1933 - Der Beginn der nationalsozialistischen Diktatur in Garmisch-Partenkirchen

 

 

 

Macht, Willkür, Terror: Die Diktatur beginnt

 

Muskelspiele der SA

„Der Sektionsleiter der NSDAP in Partenkirchen halte es für notwendig, wenn in der jetzigen Zeit sämtliche Hotels, Pensionen und Gasthöfe in Partenkirchen gründlich durchkontrolliert würden nach Devisenschiebern und politisch zweifelhaften Personen … Zur Durchführung dieser Kontrollen halte er eine entsprechende Heranziehung von Hilfspolizisten der SA bzw. des Stahlhelms für notwendig."

24.03.1933 - Gendarmeriestation Partenkirchen an das Bezirksamt Garmisch

 

Haus- und Wohnungsdurchsuchungen

„Am 11.3.33 unter Zuziehung der Gendarmerie von der SA Durchsuchungen in Garmisch nach Waffen … Durchsuchungen auf Anordnung der NSDAP in den letzten zwei Wochen in Garmisch bei Personen, die als Angehörige der KPD verdächtig waren … Die sämtlichen Durchsuchungen nach Waffen waren ohne Erfolg. Waffensuchungen und zugleich Suchungen nach Kommunistischen Flugschriften haben hier am 11.3.33 bei einer Reihe von Kommunisten unter Beiziehung eines größeren Aufgebots von SA- und Stahlhelmleuten stattgefunden. Erste große Aktion … Waffen wurden nicht gefunden.

Am 12.3.33 ebenfalls mit SA und Stahlhelmleuten im „Reintaler Hof" (Deutscher Metallarbeiterverband) nach Waffen gesucht. Gefunden wurden keine Waffen…

Am 13.3.33 … im Beisein von SA-Leuten, darunter auch Herr Sonderkommissar und Kreisleiter Hartmann, in der Wohnung des Eisenbahnsekretärs Fritz Wandel in Farchant nach Waffen gesucht … nicht gefunden…."

Weiter wurde nach Waffen gesucht bei

  • Leonhard Kraus, Partenkirchen, 27 Patronen gefunden

  • Michael Lichtenstern, Partenkirchen – nichts gefunden

  • Leo Schmack, Partenkirchen – nichts gefunden

  • Lorenz Hollmayer, Partenkirchen, Reichsbannerführer – nichts gefunden

  • 28.03.1933 - Gendarmeriestation Garmisch / Partenkirchen an das Bezirksamt Garmisch

     

    Hans Schramek protestiert

    „Ich protestiere hiermit gegen die am 11.03. bei mir vorgenommenes Hausdurchsuchung und gegen meine Verhaftung, da ich parteilos bin und mich politisch überhaupt nicht betätige. Wenn ich vergangenes Jahr in stattfindenden Wahlversammlungen war, so war das mein gutes Recht. Zugleich bitte ich, die Beamten der politischen Polizei anzuweisen, Anschuldigungen auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen, bevor gegen harmlose Mitbürger vorgegangen wird."

    13.03.1933 - Hans Schramek, Partenkirchen, Dreitorspitzstraße 9 an das Bezirksamt Garmisch

     

    „Der led. Maschinensetzer Johann Schramek war bei hiesiger Station als Mitglied der KPD bzw. als kommunistischer Funktionär und Aufwiegler nicht bekannt. Nach Mittelung des stellvertretenden SA-Führers Heinz Schuster in Partenkirchen, Mittenwalderstr. 35, ist Schramek ein radikaler Kommunist und hat auch schon versucht, im Kaffee „Mauxion" in Garmisch in die aufliegenden Zeitungen kommunistische Flugblätter einzuschmuggeln… Die damalige Leiterin der Schokoladenstube „Mauxion", Inge Poliezcek, nunmehr in München, Unertlstr. 9 wohnhaft, hat die kommunistischen Flugblätter aus den Zeitschriften immer wieder herausgetan…. Aufgrund dieser Mitteilung von dem Stellv. SA-Führer Heinz Schuster ist die Durchsuchung und Festnahme Schrameks erfolgt."

    20.03.1933 - Gendarmeriestation Partenkirchen an Bezirksamt Garmisch

     

    „Auf Ihren Protest vom 13.3. gegen die bei Ihnen vorgenommene Haussuchung und gegen Ihre Verhaftung wird erwidert, dass auf Grund Ihrer Tätigkeit in der KPD zu beiden Maßnahmen, auch nach Auffassung des unterfertigten Amtes, genügend Anlass bestand."

    23.03.1933 – Bezirksamt Garmisch an Hans Schramek

     

    Baron August von Fink gerät ins Visier von Nazi-Bonzen

    Es beginnt mit einer Durchsuchung der Jagdhütte von Fink am 27.03.33 um 8.30 Uhr, veranlasst durch den Münchner NS-Stadtrat Weber, angeordnet durch den Sonderkommissar Hartmann, zusammen mit den beiden Mittenwalder Hilfspolizisten Karl Heilmann (SS-Truppführer) und Karl Wörl, „bei der weder v. Fink (wegen Schutzhaft) betroffen noch belastende Schriftstücke usw. gefunden werden konnten…. Fink sollte in Schutzhaft genommen werden. Die Durchsuchung dauerte ca. eine Stunde."

    27.03.1933 - Gendarmeriestation Mittenwald an BAG

     

    Wagner verlangt „umgehend eingehenden Bericht … auf welche Veranlassung und auf welche Verantwortung. Ich werde jede Willkür in polizeilichen Maßnahmen unnachsichtlich ahnden."

    28.03.1933 - Adolf Wagner, Staatsminister des Innern an das Bezirksamt Garmisch

     

    Stadtrat Weber sei „mit dem Auto bei Obertruppführer Lohr in Krün gewesen und habe diesem Auftrag dahin erteilt, dass v. Fink wegen vermutlicher Devisenvergehen in Schutzhaft genommen werden solle…"

    30.03.1933 - Gendarmeriestation Mittenwald an das Bezirksamt Garmisch

     

    Bezirksamtmann von Merz beklagt sich darüber, „dass diese Erhebungen, wie ich sehen musste, tiefer in innere Polizeiangelegenheiten geführt hätten als dem Bezirksamt im Augenblick angenehm sein kann…. Hörte ich die Meinung vertreten, es könnten auch persönliche Dinge bei der Aktion eine Rolle spielen…" Weber hat Jagd in Krün/Wallgau am Barmsee wie Fink auch, das erzeugt eine „Reibungsfläche zwischen den beiden Haupt-Jagdherren der dortigen Gegend… Überhaupt habe sich bei den Suchungen dieser Woche die Tätigkeit der Gendarmerie nach den gemachten Wahrnehmungen mehr auf passive Assistenz als auf Leitung erstreckt."

    31.03.1933 – Bezirksamtmann von Merz an Adolf Wagner, Staatsminister des Innern

     

    Schutzhaft und Konzentrationslager

    „Außer den in Dachau befindlichen Schutzhäftlingen aus dem Bezirk Garmisch (z. Zt. noch 5) sind in Garmisch in Schutzhaft noch 4 Personen. Davon 2 seit 10.III., 2 erst seit einigen Tagen."

    „In Schutzhaft befinden sich noch 6 Personen, meistens wegen beleidigender Äußerungen über die Regierung…"

    „Am letzten Sonntag wurde mit Hilfe von SA-Mannschaften eine Razzia in Partenkirchen durchgeführt, bei der 20 verdächtige arbeitsscheue männliche Personen im Alter von 18 - 26 Jahren festgenommen und in Schutzhaft genommen wurden. … Ich hoffe, dass ein großer Teil dieser Tagdiebe nach Lager Dachau zur weiteren Verwahrung übernommen wird." (Dr. Fux, Landrat)

    16.05.1933 / 31.07.1933 / 30.08.1933 – Monatsberichte des Bezirksamts Garmisch

     

     

     

    © Alois Schwarzmüller 2006