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Alois Schwarzmüller |
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Olympisches Eishockey 1936 - "England
gegen Kanada" „... Matthias und Uli saßen anfangs völlig
verzaubert in den beiden Sesseln und konnten während der ersten Minuten
vor lauter Glück überhaupt nichts erkennen. Uli vergaß sogar, daß ihn
fror. Vor ihnen auf der von schwarzen Menschenmassen umgebenen Eisfläche
jagten die Hockeyspieler auf Schlittschuhen hin und her und schwangen die
gebogenen Schlaghölzer. Zwei Spieler prallten gegeneinander. Der eine
fiel um und blieb regungslos liegen. Man trug ihn weg. Ein Ersatzmann
sprang ein. Der Kampf tobte weiter. Die kleine schwarze Hartgummischeibe
sauste übers Eis. Manchmal flog sie hoch durch die Luft. Die Spieler
rasten gebückt hinterdrein. Es war ein herrlicher Tumult. Man versäumte
beinahe das Atemholen… Auch Uli war hingerissen. Das Klirren und
Knirschen der Schlittschuhe, das Gegeneinanderprallen der Stöcke, das
wirbelnde Auf und Ab des Kampfes, die spannenden Momente vor den Toren,
die stürzenden und sich wieder erhebenden Spieler - das alles war so
wunderbar, daß die zwei Jungen auf ihren vornehmen Plätzen nicht wußten,
wo ihnen vor lauter Wonne der Kopf stand. Manchmal, wenn der Puck, die
kleine schwarze Scheibe, gegen eins der Tore schnellte, warf sich der
Tormann darüber. Die Verteidiger und die heranbrausenden Gegner prallten
zusammen und stürzten. Der Torhüter schleuderte den Puck in die Mitte der
Eisfläche zurück. Die Spieler erhoben sich hastig und flitzten hinter ihm
her wie die wilde Jagd. Das Publikum fieberte. Der Lärm drang bis in die
fernen Berge und kam als Echo wieder. Trotz aller Aufregungen und Mühen
verlief das zweite Drittel torlos. Noch immer stand das Spiel 1:1. Und
auch das dritte und letzte Drittel schien ohne entscheidenden Erfolg
verlaufen zu wollen. „Dann kommt eine Verlängerung", erklärte Matthias.
„Unentschieden gibt's nicht!" „Fein!" rief Uli. Er hatte knallrote Backen und
rutschte in seinem Sessel hin und her, als säße er auf einer glühenden
Herdplatte. Die Zeiger der Stadionuhr bewegten sich unaufhaltsam. Und der
erbitterte Kampf tobte immer weiter. „Wie in der Ilias", behauptete Matthias. „Uli,
mein Engländer macht einen Durchbruch!" Er sprang vor Erregung auf. Doch der Durchbruch mißlang. Ein Kanadier schob
Matthias' Engländer gegen die Bande, daß es nur so krachte. Beide schlugen
lang hin. Beide sprangen wieder auf, schwangen ihre Hölzer und rasten
davon. „In einer Minute ist das dritte Drittel zu Ende",
sagte Matz heiser. „Dann kommt die Verlängerung?" „Ja." „Und wenn's auch dann unentschieden bleibt?" „Dann gibt's noch eine Verlängerung." „Oje", meinte Uli. „Das kann ja lange dauern!" In diesem Augenblick schoß einer der Engländer die
Scheibe mit voller Wucht gegen das kanadische Tor. Der Torwächter hielt
den Schuß. Die Scheibe sprang ins Feld zurück. Matzens Engländer erwischte
sie, holte mit dem Schläger aus und knallte die Scheibe ins gegnerische
Tor. Drin war sie! 2:1 für England! „Hurra!" brüllte Matz. Doch er
hörte seine eigene Stimme nicht mehr. Der Lärm, der jetzt ausbrach, war
unbeschreiblich. Er glich am ehesten einer Dynamit-Explosion. Die
Kanadier, die unschlagbaren Weltmeister im Eishockey, waren besiegt
worden. England hatte sie geschlagen..." Aus: Erich Kästner, Das Schwein beim Friseur und
andere Geschichten: Zwei Schüler sind verschwunden (Zürich 1962) S. 88ff
„Als ob der liebe Gott bloß mal so
hingespuckt hätte" „… Das wurde ein Wochenende - wie lauter Himbeeren
mit Schlagsahne! Von Garmisch wanderten sie über Grainau an den Baadersee.
Dann an den Eibsee. Mit Mundharmonika und lautem Gesang. Dann ging's durch
hohe Wälder bergab. Über Stock und Stein. Walderdbeeren fanden sie. Und
schöne, geheimnisvolle Blumen. Lilienhaften Türkenbund und vielblütigen
lilafarbenen Enzian. Und Moos mit kleinen spitzen Helmen auf dem Kopf. Und
winzige Alpenveilchen, die so süß dufteten, daß man's gar nicht fassen
konnte! Abends gerieten sie in ein Dorf namens Gries. Dort
nahmen sie ein Zimmer mit einem Bett. Und als sie, in der Gaststube aus
dem Rucksack futternd, mächtig geabendbrotet hatten, schliefen sie
zusammen in dem Bett! Draußen auf den Wiesen geigten die Grillen eine
kleine Nachtmusik… Am Sonntagmorgen zogen sie weiter. Nach Ehrwald.
Und Lermoos. Die Zugspitze glänzte silberweiß. Die Bauern kamen in ihren
Trachten aus der Kirche. Kühe standen auf der Dorfstraße, als hielten sie
einen Kaffeeklatsch. Übers Törl ging's dann. Das war ein Gekraxel,
sakra, sakra! Neben einer Pferdeweide, inmitten Millionen von
Wiesenblumen, gab's gekochte Eier und Käsebrote. Und als Nachtisch einen
kleinen Mittagsschlaf im Grase. Später stiegen sie zwischen Himbeersträuchern und
gaukelnden Schmetterlingen zum Eibsee hinunter. Kuhglocken läuteten den
Nachmittag ein. Die Zugspitzbahn sahen sie in den Himmel kriechen. Der See
lag winzig im Talkessel. „Als ob der liebe Gott bloß mal so hingespuckt
hätte", sagte Luise versonnen. Im Eibsee wurde natürlich gebadet. Auf der Hotelterrasse spendierte Mutti Kaffee und Kuchen. Und dann wurde es höchste Zeit, nach Garmisch zurückzumarschieren. Vergnügt und
braungebrannt saßen sie im Zug. Und der nette
Herr gegenüber wollte
unter gar keinen Umständen
glauben, daß das junge Mädchen neben Luise die Mutti und noch dazu eine
berufstätige Frau sei. Zu Hause fielen sie wie die Plumpsäcke in ihre
Betten. Das letzte, was das Kind sagte, war: „Mutti, heute war es so schön
- so schön wie nichts auf der Welt!" Die Mutti lag noch eine Weile wach. Soviel leicht
erreichbares Glück hatte sie bis jetzt ihrem kleinen Mädchen vorenthalten!
Nun, es war noch nicht zu spät. Noch ließ sich alles nachholen! Dann schlief auch Frau Körner ein. Auf ihrem
Gesicht träumte ein Lächeln. Es huschte über ihre Wangen wie der Wind über
den Eibsee…“ Aus: Erich Kästner, Das doppelte Lottchen (Hamburg
1985) S. 100ff
Maskenball im Hochgebirge
Aus: Erich Kästner,
Gedichte (Frankfurt a.M. 1995) S.250f
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