April 1945 - Die Todesmärsche nach Mittenwald

 

 

 

Art Spiegelman, Maus. Die Geschichte eines Überlebenden

Der amerikanische Comic-Zeichner Art Spiegelman (geb. 1948) hat in langen Gesprächen mit seinem Vater, einem Überlebenden des Holocaust, die Leidensgeschichte seiner Eltern und der jüdischen Bevölkerung in Polen erfahren.
In zwei Comicbänden dokumentierte er die Erlebnisse der Eltern und seine Annäherung an den Vater, das Bemühen um Erinnerung, Verständnis, Anerkennung und den Versuch, die Entfremdung aufzuheben.

In Band I mit dem Titel "Maus - Mein Vater kotzt Geschichte aus" steht das Leben der jüdischen Familie Spiegelmann 1937 in Bielitz im Mittelpunkt. Als Reservist der polnischen Armee bekommt Vater Wladek am 24. August 1939 die "Einberufung". Die Mutter Anja kehrt mit Richieu, ihrem Sohn, in das heimatliche Sosnowitz zurück. Am 1. September 1939 überfallen die deutschen Truppen Polen. Wladek wird gefangengenommen und muss als Zwangsarbeiter nach Lublin. Von dort gelingt ihm die Flucht zu seiner Familie nach Sosnowitz. Am 1. Januar 1942 müssen alle Juden ins Ghetto umsiedeln, auch die Familie Spiegelmann. Als sie nach Ungarn fliehen wollen, werden sie verraten und kommen ins Konzentrationslager Auschwitz.

Band II ("Maus - Und hier begann mein Unglück") beginnt mit den Erlebnissen und Erfahrungen im KZ-Auschwitz. Wladek und Anja werden getrennt. Wladek arbeitet als Blechschmied und kann Anja, die in Auschwitz-Birkenau ist, durch eine geheime Kurierin Nachrichten und Essen schicken. Wladek kommt mit einem Todesmarsch über Gross-Rosen nach Dachau; von dort werden sie mit der Bahn Richtung Innsbruck gebracht. Die Beschreibung der Ereignisse in den letzten Tagen und Stunden vor der Befreiung durch amerikanische Soldaten lässt vermuten, dass Wladek Spiegelman und seine Gefährten von ihren SS-Bewachern in die Umgebung von Seefeld, Scharnitz und Mittenwald gebracht worden sind.

 

   

Wladek Spiegelman sollte kurz vor Kriegsende zusammen mit vielen anderen KZ-Häftlingen mit der Eisenbahn aus dem Konzentrationslager Dachau an die Schweizer Grenze gebracht werden, tatsächlich ging die Fahrt aber Richtung Innsbruck.

 


Nach langer Irrfahrt und mörderischen Fußmärschen - Mittenwald, Scharnitz, Seefeld, Mösern und zurück? - wurden die Gefangenen an einem See ausgesetzt - es könnte ein kleiner See oder Teich bei Krün gewesen sein und es könnte diese Szene gewesen sein, von der der "Hochlandbote" am 18. Juni 1946 berichtet hat:

"Am 1. Mai wurden ca. 2000 KZ-Häftlinge, vor allem Juden, aus dem Lager Dachau durch die SS an einem Teich bei Krün zusammengetrieben. Die SS hatte diesen Zug menschlichen Elends noch nach Österreich schleppen wollen, wurde aber durch die vorrückenden amerikanischen Truppen an diesem Vorhaben gehindert und beschloß dann eine vorzeitige "Liquidierung". Man hatte den Haufen verhungerter, zu Tode erschöpfter Menschen mit einem Kordon umgeben und ein Maschinengewehr in Anschlag gebracht, der Befehl zum Erschießen war bereits gegeben worden. Wie durch ein Wunder entgingen diese Menschen der Vernichtung. Eine unbekannte Frau flehte den befehlführenden SS-Mann um Erbarmen, diese Unglücklichen am Leben zu lassen. Der SS-Mann ließ sich auch erweichen und fuhr mit der Frau davon. Die KZler blieben am Leben..."  Mehr...

 
     
   
  Amerikanische Soldaten befreiten schließlich die Gefangenen und kümmerten sich um sie. Sie wurden in einem Lager für Displaced-Persons in Garmisch-Partenkirchen betreut - vermutlich im ehemaligen Standortlazarett der Wehrmacht.
 
   

Nach der Befreiung erhält Wladek Spiegelman im D.P.-Lager Garmisch-Patenkirchen "Papiere". In Belsen erfährt er, dass seine Frau Anja überlebt hat und in Sosnowitz ist. Der kleine Richieu und fast alle Angehörigen sind ermordet worden. Anja und Wladek wandern über Schweden nach New York aus. Anja nimmt sich 1968 das Leben, Wladek stirbt 1982.

 

Quellen:
Art Spiegelman, Maus. Die Geschichte eines Überlebenden (Bonn 2010 - Englische Originalausgabe New York 1973/1986)
Abbildungen S. 262-265, S. 269, S. 270, S. S. 287

www.exil-club.de

 

 

 

© Alois Schwarzmüller 2006