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1936 - Anmerkungen zu den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen |
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1935 - Zur Situation der jüdischen Bürger in Garmisch-Partenkirchen
04.02.1935 Bezirksamt Garmisch an Regierung von Oberbayern "Juden sind als Kurgäste nur wenig da. Sie treten in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung."
03.04.1935 Gendarmeriebezirk Garmisch an Bezirksamt Garmisch "Die Juden sitzen noch vor der Erhebung her sehr fest. Neuerdings hat sich ein Jude durch Ankauf eines Anwesens hier seßhaft gemacht. Als Kurgäste sind sie nur vereinzelt hier. Auch hier wäre Gegenpropaganda nötig."
24.04.1935 Eintragung im Tagebuch von Carl Diem „Mittwoch, 24. April 1935 Garmisch, Haus Schöneck. Vorm. Von ½ 9-11 im Büro gearbeitet. Dabei ein halbstündige Besprechung im Olympia-Verkehrsamt. Es zeigt sich, daß die Wirte keine Verabredungen treffen wollen, wenn ihnen kein Zwang gegenübersteht, und zweitens dass seit zwei Monaten eine starke antisemitische Propaganda einsetzt, Aushang der „Stürmer-Kasten“. „Wir lassen Juden und Huren über denselben Strick springen“. „Wenn mir ein Jude ins Quartier kommt, fliegt das Fenster auf die Strasse“. Dies lässt ja manches erwarten, unter Umständen ein schwerer Rückschlag für die Sommerspiele. Ich verspreche, dies dem Reichsinnenministerium nachdrücklich mitzuteilen.“
30.04.1935 Gendarmeriestation Garmisch an Bezirksamt Garmisch "Bei der hier ansässigen Jüdin Katharina Hirsch in Garmisch, Riesserkopfstr. 35, wurden ... am Hause Zettel mit der Aufschrift "Juden sind hier nicht erwünscht" angeschlagen."
14.05.1935 Gendarmierstation Ettal an Bezirksamt Garmisch "Am 11./12.5.35 wurden an der Staatsstraße vor und nach der Ortschaft Ettal Tafeln, weiß mit roter Umrandung mit der schwarzen Aufschrift "Juden sind nicht erwünscht" angebracht. Der Anbringer ist nicht bekannt, doch dürften Angehörige der NSDAP in Betracht kommen."
14.05.1935 Ritter von Halt - Präsident des Organisationskomitees der Olympischen Winterspiele 1936 - an das Reichsministerium des Innern, Staatssekretär Pfundtner "Mit wachsender Sorge beobachte ich in Garmisch-Partenkirchen und Umgebung eine planmäßig einsetzende antisemitische Propaganda. Wenn sie bis vor wenigen Monaten geschlummert hat und nur hin und wieder in Reden zum Durchbruch gekommen ist, so wird jetzt systematisch dazu übergegangen, die Juden in Garmisch-Partenkirchen zu vertreiben. Am 1. Mai hat der Kreisleiter Hartmann in seiner Rede dazu aufgefordert, alles Jüdische aus Garmisch-Partenkirchen zu entfernen. Ich war selbst Zeuge, wie derselbe Kreisleiter einen anscheinend jüdischen Gast aus der Garmischer Post entfernt hat. Ich sehe seit vergangenem Samstag an allen möglichen Stellen in Garmisch-Partenkirchen und vor allem auf der gesamten Landstraße von München nach Garmisch-Partenkirchen große Tafeln angebracht mit Inschrift "Juden sind hier unerwünscht". Der Leiter der Deutschen Arbeitsfront in Garmisch hat in einer Hotelier-Versammlung zum Ausdruck gebracht, daß jeder Gaststättenbesitzer aus der Partei ausgeschlossen würde, der einen Juden als Gast aufnehme. Sofern er nicht Parteigenosse wäre, würde mit anderen Mitteln gegen ihn vorgegangen werden. Ich könnte diese Beispiele durch eine Unzahl von Episoden vervollständigen, die sich in G.-P. ereignet haben... Wenn die Propaganda in dieser Form weitergeführt wird, dann wird die Bevölkerung von Garmisch-Partenkirchen so aufgeputscht sein, daß sie wahllos jeden jüdisch Aussehenden angreift und verletzt. Dabei kann es passieren, daß Ausländer, die jüdisch aussehen und gar keine Juden sind, beleidigt werden. Es kann passieren, daß ein jüdisch aussehender Auslandspressevertreter angegriffen wird und dann sind die schlimmsten Konsequenzen zu befürchten. Das Olympia-Verkehrsamt weiß heute schon nicht mehr, wie es die Unterbringung vornehmen soll, wenn es sich um nichtarische Athleten handelt... Herr Staatsminister Wagner hat ... die Erklärung abgegeben, daß er sofort Weisung geben wird, daß in der Judenfrage im Garmisch-Partenkirchner Gebiet und seinem Umkreis auf die Abmachung des Reiches mit dem IOC Rücksichten zu nehmen sind. Herr Staatssekretär, ich bitte davon überzeugt zu sein, daß ich diese meine Sorge nicht deshalb äußere, um den Juden zu helfen, es handelt sich ausschließlich um die olympische Idee..."
18.05.1935 Bürgermeister Thomma an NSDAP-Kreisleitung Garmisch-Partenkirchen
"Betreff: Aufenthalt von Juden" Wer die bezügliche Tafel angebracht hat, ist mir nicht bekannt. Fechheimer erwähnte noch, daß er und seine Vorfahren es in Nürnberg zu höchsten Ehren gebracht habe und fragte, wo er denn hinsolle. Von diesem Sachverhalt gestatte ich mir, Mitteilung zu machen. Heil Hitler! Thomma, 2. Bgm."
22.05.1935 Reichsinnenminister Frick an Chef der Reichskanzlei"... zunehmende antisemitische Propaganda im Bezirk Garmisch-Partenkirchen... Gauleiter Wagner in München hat dankenswerter Weise bereits zugesichert, daß er an Ort und Stelle sofort eingreifen werden... außerordentlich ernst... sofortige Einstellung der zur Zeit in ihren Folgen nicht absehbaren Propaganda in Garmisch-Partenkirchen... gez. Frick"
31.05.1935 Gendarmeriestation Unterammergau an Gendarmeriebezirk Garmisch "In letzter Zeit wurden im hiesigen Dienstbezirk vorwiegend an öffentlichen Straßen Tafeln mit der Aufschrift "Juden nicht erwünscht" angebracht."
04.06.1935 Bezirksamt Garmisch an Regierung von Oberbayern "... das heimliche eigenmächtige Anbringen von Holztafeln mit der Aufschrift "Juden sind nicht erwünscht" in fast sämtlichen Orten des Oberlandes durch die Hitler-Jugend, die immer wieder aufflammenden Boykottbewegungen gegen die Juden und jüdische Geschäfte ... schaden dem Ansehen der Partei außerordentlich." gez. Wiesend
08.06.1935 Frau Lipffert "Der Stürmer" "Eine Jüdin erteilt evangelischen Religionsunterricht!" "Pfarrer Lipffert von Garmisch-Partenkirchen ist mit einer Jüdin verheiratet... Es ist eine Schande, wenn ein evangelischer Pfarrherr eine Jüdin zur Frau hat... Wie lange soll dieser unhaltbar Zustand in Garmisch-Partenkirchen noch bestehen bleiben?... Wir in Garmisch sind nicht gewillt, uns dies noch länger gefallen zu lassen."
11.06.1935 Monatsbericht des Reg.präs.von Obb. "... In vielen Orten des Regierungsbezirkes befinden sich Plakate, Tafeln und Schilder mit der Aufschrift "Die Juden sind unser Unglück", "Juden unerwünscht" und ähnlichen Inhalts... Die Bevölkerung billigt in jeder Hinsicht den sachlichen Kampf gegen das Judentum. Sie ... befürchtet besonders in Fremdenverkehrsgemeinden wie in Garmisch-Partenkirchen wirtschaftliche Ausfälle."
28.06.1935 Gendarmeriestation Ettal an Gendarmeriebezirk Garmisch "Obwohl an den Ortseingängen Tafeln mit der Aufschrift "Juden nicht erwünscht" angebracht sind, ist eine Abnahme der jüdischen Geschäftsreisenden nicht zu bemerken."
01.07.1935 Gendarmeriestation Garmisch an Bezirksamt Garmisch "Zum Kuraufenthalt konnten z.Zt. keine Juden festgestellt werden. Auf Grund der vor den Hotels angeschlagenen Flugzettel, deren Inhalt sich gegen den Aufenthalt der Juden in Garmisch-Partenkirchen richtete, sind Juden, welche hier längere Zeit zum Kuraufenthalt verweilen wollten, abgereist."
02.09.1935 Gendarmeriebezirk Garmisch an Bezirksamt Garmisch "Die Juden werden im Bezirk weniger. In letzter Zeit sind viele weggezogen. Auch die Ablehnung durch die verschiedenen Plakate haben mehrere Juden, die sich zur Kur im Bezirk aufhielten, zur Abreise veranlaßt." 03.09.1935 Bezirksamt Garmisch an Regierung von Oberbayern "Die innerpolitische Lage ist nach wie vor voller Spannungen: einmal ist es die scharfe Kampfansage gegen die Juden, die namentlich von demjenigen Teil der Bevölkerung (und das ist der Grossteil), der vom Fremdenverkehr lebt, nicht gebilligt wird. Viele Juden, die zum Sommeraufenthalt in Garmisch-Partenkirchen und Umgebung weilten sind vorzeitig abgereist..."
01.10.1935 Monatsbericht der BayPoPolizei "Im bayerischen Oberland, insbesondere im Bezirk Garmisch-Partenkirchen wurde zufolge einer Verfügung des Politischen Polizeikommandeurs der Länder mit Rücksicht auf die bevorstehende Winterolympiade im Benehmen mit den zuständigen Parteidienststellen die judengegnerische Agitation abgestoppt. Die Entfernung der Schilder mit judenfeindlichen Aufschriften wurde veranlaßt, um den ausländischen Bestrebungen nach Verlegung der Olympiade in ein anderes Land den Boden zu entziehen, da immer wieder festgestellt wurde, daß derartige Tafeln von den Insassen ausländischer Kraftfahrzeuge photographiert und in ausländischen Zeitungen veröffentlicht wurden..."
02.10.1935 Gendarmeriebezirk Garmisch an Bezirksamt Garmisch "Trotz wiederholter Weisungen der Regierung wird immer wieder einzeln versucht, Plakate anzuschlagen: "Juden nicht erwünscht usw.". Die noch im Bezirk ansässigen Juden verhalten sich sehr ruhig... In Oberammergau hat sich der jüdische Bankier Max Meyer von München im Anwesen Skt. Gregor I durch Kauf neu angesiedelt."
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