|
Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen - 1950-2003 - Entwicklung und Bewährung |
|||||||
1975/76 - 1153 Schüler – Dr. Richard Kopp, Georg Engel, Wolfgang Gotthardt, Hermann Medicus, Peter Zigon Der neue Schulleiter, Dr. Richard Kopp, kam von der deutschen Schule in Teheran nach Garmisch-Partenkirchen. Sein wissenschaftlicher und beruflicher Weg hatte ihn von München über Brüssel, Gräfelfing und Teheran ins Werdenfels-Gymnasium geführt. Historiker und Germanist mit Leib und Seele, Schnabel-Schüler, zog er der wissenschaftlichen Karriere schließlich doch die Tätigkeit des Schulmannes vor. Neu für ihn waren nicht die für Garmischer Verhältnisse hohen Schülerzahlen – seine Teheraner Schule wurde von fast 2000 Schülern besucht - überrascht war er von dem akuten Lehrermangel, von dem die bayerischen und deutschen Gymnasien seit kurzem geplagt wurden. Denn dieser Lehrermangel führte auch am Werdenfels-Gymnasium zu Klassengrößen, die dem einzelnen Lehrer, wie Dr. Kopp kritisch bemerkte, die „Möglichkeit beschnitten, sich dem einzelnen zuzuwenden und so auf ihn einzugehen, wie es notwendig wäre.“[1] 191 „Erstklässler“ betraten das „Werdenfels“. Das hatte Folgen: Nur für Physik und Biologie gab es genug Lehrer. „Germanisten hatten wir angefordert, Physiker wurden uns zugeteilt,“ wurde Dr. Dehm, der Stellvertreter des Schulleiters, zitiert.[2] In vielen Klassen wurden deshalb die Deutsch- und die Religionsstunden gekürzt, Geschichte und Erdkunde entfiel in der 7. Jahrgangsstufe vollständig. Die Klassenstärke nahm von durchschnittlich 34 auf 35 Schüler zu, Höchstmarke 42! Es kam noch hinzu, dass mit Beginn dieses Schuljahrs der Unterrichtsbetrieb auf die Fünf-Tage-Woche umgestellt wurde, so dass also noch weitere organisatorische Nüsse zu knacken waren.
1976/77 - 1172 Schüler – Günther Berger, Ingeborg Goldschadt, Andreas Hutter, Reiner Schmid-Egger Mit Studiendirektor Dr. Christian Dehm verabschiedete sich in diesem Schuljahr eine Lehrerpersönlichkeit, die – zuletzt mit der Aufgabe des Ständigen Stellvertreters des Schulleiters betraut – dem Werdenfels-Gymnasium seit 40 Jahren treue Dienste geleistet hatte. Reformskeptisch lenkte er seinen Blick noch einmal zurück auf die Zeit, in der nicht Methodenkompetenz und Lehrplanebenen, sondern personale Autorität das Wesen und die Ergebnisse des Unterrichts bestimmten. Er schreibt: „Dankbar im pädagogischen Sinn erinnere ich mich im Blick auf diese Probleme der Jahre, die unmittelbar dem Ende des 2. Weltkrieges, 1945, folgten. Zwar Jahre des Hungerns, des Elends, des Mangels; eine Nullsituation. Da stand nun der Unterrichtende, allein und einsam, ganz auf sich selbst gestellt; kaum Weisungen, Verordnungen, Rahmenrichtlinien, keine Schulordnung mit ergänzenden Bestimmungen, kein Taschenrechner, der die Notenzehntel feststellte oder kontrollierte - aber auch kein Numerus clausus. In dieser pädagogischen Ursituation war er nur sich und seinem Gewissen verantwortlich. Seine Richtlinien waren die, die er sich selbst gab; sein Unterricht, mangels Bücher, war seine ureigenste und unaustauschbare Schöpfung. Alles war sozusagen Eigenbau und hausgemacht. Und doch bekam unseren damaligen Schülern, vor allem in den Oberklassen, diese Hausmannskost sehr gut. Sie waren dankbar und bescheiden; sie hatten wenig zu essen, nichts zu trinken, nichts zu rauchen. Nicht wenige verdienten sich ihren Lebensunterhalt selbst, waren Nachtportier, Kofferträger, Straßenkehrer, versuchten sich im Tausch- und Schwarzmarktgeschäft und handelten virtuos an der Zigarettenwährungsbörse. Sie machten das Beste aus ihrer Situation mit einer bewunderungswürdigen Selbstverständlichkeit; sie jammerten und klagten nicht, sie waren pünktlich und fleißig, sie lebten gezwungenermaßen einfach, ja kärglich, waren gesund und natürlich. Sie meisterten ihr Leben ganz aus sich heraus.“[3] Mit Studiendirektorin Hedwig Strobel übernahm – in der Nachfolge von Dr. Dehm - erstmals in der Geschichte des Werdenfels-Gymnasiums eine Frau das Amt der Ständigen Stellvertreterin des Schulleiters.
Eklat um die Abiturzeitung der 13a im Schuljahr 1976/77: Das Abiturzeugnis wurde nicht wie üblich bei der Abiturfeier vom Schulleiter überreicht, sondern musste - zum Ärger der Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern - "bei der Verwaltung abgeholt" werden. Anlass: Eine unfreundlich-missverständliche Charakterisierung der Mathe-Lehrerin! Die Namen der Abiturientinnen und Abiturienten: Hintere Reihe v.l.n.r.: Peter Neuner, Thomas Hollmann, Eva Baier, Rainer Schöpp, Reinald Baumhauer, Wolfgang Strobl, Alfons Schön, Ingo Rehberg / Mittlere Reihe v.l.n.r.: Gerald Jeserer, Harald Portele, Andreas Grill, Heinz Brenner, Günter Wenzler, Burkhard zur Bonsen, Bernhardt Bader / Vordere Reihe v.l.n.r.: Ernst Glaser, Christoph Rappl, Peter Heim, Gregor Drohmann, Martin Uhl, Mayke Beckmann
1977/78 - 1198 Schüler – Maximilian Floßmann, Gerhard Rinner, Dr. Ludwig Rothmayr, Ingeborg Wagner Das Kollegstufenzeitalter begann mit diesem Schuljahr auch für das Werdenfels-Gymnasium, hoch befrachtet mit vielen Hoffnungen und wohl auch belastet von Anfang an durch den Numerus Clausus an immer mehr Universitäten für immer mehr Studienfächer. Die Wahl der Leistungs- und Grundkurse, die sich nur an den individuellen Neigungen und Stärken der Schüler orientieren sollte, wurde bald schon abhängig von der Frage, wo und wie die meisten Punkte erworben werden können. „Damit kam das alte Gymnasium, in dem viele von uns groß geworden sind, zu einem unauffälligen Ende“, schreibt Dr. Kopp im Vorwort des Jahresberichts.[4] Die 67 Kollegiatinnen und Kollegiaten des ersten Kollegstufenjahrgangs hatten die Wahl zwischen 10 Leistungskursen und 28 Grundkursen – und sie konnten noch wählen.
1978/79 - 1209 Schüler – Helene Brunner Mit diesem Schuljahr wurde das erste Pädagogische Seminar am Werdenfels-Gymnasium eingerichtet. Für fünf Studienreferendarinnen und zwei Studienreferendare begann damit nach dem erfolgreich abgeschlossenen Studium die praktische Ausbildung zum Lehrer am Gymnasium in den Fächern Deutsch und Englisch. Studiendirektor Karl Baier (Deutsch) und Studiendirektorin Erika Mitterbichler (Englisch) leiteten die jeweiligen Fachseminare. Nach dem ersten Abitur in der Kollegstufe fasste Oberstudiendirektor Dr. Kopp seine Erfahrungen mit dem neuen Oberstufenmodell zusammen: „Die Ausgangsidee der Kollegstufe ist für mich immer noch bestechend: Am Ende der 11. Klasse setzen sich die Schüler ungeachtet ihrer bisherigen Ausbildungsrichtung individuell für die letzten zwei Schuljahre ihre Kurse zusammen und zwar mit 2 Schwerpunkten (2 sechsstündige Leistungskurse) in den beiden Fächern, die dem Können und Interesse des einzelnen am besten entsprechen, und einem Zusatzkatalog anderer Fächer (2 oder mehrstündige Grundkurse), wobei dieser Zusatzkatalog immerhin so umfassend ist, dass der Anspruch auf Allgemeinbildung nicht preisgegeben wird, und trotzdem soviel Freiheit bleibt, dass jeder zumindest einzelne Fächer, mit denen er überhaupt nicht zurechtkam, fallenlassen kann. Soweit - so schön. Aber auch hier sitzt der Teufel im Detail… In Ergänzung der beiden Leistungskurse ist jeder Kollegiat gehalten, eine bestimmte Anzahl von Grundkursen zu belegen, aber nur ein Teil davon spielt für die Gesamtqualifikation, d. h. den Abiturdurchschnitt, eine Rolle. Der Belegpflicht ist Genüge getan, wenn der Schüler nicht null Punkte (= Note 6) im Kurs erreicht… Die Wirkung ist verheerend. Viele, zu viele Schüler handeln nach der prompten Formel: Sobald die erste Prüfung im Kurs stattgefunden hat und das dabei erzielte Notenergebnis … gewährleistet, dass sie über die Null-Punkt-Sperre hinweg sind (und sei es in der Endrechnung nur mit 0.51, das zu 1 aufgerundet wird), ist der Kurs für sie gelaufen. Wenn es hochkommt, beehren sie sich noch, mehr oder minder regelmäßig am Kurs teilzunehmen, mehr oder minder uninteressiert, denn - wie gesagt - für sie ist der Kurs nach der ersten Leistungserhebung gelaufen. In solchen Kursen wird Unterrichten zum Hohn. Man unterrichtet vor passiven, nach Belieben demonstrativ uninteressierten, wenn nicht überhaupt durch Abwesenheit ihre Uninteressiertheit bekundenden Schülern. Dabei hätte das Ausgangskonzept wiederum etwas Bestechendes. Immer war man flink mit der Klage, dass der Schulunterricht gerade deswegen Uninteressiertheit erzeugt, weil sich vorrangig alles um Noten dreht, weil jedes Interesse sich vorrangig auf Notengewinn reduziert. In diesen überschüssigen Kursen wäre die Chance geboten, in minimalem Notendruck sich auf die Sache selbst einzulassen. Aber was sich zu oft zeigt, ist folgendes: Über die Note hinaus, und dies in diesem Fall primitiviert bis zum Exzess: über die Absicht, am Ende nicht mit null Punkten hängen zu bleiben, reicht das Interesse nicht hinaus. Das einzige Interesse vieler, zu vieler in den Kursen ist, so billig wie möglich, mit so wenig Anstrengung wie nur irgend möglich, sich aus der Affäre zu ziehen. Wir wundern uns, dass die Versuchsschulen (208 Versuchsschulen 1976!) dies nicht bemerkten - oder dass es ihnen nichts ausmachte oder dass sie nur Erfolgsmeldungen ihrer Versuche an das Ministerium weiterleiteten. Für uns ist zumindest in dieser Hinsicht die erste Erfahrung mit der Kollegstufe schlecht.“ [5]
[1] Jahresbericht 1975/76 S. 2 [2] Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 10.09.1975 [3] Jahresbericht 1976/77 S. 2 f [4] Jahresbericht 1977/78 S. 3 [5] Jahresbericht 1978/79 S. 2f
|
||||||||
|
||||||||
|
|