn und vielen anderen Mitgliedern des öffentlichen Dienstes soll es ermöglicht werden, „im teuren Werdenfels ein preiswertes Heim zu finden“. Der Gemeinderat segnet das seit Jahren umfangreichste Wohnungsbauprojekt in Burgrain ab. Damit „wird die Siedlung Burgrain bis zur Farchanter Straßengabel arrondiert“.
1972 Eine „stürmische Entwicklung“ charakterisiert in dieser Zeit den Garmisch-Partenkirchner „Vorort“ Burgrain: Die Siedlung wächst von 2000 Bewohnern im Jahre 1964 auf 2800 Einwohner im Jahre 1972. Eines der Hauptprobleme des „dritten Ortsteils“ ist die Bundesstraße 23. Sie soll im Frühjahr 1972 durch eine Ampel „entschärft“ werden, nachdem auch im Vorjahr dieser Streckenabschnitt „seinem Ruf, eine der unfallträchtigsten Stellen des Landkreises zu sein“, in erschreckender Weise gerecht wurde: zwei Tote, neun zum Teil schwer Verletzte und 16 Unfälle mit Blechschaden weist die Unfallstatistik auf. Nach den Kommunalwahlen im Juni 1972 werden erstmals die Interessen des Ortsteils Burgrain durch Gemeinderatsmitglieder vertreten, die in Burgrain ihren Wohnsitz haben: Für die SPD ziehen Georg Frischmann und Franz Ott in das Ratskollegium von Garmisch-Partenkirchen, die Freie Wählergemeinschaft GarmischPartenkirchen/Burgrain entsendet Karl Volkmer. Die neue Burgrainer Grundschule, nach vielerlei Auseinandersetzungen nun doch im Oktober 1972 im Rohbau fertig, soll zu Beginn des Schuljahres 1973/74 ihrer Bestimmung übergeben werden. Beim Architekten-Wettbewerb haben die Entwürfe von Hanns Ostler und Josef Zimprich den 1. Preis erzielt. Nach ihren Vorstellungen soll die Schule im Erdgeschoss, gruppiert um eine kombinierte Eingangs- und Pausenhalle, drei Klassenzimmer und einen Mehrzweckraum erhalten. Im oberen Stockwerk werden insgesamt fünf Klassenräume untergebracht. Der Turnhallen-Anbau — die Turnhalle selbst misst 12 mal 24 Meter — umfasst auch noch die Zimmer der Schulleitung und einen Lehrmittelraum. Der Schule nördlich vorgelagert ist das Wohnhaus für die Hausmeisterei. Ein geräumiger Pausenhof schließt das Projekt nach Norden hin ab.
1973 Im Sommer dieses Jahres verlässt ein Mann Burgrain, der in den vergangenen zehn Jahren „in allen Lagern aktiv“ war und die Entwicklung dieses Ortsteils entscheidend mitgeprägt hat: Pfarrer Georg Mangold. Im September 1973 soll er ein neues Amt als Direktor des Spätberufenenseminars in Wolfratshausen übernehmen. Bei seiner Verabschiedung im August bedankt sich Hans Hechenberger im Namen von Pfarrgemeinderat und Kirchenverwaltung St. Michael bei dem scheidenden Priester, der durch seine „Menschlichkeit und Aufgeschlossenheit“ vor allem die Jugend habe begeistern können. Für die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen beschreibt 2. Bürgermeister Neidlinger die Gratwanderung des Pfarrers von St. Michael „zwischen Seelsorger und Kommunalpolitiker“. Kirchenpfleger Karl Volkmer erinnert daran, daß das Erzbischöfliche Ordinariat 1962 die Bitte der Kirchenverwaltung nach einem eigenen Seelsorger erfüllt und Georg Mangold, damals erster Kaplan in Partenkirchen, mit der Errichtung der Pfarrgemeinde St. Michael beauftragt habe. Nachfolger von Georg Mangold wird im Oktober der bisherige Stadtpfarrer der Pfarrei St. Sebastian in München, Franz Niedermayer. Ende Oktober wird er von Dekan Matthias Brenner in sein Burgrainer Amt eingeführt. Mit dem Schuljahr 1973/74 nimmt die neue Burgrainer Grundschule mit acht Klassen und 240 Kindern den Betrieb auf. Erster Schulleiter wird Hauptlehrer Reinhard Fuckner. Mit ihm unterrichten Frau Hösl, Frau Fuckner, Frau Haeger, Herr Teitscheid, Herr Eursch und Herr Küchler die Burgrainer Kinder in den Klassen 1 mit 4.
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