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Die
Gleichschaltung des Gemeinderats Garmisch
Der neue Gemeinderat wird am 22.04.1933
aufgrund des "Gesetzes der Gleichschaltung der Länder und Gemeinden mit
dem Reich" bestimmt:
Die Gemeinderatsmitglieder:
Karl Betz, Mühlbesitzer (geb. 1895 im Landkreis
Nördlingen) - NSDAP
Josef Dillis jun., Kaufmann (geb. 1889 in
Garmisch) - NSDAP
Ignatz Glatz, Garagenbesitzer (geb. 1894 in
Garmisch) - NSDAP
Hans Mayer, Metzgermeister (geb. 1878 in
Peiting) - NSDAP
Georg Maier, Spenglermeister (geb. 1884 im
Landkreis Erding) - NSDAP
Wilhelm Manz, Kaufmann (geb. 1892 in München) -
NSDAP
Johann Ostler, Landwirt (geb. 1880 in Garmisch)
- NSDAP
Josef Röhrl, Buchhalter (geb. 1901 in Kemnath) -
NSDAP
Karl Steiger, Postsekretär (geb. 1885 in
München) - NSDAP
Dr.Karl Friedrich, Arzt (geb. 1888 in Trier) –
KBSWR/DNVP
Anton Seiwald, Hotelbesitzer (geb. 1885 in
Laufen) – KBSWR/DNVP
Kaspar Ostler, Hausbesitzer (geb. 1880 in
Garmisch) - BVP
Josef Ostler, Zimmermann (geb. 1892 in Garmisch)
- BVP
Karl Hartenstein, Kaufmann (geb. 1891 in
Garmisch) - BVP
Josef Reiser, Maurer (geb. 1896, in Garmisch) - SPD
Die Bürgermeister:
-
1. Bürgermeister: Josef Thomma, (NSDAP) Kaufmann
(geb. 1898 in Scheidegg)
-
2. Bürgermeister: Hans Hartmann, (NSDAP)
Kaufmann (geb. 1899 in Mindelheim)
28.04.1933 -
1. Sitzung des neu gewählten Gemeinderates Garmisch Bürgermeister Josef Thomma eröffnete die Sitzung mit folgender
Begrüssungsansprache:
„Ich eröffne hiermit die erste öffentliche Sitzung
des neu ernannten Gemeinderates Garmisch und begrüße Sie meine Herren
aufs herzlichste.
Das Deutsche Volk hat am Tage von Potsdam mit
überwältigender Mehrheit dem Führer und Volkskanzler Adolf Hitler die
Vollmacht erteilt, die Geschicke des deutschen Volkes zu leiten. Seit
diesem Tage war es uns Lebenden vergönnt, Grosstaten politischen Wirkens
zu erleben, wie es in der deutschen Geschichte noch nie der Fall war.
Dabei denke ich zurück an Gleichschaltung des politischen Willens in
Reich, Staat und Gemeinden, die Errichtung von Statthalterschaften und
die Herstellung der politischen Einheit des Deutschen Reiches.
Ich fühle mich stolz meine Herren, von Ihnen das
Vertrauen erhalten zu haben, führend als 1. Bürgermeister der Gemeinde
Garmisch tätig zu sein. Meine ganze Kraft werde ich daran setzen, mir
das Vertrauen auch der ganzen Einwohnerschaft zu erwerben. Ich kenne nur
eine Parole für unser Wirken: Volk, Gott, Heimat und Vaterland! In
diesem Sinne wollen wir arbeiten und unsere Arbeit beginnen. Ich fordere
Sie aufgeschlossen am 1.Mai, dem Tage der nationalen Arbeit teilzunehmen
an dem Aufmarsche und dem Feldgottesdienste. Dort wollen auch wir uns
die Kraft erbitten von unserem Herrgott für unsere Arbeit im Dienste der
Gemeinde, damit sie gesegnet sei und reiche Früchte trage. Berufen zu
diesem verantwortlichen Amte wollen wir gewissenhafte Sachwalter sein im
Sinne unseres großen Führers Adolf Hitler.
Das Deutsche Volk hat einen ungeheuren Leidensweg
durchgehen müssen. Krieg, Revolution, Inflation, nichts ist ihm erspart
geblieben. Aus der Kriegszeit heraus entstand uns der Mann, der
unbekannte Gefreite des Weltkrieges, der in den Revolutionsjahren
bereits mit einem Häuflein Männer den Keim legte für das, was wir heute
erkämpft haben. Es ist daher eine Pflicht in Dankbarkeit uns derer zu
erinnern, die 1914/18 ihr Leben ließen, denn aus ihrem Geiste heraus
erwuchs der Funke der Hoffnung zu neuem Leben, der Glaube an Deutschland
und die Liebe zum Vaterlande. Der unbekannte Gefreite nahm diesen Funken
auf, pflegte ihn und schürte ihn trotz aller Stürme die darüber hinweg
brausten und es erwuchs hieraus die ungeheure Flamme nationalen Willens,
der alle Schichten der Bevölkerung umfasst gleich welchen Standes. Alle
reichten sich die Hände im gemeinsamen Willen zum Aufbau des Reiches ihr
Bestes beizutragen. Hunderte von Kameraden der SA und SS ließen für
diese Idee ihr Leben, zehntausende opferten ihre Gesundheit für
Deutschland, nur für Deutschland. Wären diese Männer nicht gewesen,
einer der ersten unser unvergesslicher Horst Wessel, stünden wir heute
nicht hier. Denn ihr Opfermut und ihr Blut ist es, das uns die Kraft
verlieh, in dem Kampfe all der Jahre hindurch. Deshalb wollen wir ihrer
in gleicher Ehrfurcht und Dankbarkeit gedenken. Im Glauben an Gott und
Vaterland wollen wir mitarbeiten an dem Wiederaufbau des Deutschen
Reiches, auf dass einst wir mit reinem Gewissen Rechenschaft ablegen
können.
Das walte Gott!
Wir beginnen nun unsere Arbeit und grüßen die Männer
der nationalen Regierung, unseren hochverehrten Reichspräsidenten von
Hindenburg, unseren Volkskanzler und Führer Adolf Hitler mit einem
dreifach Sieg Heil!
In den Ruf stimmten alle Gemeinderatsmitglieder
begeistert ein."
Gemeinderat Josef Reiser (SPD) wird aus
dem Gemeinderat ausgeschlossen
05.05.1933
„Gemeinderat Josef Reiser (SPD) fragt an, warum er
in keinen der Ausschüsse gewählt worden sei. 1. Bürgermeister Thomma
entgegnete, dass sich eine Antwort erübrigt wegen der Haltung der
sozialdemokratischen Partei in den letzten Jahren."
12.06.1933
Josef Reiser stellt einen Dringlichkeitsantrag an
den Gemeinderat: „Unterzeichneter bittet den Gemeinderat höflichst,
Beschluss zu fassen, ob Sie mich in Zukunft als sozialdemokratischen
Gemeinderat gedulden oder nicht. Nachdem Gemeinderat und Spenglermeister
Meier uns gegenüber erklärte, dass ich in Zukunft als
sozialdemokratischer Gemeinderat nicht mehr geduldet werde. Mein
Grundsatz war und ist, nur die Interessen und das Wohl der Gemeinde zu
vertreten, nicht die Partei. Josef Reiser, Gemeinderatsmitglied von 440
Wählern"
12.06.1933
Der Gemeinderat beantwortet den Dringlichkeitsantrag
von Josef Reiser: „Nach Bekanntgabe des Dringlichkeitsantrags des
Gemeinderat Josef Reiser gab Herr 2. Bürgermeister Hartmann die
Erklärung ab, dass gegen Herrn Reiser und dessen Mitarbeit im
Gemeinderat nichts einzuwenden ist, nachdem er aber ausdrücklich
Anerkennung als „sozialdemokratischer" Gemeinderat verlangt, als solcher
abgelehnt werden muss, ebenso ein eventueller Ersatzmann aus der
Vorschlagsliste der Sozialdemokraten. Diese Erklärung wurde einstimmig
gebilligt."
17.06.1933
Ministerentschließung von Staatsminister Adolf
Wagner: „Die Sozialdemokraten Wels, Breitscheid, Stampfer und Vogel
haben den Sitz der Reichsleitung der Deutschen Sozialdemokratischen
Partei nach Prag verlegt. Sie geben von dort auch den "Vorwärts" heraus
und schmähen den Reichskanzler Adolf Hitler und das nationale
Deutschland. Die Sozialdemokraten haben sich sonach unter den Schutz und
damit auch unter den Einfluss des Auslandes gestellt. In den nationalen
Kreisen der Bevölkerung löst es außerordentliche Erbitterung aus, dass
sich Angehörige einer solchen Partei noch in den Vertretungen von
Gemeinden befinden und damit über das Wohl und Wehe von Teilen des
deutschen Volkes mitbestimmen. Da die Auswirkungen dieser Erbitterung
nicht zu übersehen sind, sind die sozialdemokratischen Mitglieder der
Gemeinderäte, Bezirkstage und Kreistage, soweit sie nicht selbst ihr Amt
niederlegen, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit sowie zu
ihrem eigenen persönlichen Schutz bis auf weiteres von den Sitzungen
fernzuhalten."
19.06.1933
Josef Reiser wird von Bürgermeister Thomma aus dem
Gemeinderat ausgeschlossen: „Mit Rücksichtnahme auf vorstehende
Ministerentschließung werden Sie zur Teilnahme an den Sitzungen des
Gemeinderats Garmisch nicht mehr zugelassen und Ihnen auch keine
Mitteilungen von den Sitzungsterminen gegeben."
08.07.1933
Das Bezirksamt Garmisch an Bürgermeister Thomma: „Infolge der Entwicklung der politischen Verhältnisse in der letzten
Zeit haben vielfach die Mitglieder der BVP und der SPD in den
Gemeindräten ihre Sitze niedergelegt… Die Bestellung hat zu erfolgen
durch das Bezirksamt im Einvernehmen mit dem Kreisleiter der NSDAP. Gez.
Dr. Fux."
13.07.1933
„Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern:
Nachdem bisher schon die sozialdemokratischen
Mitglieder von den Sitzungen der Gemeindräte fernzuhalten waren
(17.3.33), ist nunmehr die Zuteilung der Sitze an die Vertreter der
sozialdemokratischen Partei für unwirksam erklärt worden. Die dadurch
frei gewordenen Sitze sind durch die Staatsaufsichtsbehörde entsprechend
dem Volkswillen nach Überwindung des Parteienstaates zu besetzen.
Gemeinderatsmitglieder, die aufgrund des
Wahlvorschlages einer Partei berufen worden sind, die sich inzwischen
aufgelöst hat, können nicht weiterhin als Vertreter dieser Partei dem
Gemeinderat angehören, da durch die Auflösung der Partei ihrem
Wahlvorschlag der Boden entzogen ist. Soweit diese Mitglieder nicht
Anschluss an die Fraktionen der NSDAP finden, müssen sie daher ihr Amt
niederlegen. Wenn sie diesem Erfordernis nicht freiwillig nachkommen,
hat die Staatsaufsichtsbehörde das Ausscheiden dieser Mitglieder
festzustellen…"
15.07.1933 Bürgermeister Thomma teilt dem Bezirksamt Garmisch
mit: „Im Gemeinderat Garmisch war nur 1 Mitglied der SPD und zwar Josef
Reiser, Maurer, Garmisch, Zugspitzstr. 123. Nachdem auf Verordnung der
Staatsführung vom 13.7.1933 eine Zuteilung von Sitzen auf Wahlvorschläge
der SPD für unwirksam erklärt ist, scheidet Reiser und die Ersatzmänner
des Wahlvorschlags der SPD aus… Wir bitten, die erforderlichen
Anordnungen treffen zu wollen."
Gemeinderat Anton Seiwald (DNVP) wird aus dem
Gemeinderat ausgeschlossen
08.05.1934
Gemeindrat Anton Seiwald, Besitzer des Hotels „Garmischer Hof", beschwert
sich bei Bürgermeister Thomma über „die Erhöhung der Kurförderungsabgabe
im allgemeinen und zweitens, dass in ganz krasser Art ungerechte
Verteilungen der Kurförderabgabe vorgenommen wurden. Es liege nicht im
Sinne des Nationalsozialismus, Abgabeerhöhrungen vorzunehmen, sondern es
wurde von führenden Stellen vielfach betont, dass Steuern und Abgaben in
Zukunft, soweit es im Rahmen des Haushalts möglich ist, abzubauen sind."
Er beklagt weiter, dass er „bei 100000.- Mk Umsatz 8 Pfg. zahlen muss,
während Hotels mit 200000 / 300000 Mk nur 6 Pfg. zahlen… Dieses Bild
zeigt, dass im Ausschuss der Kurförderungsabgabe Männer beteiligt waren,
die absolut keine diesbezügliche Kenntnis zeigten."
15.05.1934
Bürgermeister Thomma „beurlaubt das
Gemeinderatsmitglied Anton Seiwald wegen beleidigender Angriffe der
Mitglieder des Kurförderungsausschusses vorläufig und stellt Antrag auf
Ausschluss desselben aus der Fraktion beim Fraktionsführer Hartmann."
01.06.1934
NS-Fraktionsführer und -Kreisleiter Karl Hartmann
schreibt darauf hin an Gemeinderat Anton Seiwald: „Sie baten bei der
Auflösung der Deutschnationalen Volkspartei und der Kampffront
Schwarz-Weiß-Rot um Aufnahme in die NS-Fraktion des Gemeinderates
Garmisch. Wir haben Sie als Anwärter bisher probeweise in unserer
Fraktion geführt. Ihr Verhalten während dieser Zeit gibt mir nicht die
volle Gewähr, dass Sie als nationalsozialistischer Gemeinderat zu wirken
in der Lage sind. Ich stelle es Ihnen daher vorerst anheim, selbst aus
dem Gemeinderat Garmisch auszuscheiden."
04.06.1934
Gemeinderat Anton Seiwald antwortet auf die
Vorhaltungen von NS-Kreisleiter Hartmann und erklärt, dass „ich durch
den gesamten Übertritt des Stahlhelms als vollwertiges Mitglied der
Partei anzusprechen bin. Ihren Anwärtertitel weise ich entschieden
zurück… Ihren gütigen Antrag, dass Sie mir einen ehrenvollen
freiwilligen Abgang von meinem Amt als Gemeinderat stellen, muss ich als
aufrechter ehrlicher deutscher Mann entschieden ablehnen. Solche Anträge
waren in der parlamentarischen Regierung üblich… man gab ihm den
Revolver in die Hand. Ich ziehe es vor, abgeschossen zu werden. Heil
Hitler gez. Seiwald"
17.07.1934
Das Bezirksamt Garmisch leistet Schützenhilfe.
Bezirksamtmann Dr. Fux weist auf die Möglichkeiten des Art. 112/2 der
Bayerischen Gemeindeordnung hin. Dort heißt es: „Das Amt muss
niedergelegt werden, wenn Verhältnisse eintreten, die die Fortführung
des Amtes unmöglich machen. Über die Notwendigkeit entscheidet der
Gemeinderat."
24.08.1934 Hartmann greift den Vorschlag von Dr. Fux auf:
„Gemäß Art. 112/2 der Gemeindeordnung stelle ich den Antrag, den
Gemeinderat Seibald mit sofortiger Wirkung aus dem Gemeinderat
auszuschließen. Seiwald ist weder Mitglied der NSDAP noch Hospitant in
der Fraktion… Einstimmig wird beschlossen zuzustimmen, denn im
nationalsozialistischen Staat kann kein Gemeinderatsmitglied mehr tätig
sein, das nicht Mitglied der NSDAP oder mindestens Hospitant der
Fraktion ist."
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