"Im Großen und Ganzen willig und brauchbar"
Zwangsarbeit in Garmisch-Partenkirchen 1940-1945

 

 

 

Gestapo-Haft – Konzentrationslager - Arbeitserziehungslager

 

Transportkostenabrechnungen der Ortspolizeibehörde Garmisch-Partenkirchen geben Aufschluss darüber, aus welchen Gründen Zwangsarbeiter aus dem Kreisgebiet Garmisch-Partenkirchen der Geheimen Staatspoli­zei, Leitstelle München, Briennerstr. 50 – „Hausgefängnis der Gestapo Mün­chen“[1] – überstellt wur­den.

Häufigste Begründung für das Einschreiten der Gestapo war „Arbeitsvertragsbruch“ – meistens han­delte es sich dabei um einen Fluchtversuch. Verletzungen der erzwungen Arbeitsdiszip­lin wurden mit schärfsten Mitteln verfolgt.

Die „Ostarbeiter“ Afanasi Panow (53 Jahre), Peter Djakov (21) und Stanislaw Felus (21) wurden 1943, Alexander Nicolic (22) und Stanislav Obradovic (18) wurden 1944 wegen „Arbeitsflucht“ der Gestapo München übergeben, Iwan Biskup (23) wegen „Fundunterschlagung“. Afanasowa Luba (16) musste 1944 wegen „Zuwiderhandlung gegen die Arbeitsdisziplin“ drei Wochen in Polizeihaft.

Die Italiener Giorgio Melani (22), Orlando Ferreri (21), Guiseppe Penunzi (20), Sergio Decovich (39), Aurelio Orlandini (24), Enrico Venturi (18), Arturo Chiorezzo (35) und Florinda Bronzi (33) wurden 1944 „wegen Arbeitsvertragsbruchs zur Verfügung der Staatspolizeileitstelle München“ verbracht

Die französischen Zivilarbeiterinnen und Zivilarbeiter Marie-Louise Airault (21), Julien Renel (25), Ale­xandre Faccioli (21), Raymond Beauvais (20) und Charles Queneville (29) wurden ebenfalls alle 1944 „wegen pflichtwidrigen Verlassens des Arbeitsplatzes“ an die Staatspolizeileitstelle München über­stellt.

Wegen des Verdachts der Spionage wurden die zwei tschechischen Zivilarbeiter Zdenek Stepkal (22) und Milan Emil Strunc (21) am 20. September 1944 der Gestapo Staatspolizeileitstelle München über­geben, der holländische Zivilarbeiter Peter Derks (18) am 9. Oktober 1944 „we­gen Zuwiderhandlung gegen die Arbeitsdisziplin u. staatsabträglicher Äußerungen“.

In das Konzentrationslager Dachau wurden die „Ostarbeiter“ Fedor Baschuk (24) und Zivko Vukovic (39) eingewiesen – Baschuk im November 1943, Vukovic noch am 5. März 1945 „auf Anordnung der Staatspolizeileitstelle München.“

Neben dem „Hausgefängnis“ der Gestapo in München und dem Konzentrationslager Dachau kannte die NS-Strafbürokratie für ausländische Arbeitskräfte das „Arbeitserziehungslager“, auch „KZ der Ge­stapo“ genannt. Zwei dieser Einrichtungen, in denen die Opfer im Alltag der gleichen Rechtslosigkeit wie in einem Konzentrationslager ausgesetzt waren, gab es in der Nähe - in Augs­burg und in Reichenau bei Innsbruck. „Wegen Nichterfüllung ihrer Arbeitspflicht“ wurde Anna Sbrogin (geb. 1884) am 1. Januar 1943 auf Anordnung der Gestapo München in ein Arbeitserziehungslager geschickt, „auf Ersuchen des Landrats“ der „Ostarbeiter“ Wladimir Rohoda (geb. 1926) am 11. April 1944.[2]

 


[1] MA Garmisch-Partenkirchen - Aktennummer 1647-Fremdenpolizei 1942 bis 1945 – und alle weiteren Namen

[2] MA Garmisch-Partenkirchen - Aktennummer 977-Gefangenenwesen 1940-1946

 

 

© Alois Schwarzmüller 2012