Garmisch-Partenkirchen 1945-1949 - Die ersten Jahre nach Diktatur und Krieg

 

 

 

US-Besatzungspolitik

 

02.05.1945
Festnahme von V2-Ingenieuren

"Am 2. Mai 1945 stellten sich unweit von Hindelang im Sporthotel „Ingeburg" - jetzt Alpenklinik - in Oberjoch am damaligen Adolf-Hitler-Pass Dr. Wernher von Braun (1912 - 1977) und sein Team den US - Streitkräften. In Reutte wurden sie verhört und dann nach Garmisch weitertransportiert. Das berühmte Foto mit dem, nach einem Verkehrsunfall eingegipsten Arm, entstand Anfang Mai 1945 in der Südtiroler Siedlung in Reutte."

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 02.05.1945

 

05.05.1945
Eindrücke von der Überlegenheit der Amerikaner:

„Ganz ungeheuerlich ist der Automobilverkehr in unseren Straßen. Kein amerikanischer Soldat braucht zu Fuß zu gehen und voll Neid mag mancher unserer Landser das gesehen haben, der so manche Stiefelsohle durchgelaufen hat auf den Märschen, die er viele tausend Kilometer weit ins Feindesland hinein und wieder zurück machen musste.

Der Krieg ist ein Transportproblem. … Wir hatten die schönsten Autostraßen der Welt, aber keine Autos und kein Benzin, um darauf zu fahren. Und was nützen die schönsten Kanonen, wenn man sie nicht schnell dahin bringen kann, wo man sie benötigt. Diese Erkenntnis drängt sich unwillkürlich auf, wenn die Tausende von Autos, Tanks, Last- und technischen Spezialwagen an unser vorüberströmen… Wer da noch sagt, dass das kein Gegner von Format ist, das muss schon ein unverbesserlicher Trottel sein. Gegen solche Übermacht an Material und Technik anzukämpfen ist aussichtslos… Wundern muss man sich auch, dass es keine Ehrenbezeugungen bei den amerikanischen Soldaten gibt. Auch ist der Unterschied zwischen Mannschaft und Offizieren nicht erkennbar, wenigstens nicht für uns Deutsche… Wie viel Tapferkeit ist nutzlos vertan, wie viel ungeheure Strapazen sind ertragen worden – und alles umsonst!"

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 05.05.1945

 

 

   
  US-Paraden 1945 - links am Marienplatz, rechts auf der Olympiastraße zwischen Farchant und Burgrain
(Fotos: Marktarchiv Ga.-Pa.)
 

 

 

07.05.1945
Die Einstellung der amerikanischen Besatzungsbehörde zur Religion

"Der gegenwärtige Kommandeur von Garmisch-Partenkirchen hat am vergangenen Samstag die katholischen und evangelischen Geistlichen von Garmisch-Partenkirchen unter Beiziehung des Hochwürdigsten Herrn Abtes von Ettal zu einer Konferenz eingeladen und dabei folgende grundsätzliche Ausführungen zur religiösen Lage gemacht:

‚Wir Amerikaner sind nach Deutschland gekommen, um den Krieg zu beenden in dem Land, von dem der Krieg ausgegangen ist…

Die Kinder sollen in Zukunft wieder religiös erzogen werden. Der Katechismus ist das wichtigste Lehrbuch in der Hand der Kinder. Die Kinder sollen jetzt nicht mehr dem Staat, sondern den Eltern gehören…

Deutschland ist ein Land der Trümmer und Ruinen geworden. Das deutsche Volk soll nun die Möglichkeit bekommen, wieder aufzubauen. Und das deutsche Volk soll werden ein friedliebendes Volk, das versteht, mit seinen Nachbarn in gutem Einvernehmen zu leben, wodurch es wieder zu Anerkennung in der Welt gelangen kann, was es jetzt nicht mehr besitzt."

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 07.05.1945

 

08.05.1945
Meldepflicht für deutsche Wehrmachtsangehörige

"Die Angehörigen der deutschen Wehrmacht, die nicht entlassen sind oder nicht in Lazarettbehandlung stehen, haben sich bei der deutschen Meldestelle … zu melden. Die Meldestelle wird im Eisstadion beim Zugspitzbahnhof eingerichtet… Nach den bis jetzt geltenden Bestimmungen bleiben die Wehrmachtsangehörigen, die sich vorschriftsmäßig gemeldet haben, in Freiheit."

Landrat Dr. Fux

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 38 - 06 / 000 / 1805 - Schreiben an die Gemeinde – Mai Juni 1945

 

08.05.1945
Acht Tage Besatzung

"Noch am Samstag, den 28. April, brachte die oberbayerische Presse Deutsche Frontberichte, in denen unsere amerikanischen Gegner im Donaubogen Deggendorf - Dillingen, außerdem in Augsburg und Memmingen im Kampf mit deutschen Truppen gemeldet wurden. 24 Stunden später am Sonntag überstürzten sich die Nachrichten, die von Mund zu Mund weiterliefen, der Feind sei bereits in Weilheim, in Oberau und Reutte. Ein Teil der Bevölkerung lehnte die von allen Seiten in immer neuen Versionen verbreiteten unverbürgten Neuigkeiten ohne weiteres ab, doch wurde er in diesem Fall nur allzu schnell eines anderen belehrt: Wie ein Unwetter brachen am Sonntagnachmittag, den 29. April, gegen 19.30 Uhr, starke amerikanische Panzerkräfte in unseren Ort ein und brausten in nicht enden wollendem Zug donnernd und in Staubwolken gehüllt durch Partenkirchen weiter auf der Straße nach Mittenwald. Garmisch-Partenkirchen, der idyllische, sonst so ruhige Olympiaort, in dem sich einst die Völker der ganzen Welt zu friedlichem Wettstreit vereinten, ist seither in ein Heerlager umverwandelt.

Zahlreiche günstig gelegene Gebäude sind zu Kommandostellen geworden, alle wichtigen Amtsstellen wie Haus der Nationalsozialisten, Bahnhof, Post, Finanzamt, Divisionsgebäude sind militärisch besetzt, in vielen Häusern haben die Bewohner der amerikanischen Einquartierung Platz machen müssen. Das musste häufig sehr schnell gehen, so dass die bisherige Bewohnerschaft oft nur das Allernötigste mitnehmen konnte. Über den ganzen Ort verteilt, vor allem auf allen größeren Plätzen, sind die amerikanischen Truppenfahrzeuge, unter ihnen die schweren Panzerkolosse mit ihren drohenden Geschützrohren aufgefahren. Die Hauptstraße, die sich durch unsere beiden Ortsteile zieht und in die Mittenwalder Straße mündet, ist zur Militärstraße erklärt und, wie die zahlreichen Plakate bekanntgeben, in ihrer Fahrbahn für jeden zivilen Fahrverkehr gesperrt. Dieser hat, soweit unbedingt nötig, über die Gehsteige zu erfolgen. Ohne Ende flutet auf dieser Militärstraße der Verkehr der amerikanischen Truppen, vom schwersten Panzer, der mit seinen breiten Stahlraupen die Erde beben macht, bis zu den flinken kleinen Kraftwagen, die zahllos, leicht und überaus wendig, in allen Gassen und Gässchen auftauchen, Meldungen holen oder überbringen, Patrouillendienst leisten und in unaufhörlicher Bewegung sind. Dazwischen Panzer mit Fliegerabwehrgeschützen und Maschinengewehren, Tankwagen, Proviant- und Bagagewagen, Telegraphenwagen mit hoher Antenne, riesenhafte Brückenwagen mit Hebkranen und die vielen Spezialwagen, die eine Kraftwagenkampftruppe bei ihren Operationen benötigt. Tag und Nacht erfüllt ein Rauchen und Dröhnen die Luft, und nicht selten wird der nach den Eindrücken des Tages Ruhe suchende Einwohner mitten in der Nacht durch das Donnern aus- oder einrückender Panzerkolonnen aus unruhigem Schlag gerissen.

Das Bild des Ortes hat sich in diesen acht Tagen von Grund auf verändert. Die Bewohnerschaft, die zumal im Frühjahr mit ihren kleidsamen Trachten, dem Platz feine charakteristische Eigenart gab, ist gegenüber dem Braungrün der Besatzungstruppen völlig in den Hintergrund getreten. Mit möglichster Eile erledigt sie die für das tägliche Leben unbedingt nötigen Gänge. Sie bestehen in der Hauptsache aus Einholen der Lebensmittel, die es zu gewissen Tageszeiten in den Geschäften noch gibt, in Schlangestehen und in den Gängen zu und von der Arbeit, soweit diese heute noch möglich ist. An zahlreichen Ladentüren hängt ein Schild mit der Aufschrift „geschlossen", von den Gaststätten, die nicht als Lazarette schon vor der Feindbesetzung für den allgemeinen Verkehr ausfielen, sind nur vereinzelte für die Bewohnerschaft in Betrieb, die anderen, vor allem die großen Hotels Post und Marktplatz, sind nur für Besatzungsmitglieder zugänglich. Durch alle Straßen ziehen sich die vom ersten Besetzungstage ab in großer Schnelligkeit gelegten Fernsprechleitungen. Das Staatstelephon, das der Bevölkerung diente, ist abgeschaltet. Eisenbahn- und Postverkehr liegen still. Zahllose Patrouillen von je zwei Mann mit geschultertem Gewehr bewegen sich durch alle Ortsteile, erscheinen unaufdringlich und ruhig überall, um unmittelbar darauf wieder zu verschwinden. Wo sie eine Frage an Passanten stellen oder irgendwie eingreifen müssen, geschieht dies höflich und ohne Aufsehen zu erregen. Viele dieser Männer, deren Rangabzeichen bis zu den Offizieren dem Deutschen nicht erkennbar sind, sprechen deutsch, viele andere französisch. Wo sich, was nicht häufig, ein kurzes Gespräch nicht dienstlicher Art entwickelt, erfährt man, dass die Großeltern dieses Mannes Deutsche aus dem Rheinland waren, dass der Vater eines anderen sich vor etlichen 20 Jahren seine Frau noch aus Deutschland holte. Dann geht man weiter und überlegt sich, warum nun, da die Kontinente sich im modernen Verkehr immer näher rücken, da viel deutsches Blut auch drüber über dem Atlantik pulst, die Völker nicht im Frieden leben können.

Auch die Natur um Garmisch-Partenkirchen ist für den Bewohner nunmehr eine andere geworden: sie, die ihm so unendlich viel bedeutet, die er in freien Stunden und vor allem an allen Sonn- und Feiertagen aufsuchte, darf er heute nur noch von ferne, aus seinem Fenster, aus seinem Hausgarten oder von der Straße aus sehen. Seine Bewegungsfreiheit ist auf den Ortsbezirk beschränkt.

Licht- und Kraftstrom, die am Nachmittag des Montag bis Dienstag versagten, seit heute im allgemeinen wieder in Ordnung. So hat der Ortseinwohner die Möglichkeit, die neuesten Nachrichten im Rundfunk zu hören. Wenn er auch tief erschüttert von dem nunmehr schon allgemeinen deutschen Zusammenbruch Kenntnis nehmen muss, so bringen diese Nachrichten bei aller Bitternis für ihn doch das eine Gute, dass nutz- und aussichtslosem Blutvergießen ein Ende gesetzt wird. Angesichts der Trümmer all seiner durch diese schweren sechs Jahre gehegten Hoffnungen, die wahrlich nie irgendwelche Welteroberungspläne betrafen, hat Garmisch-Partenkirchen nur noch den einen heißen Wunsch, jene Männer aus dem feindlichen Lager, in deren Hände heute vom Schicksal die deutsche Zukunft gelegt ist, möchten diese so gestalten, dass weitere Kriege vermieden und seinen Söhnen die Möglichkeit gegeben werde, so, wie sie das immer sollten, in Frieden zu leben und zu arbeiten…xa"

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 08.05.1945

 

   
     
   
  Die Miltärregierung erteilt Arbeitserlaubnis- und Fahrraderlaubnisscheine  
     
   
 

Vertraulicher Bericht vom 21. Mai 1945 der US-Army über Zahl und Herkunft
der Displaced Persons in Garmisch-Partenkirchen

 
       
   

 

09.05.1945
Aufruf von Landrat Dr. Franz Fux und von Bürgermeister Georg Schütte

„Der endgültige Waffenstillstand ist in Kraft getreten. Aus diesem Anlass gilt der heutige 9. Mai als Friedenstag. Die Bevölkerung von Garmisch-Partenkirchen kann außerdem das Schauspiel einer großen amerikanischen Parade der Besatzungstruppen um 13 Uhr am Rathausplatz erleben.

Aus diesem Anlass wurde angeordnet:

  • Sämtliche Amtsgebäude öffentlicher Behörden und Dienststellen haben zu flaggen.

  • Die Einwohnerschaft wird aufgefordert, auch ihrerseits die Häuser zu beflaggen. Als Flagge soll gesetzt werden: die weiß-blaue bayerische Fahne, falls bayerische Fahnen nicht vorhanden, kann die Partenkirchner Flagge weiß-rot oder weiße oder rote Flaggen verwendet werden.

  • Alle öffentlichen Behörden oder Dienststellen haben von elf Uhr ab geschlossen, ebenso alle Betriebe, die Verkaufsstellen schließen von 11 - 17 Uhr.

  • Die Bevölkerung wird ersucht, soweit möglich, mit den gemeindlichen Kräften sich an der Straßenreinigung zu beteiligen.

Die amerikanischen Truppen wollen nicht als Unterdrücker kommen. Aus diesem Grund ersuchen wir die Bevölkerung, an der Feier teilzunehmen, soweit möglich in einheimischer Tracht."

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 08.05.1945

 

12.05.1945
Unser neuer Ortskommandant

"Major Snapp von der amerikanischen Besatzungsarmee ist von der Militärregierung als Ortskommandant von Garmisch-Partenkirchen eingesetzt worden. Er präsidierte in der ersten Sitzung unserer neuen Gemeindeverwaltung im Rathaus, als die Bürgermeister und Gemeinderäte ernannt wurden… Herr Major Snapp sprach aus dem Stegreif und man sah ihm an, dass seine Worte aus dem Herzen kamen.

Er sagte unter anderem: „Dies ist der zweite Besuch, den ich Deutschland abstatte. 1936 kam ich zum ersten Mal, aber der gegenwärtige Besuch erfolgt unter ganz anderen Umständen. Ich sah und hörte in meiner Heimat, was in Ihrem Lande vorging und da wusste ich, dass ich eines Tages werde wieder nach Deutschland zurückkommen müssen, und zwar als Soldat.

Amerika liebt die Freiheit, es liebt den Frieden und hasst den Krieg. Und darum kämpften wir so erbittert: Unser Kommen hat unsere Feinde vernichtet und vertrieben, damit auch Ihr Land wieder glücklich sein kann. Viele Amerikaner haben ihr Leben hingegeben und haben sterben müssen, damit dies möglich wurde. Wir sind als Eroberer, als Sieger gekommen, aber nicht als Unterdrücker. Die Militärregierung wurde eingesetzt, um Ihre Regierung zu unterwiesen, zu unterrichten, nicht aber um zu diktieren. Nicht in Worten, sondern in Taten will ich zeigen, sagte Major Snapp, was Amerika ist und was es meint, und ich werde darum meine ganze Zeit der Verwaltung dieses Landkreises widmen und dafür sorgen, als ob es meine eigenes Heim wäre.

Die Herren des Gemeinderates stehen heute schwierigen Problemen und Aufgaben gegenüber, betonte Major Snapp. In dieser Lage braucht man gute Männer. Sie und Ihre Führer werden einen großen Anteil haben an der Schaffung einer sicheren, geborgenen Zukunft. Große Verantwortung ist Ihnen übertragen und harte Arbeit erwartet Sie…

Das demokratische Amerika billigt jedem Bekenntnis religiöse Freiheit zu. Die Kirchenglocke, die später vielleicht aus dem Metall der Kanonen gegossen werden können, dürfen läuten soviel sie wollen. Niemand wird es ihnen verbieten. Wir in Amerika haben eine Freiheitsglocke, die uns heilig ist. Wir haben sie, als wir unsere Freiheit gewannen, so stark geläutet, dass sie sprang. So sehr haben wir uns über Freiheit und Unabhängigkeit gefreut. Und nun stehen Sie alle zu Ihrem Bürgermeister und beten Sie zu Ihrem Gott für ein besseres Deutschland. das wieder geachtet sein wird bei allen friedfertigen Nationen."

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 12.05.1945

 

12.05.1945
Die große Friedensparade am Rathausplatz Garmisch-Partenkirchen

"„Den Krieg gewinnt am Ende der, der große Ziele mit großen Mitteln zu erreichen sucht, und verlieren wird ihn der, der von der Hand in den Mund lebt und Augenblickserfolgen nachjagt." Wir hatten uns diesen Satz in richtiger Vorahnung gut aufgehoben. Goebbels schrieb ihn am 16. August 1942 in seinem berüchtigten Wochenartikel in "Das Reich". Dass der Meister der Propagandalüge diesmal Recht behalten, davon konnte sich ganz Garmisch-Partenkirchen am 9. Mai überzeugen.

Wir entsinnen uns auch noch eines zweiten Artikels, in dem „Das Reich" vom 12. Juli 1942 sich über einen Trinkspruch General Eisenhowers lustig gemacht hat, der da sagt, man müsse an die letzte aller Schlachten denken. Nun - diese letzte Schlacht ist geschlagen und der alliierte Oberkommandierende hat sie gewonnen. Es sei denn, dass es noch Narren gäbe, die behaupten wollen, es seien gar keine Amerikaner in Garmisch-Partenkirchen. Vorgestern konnte die einheimische Bevölkerung die „großen Mittel" bestaunen, die den vollkommenen Sieg erringen halfen. Stundenlang zogen hinter den Harley-Davidson-Krafträdern der Militärpolizei die endlosen Kolonnen der verschiedenen Panzertypen - jeder einzelne mit seinem eigenen Funkgerät ausgestattet, dessen Antennen gleich Insektenfühlern in der Luft wippten - der motorisierten Artillerie, der Spezialfahrzeuge usw. bei den flotten Klängen amerikanischer Militärmusik die neu benannte einstmals olympische „Hauptstraße" herauf, an der mit den amerikanischen Farben geschmückten Ehrentribüne vorbei, wo zwei Generale und ein Oberst die Parade abnahmen, während auf einer breiteren Seitentribüne das übrige Offizierskorps Aufstellung genommen hatte. Ihr militärischer Gruß galt jeweils den Führerwagen mit dem amerikanischen Sternenbanner und den reich gestickten Formationsflaggen in verschiedenfarbiger Seide. Der Ordnungsdienst vollzog sich wohltuend zwanglos, wie die ganze imposante Festlichkeit, bei der man den Unterschied des freien amerikanischen Soldatentums vom „Kommissdrill" deutlich spürte. Die Soldaten bewegten sich völlig ungezwungen und waren bester Stimmung.

Garmisch-Partenkirchen hatte seine altgetreuen, jahrelang versteckten weiß-blauen Fahnen entfaltet, in den Farben seine freundlichen Maihimmels. Es war ein echter Friedenstag. Wir mussten angesichts dieser gewaltigen Kriegsmacht, die sich da freudig zum Frieden bekannte, auch an den gewesenen Göring denken, der in seiner eitlen Ahnungslosigkeit einmal gesagt hat: Alles, was wir von Amerika erlebt haben, war bisher nur Bluff!

Die einheimische Bevölkerung hatte festliche Landestracht angezogen. Sie trug in würdiger Haltung die schönen alten Pelzmützen und goldenen Riegelhauben, Seidengewänder und Schultertücher mit reich geblümter Stickerei und die hohen männlichen Stöpselhüte in Silbertressen- und Federnschmuck. Alles atmete ungezwungener, wenn auch nicht gerade sorgenfrei, die Luft der erlangten Freiheit von der Kriegsdrohung in einer menschlichen Gemeinschaft mit dem Gegner von gestern.

Und das war ganz im Sinne des militärischen Ortskommandanten, Major Snapp, der am Vorabend des „VE-Days", des Siegestages, in einer Aussprache vor den geladenen Ortsbehörden, dem Landrat, dem Bürgermeister und den Wirtschaftsleitern erklärt hatte: „Dieser Tag soll nicht nur für die Amerikaner, sondern auch für die Deutschen ein Tag der Freude und der Entspannung sein. Die Deutschen werden bei der großen Parade nicht mehr die grimmigen Gesichter sehen, gegen die sie Krieg geführt haben, sondern freundlich lachende Gesichter. Die Amerikaner werden sich freuen, wenn sie ebenso freundliche Gesichter bei den Deutschen sehen. Auch eine reiche Beflaggung der Häuser mit bayerischen Fahnen ist erwünscht." Mit besonders dankbarer Freude vernimmt die Bevölkerung die Versicherung des Kommandanten, dass er für Garmisch-Partenkirchen und Umgebung so arbeiten werde, als ob er hier selbst heimisch wäre. Die Besatzungsbehörde werde das Äußerste tun, um über die schwierige Lebensmittellage hinwegzuhelfen.

Als schließlich unter Salutschüssen die amerikanische Fahne als Zeichen der Besetzung am Rathaus feierlich aufgezogen wurde, fühlten alle die weltgeschichtliche Bedeutung der Stunde. Dr. R.P"

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 12.05.1945

 

11.05.1945
Pfarrer Karl Lorenzer und Kolpingspräses Kaplan Franz Modlmeier

Gesuch der Pfarrei Partenkirchen um Überlassung des ehemaligen Hauses Dr. Todtheim an der Hauptstraße, später Steuben-Hotel, zur Verwendung für die heranwachsende männliche Jugend Garmischs und Partenkirchens:

„… die Heranbildung eines gesunden Handwerkerstandes lag in den letzten 13 Jahren sehr im argen und nur sehr intensive Arbeit an der Jugend selbst kann die verheerenden Folgen eines jahrelangen Parteiterrors beseitigen…. Aber allen Anfeindungen zum Trotz hat sich die Kolpingsfamilie durch alle Wirrsale hindurchgeschlagen… Major Snapp, als Sprecher der Besatzungsmacht, wies selbst darauf hin, wie bitter notwendig eine christliche Erziehung und Beeinflussung der Jugend ist nach all den Jahren der Entfremdung."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schreiben an die Gemeinde – Mai Juni 1945 - Schachtel 38 - 06 / 000 / 1805

 

25.06.1945
Bürgermeister an Pfarramt:

„Das an der Hauptstraße liegende ehemalige „Dr. Todtheim" wird von der Militärregierung als Gästehaus beansprucht. Das Haus gehört sicherlich zu den von der Militärregierung beschlagnahmten Vermögen."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schreiben an die Gemeinde – Mai Juni 1945 - Schachtel 38 - 06 / 000 / 1805

 

25.07.1945
Landrat an Pfarramt:

„… Ich hoffe, dass sich im Zuge der Säuberung der Wirtschaft von Angehörigen der Nazipartei ein anderes geeignetes Heim für die Zwecke der Kolpingsfamilie finden wird…"

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schreiben an die Gemeinde – Mai Juni 1945 - Schachtel 38 - 06 / 000 / 1805

 

14.05.1945
Aufhebung der Verdunkelung

Milderung des Ausgehverbotes: bisher ab 19.00 Uhr, jetzt ab 20.00 Uhr - Ärzte, Tierärzte und Hebammen können wieder telefonisch erreicht werden - Wiedereröffnung des Bankverkehrs

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 14.05.1945

 

15.05.1945
Pfarrer Lorenzer an Bürgermeister Schütte

„Im Mädchenschul-Internat Klaushof Garmisch-Partenkirchen, Hauptstraße 50 befinden sich ca. 36 heranwachsende junge Mädchen. Es besteht eine gewisse Gefahr, dass die Insassen des Heimes durch nächtliche Besuche amerikanischer Soldaten in manche Schwierigkeiten kommen könnten… bei der amerikanischen Besatzungsmacht vorstellig werden, um polizeilichen Schutz für die Nacht zu erwirken."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 38 - 06 / 000 / 1805 - Schreiben an die Gemeinde – Mai Juni 1945

 

Ohne Datum
Antrag Josef Höllerer, Mitglied des Gemeinderats

„Es ist zu versuchen, in Zusammenarbeit mit der Militärregierung eine möglichst gerechte Verteilung der Besatzungs- und insbesondere Einquartierungslasten zu erreichen. Gerecht in dem Sinne, dass davon in erster Linie diejenigen betroffen werden, denen wir die heutige unglückliche Lage des Reiches verdanken, die hervorragend in der NSDAP tätig gewesenen und solche, die ihnen getreuliche Gefolgschaft leisteten und sich den berechtigten Hass aller Gegner des verflossenen Regimes zugezogen haben. Erleichterung und möglichste Berücksichtigung sollen dagegen die bisher Unterdrückten finden und alle, die sich zum Widerstand gegen die Nazis aufrafften Nazihäuser und –Wohnungen sollen äußerlich durch Anschlag gekennzeichnet werden.

Begründung:

Leider wurden durch die bisherige Besatzung bzw. Einquartierung vielfach gerade die Unschuldigen betroffen, Leute, die niemals mit dem Naziregime etwas zu tun haben wollen, während oftmals Häuser und Wohnungen ausgesprochener Nazianhänger recht glimpflich davonkamen. Es liegt hierüber umfangreiches Material vor. Ein gesundes Volksempfinden verlangt hier schleunige Abhilfe."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 38 - 06 / 000 / 1805 - Schreiben an die Gemeinde – Mai Juni 1945

 

26.05.1945
Verordnungen der Militärregierung

„Nun sind schon vier Wochen vergangen, seit die Amerikaner einrückten. Und das Leben geht weiter. Die amerikanischen Soldaten sind sehr zurückhaltend und wer nicht amtlich o der geschäftlich mit der Armee zu tun hat, wird überhaupt keinerlei Berührungspunkte mit den Soldaten haben. Die Verordnungen, die von der Militärregierung erlassen wurden, sind strengstens einzuhalten. Da gibt es keinerlei Ausreden. Wer dagegen verstößt, wird unerbittlich bestraft, und zwar ganz saftig, wie aus den Urteilen zu ersehen ist, die wir in unserem Blatt veröffentlichen…

  • Ingeborg Mühlbauer, Schlosswaldstraße 15, Widerstand gegen Verhaftung, Ungehorsam gegen Militärpolizei, 1 Monat Gefängnis

  • Hildegard Budian, Schlosswaldstraße 1, Widerstand gegen Verhaftung, Ungehorsam gegen Militärpolizei, zwei Wochen Gefängnis

  • Anni Huttersberger, Grubenkopfstraße 15, Widerstand gegen Verhaftung, Ungehorsam gegen Militärpolizei, zwei Wochen Gefängnis

  • Edeltraud Boden, Lahnewiesstraße 15, Widerstand gegen Verhaftung, Ungehorsam gegen Militärpolizei, zwei Wochen Gefängnis

  • Luise Baiker,, von-Kobell-Straße 11, Übertretung des Ausgehverbotes, RM 200 oder zwei Wochen Gefängnis

  • Kreszentia Erdinger, Katzensteinstraße 9, in Besitz von Eigentum der alliierten Streitkräfte, RM 500 oder 1 Monat Gefängnis

  • Annemarie Wernes, Mädchenschule, Übertretung des Ausgehverbotes , RM 100 oder 1 Woche Gefängnis

Das Radfahren ist verboten auf der

  • Bahnhofstraße

  • Hindenburgstraße

  • Von-Kobell-Straße

  • Landschaftsstraße

Bei erstmaliger Übertretung dieses Verbots wird das Rad dem Besitzer oder Benützer von der Militärpolizei für eine Woche, bei wiederholter Übertretung wird es für immer abgenommen."

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 26.05.1945

 

21.06.1945
Meldung über Festnahmen:

510th Counter Intelligence Corps Detachment - APO 260, US-Army - Agent Peter I. Pollak

  • 1 Rottenführer der Waffen-SS am 08.05.1945

  • 1 Scharführer der Waffen-SS

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 38 - 06 / 000 / 1805 - Schreiben an die Gemeinde – Mai Juni 1945

 

27.06.1945
Unser neuer Gouverneur

"… Zunächst stellte sich der neue Gouverneur von Garmisch-Partenkirchen, Captain Lund, vor, der den bisherigen Offizier der Militärregierung, Major Snapp, ersetzte. Es tritt damit insofern ein gewisser Wechsel in der militärischen Verwaltung ein, als für alle Entscheidungen nur der Stadtkommandant maßgeblich ist.

Durch eine Dolmetscherin machte der neue, höchstwahrscheinlich für dauernd hier bleibende Gouverneur darauf aufmerksam, dass die Bürgermeister des Landkreises ihm für alles verantwortlich seien, was sie unternehmen, aber auch für Handlungen der Bevölkerung selbst. In der Verwaltung sind die Bürgermeister der kleineren Gemeinden den Bürgermeistern der größeren Ortschaften unterstellt, und diese wiederum sind dem neuen Landrat Dr. Ritter verantwortlich für das, was in der Öffentlichkeit vor sich geht… Für Fälle, die dringlich sind und eine sofortige Entscheidung verlangen, ist Cpt. Lund bereit, ohne Einhaltung des tabellenmäßig festgelegten Amtsweges, jeden von ihnen persönlich anzuhören. Der neue Gouverneur, der als Soldat der Luftwaffe diesen Krieg mitkämpfte, betont aber zu bedenken, dass Deutschland den heutigen Zustand selbst heraufbeschworen und diesen Krieg verspielt hat. Er ist der Ansicht, dass gerade in unserem Kreis mehr Disziplinlosigkeit herrsche als anderswo und dass er nicht gewillt sei, Übertretungen der Gesetze und Verordnungen der Militärregierung zu dulden. Er sei indessen darauf bedacht, gerecht zu sein und nebenbei ein Freund der hiesigen Gebirgsgegend. Seine Haltung sei abhängig von der Art und Weise, wie die Bürgermeister bereits seien, mit ihm zusammenzuarbeiten und durch strikte Einhaltung der Gesetze auf die Bevölkerung einzuwirken.

Unser neu bestätigter Landrat Dr. Hans Ritter dankte Herrn Gouverneur im Namen des Landkreises und der Gemeinden für sein Entgegenkommen und versprach, alles daranzusetzen, um wieder gutzumachen und Aufbauarbeit zu leisten, damit Deutschland seinen guten Namen zurückgewinne, den es vor dem Hitler-Regime innehatte.

(An die versammelten Bürgermeister) richtete anschließend Landrat Dr. Ritter die Bitte um ersprießliche Mitarbeit. Er sei seit zehn Jahren hier und seinerzeit wegen seiner Gesinnungstreue vom Dienst entlassen und in Gestapohaft genommen worden. Den Rest seines Lebens möchte er dem Wiederaufstieg des Vaterlandes widmen, das leider aus eigener Kraft sich nicht vom Nazi-Joch befreien konnte. Nun seien wir zwar frei, auf der anderen Seite aber von Siegertruppen besetzt. Wir müssten hart und einträchtig arbeiten für die Generation, die nach uns kommt.

Nachdem die Bürgermeister durch Handschlag vereidigt wurden, gab Landrat Dr. Ritter Auftrag zur listenmäßigen Erfassung verschont gebliebener Nazihäuser zwecks verstärkter Unterbringung von Evakuierten dortselbst. Auch sollen die schuldbaren Nationalsozialisten rücksichtslos zu Straßenräumungsarbeiten herangezogen werden…"

Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, 27.06.1945

 

30.08.1945
Brief der „Naturfreunde" an die Militärregierung Garmisch-Partenkirchen
David Frischmann – Gründungsmitglied der örtlichen Gruppe, Mitglied des Gemeinderats (SPD)
Hans Ebert – Mitglied der Reichsleitung der „Naturfreunde", Mitglied des Gemeinderats (SPD)

"Betreff: Rückgabe des Eigentums

Die beiden Gemeinderäte ersuchen um Zulassung und Wiedergründung der „Naturfreunde" und um die Genehmigung einer Versammlung.

Außerdem bitten sie um Rückgabe der so genannten „Hermann-Hütte" der ehemaligen deutschen Luftwaffe (Bayernhaus) und um Rückgabe der Barbara-Hütte am Kreuzeck. Beide Hütten waren früher im Besitz der Wehrmacht, jetzt werden sie von der US-Army belegt.

Außerdem weisen sie darauf hin, dass das Haus „Edelweiß", Martinswinkelstraße 17 und die Kramerhütte im Besitz der Reichsleitung bzw. der örtlichen Organisation waren. Das „Edelweiß" wurde nach der Enteignung 1933 an Privatpersonen verkauft, so dass sich die Rückgabe sicher sehr schwer gestalten würde.

Die Kramerhütte wurde von den Mitgliedern in den Jahren 1923/24 gebaut. Nach der Enteignung 1933 wurde sie an die Hitlerjugend gegeben."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 39 / Akt 50 Allgemeine Polizeivorschriften

 

08.10.1945
Rückblick und Ausschau - Das militärische Bild

"Die damals noch gefangen geltenden deutschen Truppenangehörigen erhielten ihre Entlassungsscheine. Hernach wurde mit Räumung der in fast allen großen Häusern und Schulen untergebrachten Lazarette begonnen. Bis Anfang September war dies so durchgeführt, dass nur noch Dr. Wiggers Kurheim und die ehemalige Artilleriekaserne als Lazarette gelten. Teils wurden die dadurch freigewordenen Unterkünfte nach Erneuerung amerikanischen Besatzungstruppen eingeräumt, teils für Schulen frei gegeben. Dazu gesellt sich die erst jüngst verfügte Räumung von etwa 80 Privathäusern in Garmisch-Partenkirchen, für die sich auch unser erster Bürgermeister Schütte dankenswert eingesetzt hat. Die vor einiger Zeit verabschiedete Kampfgruppenbesatzung der amerikanischen 10.Armee-Division mit dem sprungbereiten Tiger als Abzeichen feierte am 14. Und 15. Juli ihren dritten Jahresgründungstag mit einem Volksfest für Zehntausende von ferner stationierten Kameraden…."

Hochlandbote 08.10.1945

 

03.02.1946
Pfadfinder

Am 3. Februar 1946 wurde die Gründung von Jugendgruppen genehmigt. Junge Menschen beider Konfessionen und aus allen Bevölkerungsschichten des Kreises sind nun dabei die Deutsche Pfadfinderschaft ins Leben zu rufen.

"Was wir Pfadfinder wollen?

1. Wiederaufbau der deutschen Jugend auf den Grundlagen der Demokratie, doch frei von parteipolitischer Spaltung unter Achtung der Rechte der Einzelpersönlichkeit im Gegensatz zur Knebelung dieser Rechte durch die Nazis.

2. Entwicklung der Jugend auf christlich-demokratischer Grundlage in freiem friedliebendem völkerversöhnendem. Geiste.

3. Zusammenarbeit mit allen Gliedern der internationalen Boy-Scout-Organisation, dadurch weltweite Brüderschaft mit der Jugend aller Länder bei voller Liebe zu Volk und Heimat.

4. Erziehung zum Gentleman. Auf die Ehre eines Pfadfinders muss man jederzeit bauen können. (Vermächtnis des Gründers der „Boy-Scout", General Lord Baden-Powell). Im Sinne des Schutzpatrons der Weltpfadfinder, des Ritters St. Georg, Lebensführung im ritterlichen j Geiste, Bekämpfung alles Schlechten und Gemeinen, verkörpert im Sinnbild des Drachens, Hilfe und Schutz den Schwachen und Unterdrückten ohne Unterschied von Rasse und Religion und sozialer Schicht.

5. Versöhnung der sozialen Klassenunterschiede durch Zusammenfassung und Zusammenarbeit der Jugend in gemeinschaftlichen Gruppen ohne Unterschied des Standes, der Rasse und der Religion.

6. Ausbildung des Körpers und des Geistes zum Lebenswillen, zur Lebenskraft und zur gesundheitlichen, sittlichen Lebensführung. Übung in allen Sportarten und ritterlichen, friedvollen Wettkämpfen, Wanderfahrten in Heimat und Ferne. Treffen mit Pfadfinderbrüdern in aller Welt.

7. Ausbildung im Rettungsdienst und erster Hilfe stets hilfsbereit im Dienste des Nächsten, wenn nötig, unter Einsatz des eigenen Lebens.

Unser Symbol, die Pfadfinderlilie, bezeichnet die Reinheit der Gesinnung, sie stellt zur gleichen Zeit den Kompasspfeil dar, der den richtigen Pfad zum ehrenvollen, nützlichen Lebensziel weisen soll.

Deutscher Junge, wir rufen Dich zu diesem Werk!!

Wer mitmachen will, meldet sich bei: Gerhard Klammet, Schloßwaldstr. 7 (Siedlung); Albrecht Cropp, Waxensteinstr. 2; Alb. Kobler, Alpspitzstr. 13. — Jungen der Oberschule melden sich bei: Ignaz Bader (4. Klasse A), Wilfried Berndt, Richard Daimer (3. Kl.) — Für Oberammergau: Meldung bei Dr. Curt Keller, Schnitzlergasse 3."

Hochlandbote 03.02.1946

 

25.02.1946
Werdenfelser Pfadfinder auf Fahrt

"Die Frage „Was wird aus unserer Jugend" ist wohl in den letzten zwölf Monaten jedem Deutschen durch den Kopf gegangen. Viele haben darüber debattiert, aber nur sehr wenige haben wirklich etwas unternommen um dieser Jugend, die jahrelang mit falschen Idealen überfüttert worden ist, zu helfen.

Mit Unterstützung der Militär-Regierung, besonders .mit Hilfe des inzwischen versetzten Sicherheitsoffiziers Lt. Johnsen, dem Scout-Master der New Yorker Pfadfinder, ist es Dr. Thiel gelungen die Pfadfinderschaft Werdenfels zu bilden. Etwa 20 Jungen zwischen 10 und 18 Jahren standen am Freitag-Mittag mit Tornistern, Rucksäcken und einem großen Kochtopf bereit, um auf Bergfahrt zu gehen.

Es „gellten" keine Kommandos, es „dröhnte" kein Marschschritt und die Straßenpassanten wurden nicht durch Kampflieder, in denen sich „Blut so rot" auf „Heldentod" reimt, aufmerksam gemacht. In kleinen zwanglosen .Gruppen zogen die Pfadfinder am Fuße des Kramers entlang zur Steppberg-Alm. Die unsichere Witterung konnte der frohen Stimmung keinen Abbruch tun, Auf der Alm angelangt, musste leider die bedauerliche Feststellung gemacht werden, dass die Hütte des Ski-Clubs Garmisch erbrochen und ausgeplündert worden war. Nachdem die Buben die Zelte für die Nacht errichtet hatten, sammelten sie sich am Lagerfeuer zur Fahnenweihe und Verpflichtung. Am Fahnenmast ging das blaue Tuch mit der weißen Lilie hoch.

Dr. Thiel erklärte den Jungens, dass sich unter dieser Lilie die Pfadfinder (Scout-Boys), der ganzen Welt, ohne Unterschied der Rasse, Konfessionen oder Parteien freiwillig zusammenfinden, um sich in ihrer Freizeit bei Spiel, Sport und auf Wanderfahrten körperlich und geistig zu aufrechten, gesunden Männern zu entwickeln. Er betonte noch einmal die Freiwilligkeit dieser Gemeinschaft, eh er die Jungen einzeln ans Feuer treten ließ, um sie für die Gemeinschaft zu verpflichten.

Mit dem Pfadfindergruß versicherte jeder Junge sich in Zukunft allezeit zu bemühen, aufrecht und hilfsbereit zu sein, für das Gute einzutreten, das Schlechte zu meiden und vor allem nach besten Kräften den in Not befindlichen Menschen zu helfen. Als äußeres Zeichen für die freiwillig übernommenen Verpflichtungen erhielt jeder eine silberne Lilie als Anstecknadel.

Am nächsten Morgen wurde bei strahlender Sonne der Kramergipfel bestiegen, wo es keiner der Buben versäumte, sich in das Gipfelbuch einzutragen. Zum Zeltlager zurückgekehrt, kam auch der aufnahmebereite Magen zu seinem Recht. Bohnensuppe gab es, von einem 14jährigen Pfadfinder schmackhaft zubereitet. Nach einer erquickenden Mittagspause wurde ein gemeinsames Spiel veranstaltet, das die Bergfahrt beschloss. Mit sinkender, Sonne kehrten die Pfadfinder in das Tal zurück, um das Pfingstfest mit ihren Eltern verbringen zu können."

Hochlandbote 25.02.1946

 

01.03.1946
Wiedergründung der Pfadfinder

Jetzt für die gesamte US-Zone genehmigt

  • zur Betreuung der herumstreunenden Jugendlichen

  • mit der Bitte um Raum in Kurhaus oder SA-Heim oder Eisstadion

  • von amerikanischer Seite sehr begrüßt

Dr. Günter Thiel, Harwardt, Albert Kobler, Josef Megele, Ignaz Bader, Joachim Heberlein, Peter Sommer, Rupert Kunze, Rainer Kunze, Walter Bienenfeld"

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 39 / Akt 50 Allgemeine Polizeivorschriften

 

30.03.1946
Schutzpolizei Garmisch-Partenkirchen

Strafanzeige wegen Übertretung der Bekanntmachung der Militärregierung Garmisch-Partenkirchen im Nachrichtenblatt Nr. 31 v. 1.12.45

"Am 29.3.1946 wurden nachstehend aufgeführte Personen von der Militärpolizei wegen verbotenen Radfahrens auf der Bahnhofstraße in Garmisch-Partenkirchen auf dem Polizeirevier eingeliefert:

  • Müller Georg, lediger Oberschüler

  • Waas Thomas, Hilfsarbeiter

  • Schastok Hubert,

  • Kleine Doris

  • Wiedemann Konrad, Kraftfahrer

  • Griesmann Wilhelm, Metzger

  • Klumpp Fridolin, Pförtner

Geldstrafe in Höhe von 5.- RM"

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 39 / Akt 50 Allgemeine Polizeivorschriften

 

21.02.1947
Ein Jahr „Pfadfinderschaft Werdenfels"

"Vor einem Jahr begann in Garmisch-Partenkirchen der Aufbau der Pfadfinderschaft. Der erste Bub, der Pfadfinder werden wollte, war Richard Daimer. Heute sind es sechzig Jungen. Zehn Buben haben im Laufe des Jahres die vorgeschriebene Probezeit von drei Monaten nicht bestanden. Interessant ist die Zusammensetzung der Pfadfinderschaft nach den verschiedensten Gesichtspunkten. 45 Prozent sind evangelisch und 55 Prozent katholisch. Die Hälfte der Buben sind in Garmisch-Partenkirchen geboren, ein Viertel sind Flüchtlingskinder, die übrigen aus anderen Gegenden Deutschlands zugezogen. Die Pfadfinder stammen aus den verschiedensten Bevölkerungsschichten, ein großer Teil geht zur Oberschule, die anderen sind Volksschüler oder Lehrlinge. Fünf ältere Leiter über 20 Jahre haben sich die Arbeit aufgeteilt und sind verantwortlich für die Buben.

Das im November 1946 eingeweihte Heim ist der Mittelpunkt der Pfadfinderei. .Neben den Heimabenden spielt der Sport eine große Rolle. Vom Frühjahr bis zum späten Herbst wird Handball, Fußball und Baseball gespielt, Besonders das Bergsteigen gehört mit zum Sportprogramm. Bei den Wintersportwettbewerben haben die Pfadfinder im Kreis gut abgeschnitten. Auch in musikalischer Hinsicht haben die Buben etwas los und kleine Kostproben hat die Bevölkerung durch einige Pfadfinder in der Öffentlichkeit schon erhalten. Zum einjährigen Bestehen veranstaltete die Pfadfinderschaft einen gelungenen bunten Nachmittag unter dem Titel „Kabarett der Kleinen Läute", wobei sich auch schauspielerisches Talent bei manchen Buben zeigte. Wenn der Frühling kommt, geht es wieder wie im vergangenen Jahr auf Fahrt. Zu Pfingsten wird das erste Bergzeltlager in diesem Jahre stattfinden. Im Sommer aber geht es auf große Fahrt, zu der schon jetzt die Vorbereitungen getroffen werden. Dr. Tb.."

Hochlandbote 21.02.1947

 

ohne Datum
Lagebericht des Landrats Nr. 1

"1. Ansichten der Deutschen von den Amerikanern

Durch die Propaganda, die vor dem Einmarsch betrieben wurde, wartete ein großer Teil des deutschen Volkes mit Vertrauen und teilweise mit innerer Befriedigung und Hoffnungen auf die Ankunft der amerikanischen Truppen. Der Einmarsch brachte aber viele Enttäuschungen. Schuld daran mag sein, dass ein Großteil des deutschen Volkes davon, was eine Besatzung naturgemäß an Umstellung und Einschränkungen für die Bevölkerung mit sich bringt, noch keine Ahnung hatte. Sie kann sich andererseits aber auch nicht des Eindruckes erwehren, dass die Amerikaner mit einer sehr vorgefassten Meinung nach Deutschland gekommen sind. In der Behandlung zwischen Nazi und Nichtnazi kann man fast keinen Unterschied feststellen.

2. Ansichten der Deutschen von den Zivilangestellten

… Das Denunzieren, welches im Dritten Reich leider leicht erlernt werden konnte, zeitigte größte Blüten.

3. Was halten Leute von der Zukunft

Ein großer Teil der Bevölkerung blickt mit gewisser Furcht und Bangen in die Zukunft. Es ist sehr schwer, eine optimistische Auffassung in die Bevölkerung zu bringen.

4. Gerüchte

5. Schwarzhandel

… sind Träger und Förderer des Schwarzhandels zu einem großen Teil polnische Staatsangehörige… auch verständlich, da die meisten Polen in keiner geregelten Arbeit stehen … nur ein ganz bescheidenes Leben führen können.

6. Tätigkeiten der Ausländer

… durchwegs keine geregelte Arbeit zu beobachten

7. Politische Aktivitäten

Die größte politische Aktivität in der Propaganda treibt die K.P.D. Es scheinen ihr wesentlich mehr Mittel zur Verfügung zu stehen, wie den übrigen großen Parteien.

8. Beschwerden

9. Direkte Beschwerden haben wir nicht vorzubringen. Aber große Sorge bereitet uns die wirtschaftliche Zukunft von Garmisch-Partenkirchen. Wir konnten bis jetzt noch nicht eindeutig erfahren, ob Garmisch-Partenkirchen sich seiner eigentlichen Aufgabe der Förderung des Fremdenverkehrs bald oder erst in mehreren Jahren wieder widmen kann."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 38

 

18.03.1946
Lagebericht des Landrats Nr. 2

"1. wie oben

2. wie oben

3. wie oben

4. Es herrscht das Gerücht, das Garmisch-Partenkirchen ganz evakuiert werden soll… Ehemalige SS-Angehörige seien eingekleidet in amerikanischen Uniformen abtransportiert worden.

5. Von einem Nachlassen des Schwarzhandels ist noch nichts zu bemerken. Der Hauptträger sind Polen und Juden.

6. wie oben

7. wie oben

8. Beschwerden

Die Beschwerden richten sich gegen das Versagen der Zwangsbewirtschaftung (Schuhe, Textilien…) Die Wegnahme des Fremdenbeherbergungsraumes (Hotels, Pensionen und Privatzimmer) durch Truppen und Wohnungsbelegung durch Flüchtlinge und Ausländer wird allermeist als drückend betrachtet.

11. Bildung neuer Organisationen

Es hat sich eine neue Organisation – Touricum – gebildet, deren Zweck ist noch nicht genau ermittelt.

12. Vergleich zwischen den Besatzungszonen

Allgemein ist man der Ansicht, dass es in der USA-Zone günstiger ist wie in der russischen Zone. … hört man die Auffassung, dass das Wirtschaftsleben in der englischen Zone rascher anlaufen soll wie in der USA-Zone.

13. Widerstandsbewegung

Von Widerstandsbewegung ist nichts bekannt geworden.

14. Ansicht über die deutsche Jugend

Die Jugend fühlt sich durch das 3. Reich betrogen, kann aber in jetzigem Zustand keine Befriedigung finden. Nur in Einzelfällen ist ein Interesse für die Politik zugänglich. Durch die Bestrafung der kleinen ehemaligen Nazi hat man das Gefühl, dass die Jugend von zu Hause an der politischen Beteiligung eingeschüchtert ist. Insgesamt ist die Jugend noch in keiner Weise ein aktiver Bestandteil des Staates."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 38

 

25.03.1946
Lagebericht des Landrats Nr. 3

"1.… bei einem Großteil der Bevölkerung die Auffassung, dass die Amerikaner an einem rascheren Anlaufen der Wirtschaft wenig interessiert sind.

In den letzten Wochen kamen wiederholt Übergriffe amerikanischer Soldaten gegen wehrlose Zivilisten vor. Wir wissen, dass einem besiegten Volk Schweres widerfährt und von ihm auch hingenommen werden muss… das Ansehen der Truppe bei der Zivilbevölkerung hiedurch auch etwas sinkt.

2. …Denunziantentum momentan etwas abgenommen … will man erst die Arbeit der Spruchkammern abwarten?

3. … dass … im Zeitraum der nächsten Jahre es zu einem militärischen Konflikt der westlichen Demokratien mit Russland kommen wird.

4.… Der Russe soll an der Grenze der amerikanischen Zone Truppen zusammengezogen haben. Verschiedene ehemalige Wehrmachtsangehörige sollen von den Amerikanern Einberufungsbefehle erhalten haben.

7.…ist das Interesse der Bevölkerung an politischen Dingen nach wie vor gering. Es besteht zu wenig Distanz von den Dingen.

9. Das Entnazifizierungsgesetz wird allgemein als hart angesehen.

10. … Die Kommunistische Partei nahm in einem Flugblatt zur Lage in der Landwirtschaft Stellung.

11. Pfadfinderschaft, Kolpingverein … sonst keine Bildung neuer Organisationen

12. Verpflegungsmäßig ist die USA-Zone die beste, was auch die Bevölkerung anerkennt. Die Frage der Entnazifizierung soll in der USA-Zone strenger gehandhabt worden sein als in der englischen."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 38

 

06.04.1946
Ausgangs-Sperre allgemein aufgehoben:

"Die Militär-Regierung für Garmisch-Partenkirchen teilt mit, dass ab sofort das Ausgangsverbot für den Landkreis Garmisch-Partenkirchen aufgehoben ist."

Wankbahn AG:

„An Sonn- und Feiertagen werden ab 12 Uhr mittags nur noch amerikanische Soldaten in Uniform befördert. Der Zivilverkehr an Sonn- und Feiertagen ist auch bis 12 Uhr mittags sehr beschränkt, da die amerikanischen Soldaten jederzeit den Vorrang in der Beförderung haben."

Hochlandbote 06.04.1946

 

17.05.1946
Kaufhaus Thomas Sailer

"Das frühere Kaufhaus Thomas Sailer in Garmisch, Bahnhofstraße, wurde von der III. US-Armee übernommen … ein Kaufhaus vor allem für die Familien der hier stationierten amerikanischen Offiziere und Mannschaften…"

Hochlandbote 17.05.1946

 

24.05.1946
Militärgouverneur

"Gouverneur von Garmisch-Partenkirchen Major Frank L. Tracy bestimmte seit Februar 1946 die Geschicke des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, wurde nach München berufen."

Nachfolger seit 22.05.1946: Major Melvin W. Nitz

Hochlandbote 24.05.1946

 

05.07.1946
Besatzungspolizei Constabulary

"Hat die Aufgabe, das entwaffnete deutsche Volk gegen jegliche Verstöße seitens amerikanischen Heerespersonals, verschleppter Personen oder anderer, denen gegenüber die deutsche Polizei verhältnismäßig machtlos ist, zu schützen.

Die Constabulary ist sich dessen bewusst, dass amerikanisches Heerespersonal für einige bedauerliche Fälle verantwortlich war, wo Deutsche aus Angst vor Gegenmaßnahmen zögerten, verantwortlichen amerikanischen Stellen darüber Mitteilung zu machen…. Disziplin der eigenen Truppe aufrecht zu erhalten.

Die Constabulary werden von Englisch sprechenden deutschen Polizisten begleitet. Dadurch soll auch die Behandlung Deutscher, die verhaftet wurden, erleichtert werden."

Hochlandbote 05.07.1946

 

23.07.1946
Vor einem Jahr...

"Passierschein, Sperrzeit und Raucherfreuden

Erinnern Sie sich noch? An jene Zeit um die erste Registrierung, als all das, was uns heute längst vertraut und alltäglich ist. noch neu und ungewohnt war, als Panzer in den Wiesen und Feldern standen und man zum Überschreiten der 6-km-Grenze einen Passierschein benötigte? (Wer wäre wohl nicht einmal an der Schnitzschule angestanden, um wegen „ländlicher Arbeiten" u. dgl. den begehrten „Pass" zu erhalten?) Die Militärregierung hatte ihr Quartier noch im Rathaus aufgeschlagen, wo es zuging wie in einem Ameisenhaufen. Deutsche Landser saßen im Eisstadion und erwarteten sehnsüchtig ihre Entlassung. MP.-Männer lenkten mit vornehm-lässigen Handbewegungen den regen Verkehr, der sich fast ausschließlich aus den drei bekannten Arten der amerikanischen Militärlastwagen zusammensetzte. Wenn es den amerikanischen Polizisten zu heiß wurde, spannten sie einen bunten Gartenschirm auf, der dem ganzen Bild irgendwie einen südländischen Anstrich gab. Radfahren war auf allen Hauptstraßen verboten, und wer die neuen Verkehrstafeln, die nur so aus dem Boden wuchsen, nicht beachtete, den konnte es leicht sein Rad kosten.

Unterdessen haben wir auch allerhand dazugelernt - „Drive slowly" und „keep to the right", wer hätte sich damals schon etwas darunter vorstellen können? Die Kenntnisse in der englischen Sprache haben sich überhaupt gewaltig gebessert. Viele Mädchen, die anfänglich kaum „yes" und "no" plappern konnten, sprechen heute ein Englisch, dass man sie beinahe für amerikanische Girls halten möchte. Und weil wir gerade bei den Frauen sind: Auch die allgegenwärtigen „Schlangen" von ehedem sind heute im wesentlichen nur mehr vor den Gemüseläden anzutreffen. Obwohl an Vergnügungen damals noch nicht viel geboten wurde und auf den Anschlagsäulen das nüchterne Schwarz-Weiß der Verordnungen und Gesetze vorherrschte, erregte das nächtliche Ausgehverbot die jugendlichen Gemüter. Naseweise Nachzügler, die massenhaft von der MP. nach 21 Uhr aufgelesen wurden, bezahlten ihre Vorwitzigkeit mit 100 Mark oder 10 Tagen Obhut mit „Ami-Verpflegung*. Jedoch auch in jenen Tagen kein Dunkel ohne Lichtblick: Nach der Sperrzeit winkte dem Frühaufsteher und Raucherpassionisten nach dem Sprichwort „Morgenstund hat (Old) Gold im Mund" reiche Beute; denn die US.-Kippen waren damals noch zahlreich wie Sand am Meer (im Vergleich zu heute!) und von aufsehenerregender Größe.

Ja, wenn man nicht gerade böswillig ist, muss man zugeben, dass sich im Laufe diese einen Jahres allerhand geändert und gebessert hat. dass wir - vom Rauch abgesehen - Fortschritte gemacht haben und für di Zukunft ein gesunder Optimismus durchaus berechtigt erscheint. H. S."

Hochlandbote 23.07.1946

 

24.07.1946
Militärregierung im ehemaligen Divisionsstabsgebäude

„Der riesige Neubau des Divisionsstabsgebäudes aber stand viele Monate leer. Man wollte ihn doch den hohen Herren bei ihrer siegreichen Rückkehr makellos übergeben können.

Wie entsetzt wäre wohl der Herr General gewesen, wenn in seinem Zimmer ganz gewöhnliche Soldaten, sogenannte „Kerle" gelegen wären! Die Not der Zeit machte schließlich auch diesem Unfug ein Ende. Die Laune des Schicksals aber brachte es mit sich, dass in diesem hässlichen Steinhaufen im Stil des „tausendjährigen Reiches" sich heute die Räume der Militärregierung befinden. Ws"

Hochlandbote

 

1947
General Lucius D. Clay in Garmisch-Partenkirchen

"Als Nachfolger General McNarneys wurde dessen bisheriger Stellvertreter Lucius DuBignon Clay am 15. März 1947 Oberkommandierender der US-Streitkräfte in Europa und Militärgouverneur in Deutschland. Die Leitlinien seines Handelns zielten weniger auf eine Umsetzung der rigiden Direktive JCS 1067 als auf ein konstruktives, an den Bedingungen vor Ort orientiertes Vorgehen. Deutlich wird das aus der „Rede der Hoffnung" (6. September 1946) von Außenminister Byrnes, die im wesentlichen auf einer Denkschrift Clays basierte. Während der Berliner Blockade (Juni 1948 – Mai 1949) initiierte, organisierte und koordinierte der Logistikexperte Clay die Berliner Luftbrücke und sicherte damit nicht nur die Versorgung der Stadt, sondern setzte ein Zeichen für die beginnende deutsch-amerikanische Kooperation. Seine äußerlich distanzierte, aber dennoch vertrauensvolle Arbeit mit deutschen Politikern im Vorfeld der Weststaatsgründung erwarben ihm den Ruf eines amerikanischen „Gründervaters" der Bundesrepublik. Für Clays Grab auf dem Friedhof der Militärakademie West Point stifteten Berliner Bürger aus Dankbarkeit eine schlichte, steinerne Grabplatte mit der Inschrift „Wir danken dem Bewahrer unserer Freiheit"."

Hochlandbote

 

28.05.1947
Angebote für Jugendliche

Im Hotel Tirol wurde ein Deutscher Mädchenclub nach amerikanischem Vorbild ins Leben gerufen. Über 500 Mädchen von 10 bis 25 Jahren haben sich gemeldet. Vorbild ist der demokratischen „Girlsclubs" in den USA. Präsidentin ist Mrs. Wanda Fife, die Leitung des GYA - eine sehr begrüßenswerte Initiative der Amerikanerinnen - liegt in den Händen von Miss Sullivan.

Angeboten wurden Englisch- und Nähkurse, Vorträge und Diskussionsabende, Tennis, Schwimmen, Tanzen.

Hochlandbote 28.05.1947

 

30.05.1947
German Youth Club

Seit Januar 1947 treffen sich ca. 800 Mitglieder des neuen GYC zwischen 6 und 25 Jahren im Kurhaus Garmisch. Ihr Leiter ist US- Sergeant Ypelaar. Die Treffen sind "bei unseren Buben sehr beliebt".

In zwölf Räumen sind sie beschäftigt mit Tischtennis, englischem Sprachunterricht, handwerklichen Kursen, Sport und Theater.

Hochlandbote 30.05.1947

 

03.06.1947
Girlclub

Im Hotel Tirol hat Miss Sullivan zusammen mit mit Landrat Dr. Kessler und Bürgermeister Lödermann den Girlclub gegründet. Als Leiterin ist ihr wichtig, „Demokratie als Lebenshaltung" zu vermitteln und „die Mädchen von leichtsinniger Lebensführung fernzuhalten."

Hochlandbote 03.06.1947

 

HB 07.10.1947
Kreisjugendwoche des Landkreises Garmisch-Partenkirchen

„Landrat Dr. Kessler erklärte den Buben und Mädln, sie wären die erste Generation, die nicht den Fluch der Vergangenheit tragen würde und auf die das Ausland mit Vertrauen blicke. .. forderte Dr. Kessler die Jugend auf, zu den alten deutschen Werten zu halten und sich ein Beispiel an den Werken eines Walther von der Vogelweide, eines Martin Luther, Goethe und Bach zu nehmen.

Bürgermeister Schütte bat die Jugend, immer an die vergangene Nazityrannei zu denken, daraus zu lernen, damit nie wieder eine Jugend im „Heldentod" auf den Schlachtfeldern verblute. Damit die Jugend nicht den Eindruck gewinne, dass Demokratie Hunger, keine Hose und Schuhe bedeute, werde man immer wieder das Ausland, das ja bereits die Kinderspeisung ermöglichte um neue Lebensmittelsendungen bitten. „Als höchstes Ideal setzt die Nächstenliebe!"

Hochlandbote 07.10.1947

 

24.10.1947
Gründung der Jugendsiedlung Acheleschwaig e.V.

Die Jugendsiedlung entsteht auf de, Vorwerk des Gestütes Schwaiganger bei Saulgrub. Caritas, Innere Mission, Arbeiterwohlfahrt, Kolpingsfamilie, Kloster Ettal und der Bund deutscher Pfadfinder haben sich zusammengetan und für für 15 heimatlose Jugendliche eine Unterkunft geschaffen.

Hochlandbote 24.10.1947

 

10.06.1948
Aus dem Fragebogen der US-Militärregierung

  • 2431 Wohngebäude gibt es in Garmisch-Partenkirchen

  • 145 durch Besatzungsmacht beschlagnahmt

  • keines durch Kriegseinwirkung unbewohnbar

  • 18079 Einwohner bei Kriegsausbruch

  • 24624 Einwohner am 10.10.1946

  • 26929 Einwohner am 01.06.1948

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 35 07-072 / 1767 / Ersatzansprüche gegenüber den Stationierungsstreitkräften

 

09.11.1948
Erstes „Open Forum" von Deutschen für die deutsche Bevölkerung

Probleme von landesweitem Interesse wie neue Verfassung, Wahlgesetze, Wirtschaftsfragen, Arbeitsmarkt, Gesundheitsprobleme können in diesem Kreis offen diskutiert werden. Auf Wunsch stellt die Militärregierung Diskussionsredner. Die Leitung hat der örtliche US-Gouverneur Cpt. R.L. Roye.

Thema des Forums am 12.11.1948: Die politischen Parteien

Jede lizenzierte Partei kann einen Redner stellen, der 10 Minuten das Grundsatzprogramm vorstellt: „Verpasst nicht die Gelegenheit, Euch zu informieren und Eure neu erworbenen Rechte der Meinungsfreiheit und Redefreiheit auszuüben."

Hochlandbote 09.11.1948

 

18.12.1948
US-Militärgericht

„…beschäftigt sich nur mit Verstößen gegen amerikanisches Eigentum oder Personen, die man der deutschen Gerichtsbarkeit noch nicht anvertraut hat als da sind Ausländer, DPs und Juden. Neuerdings gibt es bei den MG-Gerichten eine Berufungsmöglichkeit innerhalb von fünf Tagen. Früher bedurfte es großer Anstrengungen, ein einmal gefälltes Urteil wieder rückgängig zu machen. Früher waren die Gerichtsherren Offiziere, heute sind es Zivilrichter und Rechtsanwälte, die bereits in den Staaten ihres Amtes gewaltet haben und die nach dem deutschen Strafgesetzbuch arbeiten. Ihr Strafbereich geht bis zu einem Jahr Gefängnis und bis zu 1000 Dollars oder 10000 Mark."

Hochlandbote 18.12.1948

 

 

© Alois Schwarzmüller 2015