1933 - Der Beginn der nationalsozialistischen Diktatur in Garmisch-Partenkirchen

 

 

Gleichschaltung des Gemeinderats Partenkirchen

 

„Den sämtlichen Marxistischen Parteien (KPD), KPD-Opposition, Sozialistischen Arbeiterpartei (SPD) angehörenden ehrenamtlichen Bürgermeistern ist im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit die weitere Ausübung ihres Ehrenamtes sofort zu untersagen."

Anweisung des bayerischen Staatsministeriums des Innern an das Bezirksamt Garmisch - 20. März 1933

 

1. Bürgermeister Döllgast gibt in der Sitzung des Gemeinderats am 24.03.1933 das Rücktrittsschreiben des 2. Bürgermeisters Georg Schütte (SPD) bekannt:

„Entsprechend dem von mir bisher geübten Grundsatz, dass die Tätigkeit eines 2. Bürgermeisters nur zum Wohle der Gemeinde erfolgen darf, habe ich mich entschlossen, mein Amt als 2. Bürgermeister nieder zu legen.

Die weitere Beibehaltung meines Amtes könnte die Gemeinde Partenkirchen in Schwierigkeiten bringen, insbesondere die Einsetzung eines Staatskommissars herbeiführen, was bei den durchaus geordneten Verhältnissen in der Gemeinde sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Meine Amtsniederlegung erfolgt ohne persönlichen Groll, weil ich sehe, dass die große politische Strömung das Opfer von mir fordert.

Ich will nicht, dass die Gemeinde beim neuen nationalen Aufbau durch meine Person ins Hintertreffen kommen könnte, obwohl mein Wirken in der Gemeinde nie anders als rein wirtschaftlich sich ausgewirkt haben kann. Ich darf wohl von mir behaupten, dass ich bei meiner Amtstätigkeit niemals parteiische Grundsätze angewendet habe und dass ich mich meinen politischen Freunden versagt habe, wenn sie ein Unrecht verlangten und dass ich meinen politischen Gegnern von gestern und heute zu ihrem Recht verholfen habe, soweit es in meiner Macht stand.

Ich werde mich künftig jeder politischen Tätigkeit enthalten und nur noch meinen Geschäften nachgehen. Dabei gebe ich mich der Hoffnung hin, dass die menschlichen Beziehungen zu all denen, mit denen ich in der Politik in Berührung kam, keine Trübung erfahren werden…"

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt - 25. März 1933

 

Einstimmig verabschiedet der Gemeinderat Partenkirchen eine Erklärung von Bürgermeister Josef Döllgast zum Rücktritt des 2. Bürgermeisters Georg Schütte:

Die Reichsregierung hat nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch im Reichstag eine überwiegende Mehrheit für ihre Maßnahmen gefunden. Dass bei Beginn dieser neuen Entwicklung persönliche Schicksale schwer getroffen werden, ist nicht zu vermeiden.

Herr Schütte scheidet heute auf Grund seiner abgegebenen Erklärung aus seinem Amte. Diese Gelegenheit möchte ich nicht unbenützt lassen, um ihm sowohl persönlich wie im Namen des Gemeinderates zu danken für die aufopfernde Mitarbeit.

Wir haben nicht gerade unter den günstigsten Voraussetzungen die Verwaltung der Gemeinde Partenkirchen übernommen. Wenn die finanzielle Lage trotz der Ungunst der Zeit wesentlich geordneter ist als damals, so verdanken wir das auch zu einem großen Teil der emsigen und opferwilligen Mitarbeit des Herrn Schütte, der in keiner das wirtschaftliche Gebiet berührenden Frage seinen Parteistandpunkt einer vernünftigen Lösung entgegenstellte.

Auch die von ihm heute abgegebene Erklärung schließt sich würdig den Handlungen an, die Herr Schütte in Ausübung seines Ehrenamtes als 2. Bürgermeister zu vollziehen hatte. Ich wünsche mit ihm, dass die menschlichen Beziehungen zu ihm keine Trübung erfahren wollen."

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt - 25. März 1933

 

Bezirksamtmann von Merz schreibt am 27. März 1933 an Georg Schütte:

„Sehr geehrter Herr Schütte ! Noch bevor ich meinen Vorsatz, Ihnen anlässlich der letzten Ereignisse besonders zu schreiben, in die Tat umsetzen konnte, erreicht mich heute morgen Ihre Mitteilung vom 24.ds.Mts.

Wie schwer Ihnen alles das gefallen sein muss, was sich in den letzten 3 Wochen ereignete, kann ich wohl ermessen. Höhere Mächte sind hier im Spiel, gegen die sich aufzulehnen sinnlos wäre. Mich aber drängt es in diesem Augenblick, von Ihnen nach der Seite Ihrer amtlichen Wirksamkeit Abschied zu nehmen und Ihnen die Versicherung zu übermitteln, dass ich in der Reihe von Jahren, in der Sie Kraft Ihres Amtes oder Ihrer Ämter mit mir in nähere dienstliche Berührung kamen, niemals Anlass zu irgend einer ungünstigen Meinung über Ihr Verhalten gehabt habe; im Gegenteil - nach meiner festen Überzeugung - war Ihr Tun und Lassen stets bestimmt von der Rücksicht auf das große Ganze, auf das Gemeinwohl, auf das Interesse von ganz Partenkirchen. Wenn der Gemeinderat, wie ich weiß, den nun einmal notwendig gewordenen Rücktritt von Ihrem Posten aufrichtig bedauert, so darf ich auch das gleiche behaupten für das Bezirksamt und für die Mitglieder des Bezirkstags. Keiner wird unter Ihnen sein, der an der Lauterkeit Ihrer Absichten zweifeln möchte. Und so freut mich auch ganz besonders die schöne Form, in der Ihr Abschied von der Gemeinde und von der Öffentlichkeit sichtbaren Ausdruck gefunden hat. Ich glaube, die Würde dieses Abganges hat viel versöhnendes. Und so steht auch nichts im Wege, dass unsere persönlichen Beziehungen in Zukunft die alten bleiben. Mit besten Grüssen Ihr ergebener v. Merz, Oberregierungsrat."

 

Bildung des neuen Gemeinderats am 25.04.1933 aufgrund des Gesetzes der Gleichschaltung der Länder und Gemeinden mit dem Reich:

Gemeinderäte:

  • Wilhelm Melcher (NSDAP)

  • Ernst Möbius (NSDAP)

  • Johann Schuster (NSDAP)

  • Johann Schwab (NSDAP)

  • Martin von Hagen (NSDAP)

  • Hans Witting, (NSDAP)

  • Josef Bartl (NSDAP)

  • Robert Schmidt (KBSWR)

  • Karl Traub (KBSWR)

  • Johann Maier (KBSWR)

  • Karl Krätz (BVP)

  • Dr. Karl Roesen (BVP)

  • Josef Fraundorfer (BVP)

  • Johann Biehler  (BVP)

  • Anton Grasegger (SPD)

Bürgermeister:

  • 1. Bürgermeister: Jakob Scheck (NSDAP)

  • 2. Bürgermeister: Johann Neuner (NSDAP)

 

© Alois Schwarzmüller 2006