Garmisch-Partenkirchen 1945-1949 - Die ersten Jahre nach Diktatur und Krieg

 

 

 

 

Tourismus und Sport

 

19.07.1945
Öffnung der Hotels nach Freigabe als Lazarette

Hotelier Stanner an Bürgermeister und Landrat:

„Kriegsmarine und Luftwaffe haben die von ihnen genutzten Betriebe noch vor dem Zusammenbruch bis einschließlich Mai alimentieren können. Das ist seitens der Wehrmachtslazarette bedauerlicherweise nicht geschehen…. Diese recht erheblichen Summen sollen nach einer erst kürzlich ergangenen Weisung nunmehr bei den zuständigen Gemeinden anhängig gemacht werden…. Wird das Haus dann als Truppenunterkunft verwendet oder soll es für den Zivilverkehr vorgesehen sein oder für den Wochenendverkehr amerikanischer Offiziere oder soll vielleicht ein Verwaltungsstab untergebracht werden….“

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 39 / Akt 50 Allgemeine Polizeivorschriften

 

08.08.1945
Annie Oswald, Gasthof Kainzenfranz

An Bürgermeister Schütte:

„… Es wurde mir die Zuweisung von anständigen Leuten zugesichert, weil ich geltend machte, dass mir die Kurverwaltung im Dritten Reich nur schlechtes Publikum zugewiesen hat und ich dadurch zu fühlen bekam, dass ich nicht Parteigenossin war.

Trotzdem hat man mir gestern zwei nicht verheiratete Paare zugewiesen. .. Ich weigerte mich sie aufzunehmen, weil ich in meinem gutbürgerlichen Hause diese Zustände nicht dulde. Schließlich haben wir jetzt doch wieder einen geordneten, christlichen Staat, in dem von mir nicht verlangt werden kann, was das Dritte Reich aus bevölkerungspolitischen Gründen unterstützte.“

Stellungnahme der Kurverwaltung:

„… eine ausgesprochene Frechheit ist es aber, zu behaupten, wir hätten sie wegen ihrer „Nichtzugehörigkeit zur Partei absichtlich geschädigt“. Wir haben uns nie darum gekümmert, ob Frau O. bei der Partei ist oder nicht. Ihr Verhalten in fast allen Fällen war immer sehr auf ihren Geldbeutel bedacht, eine Eigenschaft, die uns eigentlich veranlassen müsste, in ihr eine Parteigenossin zu sehen. Sie war es aber nicht!... Wir haben zur Zeit so großen Mangel an Frau Oswald genehmen Gästen, dass wir entweder das Haus leer stehen lassen müssen oder Frau Oswald muss sich dazu bequemen, die Gäste zu nehmen, die wir ihr schicken.“

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 39 / Akt 50 Allgemeine Polizeivorschriften

 

10.08.1945
Verzeichnis der 172 von der Militärregierung noch belegten Privathäuser und Beherbergungsbetriebe
Kopie des Verzeichnisses als pdf-Datei

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen

 

24.08.1945
Betty Bader (Hotel Sonnenbichl) an Bürgermeister Georg Schütte

„… wurde unser Haus im November 1944 von der Wehrmacht an die SS übergeben….Wir haben in den 5-einhalb Jahren so viel Willkür erdulden müssen, dass wir annahmen, nun wenigstens jetzt einen gewissen Schutz zu genießen, besonders nachdem wir doch 12 Jahre lang als die „schwarze Bande“ galten.“

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 39 / Akt 50 Allgemeine Polizeivorschriften

 

05.12.1945
Wintersport für Militär und Zivilbevölkerung

„1st Lt. Scott M. Rogers jr., öffentlicher Verbindungs-Offizier der Wintersport-Zentrale der 3. Armee, gibt bekannt, dass nun die Vorbereitungen beendet worden sind, um eine geregelte Beteiligung des Militärs wie der Zivilbevölkerung an der Ausübung des Wintersports und zur Teilnahme an den Veranstaltungen zu sichern. Obgleich keinerlei Wettkämpfe zwischen Militär und ziviler Sporttätigkeit aufrecht erhalten bleibt, so soll doch der Sportsgeist angefacht werden. Die Veranstaltungen sollen militärischen wie zivilen Zuschauern zugänglich sein… Zur Zeit verhandelt das Militär mit den Zivilbehörden, um Richtlinien für eine allgemeine Einsparung des Stromverbrauchs zugunsten der Wintersporteinrichtungen auszuarbeiten…“

Zugspitzbahn:

- für Soldaten und Zivilisten Bahnbetrieb geöffnet

- Schneefernhaus für Soldaten und Zivilisten

- aber für Zivilisten keine Übernachtungsmöglichkeiten

Kreuzeckbahn:

- reserviert für Militärs und deren Gäste

Wankbahn:

- befördert Soldaten und Zivilisten

„Obwohl das Schigelände auf dem Wank nicht so günstig ist, wird erwartet, dass dort nur Zivilisten Schi laufen. Das Wankhaus steht Zivilisten offen. Nach wie vor haben auch Soldaten Zutritt.”

Hausberg / Kochelberg

- 5 Lifte für Soldaten und Zivilisten

- das US-Rote-Kreuz verkauft doughnuts an eigenen Buden

Skistadion

- Amerikanische Wettkämpfe in Schi- und Schauspringen sind geplant

- Schiwettspringen der Vereinten Nationen mit engl. , franz., amerik. und russ. Springern geplant

Eisstadion

- wieder in vollem Betrieb - vorher Lager für Kriegsgefangene POW

- für Soldaten und Zivilisten zum Schlittschuhlaufen geöffnet

- Aufführungen von Revuen unter US-Patenschaft

Bobbahn

- instandgesetzt, soll in Betrieb genommen werden - Bei den Fahrten mit Soldaten als Begleitmannschaft wird das Tempo des Boblaufes etwas verringert werden.

"Alle Mitarbeiter der Wintersportveranstaltungen geben sich der Hoffnung hin, dass jeder Teilnehmer seinen Aufenthalt in vollen Zügen genießen und mit erneuter Kraft und frischem Sportsgeist zu seiner Truppe zurückkehren wird… Schwerlich wird sich in der Welt ein geeigneterer Platz finden als Garmisch-Partenkirchen, auf dem in solch beschränktem Raume alle Wintersportarten ausgeübt werden können… Die Gesinnung der Bevölkerung ist freundlich und zum großen Teil antinazistisch u. ihrer Einstellung nach das typische Beispiel eines Kurortes.“

Hochlandbote 05.12.1945

 

16.01.1946
Gründung des Gastgewerbevereins Garmisch-Partenkirchen am 14.01.1946

  • 1. Vorsitzender    Fritz Stanner

  • 2. Vorsitzender    Georg Falk

  • Schriftführer         Frl. Klarwein

  • Kassenverwalter   A. Seethaler

Stanner: „Fremdenverkehr und Gastgewerbe …müssen im Landkreis als Schlüsselgewerbe angesehen werden, da sie eine ausschlaggebende Bedeutung auf das gesamte Wirtschaftsleben des Werdenfelser Landkreises ausüben… ca. 350 konzessionierte Betriebe im Landkreis“

Hochlandbote 16.01.1946

 

27.07.1946
„Kann ich ein Zimmer haben?" - Ein Blick in die Arbeit der Kurverwaltung

„Von den 8000 Hotelbetten, die Garmisch-Partenkirchen vor dem Kriege zur Verfügung hatte, sind infolge der starken Inanspruch­nahme des Ortes durch die amerikanische Armee und die überstarke Belegung durch Flüchtlinge und Evakuierte nur ein knappes halbes Hundert übrig geblieben. Damit ist der Fremden- und Erholungsverkehr praktisch lahmgelegt. Selbst die Durchführung des soge­nannten schnellen Durchgangsverkehrs, der nur geschäftlichen Zwecken dienen kann, stößt auf Schwierigkeiten, da die Zahl von 40 Übernachtungsmöglichkeiten in keinem Verhältnis zur Nachfrage steht.

„Kann ich ein Zimmer haben", so fragen täglich Hunderte auf der Kurverwaltung in der Schnitzschulstraße, und es gehört viel Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl dazu, den mit allen möglichen und unmöglichen Papieren getarnten Ausflügler vom wirklichen Geschäftsreisenden zu unterscheiden. Viele kommen aufs Geratewohl von irgendwoher und glauben den Kurort im friedensmäßigen Be­trieb vorzufinden. Bei allem Verständnis seitens der Kurverwaltung für das Erholungsbedürfnis des Einzelnen kann aber ein Quartier trotzdem selbst bei Vorlage eines ärztlichen Attestes nicht zugewiesen werden. Die Abgewiesenen verstehen die Lage — manche auch nicht, und diese empfehlen sich dann meistens „höflich" mit üblen Verwünschungen und Beleidigungen.

Aber was nützt das, denn nur die Stich­haltigkeit eines Aufenthaltsgrundes ist für die Zuweisung einer Übernachtungsmöglichkeit entscheidend. Einwand­frei sind dagegen die Anträge, wo ein hiesiges Baubüro um Quartier für drei Spezialmonteure bittet, die zur Fertigstellung eines wichtigen Bauprojektes benötigt werden. Der Aufent­haltsgrund ist wichtig, und da die Arbeiten längere Zeit beanspruchen, wird das Quartier über die üblich längste Aufenthaltsdauer von drei Tagen zugesprochen. Das gleiche gilt auch für die Anträge der in Garmisch-Partenkirchen gastierenden Bühnenkünstler, für die Teil­nehmer an Sportveranstaltungen, Journalisten oder andere offizielle Persönlichkeiten.

Neben diesen klaren und einwandfreien An­trägen wollen aber auch noch andere Fälle zu ihrem Recht bzw. Bett kommen. Ein neuvermähltes Pärchen hat sich leichtsinnigerweise auf eine Hochzeitsreise begeben und steht nun vor der Frage im „Grünen" oder getrennt in der Turnhalle und Jugendherberge zu näch­tigen. — Ein altes Mütterchen von außerhalb besuchte auf dem hiesigen Friedhof ein Fami­liengrab und verpasste den letzten Zug, wäh­rend sich ein Dritter auf der Jagd nach fehl­geleiteten Maschinenteilen befindet. Die Kur­verwaltung hilft, wo sie nur kann. Es ist aber keine leichte Aufgabe, denn bei knapp 50 Betten pro Tag sind der Hilfsbereitschaft enge Gren­zen gezogen.“ - ler.

Hochlandbote 27.07.1946

 

18.10.1946
Die Alpengemeinden ringen um ihre Existenz

Bürgermeister Schütte, Garmisch-Partenkirchen, im Rundfunk

„Bürgermeister Georg Schütte sprach am vergangenen Sonntag im Münchener Rundfunk. Seine Darlegungen fußten zwar auf Ziffern und Daten seiner eigenen Heimatgemeinde Garmisch-Partenkirchen; sie behandelten aber darüber hinaus den wirt­schaftlichen Existenzkampf, in welchem sich alle Orte des bayerischen Oberlandes befinden, deren Lebensnerv der Fremden­verkehr ist. - D. Red.
„Wenn Sie vom ausgebombten Starnberger Bahnhof in München 2 Stunden in südlicher Richtung fahren, kommen Sie zu uns in das schöne Werdenfelser Land mit dem Fremdenverkehrsknotenpunkt Garmisch-Partenkirchen; jetzt, noch dazu ein schöner Son­nentag und die Gegend wird bezaubernd auf Sie wirken. Ist es doch einer von den Winkeln der Erde, in denen die Schöpfung sich in vollen Leistungen zeigt. Der Anblick des Hochgebir­ges, mit dem höchsten Gipfel Deutschlands, der Zugspitze, lässt jeden Menschen frei aufatmen. So ein Blick ins Werdenfelser Tal söhnt die Herzen vieler Menschen aus, man gibt sich be­sinnlichem Denken hin und vergisst zuweilen die raue Wirklichkeit, aus der man gekom­men. So ist es kein Wunder, dass der Besucher aus einem durch den Bombenkrieg zerstörten Gebiet zu der Meinung kommt, hier sei alles gut; diese glücklichen Menschen hätten den Krieg aufs beste überstanden! Es gehört zur Tendenz eines
Fremdenverkehrsortes, dass er seinem Gast diese Freude nicht mit Jammern und trüben Ausblicken in die Zukunft vergällt. Wir sind darauf eingestellt, in unserer Ge­meinde alles so zu gestalten, dass jedermann nach verdienter Erholung mit aufgeladener Lebensenergie uns wieder verlassen kann. Es ist daher kein Wunder, dass alle, die heute zu uns kommen, glauben, hier sei wirklich alles Geld.

Aber auch bei uns ist nicht alles Gold, was glänzt. Wir schätzen uns zwar täglich glück­lich, dass wir von direkten Kriegsereignissen verschont blieben, aber auch wir haben als Folge eines fluchwürdigen Gewaltregimes, das uns den Krieg brachte, viele Gegenwarts- und Zukunftssorgen beschert bekommen. Auch, wir Bürgermeister, mein Kollege Lödermann und ich sowie die übrigen des Kreisgebietes dieser Gegend, stehen vor kaum lösbaren Problemen und man glaubt oft, es ginge nicht mehr weiter.

Um von Garmisch-Partenkirchen besonders zu sprechen, so ist zu sagen, dass wir praktisch zu einem bayerischen Amerika geworden sind. Von 7000 Fremdenbetten, die wir früher unse­ren Gästen zur Verfügung stellen konnten, ist heute der Raum für etwa 5000 der Besatzung dienlich. Wir sind stolz darauf, dass Garmisch-Partenkirchen mit seinen vorzüglichen Sport­anlagen als der Ort von der Besatzungsarmee erkoren wurde, der im Sommer und Winter sei­nen Angehörigen Erholung bietet. Glaube aber niemand, dass wir damit nicht auch schwie­rigste Probleme zu lösen haben. Es ist ein Fehlschluss, anzunehmen, weil wir so gut wie keinen Bombenschäden abbekommen haben, dass wir keine Raumnot zu erleiden haben. Der Stand der Bevölkerungsziffer nach der Vorkriegszeit von ca. 16 000 erhöhte sich durch Evakuierte, Flüchtlinge und Ausländer fast auf das Dop­pelte. Angehörige der Besatzungsarmee und eines Internierungslagers sind hierbei nicht eingeschlossen. Im Kreisgebiet ergibt sich eine ähnliche Bevölkerungszunahme. Ferner sind UNRRA-Lager mit 7322 Betreuten vorhanden.

Dadurch ist unsere Gegend ohne Besat­zung fast hundertprozentig überbe­legt. Wir stehen damit vor der großen wirtschaftlichen Sorge für unsere Gemeinde, deren ganze Existenz fast ausschließlich auf den Fremdenverkehr abgestellt war.

Die fast hundertprozentige Zunahme der Be­völkerung ist für uns deshalb so schwerwiegend, weil es sich um Personen handelt, die bereits jetzt oder in knapper Zukunft, nach Verbrauch ihrer Barmittel, erwerbsbedürftig sind oder werden. Da eine Erwerbsmöglichkeit für ein solches Mehr an Arbeitskräften in der Zukunft aber unmöglich ist, droht einem Gemeinwesen mit so viel nichtverwendbarer Arbeitskraft wirtschaftlich praktisch der Bankrott.

Die gemeindlichen Einrichtun­gen, wie Schulhäuser, Krankenhäuser, Was­serversorgung und Stromversorgung, entspre­chen, in keiner Weise mehr den gestellten An­forderungen. Die Notbehelfe sind unzureichend und können nur unter den größten Schwierig­keiten aufrechterhalten werden. Jeder Tag bringt neue Situationen, und die möglichen Lei­stungen genügen immer nur für ganz kurze Zeit. Nach Versiegen einer der Haupteinnahmen unserer Gemeindekasse, wie Kurtaxen, Kurförderungsabgaben, Getränke­steuer und sonstiger unmittelbarer Einnahmen aus dem Fremdenverkehr, genügten zwar bis heute noch die verbliebenen Steuereinnahmen auf Grund der in bestimmten Kreisen noch vor­handenen Geldflüssigkeit zur Deckung des ge­meindlichen Finanzaufwandes. Aber die ge­meindlichen Häuser und Einrichtungen, die Gemeindestraßen und Wege haben seit 8 Jah­ren keine Instandsetzung mehr erfahren; sie sind teilweise in einem Zustand des Verfalls. Jeder private Unternehmer und Hausbesitzer bringt noch leichter einen Handwerker zur Ausführung kleinerer Instandsetzungen hei-, als eine Gemeinde.

Die große Sorge ist aber die bereits er­wähnte, durch Überbelegung zerstörte eigentliche Erwerbsquelle, von Garmisch-Partenkirchen und Umgebung. Es muss mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen wer­den, dass Garmisch-Partenkirchen und die meisten maßgebenden Gemeinden des baye­rischen Oberlandes sich fast ausschließlich oder größtenteils vom Ertrag des Frem­denverkehrs ernährt haben. In unserer Ge­gend ist dies mit 80 Prozent der Fall. Was kann es hier für einen Ausweg geben? Mancher hält die Schaffung neuer Er­werbsquellen, wie Industrie und derglei­chen, für möglich. Der Kenner der Verhältnisse, weiß aber, dass das unmöglich ist, weil sich Industrien unter wirtschaftlich normalen Ver­hältnissen aus einer Reihe von Gründen nicht halten können. Die Rohprodukte müssen von weither gebracht werden; die Standortsbedin­gungen für industrielle Tätigkeit sind zu un­günstig, als dass der Konkurrenzkampf mit günstiger gelegenen Industrieorten geführt werden könnte. Ich erinnere hiebei an das wichtigste Problem einer zufriedenstellenden Entlohnung der Industriearbeiterschaft. Es ist nicht möglich, dass an einem Orte mit hoch­entwickeltem Fremdenverkehr eine konkurrenz­fähige Industrie eine gesunde Lohnpolitik trei­ben kann, die mit der Entlohnung im Frem­denverkehr Schritt halten könnte. Wenn ein Arbeiter in unserer Gegend eine Frau hat, die Mut zu einer Arbeit hat, wird diese bald im Fremdenverkehrsunternehmen mehr Geld ver­dienen als ihr Mann. Es ist für die friedliche Entwicklung des Familienlebens auf die Dauer nicht förderlich, wenn dann die Frau die grö­ßere Verdienern ist. Der Industriearbeiter wird bei unvermeidlich höheren Lebensbedingungen daher in solchen Orten naturgemäß unzufrie­den. Bei der gegenwärtigen Geldflüssigkeit wer­den zwar immer wieder Versuche gemacht, In­dustrie anzusiedeln. Wir wehren uns pflichtge­mäß dagegen, weil wir bestimmt wissen, dass ums die jetzt entstehenden Betriebe nach der Währungsstabilisierung die größten Schwierig­keiten bereiten werden. Sie werden sich nicht als lebensfähig erweisen, werden dann alle öffentlichen Stellen bestürmen, well sie angeb­lich der Arbeitslosigkeit steuern, aber schließ­lich, nach unnütz vertaner Mühe und Vergeudung  von falsch investierten Mitteln, müssen sie  naturgemäß  zum Erliegen kommen.

Die heutige Not hat begreiflicherweise viele Kreise stumpf für das Verständnis eines Fremdenverkehrs gemacht. Mit Nachdruck muss jedoch darauf verwiesen wer­den, dass zum Ausgleich der bayerischen Wirtschaft die Einnahmen aus der Frem­denindustrie erforderlich sind.

Nicht bloß die Existenz der Bevölkerung im bayerischen Oberland, sondern der Lebensstandard der gesamten übrigen bayeri­schen Bevölkerung hängt von dem Funktio­nieren der bayerischen Fremdenverkehrswirtschaft ab. Wenn z. B. Garmisch-Partenkirchen allein in normalen Zeiten mit einer Übernachtungsziffer  von über  einer  Mil­lion einen Ertrag von 20 Millionen Mark hatte, davon 6 bis 7 Millionen in Devisen, so dürfte damit die Bedeutung des Frem­denverkehrs für die bayerische Wirtschaft klar erwiesen sein. Wenn anderen deutschen Wirtschaftsgebieten mit Industrie oder reicherem Bodenertrag ein erträglicher Lebensstandard gesichert ist, so ist ein Gleiches für Bayern nur möglich unter Aus­nutzung seiner Naturschönheiten durch eine bestqualifizierte Fremdenverkehrspolitik. Es bleibt uns in Garmisch-Partenkirchen und den anderen Fremdenverkehrsorten kein anderer Weg, als alles daranzusetzen, damit unsere frü­here  Erwerbsquelle nicht völlig versiegt. Wir haben Verständnis dafür, dass jetzt — solange das  Flüchtlingsproblem noch nicht endgültig gelöst ist — Flüchtlinge vorübergehend in dem für den Fremdenverkehr geschaffenen Wohn­raum untergebracht werden. Wenn   es auch schwer ist, muss für die Zukunft jedoch ein Weg beschritten werden, der unseren Gemein­den  allmählich ihre ursprüngliche natürliche Existenzgrundlage wiedergibt.

Ich habe mich veranlasst gesehen, die einer Fremdenverkehrsgemeinde gestellten Probleme einmal in der Öffentlichkeit aufzuzeigen und damit auch die Regierungsstellen auf ein vor­liegendes, nicht unwesentliches Manko in un­serer Gesamtwirtschaft hinzuweisen, ehe es zu spät ist. Wie bereits erwähnt, liegt es im In­teresse der gesamten bayerischen Bevölkerung, einschließlich unserer neuen Bürger, der Flücht­linge, dass die natürlichen Existenzmöglichkei­ten für einen großen Teil Bayerns nicht end­gültig zerstört werden." - G. D.

Hochlandbote 18.19.1946

 

12. 11.1946
Bekommen
wir ein Kreiskrankenhaus?

„Dabei wurde schon an Wiggers Kurhaus und an die Artilleriekaserne gedacht, aber beides wieder verworfen. Das an sich bestgeeignete Gebäude wäre das ehemalige Standortlazarett,  das zur Zeit für Besatzungszwecke gebraucht wird. Die Anregung, das Haus nach Freigabe für die Krankendes Kreises zu benützen, soll an die Militärregierung  herangetragen werden… die Befürchtung, dass Garmisch-Partenkirchen dadurch vom Fremdenverkehrsort zum Krankenerholungsaufenthalt würde, besteht dabei nicht.“

Hochlandbote 12.11.1946

 

05.01.1947
Wohnungsamt

"4000 Einweisungen, 2185 Zimmer wurden vermittelt, Besatzungsmacht beschlagnahmte 28 Privathäuser und 6 Hotels und gab zwei Häuser frei, damit zur Zeit insgesamt 69 Häuser und 16 Hotels beschlagnahmt... dem Fremdenverkehr zur Verfügung stehende Betten 563 mit 163000 Übernachtungen..."

Hochlandbote 05.01.1947

 

04.04.1947
Das „Barackenhotel“ an der Gehfeldstraße

650 Übernachtungen im Monat - Letzte Rettung für Quartiersuchende

„Häufig treffen wir in den Abendstunden um­herirrende Fremde, die vor der ungewissen Frage stehen, wohin sie diese Nacht ihr müdes Haupt legen sollen. Ein Hotel- oder Pensionszimmer in Garmisch-Partenkirchen aufzutrei­ben ist meistens eine hoffnungslose Angelegenheit. Es gibt nur noch den einen Ausweg: Massenquartier in der Baracke an der Gehfeldstraße. Für eine Mark Übernachtungsgebühr (Arme, Ar­beitslose oder entlassene Soldaten brauchen nichts zu zahlen) können hier die Reisenden auf eine Nacht ihre Glieder auf ein Feld- oder Luftschutzbett strecken. Doch ehe ihnen der ersehnte Schlaf gewährt wird, müssen sie bei der Polizei vorstellig werden und dort den Einweisungsschein abholen.

Im Augenblick kann das „Not-Hotel" 25 Per­sonen aufnehmen. Die Schlafräume von Män­nern und Frauen sind streng getrennt. Gegen Abgabe des Registrierscheines beim Hausver­walter erhalten die Reisenden drei bis vier Wolldecken. Die Gäste werden auf Wunsch eine Stunde vor Zugabfahrt geweckt, und ehe sie sich den Schlaf aus den Augen gerieben haben, erwartet sie schon ein Becher heißer Kaffee.

Anhand des „Gästebuches" können wir fest­stellen, dass im vergangenen Monat 650 Per­sonen übernachteten. Recht prominente Herr­schaften steigen mitunter in der Baracke ab: Freifrau v. D., Graf von und zu W., und unter dem Namen eines Hilfsarbeiters steht der eines bekannten Rechtsanwalts.

Das „Baracken-Hotel", in dem als „Dauer­mieter" in einem Raum 32 Flüchtlinge aus Ungarn leben, ist, wenn auch sauber, so doch recht primitiv. Es fehlen Strohsäcke und vieles andere. Wenn in Garmisch-Parten­kirchen der Fremdenverkehr wieder aufblühen soll, wird notwendig sein, dass die zuständigen Stellen ihr Augenmerk auch auf die Baracke in der Gehfeldstraße richten und mithelfen, den Reisenden eine einigermaßen anständige Unterkunft zu bieten. - alb"

Hochlandbote 04.04.1947

 

20.05.1947
Kneippkurort oder nicht?

Bürgermeister Schütte und der Kneipp-Verein nehmen Stellung

"In einem Brief, an den „Hochland-Boten" setzte sich Herr Still, der Leiter des hiesigen Kneipp-Vereins, für die „Verbrüderung“ des Luftkurortes mit einem Kneippkurort, etwa unter dem Namen Luft- und Kneippkurort Garmisch-Partenkirchen ein. Er be­gründete diesen Vorschlag mit der außerordent­lichen klimatischen Eignung unseres Ortes für diesen Zweck. Der Vorteil dabei wäre eine wertvolle Bereicherung als Fremdenverkehrsort sowie die Möglichkeit, „die hier schon bestehen­den Kuranlagen zu ergänzen und so eine zwei­fellos bestehende Lücke zu schließen".

Da die Lehren des Sebastian Kneipp sich bereits seit Jahrzehnten bestens bewährt haben, bedarf die Richtigkeit seiner Heilmethoden heute keiner Bestätigung mehr. Eine andere Frage ist jedoch, ob es .in der jetzigen Zeit für Garmisch-Partenkirchen vorteilhaft und über­haupt möglich ist, einen groß angelegten Kneippkurbetrieb aufzuziehen. Mit dieser Fra­ge wandten wir uns an Bürgermeister Schütte, der uns dazu folgende Ausführungen machte: Garmisch-Partenkirchen ist und bleibt ein Fremdenverkehrsort und als solcher auf den Fremdenverkehr angewiesen. Nur, wenn es uns gelingt, den Flüchtlingszustrom zugunsten eines gesteigerten Fremdenverkehrs abzustoppen, werden wir in der Lage sein, den bereits hier ansässigen Flüchtlingen durch den Fremdenverkehr eine Existenzmöglichkeit zu schaffen. Es scheint nicht geboten, mit ge­meindlichen Mitteln eine Kneippkuranlage aufzuziehen. Wir müssen unter allen Umständen vermeiden, uns das Ansehen einer beabsichtigten Konkurrenz mit der Heimat Kneipps, Bad Wörishofen, zu geben. Denn diese Konkurrenz würde zweifellos unserem Versuch, den Kurbetrieb wieder anzukurbeln, mehr schaden als nützen. Die Gemeinde wird aber immer gern bereit sein, die private Ini­tiative des Kneippvereins nach Kräften zu unterstützen. Beispielsweise plant der Verein die Errichtung einer Rohkostküche. Der Kneippverein kann nun nicht erwarten, dass die Gemeinde die Küche zur Verfügung stellt. Wenn jedoch der Kneippverein der Gemeinde eine geeignete Küche nachweist, kann der Ver­ein hierin wie in sämtlichen anderen Belangen mit der Anerkennung der Gemeinde rechnen."

Hochlandbote 20.05.1947

 

14.08.1947
Auswüchse des Fremdenverkehrs - Offener Brief an den Ministerpräsidenten

Der Bayerische Gewerkschaftsbund, Unterortsausschuss Mittenwald, übergab uns folgen­den Offenen Brief zur Veröffentlichung:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Durch Ihr Schreiben an den „Hochland-Boten, aus­zugsweise mitgeteilt in der Nr. 63 vom 8.8.47, haben wir Kenntnis erhalten von der regen An­teilnahme, welche Sie den uns so stark bewe­genden Fragen über das Fremdenverkehrswesen und die Ansiedlung der sudetendeutschen Instrumentenbauer und unseren damit verknüpften Sorgen entgegenbringen. Mit besonderer Freude hat aber der unterzeichnete Unterortsausschuss des Bayerischen Gewerkschaftsbundes aus Ihrem Schreiben entnommen, dass Sie be­züglich des Fremdenverkehrs und der Sesshaftmachung der aus dem Sudetenland vertriebe­nen Instrumentenbauer die gleiche Ansicht be­kunden, welche in unseren Versammlungen im­mer betont worden ist.

Kein Mensch, der die Verhältnisse des Wer­denfelser Landes kennt, wird den Fremdenver­kehr, der die Grundlage eines Wohlstandes ist, als eine Angelegenheit eigennützigen Interes­ses bezeichnen können, denn dieser lebenswich­tige .Erwerbszweig muss mit aller Sorgfalt ge­fördert und gepflegt werden: Die Bezeichnung als „Angelegenheit eigennütziger Interessen" kann sich daher nur auf einen Auswuchs des Fremdenverkehrs beziehen, der in letzter Zeit so stark überhandgenommen hat, dass er für die Kreisansässigen zur Katastrophe zu werden droht. Wir meinen mit diesem Aus­wuchs den sogenannten illegalen Fremdenver­kehr, d. h. den Zustrom von Fremden, welche noch Geld genug besitzen und dieses vor einer Währungsreform noch möglichst „genussreich" ausgeben wollen. Sie wandern in den Ortschaf­ten von Haus zu Haus und suchen Unterkommen, meist für längere Zeit, bieten hierfür Mietpreise, welche die üblichen um das Viel­fache übersteigen, und sichern für Gewährung von Unterkunft den Quartiergebern außer über­höhter Miete noch Lebens- und Genussmittel oder nötig gebrauchte Bedarfsgegenstände zu. Die Einwohner erliegen diesen Angeboten, en­gen sich selbst im Wohnraum ein, um sich die genannten Vorteile zu verschaffen, und melden aus naheliegenden Gründen ihre Quartiergäste weder an noch verlangen sie den vorgeschrie­benen Quartierschein, so dass die Gemeinden jeden Überblick über das Quartierwesen ver­lieren. Bedauerlich ist aber, dass dieses Treiben stillschweigend geduldet wird, wenn es nicht, aus der irrigen Überlegung heraus, es sei ein gutes Werbemittel für später, leider auch un­terstützt wird. Diese Kurgäste werden nie eine Stütze des späteren Fremdenverkehrs werden, denn sie verschwinden ebenso wie ihr jetzt noch vorhandener Kaufkraftüberhang nach einer vernünftiger Währungsreform, sie ber­gen aber z. Zt. die große Gefahr, in sich, eine Hauptstütze und Förderer des im Werdenfelser Lande hochentwickelten Schwarzen Marktes zu sein, denn sie erwerben aus ihm Lebensmit­telmarken und Karten zu jedem Preis und kau­fen infolge der Zeit, welche sie zum „Anstehen" haben, der einheimischen Bevölkerung, vor al­lem aber den Werktätigen, die Lebensmittel, besonders Brot, vor der Nase weg. Wenn die Unterstützung dieser Art von Fremdenverkehr mit der Bezeichnung vom „Verfolg eigennützi­ger Interessen" belegt wird, so dürfte dies wohl der mildeste Ausdruck sein, welchen die sonst so gesund empfindende urwüchsige Art des Bayern anwenden kann.

Auch in der Frage der Ansiedlung und Ein­bürgerung der Schönbacher Instrumentenbauer, die aus ihrer Heimat unter Verlust oft ihrer gesamten Habe und unter Anwendung rohester Methoden vertrieben wurden, entnehmen wir mit tiefer Genugtuung aus Ihrem Schreiben das Bestreben, diesen armen Menschen eine Mög­lichkeit zu geben, sieh bei fleißiger Arbeit eine dauernde Erwerbsmöglichkeit zu schaffen und so eine zweite Stütze für das Wohlergehen im Werdenfelser Kreise zu stellen, denn neben einen gesunden und geordneten Fremdenver­kehr gehört eine im Werdenfelser Land exi­stenzfähige, wenn möglich devisenschaffende Industrie. Die  Möglichkeit eines lukrativen Fremdenverkehrs nach einer Währungsreform wird, im Gegensatz zu den viel von ihm erhoffenden Einwohnern, von wirtschaftlich Weiterblicken­den nicht so günstig beurteilt, denn es werden bei dem dann herrschenden Geldmangel und der eintretenden Verdienstverknappung nicht mehr viele Menschen reisen können, und wenn es erst wieder Bedarfsartikel, Kleider und Ein­richtungsgegenstände gibt, wird die Stadtbevölkerung, welche das Hauptkontingent im Frem­denverkehr stellt, sich die Frage vorlegen, ob sie aus ihren Verdiensten lieber diese Gegen­stände kauft oder eine Reise unternimmt. In der Frage der Ansiedlung der sudetendeutschen Instrumentenbauer sind wir, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, der Ansicht, dass hier schon reichlich genug Worte gewechselt sind und durch den Wortwechsel es genug heiße Köpfe gegeben hat. Es ist daher unbedingt nötig, dass die Lösung dieser Frage durch eine beschleu­nigte genaue Prüfung in Angriff genommen wird, denn es handelt sich hier neben der Exi­stenz von mehreren hundert arbeitsamen und ordentlichen Menschen auch um die Möglich­keit, dem gesamten Volk durch Eröffnung einer aussichtsreichen Exportmöglichkeit zu nützen. Wir bitten daher recht eindringlich, dem neues Hoffen erweckenden Schreiben recht bald ener­gische Taten folgen zu lassen, damit endlich über diese besonders Mittenwald interessie­rende Frage Klarheit geschaffen wird und hier­bei der leider an manchen Stellen nicht vor­handene gute Wille durch die Einwirkung höheren Ortes geschaffen oder ersetzt werden kann.

Mit Hochachtung! Bayer. Gewerkschaftsbund Unterortsausschuss Mittenwald, Pfister."

Hochlandbote 14.08.1947

 

30.12.1947
Noch einmal: Licht und Schatten

Das Hotel- und Gaststättengewerbe antwortet

"„Vom Kriege unberührt" werden wir von einem Artikelschreiber im „Hochland-Boten" bezeichnet. Anscheinend hat er uns vor dem Kriege nicht gesehen, so dass er nicht weiß, wie man die Fremdenverkehrsbetriebe, die dank ihrer Pionierarbeit dem Ort Namen und Wohlstand verschafft haben, im Kriege zuge­richtet hat. Heute noch tragen diese Häuser teilweise einen Tarnanstrich, den sie auf eigene Kosten entfernen lassen müssen. Kein Vorhang, kein Stück Wäsche ist uns verblie­ben, als die deutsche Wehrmacht unsere Be­triebe der Besatzungsmacht frei machte. Keine Deckenbeleuchtung und keine Nacht­tischlampe ist uns verblieben, die Möbel wur­den gestohlen, ganz abgesehen von dem Zu­stand unserer sonstigen Hoteleinrichtungen.

Unter unsagbaren Schwierigkeiten haben die Besitzer versucht, ohne Staatshilfe Garmisch-Partenkirchen für den lebensnotwen­digen Fremdenverkehr vorzubereiten. Darüber hat die Presse noch kein Wort geschrieben! Aber von (derzeit tatsächlich) „leerstehenden Hotelzimmern“, darüber wird berichtet. „Das Eis blitzt an den Innenwänden" in den von böswilligen Wirten zur Verfügung gestellten Räumen. Sehr viel Eis wird bis heute wohl kaum geblitzt haben. Umso mehr hat es aber vor Kälte „geblitzt" in den. Privatwohnungen der Gastwirte im vergangenen Winter und wird wohl auch im kommenden Winter wieder „blitzen", weil nicht genügend Brennmaterial zur Verfügung steht, unsere Kästen zu behei­zen und wir deswegen selbst die Leidtragen­den sind. Hauptleidtragende deshalb, weil wir es nicht übers Herz bringen, unsere Häuser durch Löcherschlagen zu ruinieren, um Ofen­rohre ins Freie zu leiten. Ganz zu schweigen von den kostspieligen Rohrbrüchen des vergangenen Winters.

Unbekannt scheint auch geblieben zu sein, dass die „teuren Quartierpreise" dem Preisstopp von 1936 unterliegen; dass wir diese Preise noch senken mussten. In den Baracken- und Bunkerhotels der Großstädte zahlt man das Dreifache für eine Übernachtung als in unse­ren „guteingerichteten Gastwirtschaften".

Will man mit den Mietpreisen der eingewie­senen Dauermieter etwa beweisen, dass die Gastwirte den „Ärmsten der Armen'" zu nahe treten? Das Finanzministerium steht auf dem Standpunkt, dass nicht ein Gewerbe allein die Lasten des Flüchtlingswesens .tragen kann. Eine ganze Reihe von kleinen Fremden­heimen ist bereits der öffentlichen Fürsorge zur Last gefallen, da die Mieten nicht einmal die Selbstkosten decken! Und. trotzdem ist dieser Ort „vom Kriege unberührt" geblieben? Es wäre angebracht, einmal nachzuforschen, warum man Flüchtlinge bei uns zum Teil gar so primitiv unterbringen muss! Die Presse hat es in der Hand, alle jene Zustände zu beleuch­ten, die sich als das Grundübel herausgestellt haben. Eine Pressekampagne mit der For­derung „alle Evakuierten, die wieder nach Hause können, müssen zurück, um Raum für die Flüchtlinge zu schaffen", wäre bestimmt angebracht. Georg Bader, Golfhotel „SONNENBICHL"

Hochlandbote 30.12.1947

 

13.07.1948
Einrichtung einer „Fliegenden Kolonne“

Wohnraumbeschaffung für 20000 in Bayern noch immer in Lagern lebende Flüchtlinge - kann Wohnräume beschlagnahmen – sorgt für großen Unmut - Konkurrenz Fremdenverkehr / Wohnungszuweisung – Arbeitsplätze / Arbeitslosigkeit

Fremdenverkehr:

„Bürgermeister Schütte gab einen groß angelegten Rückblick über die Situation nach 1945: Er sei damals vor die Wahl gestellt worden: Aufnahme von Flüchtlingen oder des Recreational Centers. Nachdem er sich für das letztere entschieden habe, habe man von Regierungsseite Ströme von Flüchtlingen eingeschleust und damit die hiesige Fremdenverkehrswirtschaft gelähmt.“

Hochlandbote 13.07.1948

 

17.08.1948
Kurort und Flüchtlingsproblem:

Flüchtlingsobleute, Landrat Dr. Kessler, Vertreter der Militärregierung

„…dass 1945/46 die Flüchtlinge sofort in Privatquartieren untergebracht werden mussten, da unser Ort kein Auffanglager besitzt. Im Laufe der Zeit seien durch das enge Zusammenleben unhaltbare Zustände entstanden. Die Spannungen zwischen Mietern und Vermietern wüchsen täglich, da viele Flüchtlinge nach der Währungsreform die hohen Mietpreise nicht mehr bezahlen könnten. Die einseitige Fremdenverkehrspropaganda trage sehr dazu bei, diese Spannungen noch zu erhöhen. Es werde anerkannt, dass der Fremdenverkehr die Schlüsselindustrie in diesem Landkreis sei, man dürfe jedoch auf der anderen Seite nicht das zweite große Problem vergessen, das gleichwertig neben dem Fremdenverkehr stehen müsse: Die Heimatvertriebenen… Zur Frage der Arbeitsbeschaffung wurde erörtert, Flüchtlingen die Möglichkeit zu Gewerbezweigen zu geben, die auch „ohne rauchenden Schornsteine“ auskämen (Zusammenführung der Schönacher Instrumentenbauer, Oblatenbäckerei, Klöppelspitzenherstellung etc.). … Dr. Lüdecke: Die Flüchtlinge seien beim Arbeitsamt leider nicht privilegiert. Jeder Unternehmer frage heute zuerst nach der Leistung und dann nach der sozialen Bedürftigkeit.“

Hochlandbote 17.08.1948

 

25.09.1948
Gemeindestatistik

Übersicht über die Entwicklung des Fremdenverkehrs in der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen

Im Jahre

Fremdenübernachtungen

1934

1.342.685

1935

1.114.557

1936

1.089.606

1937

1.168.714

1938

923.694

1939

809.125

1940

946.657

1941

1.065.442

1942

918.323

1943

632.704

1944

Es liegen keine Unterlagen vor; infolge des Krieges war der Fremdenverkehr fast vollständig erlahmt.

1945

107.695

1946

157.740

 Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 27 – Fremdenpolizei 1942 bis 1945 -15-150 / 1647

 

23.012.1948
Olympische Sportstätten

"Wie wir im Sportteil unserer letzten Ausgabe berichteten, hat der Militärgouverneur von Gar­misch-Partenkirchen, Lt. Col. van Buskirk, anlässlich der Preisverteilung des Gauvergleichsspringens angekündigt, dass sowohl der Schilift vom Hausberg zur Neunerhütte als auch die beiden olympischen Stadien demnächst wieder in deutsche Hände gegeben werden. Das Land­ratsamt teilt uns heute mit, dass es mit dem Schilift bereits am 1. Februar klappt, während die Stadien zwischen 1. und 23. März in deut­sche Verwaltung übergeleitet werden. Dr. S."

Hochlandbote 23.12.1948

 

07.02.1948
Garmisch-Partenkirchen, Oberstdorf, Alexanderbad im Fichtelgebirge:

„… in der Belegung mit Flüchtlingen… werden 20 % des Vorkriegsbettenbestandes von der Belegung mit Flüchtlingen ausgenommen und für den Kurbetrieb freigegeben… 1939 konzessionierte Betriebe des Beherbergungswesens…“

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 27 – Fremdenpolizei 1942 bis 1945 -15-150 / 1647

 

04.06.1948
Olympische Sportstätten

"Seit 1. Juni 1948 sind Skistadion, Eisstadion und der Schilift an die Gemeinde zurückgegeben."

Hochlandbote 04.06.1948

 

05.03.1948
Preisüberwachung

Die Preisüberwachungsstelle München sprach über den Hotelier Hans Seiwald, „Garmischer Hof“, wegen fortgesetzter schwerer Verstöße gegen die Preisvorschriften eine Ordnungsstrafe in Höhe von 20000.- Mark aus. S. hatte von seinen Gästen pro Übernachtung 70.- Mark verlangt bzw. Naturalien, Geschirr, Bestecke und sonstige Waren gefordert.

Hochlandbote 05.03.1948

 

11.12.1948'
„Uns ist der Kragen geplatzt!"

Protestversammlung warnt vor drohendem Zusammenbruch des Gastgewerbes

"Garmisch-Partenkirchen. Im Verlaufe einer fünfeinhalbstündigen außerordentlich aggressi­ven Protestversammlung wurde gestern der bisherige erste Vorsitzende des Hotel- und Gastgewerbevereins, Bader (Sonnenbichl), im überfüllten Bayernstüberl mit den übrigen Mit­gliedern des Vorstandes wiedergewählt. „Wir stehen vor dem absoluten Zusam­menbruch, weil man uns nicht. verstehen will“, charakterisierte er die Lage des Gastgewerbes in Anwesenheit von Landrat Dr. Kessler sowie der Bürgermeister Schütte und Maderspacher. Die wirtschaftlichen Verhältnisse seien untragbar geworden, er­klärte er weiter und kritisierte dann in scharfer Form die Arbeit des- „Fliegenden Ko­lonne", die reich beladen, aber mit schwa­chem Erfolg von dannen gezogen sei, des Arbeitsamtes, das doppelt wohnenden Angestellten der Besatzungsmacht trotz be­dingter Aufenthaltsgenehmigung neue Stellen vermittele, die Tätigkeit eines Hoteliers, der schwarze Zimmervermietungen orga­nisiere, und die des Wohnungsamts, dessen Leiter sich geweigert hätten, konzessio­nierte Räume zu entlasten, weil damit dem Wohnraummarkt Zimmer verloren gingen. In ungewöhnlich scharfer Form griff er die Person eines nicht anwesenden Gemeindeobersekretärs sowie eines Preisprüfers an. Er forderte die de­monstrativ applaudierende Versammlung er­folgreich auf, ihr Misstrauen, gegen die Genann­ten auszudrücken. Bader sprach sich auch gegen einstweilige Verfügungen des Amtsgerichtes aus und erklärte, dass er seinen Dauermietern noch drei Tage Zeit, zum Ausziehen lassen werde. Dann wolle er nicht die Polizei, son­dern die Kollegen herbeirufen. „Uns ist der Kragen geplatzt", rief er aus, unterstrich aber den guten Willen einiger Dienststellen. Landrat Dr. Kessler bat im weiteren Ver­lauf der Versammlung die einzelnen Redner, Be­leidigungen ihm unterstellter Beamter - die nur ihre Pflicht täten - zu unterlassen, da er sonst unter Protest den Saal verlassen würde. Mit erregten Zwischenrufen machten einzelne ihren Herzen Luft, wobei allerdings der Rahmen üblicher Versammlungen und Argumente nicht mehr ausreichte. Bürgermeister Schütte und Landrat Dr. Kessler übten ihrerseits Kritik an der Form der Versammlung und entkräfteten teilweise die Anschuldigungen oder verspra­chen, sich für die Überprüfung eventueller Missstände verwenden zu wollen.

Es ist nicht möglich, über alle Argumente und Gegenargumente zu referieren, die bis zum Ende dieser verzweifelt-lebhaften Jahresversamm­lung aufrecht erhalten wurden. Einige der ange­griffenen Personen hatten Gelegenheit, sich zu den Anwürfen zu äußern und rieten der Versammlung, sich zur Abstellung» wirtschaftlich unhaltbarer Zustände an die maßgeblichen mi­nisteriellen oder juristischen Instanzen zu wen­den. - las"

Hochlandbote 11.12.1948

 

01.02.1949
"Exporthotel"

Hotels in Garmisch-Partenkirchen, die nach Prüfung durch eine Kommission des Bayerischen Wirtschaftsministeriums „für fähig befunden wurden, auch den Ansprüchen verwöhnter ausländischer Gäste zu genügen“:

  • Hotel Zugspitze

  • Hotel Sonnenbichl

  • Hotel Garmischer Hof

  • Hotel Marktplatz

  • Hotel Neu-Werdenfels

  • Hotel Drei Mohren (Garmisch)

  • Hotel Wittelsbach

  • Pension Förtsch

  • Pension Madl

Hochlandbote 01.02.1949

 

20.04.1949
Fremdenverkehr - ja oder nein?

"Am Ostermontag fiel im Bayrischen Rundfunk in Zusammenhang mit Garmisch das böse Wort von „chauvinistischen Erscheinungen". Der Vor­wurf wurde im Rahmen eines Sportkommentar laut, und es soll an dieser Stelle auf den Zu­sammenhang, die mehr oder minder berechtigte Kritik des Kommentators oder der im olym­pischen Eisstadion versammelten Öffentlichkeit an der Leistung des Schweizer Schiedsrichters nicht näher eingegangen werden. Uns inter­essiert hier lediglich das böse Wort. Denn der Vorwurf des Chauvinismus wiegt schon im all­gemeinen schwer für einen Ort, der auf inter­nationalen Fremdenverkehr angewiesen ist, gleicht er einem Todesurteil, wenn - ja, wenn er berechtigt ist. Um der Wahrheit und um der Gerechtigkeit willen darf er jedoch nicht unwidersprochen bleiben und er darf auch um der Existenz der in Garmisch-Partenkirchen und im Landkreis lebenden Menschen willen nicht mit Stillschweigen übergangen werden.

Zunächst sind Missfallensäußerungen des Publikums, gegen einen Schiedsrichter (nicht gegen die Schweizer Gastmannschaft, die sowohl am Karsamstag wie am Ostersonntag zu jedem Spieldrittel mit Beifall begrüßt wurde!) noch lange nicht als Ausdruck des Chauvinismus zu werten. Zum andern ist das neuntausendköpfige Publikum des Eisstadions nicht mit den Bürgern Garmisch-Partenkirchens oder des Werdenfelser Landes gleichzusetzen. Diesen Vorwurf hat der Sportkommentator des Bayrischen Rundfunks zwar nicht dem Wortlaut nach erhoben; aber wenn es heißt, dass sich in Garmisch chauvi­nistische Erscheinungen abzeichnen, dann fühlen sich Gäste und ansässige Bevölkerung gleicher­weise getroffen. Und es muss einem Fremdenverkehrsort gleicherweise um die Verteidigung seiner Gäste gehen wie um den Schutz der Be­völkerung des Werdenfelser Landes, in dem eine chauvinistische Gesinnung schon aus Tra­dition keinen Nährboden hat. Ausnahmen und kleine Cliquen mag es hier wie andernorts ge­ben. Aber der in Garmisch-Partenkirchen lebende Chauvinist macht das Werdenfelser Land so wenig chauvinistisch wie der in Ham­burg lebende Hamburg chauvinistisch macht. Das mag der Kommentator auch nicht gemeint haben; aber es kommt uns darauf an, dies aus­drücklich festzustellen.

Echte Heimatliebe, wie sie im Werdenfelser Land lebt, schließt Chauvinismus geradezu aus. Denn wer seine Heimat wahrhaft liebt, wird auch der Heimatliebe anderer Verständ­nis entgegenbringen. Auch gegen einen gesun­den Lokalpatriotismus wird sich nichts einwen­den lassen, solange er sich in manierlichen For­men äußert. Diese manierlichen Formen einzu­halten, darauf kommt es allerdings an. Das sollte die Bürgerschaft in ihrer überwältigenden Mehrheit auch den Außenseitern engeren Hori­zonts klarmachen.

Man soll aus einem Rundfunkkommentar keine Weltkatastrophe machen. Aber hier steht die Exi­stenz einer kleinen Welt auf dem Spiel. Denn ein Ort, dessen Wohlergehen weitgehend vom Fremden­verkehr abhängig ist, muss auf die Wahrung seines guten Rufes wie kein anderer bedacht sein. Gar­misch wird deshalb den Vorwurf des Chauvinismus mit Entschiedenheit zurückweisen müssen. Es wird jedoch auch zu untersuchen haben, ob es dem Frem­den an anderer Stelle und in anderer Art Anlass zum Ärgernis gegeben hat. Denn eine Verteidigung der Lebensinteressen Garmisch-Partenkirchens kann sich nicht auf die Zurückweisung unberechtigter Vorwürfe von außen beschränken, sie muss auch in aufrichtiger Selbstkritik zu bessern versuchen, was etwa noch im argen liegt.

Der Vorfall vom Ostersonntag zeigt wieder einmal, dass Garmisch-Partenkirchen unter den kritischen Augen einer größeren Öffentlichkeit lebt, und dass das Bild des öffentlichen Lebens im Olympiaort sich drau­ßen widerspiegelt. Das mag schmeichelhaft sein und dem Fremdenverkehr nützlich, aber es kann auch gefährlich sein; auf jeden Fall verpflichtet es zu äußerster Selbstzucht. Was in Garmisch-Partenkir­chen geschieht, spricht sich herum. Hat man sich je­doch schon mehr als Gedanken darüber gemacht, nämlich Konsequenzen daraus gezogen, wie sich das Versagen der Wohnraumbewirtschaftung auf den gu­ten Ruf des Olympiaortes auswirkt? Trägt es etwa zum Renommee Garmisch-Partenkirchens bei, dass man zur Belebung der Tätigkeit dieser (und auch anderer) Behörden fast schon gewohnheitsmäßig die Hilfe der Ministerien und der Regierung Oberbayerns anrufen muss? Sind etwa die automörderischen Straßenver­hältnisse (Burgstraße, Fürstenstraße, aber auch Lud­wigstraße) eine Empfehlung für den Fremden oder die (gewiss auf Weisung von oben, aber unten mit ungewohnter Gewissenhaftigkeit ausgeführten) Autorazzien, wobei ausgerechnet in den Wintersportwochen an einem einzigen Sonntag 16 auswärtige Auto­fahrer wegen fehlender Sonntagsgenehmigungen mit erheblichen Geldstrafen gewiss nicht zu Freunden des Olympiaortes gewonnen wurden? (Notabene, das Geld fließt nicht etwa in den Gemeindesäckel, son­dern in irgendeine Tasche des Staates - wohl ihm!). Oder gehört es zur Propaganda, dass man dem Be­richterstatter der größten ausländischen Nachrichten­agentur für die Sportveranstaltungen des Eisstadions die Pressekarten verweigerte? Rechnet man es sich etwa als Fremdenwerbung an, den in dieser Aufgabe seit Jahr und Tag Tätigen fortgesetzt Knüppel zwi­schen die Beine zu werfen? Haben etwa die von einem anonymen Drucker hergestellten Plakate fremdenwerbenden Charakter, oder zog dies einer der Unterzeichner selbst in Zweifel, als er sie weder an der  Kreissparkasse noch am „Casino" anbrachte?

Oder glaubt man, es spricht sich nicht herum, wenn einer der Stadthonoratioren persönlich die Bühne ver­nagelt, um eine gesellschaftliche Veranstaltung der Kolpingsfamilie zu behindern? Die Liste ließe sich seltenlang verlängern. Aber es kommt uns nicht auf Einzelfälle an. Wesentlich ist uns nur, dass Garmisch-Partenkirchen als das südliche Fenster Deutschlands zur Welt Fremdenverkehr nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten propagiert.

Sollten an maßgeblichen Stellen Menschen sitzen, die ihrer internationalen Aufgabe nicht gewachsen sind, während Hunderte sich ehrenamtlich und auf­opferungsvoll einsetzen und mit dem Hotelgewerbe sich die Gesamtbevölkerung um die Wiederbelebung des Fremdenverkehrs bemüht, darin wäre es aller­dings schlimm um Garmisch-Partenkirchen bestellt. Aber wir haben zu der Mehrzahl der amtlichen Funk­tionäre und der Bürgerschaft das Vertrauen, dass sie ihre Probleme selbst meistern werden, denn es stehen Garmisch-Partenkirchen genügend Kräfte zur Verfügung, die gewillt sind, Konsequenzen aus der Erkenntnis zu ziehen, dass eine Schädigung sei­nes Renommees, sei es durch Vorwürfe von außen, sei es durch Fehler im Innern, die Existenz des Wer­denfelser Landes gefährdet.

Fehler mögen gemacht sein, Kritik ist be­rechtigt. Der Vorwurf des Chauvinismus ist unberechtigt. Aber auch Garmisch-Partenkirchen wird zu seinem Fremdenverkehr ja sagen müssen. - Mg."

Hochlandbote 20.04.1949

 

 

Sportbeauftragter Paul Wiesenthal

 

01.06.1946
Sportbeauftragter Paul Wiesenthal

„Der Landesbeauftragte für das Sportwesen Bayern forderte die Landräte der einzelnen Kreise auf, Sportbeauftragte für die Landkreise aufzustellen. Landrat Hans Ritter hat mit Entschließung vom 3.4.46 den kommissarischen Direktor der Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen, Paul Wiesenthal, Mitglied der Vorstandschaft des Sportklubs Rießersee, zum Sportbeauftragten des Landkreises Garmisch-Partenkirchen ernannt.

Die Aufgabe des Sportbeauftragten ist vornehmlich der Neuaufbau des Sports. Zu die­sem Zwecke ist es erforderlich, dass dieser nicht nur Richtlinien für neu zu gründende Sport­klubs und Vereine herausgibt, sondern vor allem auch die Vorstandschaft dieser Klubs über ihre Tätigkeit den Sportbeauftragten lau­fend unterrichtet und mit Vorschlägen an ihn herantritt. Es ist vor allem notwendig, dass die Sportorganisationen so aufzubauen sind, wie das im Interesse des demokratischen Staates notwendig ist. Der örtliche Beauftragte ist für den Aufbau des Sportes in seinem Verwaltungsbezirk verantwortlich. Er erhalt die Richtlinien, unter denen die Zulassung von Verei­nen erfolgen kann, vom Landesbeauftragten und ist ermächtigt, nach Prüfung der von den Vereinen eingereichten Unterlagen, die Genehmigung der Vereine vorzunehmen.

Der Sportbeauftragte prüft die von den Ver­einen vorgelegten Satzungen, ob sie dem Sinne einer demokratischen Organisation entsprechen. Außerdem prüft er durch Einsichtnahme in die von den Vereinen einzureichenden Fragebögen für alle Funktionäre des Vereins, ob die genannten Personen als nazifrei bezeichnet werden können.

Der Sportbeauftragte hat außerdem von dem als Vorstand von ihm und der Militärregierung genehmigten Vereinsleiter eine Erklärung abzufordern, die folgendes besagt:

1. Es bestehen außer den vorgelegten Satzungen keinerlei Geheimabmachungen.

2. Die Mitgliedschaft des Vereins ist von Naziaktivisten gesäubert.

3. Der Verein nimmt auch künftig keine Naziaktivisten in seine Reihen auf.

4. Der Vorstand ist davon unterrichtet, dass er für die Einhaltung der in den drei vorhergenannten Punkten festgelegten Bestimmun­gen der Militärregierung und der deutschen Behörde gegenüber verantwortlich ist.

Der Sportbeauftragte hat die Aufgabe, die Vereine auf ihre Einstellung in politischer Hinsicht zu überwachen und eventuell vorhandene Tendenzen militaristischer und nationalsozialistischer Art abzustellen- bzw. weiterzuberichten.

Nach Möglichkeit sind Leute in die Führung zu wählen, die politisch vollständig einwand­frei sind. Dabei ist es eine Selbstverständlich­keit, dass die Vereinsleitungen in sportlichen Fragen bewandert sind und Interesse an dem Leben des Sportvereins haben müssen.'

Mit der Ernennung von Dir. Paul Wiesen­thal ist uns die Garantie gegeben, den richtigen Mahn an den richtigen Platz gestellt zu haben. Wir wünschen ihm zu seiner schwierigen, aber um so wertvolleren Aufgabe vollen Erfolg.

Wie noch bekannt wird, wird der Sportbeauf­tragte in nächster Zeit durch eine öffentliche Bekanntmachung In der Presse an die Öffentlichkeit herantreten."

Hochlandbote 01.06.1946

 

01.06.1946
Neuaufbau des Sportwesens im Landkreis Garmisch-Partenkirchen

Paul Wiesenthal, „der Sportbeauftragte für den Landkreis Gar­misch-Partenkirchen, teilt uns im Auftrage des Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus — der Landesbeauftragte für das Sportwesen in Bayern — folgendes mit, das für den Neuaufbau des Sportwesens im Land­kreis Garmisch-Partenkirchen von allgemeiner Wichtigkeit ist:

Von dem Zusammenbruch des nationalsozia­listischen Staates wurde auch der Sport stark betroffen. Der NSRL fällt unter das im Gesetz Nr. 2 näher erläuterte Verbot. Sein Vermögen und das seiner Gliederungen ist beschlag­nahmt. Die Tätigkeit der Sportvereinigungen wurde durch eine Verordnung der Militär-Re­gierung eingestellt, nach welcher sich nicht mehr als fünf Personen ohne besondere Er­laubnis der Militär-Regierung zu Besprechungen usw. zusammenfinden dürfen. Nach an­fänglichem vollständigem Stillstand entwickelte sich nach einigen Wochen wieder ein Sportbe­trieb.

Das Verlangen unserer Jugend nach sport­licher Betätigung wirkte sich zunächst in zwanglosen Zusammenkünften auf den Sportplätzen und gelegentlichen Übungsspielen aus. Später wurden die Spiele häufiger und regel­mäßiger. Für diese sportliche Tätigkeit wurde bei den örtlichen Besatzungsbehörden auf An­trag Ausnahmegenehmigung erteilt. Darin kommt die loyale Haltung der Besatzungsbe­hörden zum Ausdruck, die der Jugend ange­sichts der durch das Kriegsende bedingten son­stigen, oft misslichen Verhältnisse das beschei­dene Vergnügen des Sportes nicht vorenthal­ten wollten. Vielfach wurde jedoch von den Vereinen die Erteilung einer solchen Spielgenehmigung mit der Genehmigung der Vereine selbst verwechselt. Es besteht Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass solche Genehmigun­gen bisher offiziell nicht erteilt wurden, ört­lich erteilte Zulassungen von Vereinen bezie­hen sich nur auf den technischen Betrieb, nicht aber auf die Organisierung der Vereine selbst; vor allem ist damit .nicht die Genehmigung zum Zusammenschluss mit anderen Vereinen erteilt.

In einer Besprechung des Landesbeauftrag­ten für das Sportwesen in Bayern mit dem amerikanischen Sport-Offizier bei der Militär-Regierung wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Besatzungsbehörde sich in der Frage des Sportes zurückzieht und das Recht der Zulas­sung von Vereinen und Verbänden und damit auch die Verantwortung für diese Organisatio­nen auf den Landesbeauftragten, örtlich gese­hen auf den Kreisbeauftragten, übergehen lässt. Es wurde dabei unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es eine deutsche An­gelegenheit ist, die Sportorganisationen so auf­zubauen, wie es im Interesse des demokrati­schen Staates notwendig ist. Die Militär-Re­gierung wird in die neu aufgebaute Sportbewe­gung nur dann eingreifen, wenn nach ihrer An­sicht Sport-Tendenzen auftreten, die den Interessen des Staates und damit natürlich auch den Interessen der Besatzungsbehörde zuwider­laufen.

Für die im heutigen Amtsblatt veröffent­lichte amtliche Bekanntmachung des Sportbeauftragten für den Landkreis Garmisch-Par­tenkirchen wird in dieser Beziehung besonders hingewiesen.“

Hochlandbote 01.06.1946

 

© Alois Schwarzmüller 2015