Garmisch-Partenkirchen 1945-1949 - Die ersten Jahre nach Diktatur und Krieg

 

 

 

 

 

1947 - Aus den Monats- und Wochenberichten von Landrat Dr. Kessler an die Regierung von Oberbayern

 

Monatsberichte

 

03.01.1947
Deutsches Polizeipersonal

"… Sowohl im Stadtbereich Garmisch-Partenkirchen als auch im Bezirk des Landkreises sind Polizeibeamte, die ausschließlich für die Schwarzmarktbekämpfung zur Verfügung stehen, nicht vorhanden.

Von dem Personal der Schutzpolizei Ga.-Pa. Sind 6 Vollzugsbeamte und 4 Kriminalbeamte im Außendienst, die sich teilweise neben ihren sonstigen polizeilichen Aufgaben mit der Bekämpfung des Schwarzmarktes beschäftigen.

Eine Intensivierung der Schwarzmarktbekämpfung wäre als wünschenswert anzusehen… Für die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen stehen 2 Preisprüfer zur Verfügung... ist die Anstellung zusätzlicher Polizeikräfte für den Schwarzhandel und die Preisverstoßbekämpfung unbedingt erforderlich… Der Schwarzmarkt-Sonderdienst wird im Einvernehmen mit der amerik. Militärpolizei und der Zonenpolizei durchgeführt…

… die Wirksamkeit ihrer Tätigkeit solange eine relativ geringe bleiben wird, als folgende Zustände aufrecht erhalten bleiben:

1. Es ist festgestellt worden, dass das deutsche Zivilpersonal, das bei amerikanischen Dienststellen, insbesondere in amerik. Unterkünften wie Hotels usw. arbeitet oder sich aufhält, fast durchweg Schwarzhandel betreibt. Eine Überprüfungsmöglichkeit durch deutsche Organe aber auf Schwierigkeiten stößt… Dass dieser Schwarzmarktquelle in Ga.-Pa. eine besondere Bedeutung beigemessen werden muss, ergibt sich aus der großen Zahl der Objekte.

2. … Einigkeit darüber, dass die auf dem Schwarzen Markt gehandelten Lebensmittelkarten in der Hauptsache aus Doppelbezügen von DPs herrühren… mit echten Lebensmittelkarten … sich nicht ändern wird, als die DPs nicht einer Meldeordnung unterworfen sind, die eine ähnliche Kontrolle ihrer Lebensmittelkartenbezüge gewährleistet wie die der Deutschen… zentrale Meldestelle der DPS mindestens für die gesamte US-Zone… jüdische Kultusgemeinde ein Niederlassungskontingent von 450 jüd. Mitbürgern… ob die bei ihr registrierte Person nach 14 Tagen noch an dem Ort wohnt oder in einen anderen abgewandert ist und dort erneut registrierte und mit Lebensmittelkarten versorgt ist."

 

26.01.1947
Gegenwärtiger Stand der Ausländer, Evakuierten und Flüchtlinge

Ausländer 1254

Männer 1021

Frauen 290
Summe 2565

 

Evakuierte
aus Brit. Zone 1284
aus Franz. Zone 371
aus amerik. Zone 519
aus russ. Zone 1122
aus Groß-Berlin 1539
 

Flüchtlinge
aus d. Ausland 8856
östl. Oder-Neiße 2695
Summe 11551

 

27.02.1947
Ernährungslage

"… Das Brotmehl muss in langen Fahrten mit Lastwagen in den verschiedensten Teilen im nördlichen Oberbayern zusammengebettelt werden. Die schwerwiegendste Belastung der Ernährungslage im Landkreis insbesondere der Brotversorgung bildet der schwarze Reiseverkehr… er bringt gefälschte Lebensmittelmarken im Umlauf…

… Man steht dieser plötzlichen und akuten Ernährungskrise in Bayern mit Unverständnis und ratlos gegenüber… Es wird in der Bevölkerung zunehmend der Verdacht laut, dass die Nahrungsmittelsituation in Deutschland nicht völlig unabhängig von politischen Bestrebungen ist."

 

27.03.1947
Gegenwärtiger Stand der Ausländer, Evakuierten und Flüchtlinge

"Ausländer 2608 - Evakuierte 4844 - Flüchtlinge 11419"

 

24.04.1947
Versorgungslage, Flüchtlinge

"… Versorgungslage merkbar verschlechtert…von den vom Ernährungsamt angeforderten 4750 t Kartoffeln sind vom Gartenbauwirtschaftsverband lediglich 3300 t in Aussicht gestellt worden. Wobei noch nicht feststeht, ob die in Aussicht gestellte Menge tatsächlich geliefert werden wird… verschiedene Gaststätten haben bereits wegen Kartoffelmangel geschlossen… wurden im hiesigen Landkreis für Normalverbraucher lediglich 1095 Kalorien ausgegeben… erheblich beunruhigt, als in der Bevölkerung bekannt ist, dass in den Nachbarkreisen Schongau und Weilheim die Lebensmittelverknappung nicht so katastrophal ist wie hier.

… Die Haltung der einheimischen Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen scheint sich in zunehmendem Maße zu versteifen. Nicht zuletzt scheint diese bedenkliche Erscheinung auf den von dem hiesigen Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Schütte eingebrachten Antrag, die bayerische Staatsregierung solle prüfen, inwieweit die Fremdenverkehrsgebiete des bayerischen Oberlandes künftig von der Belegung mit Flüchtlingen ausgenommen werden können, zurückzuführen sein. In Flüchtlingskreisen wird die Reaktion dieses Antrags in der einheimischen Bevölkerung dahin gedeutet, dass man beabsichtige, die in den fraglichen Gebieten bereits schlecht und recht ansässig gewordenen Flüchtlinge erneut umzusiedeln. Wieweit der Antrag Schütte einen solchen Plan tatsächlich vorbereiten soll, ist nach den bisherigen Verlautbarungen von höherer Stelle ungeklärt. Es dürfte sich zur Beruhigung der Bevölkerung, und zwar sowohl ihres einheimischen Teiles als auch der Neubürger, empfehlen. Dass von Seiten der Bayerischen Staatsregierung zu der hier aufgeworfenen Frage eindeutig und umgehend Stellung genommen wird."

 

26.05.1947
Ernährungslage

"… Schaffung eines eigenen Kreiswohnungsamtes…

… Das Fehlen des früheren Oberinspektors August Haas… macht sich sehr bemerkbar… die Anstellung eines zweiten Juristen wäre dringend erforderlich. Es hat sich aber bisher keine völlig politisch unbelastete Persönlichkeit gefunden. Die hierfür in Frage käme…. Bei den Gemeinden macht sich allmählich die Möglichkeit der Rückkehr von Beamten, die ihre politische Rehabilitierung erfolgreich bestanden haben, entlastend bemerkbar….

… Der Normalverbraucher hat in 101. Versorgungsperiode täglich 990 Kalorien erhalten. Dieser absolute Tiefstand in der Ernährung ist auf die Dauer untragbar… eine absolute Versorgungskatastrophe ist auf dem Gebiet der Kartoffeln eingetreten. Die März angeforderte Bedarfsmenge von 4750 Tonnen wurde auf 3000 Tonnen reduziert. Hiervon sind bis jetzt 610 Tonnen ausgeliefert worden. Davon mussten 3 Waggons für Saatzwecke abgezweigt werden. Weitere Speisekartoffel-Waggons waren wegen Minderwertigkeit nur noch teilweise für die Ernährung verwertbar….

Durch die Untersuchung der Schulkinder des Landkreises ist neuerdings der äußerst schlechte Ernährungsstand der Kinder ersichtlich geworden und drängt nach schleuniger Abhilfe. Auffallend ist der hohe Prozentsatz der unterernährten Kinder und das ganze hiesige Gebirgsgebiet kann als Notstandsgebiet betrachtet werden…

… Es ist bisher unmöglich gewesen, den von der Militärregierung abgetretenen Röntgen-Apparat, der dringend für die Lungen-Tuberkulose-Fürsorgestelle benötigt wird, auch nur aus den Räumlichkeiten der Militärregierung herzutransportieren, geschweige denn aufzustellen und in Betrieb zu nehmen, da die Arbeiter sich strikte weigern, diese anstrengende Arbeit beim Transport durchzuführen und für diese Arbeit Zulage verlangen..

… Die bevorstehende Ansiedlung der sudetendeutschen Musik-Instrumente-Industrie im Landkreis gibt der zukünftigen Gestaltung der Wirtschaft im Landkreis ein neues Gepräge. Der Landkreis wird neben der Fremdenindustrie künftighin ein einigermaßen ertragfähiges Kleingewerbe als wirtschaftliche Grundlage haben… In Mittenwald wurde auf starkes Drängen des Staatskommissariats für rassisch, religiös und politisch Verfolgte an 3 Displaced persons die Lizenz zur Führung eines Einheitsgeschäftes erteilt…. Das Landratsamt bedauert,… da das Geschäft fast alle Gegenstände führen kann und den Einzelhändlern eine kaum erträgliche Konkurrenz macht.

… Die Übernahme der Artilleriekaserne durch das Sonderministerium zur Unterbringung von Schwerkranken aus den Internierungslagern Bayerns hat sich bisher wirtschaftlich sehr bedrohlich ausgewirkt. Die Einrichtung des Internierten-Hospitals war in keiner Weise wirtschaftlich vorbereitet. Es kamen ca. 1000 Kranke hier an, ohne dass für das Geringste an laufenden Bedarfsmitteln (Kohle, Fleisch, Frischgemüse, Milch usw.) gesorgt war…

Vom 1.-10.8.1947 findet in Garmisch-Partenkirchen wiederum die 1946 erstmals veranstaltete „Hochschulwoche" statt, die mit ca. 20 Veranstaltungen erstklassiger Hochschulkräfte einen Ausschnitt aus dem gesamten Bereich der Wissenschaft vermittelt…

Für September dieses Jahres eine philosophische Tagung in Garmisch-Partenkirchen… Fachtagung der gegenwärtigen Größen der Philosophie auf die Dauer von ca. 8 Tagen…"

 

26.06.1947
Ernährungslage

"… 943 Kalorien zugeteilt… Gemüse nur in völlig unzureichender Weise … außergewöhnliche Trockenheit in Niederbayern… Kartoffeln sind überhaupt nicht mehr vorhanden … Resolution von Tuberkulosekranken in Dr. Wiggers Kurheim…

… Der Gesundheitszustand der neueingeschulten und der unteren Schulklassen ist als durchweg schlecht zu bezeichnen… Der Ernährungszustand der Kleinkinder vom 2. bis 6. Lebensjahr ist durchwegs als schlecht zu bezeichnen… Tuberkulose des Kindesalters ist im Ansteigen begriffen… Röntgenapparat kann in vier Wocheninstalliert werden…

Evakuierte 4886 - Flüchtlinge 11360 - Ausländer 2637

… Besuch des Herrn General Clay ... 3 Hotels im Kreisgebiet, die bisher militärisch verwendet wurden, freigegeben. Die Häuser werden mit 70% für die Unterbringung von Flüchtlingen verwendet, der Rest soll dem Fremdenverkehr dienen.

Auch das Gelände des Areals des früheren Heeresstandortlazaretts wurde von der Militärregierung zur Freigabe ins Auge gefasst. Die diesbezügliche Freigabeankündigung ist jedoch zurückgenommen worden. Das Areal wird als Hospital aufgelassen, soll jedoch zur anderweitigen militärischen Verwendung dienen. Ich möchte nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass das Hospital nach modernsten medizinischen Grundsätzen erstklassig ausgestattet war und dass seine Zweckentfremdung … die Gefahr in sich schließt, dass wertvollste Inventarien … entfremdet werden…

… In der Jägerkaserne… werden z.Zt. die dort bisher interniert gewesenen Generäle entlassen und es wird davon gesprochen, dass auch diese Kaserne demnächst mindestens teilweise freigegeben werden könnte."

 

27.07.1947
Ernährungszustand

"…Es fällt der außerordentlich schlechte Ernährungszustand bei den Pensionisten und älteren Leuten auf…. Trockene Form der sogenannten Hungerschäden…

… Ansiedlung der Geigenbauer für durchaus wünschenswert… Schwierigkeiten, da das Staatsekretariat für das Flüchtlingswesen bisher seine Zusagen, den Landkreis von Flüchtlingen anderer Art und von Evakuierten in ausreichender Zahl durch zwangsweise Ausgliederung zu entlasten, noch nicht eingehalten…

… Jägerkaserne … nicht freigegeben … als Kriegsgefangenenlager (für Generäle) aufgelassen… Freigabe des Heeresstandortlazaretts ist unterblieben… Divisionsstabsgebäude wird von der Militärregierung und dem Town Major nicht freigegeben… einige Stellen der Kreisverwaltung Unterkunft finden…

… Die Kohlenstelle des Wirtschaftsamtes berichtet, dass wir im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht 10 % der Kohlenvorräte aufweisen können wie im gleichen Zeitpunkt des Vorjahres… Durch die hier im Landkreis neu eingerichteten beiden Großabnehmer, nämlich das Internierungslager des Sonderministeriums in der Artilleriekaserne und die Lungenerholungsanstalt des Staatskommissariats für die rassisch, religiös und politische Verfolgten in Elmau wird unser Heizmaterialkontingent für den Winter schwer belastet…."

 

26.08.1947
Versorgungslage, Hochschulwoche

"… Brotversorgung… dass die Mühlen wohl Getreide aus der neuen Ernte bereits auf Lager haben, jedoch infolge völligen Wassermangels nicht mahlen können… Obst ist trotz eines überdurchschnittlich guten Ausfalls der Obsternte überhaupt nicht zu bekommen, da… nur Großstädte Aussicht auf Belieferung haben…

… Die 2. Hochschulwoche Garmisch-Partenkirchen fand unter starker Beteiligung der Öffentlichkeit in der Zeit vom 31.7. bis 9.8.1947 statt…. Der Vertreter des Kuratoriums hat bekanntgegeben, die Hochschulwoche Garmisch-Partenkirchen im Sinne der Salzburger Festspielwoche auszubauen und zu einer bleibenden Einrichtung zu gestalten…"

 

27.10.1947
Verhältnis Marktgemeinde / Landkreis

"… Das Kräfteverhältnis Landkreis zur Marktgemeinde ist so eigener Art, dass eine Stärkung der Repräsentanz und des Gewichts des Landratsamtes im Interesse eines gedeihlichen Zusammenwirkens mit dem großen Verwaltungsapparat der Marktgemeinde vordringlich ist…. Es fehlt der juristische Nebenbeamte…

… Das enorm rasche Anwachsen des Ortes Garmisch-Partenkirchen in den letzten 10 Jahren macht die Vergrößerung der Kanalisation notwendig, desgleichen den Bau eines genügend großen Vorfluters und einer mechanischen Kläranlage, bevor die Abwässer in die Loisach eingeleitet werden. Die Typhus-Fälle im Loisachtal sind nach Ansicht des Bezirksarztes darauf zurückzuführen, dass der Ort Garmisch-Partenkirchen bisher seine Abwässer zum größten Teil ungeklärt in die Loisach einleitete, die noch dazu einen sehr niedrigen Wasserstand aufweist. Die Marktgemeinde Ga.-Pa. Hat bereits die Pläne für eine ausreichende, moderne Kläranlage vorgelegt…

… In der Marktgemeinde wurde eine Musikalische Gesellschaft e.V. gegründet, die sich der Pflege der guten Musik durch laufende Veranstaltung von Symphonie-Konzerten, Kammerkonzerten und erstklassigen Solistenvorträgen widmet…

… Die Ansiedlung der Schönbacher Geigenbauer im Landkreis wird seitens des Staatskommissariats für das Flüchtlingswesen im Staatsministerium des Innern immer noch betrieben…

… Die augenblickliche Zusammenarbeit mit der Militärregierung ist eine sehr gute. Der Direktor der Militärregierung, Colonel van Buskirk, ist in überzeugendere Weise redlich bemüht, den deutschen Interessen in jeder Beziehung alle erdenkliche Förderung angedeihen zu lassen…"

 

27.11.1947
Wohnungslage

"… Die Regenfälle in den letzten Wochen haben die Wasserversorgung in Garmisch-Partenkirchen soweit verbessert, dass der ganze Ort wieder mit Wasser ganztägig versorgt ist…

… Die Militärregierung hat in der letzten Woche die Beschlagnahme von 15 Häusern im Landkreis zur Unterbringung höherer amerikanischer Persönlichkeiten mit Familien bekannt gegeben… bereits äußerst angespannte Wohnraumlage … noch weiter verschärft…"

 

29.12.1947
Mordfall Zenta Hausner

"…Verlegung der meisten Ämter der Kreisverwaltung in das Divisionsstabsgebäude (Ostflügel) …Eingang Wettersteinstraße…

… dem Landkreis am 12.12.1947 seitens des Direktors der Militärregierung Garmisch-Partenkirchen überreichte Barspende von RM 723.000.-… nach dem Wunsch des Herrn Gouverneur zu wohltätigen Zwecken zu verwenden… Fürsorgeempfänger und die Flüchtlinge… Wohlfahrtsverbände und Wohlfahrtseinrichtungen…

… eine Mordfalles in Garmisch-Partenkirchen. Die Inhaberin der Gaststätte „Weißes Rößl", Frau Hausner, wurde in der Nacht vom 22. Auf 23.23.47 durch einen Messerstich in den Hals getötet. Die polizeilichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Anhaltspunkte sprechen nicht für einen Raubmord, wohl aber für Sexualmord. Die Gaststätte „Weißes Rößl" gilt in der Marktgemeinde als das am meisten von nicht bürgerlichen Kreisen aufgesuchtes Lokal…"

Wochenberichte:

 

09.01.1947
Stuttgarter Rede von US-Außenminister James F. Byrnes

"… Personaländerungen… Rücktritt des der breitesten deutschen Öffentlichkeit aus seiner Stuttgarter Redebekannt gewordenen Außenministers James F. Byrnes Rückwirkungen auf die amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland nicht für unmöglich gehalten… bevorstehenden Moskauer Besprechungen über Deutschland… Ungewissheit über die Zukunft Deutschlands eher noch größer geworden zu sein…"

 

23.01.1947
Energieversorgung

"Stark angespannte Stromversorgungslage … drei Wochentage Stromsperre… durch das Fehlen von Kohle und Wasser bedingt...

… viele streunende Jugendliche… keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit, deshalb oft in Polizeihaft - denkbar ungeeignet…

„… die Angehörigen von noch in russischer Kriegsgefangenschaft befindlichen Soldaten des Landkreises sehen in dem bevorstehenden Appell der USA an Russland einen Hoffnungsstrahl… deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich … enttäuschend… keine befriedigende Lösung…"

 

05.02.1947
Tagung des Länderrats

"Am 13.2.1947 findet in Ga.-Pa. eine Tagung des Länderrats statt, zu der neben den 3 süddeutschen Ministerpräsidenten die Ministerpräsidenten der englischen Zone erwartet … 50 Personen „deren Unterbringung und Verpflegung auf die bekannten Schwierigkeiten stoßen wird…"

 

12.02.1947
Situation von DPs aus Polen und Sowjetunion

"...besonders krass ist die Heimkehrerfurcht bei russischen und polnischen Staatenlosen zu beobachten..."

 

20.02.1947

Pension „Regina" durch das Landratsamt beschlagnahmt

  • für Betreuungsstelle für rassisch, religiös oder politische Verfolgte… bisher völlig unzureichend in einer Veranda der Pension Ohlsenhof untergebracht,

  • dazu auch die Betreuungsstelle der von den Nürnberger Gesetzen Betroffenen (Dienststelle Mannheimer – bisher neben dem Rathaus in einem Laden),

  • dazu der Beauftragte für Wohnraumfragen des Staatskommissariats für r., r. und p. Verfolgte, Herr Elias

  • dazu das UNRRA-Suchbüro des Landratsamtes

  • dazu die Außenstelle Garmisch der Gesellschaft zur Erfassung des Rüstungsgutes mbH

Der Eigentümer der Pension Regina, Herr Bentz, ist Parteigenosse… Beschlagnahmung aufgrund der Wohnraum-Entnazifizierungsbestimmungen des Bayr. Arbeitsministeriums

…. Im Allgemeinen ist festzustellen, dass die harte Bestrafung der wirklich Schuldigen allgemein bejaht, eine Bestrafung der Mitläufer dagegen ebenso entschieden verneint wird..."

 

12.03.1947
Schadenersatzansprüche

gegenüber der Armee der USA: Quartierungsinanspruchnahme

 

20.03.1947
Weihnachcts- und Jugendamnestie

"Zum Vollzug der Weihnachts- und Jugendamnestie der US-Behörden stellen die deutschen Behörden Arbeitskräfte für die Spruchkammer ab."

 

03.04.1947
Hochlandbote nach Weilheim

Presse: Überlegungen, Hochlandboten nach Weilheim zu verlegen wegen Druckereimöglichkeiten:

"Es mag dahingestellt bleiben, ob nicht die Führung des hiesigen Blattes eine Auflockerung durch Einschaltung eines zweiten Lizenzträgers bedarf, der evtl. mit der politischen Ansicht der hiesigen Bevölkerung mehr konform geht als der bisherige. Jedenfalls wäre die Verlegung des „Hochlandboten" nach Weilheim für Garmisch-Partenkirchen nicht wünschenswert. Garmisch-Partenkirchen ist das Kulturzentrum des Alpenvorlandes und als solches berechtigt, über eine eigene Presse zu verfügen…"

 

09.04.1947
Bekämpfung eines aufkeimenden neuen Antisemitismus

"Stimmungsausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung sind hier noch nicht gekannt geworden. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen waren vor 1933 nicht viele Juden ansässig. Geschäfte, deren Inhaber Juden waren, gab es wie mir von den Bürgermeistern versichert wird, sehr wenige. Auf Grund der Zuwanderung seit 1945 ist die Zahl der jüdischen Mitbürger im Landkreis eine nicht unerhebliche geworden, die Anzahl der jüdischen Geschäfte aller Art ist im Wachsen. Den Inhabern dieser Geschäfte stehen nicht nur die besonderen geschäftlichen Erfahrungen zur Verfügung, die den jüdischen Geschäftsmann von jeher ausgezeichnet hat, sondern auch gewisse, über den Bereich des üblichen hinausgehende Beziehungen, so dass sie, wo sie auftreten, gefürchtete Konkurrenten sind…. Ungeachtet der Tatsache, dass dieser Erscheinungen für die Tradition des Landkreises ein Novum darstellt, hat sich keine nennenswerte Opposition gegen die jüdischen Mitbürger geregt, was sich damit erklärt, dass der Landkreis Garmisch-Partenkirchen von jeher mit nichtansässigen Menschen (Touristen, Fremden aller Art) so durchsetzt war, dass die hiesige Bevölkerung den Nichteinheimischen aufgeschlossener gegenübersteht als vielleicht anderswo in Bayern. Es muss Bevölkerung nicht bekannt geworden sein, so dass auch von dieser Seite eine antisemitische Strömung keine nennenswerte Nahrung erhält…. Das polnische Element herrscht unter den jüdischen Mitbürgern vor. Kulturtradition und Lebensweise dieser Polen stehen zu den Ansichten der bayerischen Bevölkerung vielfach in nicht zu verkennendem Gegensatz, so dass ein Aufgehen dieser Ausländer in der einheimischen Bevölkerung starke Hindernisse entgegenstehen werden….

Es ist ein Missstand, dass diejenige staatliche Stelle, der die Betreuung der Juden in ihrer Eigenschaft als Opfer des Nationalsozialismus zusteht, es bisher nicht vermocht hat, die jüdischen Gemeinden in den einzelnen Orten ausreichend finanziell zu dotieren. Infolgedessen haben die jüdischen Gemeinden im Landkreis Schulden, hauptsächlich für die Miete von Häusern und Räumen…

Die Unterbringung der jüdischen Einrichtungen in Garmisch-Partenkirchen entspricht insofern noch nicht den Wünschen der Öffentlichkeit, als zu viele Häuser davon betroffen sind. Der Betsaal befindet sich im Ohlsenhof, das rituelle Bad in der Obermühle, das Büro im Café Bischoff, ein Unterhaltungsraum im Werdenfelser Michl. Es wäre wünschenswert, diese Einrichtungen zusammenzulegen."

 

16.04.1947
Fremdenverkehr

"Der von dem Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Georg Schütte im Landtag eingebrachte Antrag, die Regierung wolle prüfen, inwieweit die besonders auf den Fremdenverkehr eingestellten Landkreise künftighin von Flüchtlingen verschont werden können, hat sich stimmungsmäßig auf die Flüchtlingsunterbringung stark ausgewirkt. Die Behörden der Wohnraumlenkung und Flüchtlingsunterbringung spüren fühlbar einen gewissen Widerstand bei dem Versuch, feien Raum für weitere Flüchtlingsunterbringungen zu schaffen.

Diese Rückwirkung ist verständlich. Sie wird durch entsprechende Aufklärung von Seiten des Staatskommissariats für das Flüchtlingswesen wieder ausgeglichen werden können. Ich halte den Antrag Schütte für grundsätzlich richtig. Der Antrag war kein Unrecht gegenüber den Flüchtlingen, aber er hat ein Lebensrecht des Landkreises vertreten und Schütte als sein Vertreter war verpflichtet, ihn zu stellen. Flüchtlingen, die man wahllos in dieses kleine, keine industrielle oder landwirtschaftliche Zukunft bietende Land einschleust, wird damit kein Gefallen getan. Andererseits hat der Landkreis keine andere dauernde Erwerbsquelle für seine zu groß gewordene Bevölkerung als die Einnahmemöglichkeiten aus dem Touristen- und Erholungsverkehr. Welche Anstrengungen man auch immer machen mag, um diese wirtschaftliche Grundstruktur des Landkreises zu ändern, sie wird gewissermaßen immer wieder an das Lot dieser Struktur zurückfallen."

… Schloss Elmau: CSU-Pläne „das Schloss Elmau für die Zwecke der Jugendbildung im Sinne der CSU in Benützung nehmen zu dürfen"..."

 

22.04.1947
Rolle der KPD

"… wurde mir berichtet, dass die KPD in Flüchtlingskreisen eine erhebliche politische Tätigkeit entfaltet…Verschlechterung der Lebensbedingungen die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, dass die Flüchtlingsmassen sich mehr und mehr nach links politisch orientieren…

… erste Transport von 14 Familien der Schönbacher Geigenbauer aus Erlangen in Mittenwald eingetroffen … Ansiedlung beschlossen… Hauptteil der Schönbacher Geigenbauer sitzt noch in der Nähe von Erlangen, 1000 Personen sind noch in der Tschechoslowakei, ihre Ausreise wird in diesem Frühjahr erwartet… in Erlangen in Flüchtlingslagern sehr unzureichend untergebracht… auf eine baldige endgültige Sesshaftmachung drängen. Die einheimische Bevölkerung bringt dieser Ansiedlung im allgemeinen zurzeit noch kein Verständnis entgegen… Die Mittenwalder Geigenbauer befürchten eine Konkurrenz. Meinerseits wird diesem Projekt allergrößtes Interesse entgegengebracht, da ich der Meinung bin, dass mit der Ansiedlung dieser Industrie der Kreis sich eine wirtschaftliche Zukunft sichern kann… vor dem Kriege bis zu 300.000 Musikinstrumente exportiert."

 

29.04.1947
Ernährungslage

"… lässt die Stimmung der Bevölkerung erkennen, dass zunehmender Hunger und zunehmendes Misstrauen gegenüber der Ernährungspolitik das Ansehen der demokratischen Staatsauffassung in bedrohlichem Ausmaß beschädigen. So laufen jetzt z.B. Gerüchte, dass in Potsdam unter den Alliierten vereinbart worden sei, das Problem der Übervölkerung Deutschlands mit Hilfe der Nahrungsmittelzuweisungen zu lösen…"

 

07.05.1947

Entnazifizierung:

"… Von dem Gesetz ist auch bis jetzt weniger ein Aufschwung für die demokratische Entwicklung ausgegangen als vielmehr eine große Erbitterung und eine Gegenstimmung gegen den neuen Staat….

Wohnraumbelegung im Vergleich (Nr. 2 Monatsheft des Bayerischen Statistischen Landesamtes):

München 2,08 Personen pro Wohnraum

Augsburg 1,68

Bad Tölz 1,72

Weilheim 1,86

Schongau 1,61

Garmisch-Partenkirchen 2,17"

 

14.05.1947
Ernährungslage

"Die katastrophale Ernährungslage nimmt zurzeit fast ausschließlich die Aufmerksamkeit der Bevölkerung in Anspruch. Die Befürchtung eines bevorstehenden Krieges besteht insbesondere seit dem negativen Ausgang der Moskauer Konferenz so ziemlich in allen Bevölkerungskreisen… Es gibt auch Stimmen in der Bevölkerung, die die außerordentliche Verschärfung der Ernährungslage darauf zurückführen, dass die Kreise um Morgenthau in Amerika, dessen Absichten auch in Deutschland bekannt sind, die Oberhand bekommen hätten. Es wird in der Bevölkerung bereits die Meinung laut, dass eine Abdrosselung der deutschen Wirtschaft und damit des deutschen Lebensstandards geplant werde…. Zusammenfassend kann zu diesem Punkt gesagt werden, dass die Bevölkerung mit wachsender Verständnislosigkeit der Besatzungspolitik gegenübersteht…. Es wird dabei allgemein nach wie vor anerkannt, dass eine Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus nur mit Hilfe der Alliierten möglich war und dass ferner eine Demokratisierung Deutschlands auch nur mit dieser Hilfe möglich sein wird. Das ursprünglich vorhandene uneingeschränkte Vertrauen und die Dankbarkeit gegenüber den Alliierten, insbesondere den Amerikanern, hat jedoch durch die zwischenzeitlichen Ereignisse wesentlich Schaden gelitten…"

 

21.05.1947
Schönbacher Musikinstrumenten-Industrie

"…Beschluss des Kreistages vom 17.Mai 1947 … die Ausgewiesenen der Schönbacher Musikinstrumenten-Industrie im Landkreis Garmisch-Partenkirchen anzusiedeln … für die Zukunft des Landkreises von außerordentlicher Tragweite… 90% des europäischen Musikinstrumenten-Exports… zweites wirtschaftliches Element… Kleingewerbe bürgerlich handwerklicher Prägung, ohne dass dem Landschaftsbild, der Siedlungsweise oder dem Baucharakter des Landkreises irgendwie Schaden zugefügt wird…prozentual mehr Raum als andere Flüchtlingen … wenn ca. 1/3 – ½ mehr andere Flüchtlinge im Landkreis zuzögen… ausdrückliche Voraussetzung …in entsprechendem Ausmaß entlastet… eine große Anzahl bisher zugereister Neubürger wieder auszusiedeln."

 

28.05.1947
Schulspeisung

"Schulspeisung für Kinder zwischen 6 und 18 Jahren… nach Berechnung 6000 Kinder im Landkreis… zugewiesen werden aber nur Mittel für 2700 Schulspeisungen… reicht nicht einmal für Ga.-Pa. (3500) oder nur für Flüchtlingskinder im Landkreis"

 

04.06.1947
Schulspeisung

Schulspeisung auf 5500 Portionen erhöht:

"Die Kinder in Garmisch-Partenkirchen werden ausnahmslos, die Kinder in den übrigen Gemeinden des Landkreises zu 91,7 % der vom Amtsarzt als bedürftig bezeichneten Kinder an der Schulspeisung beteiligt… vielfach fehlen die Kochgelegenheiten… Hilfe von Gaststättenbetrieben…

… Proteste gegen die Zwangsumquartierung von Flüchtlingen zugunsten der 1500 Geigenbauer „flüchtlingsfeindlich reaktionär" ..."

 

17.06.1947
Schulspeisung

Schulspeisung: es fehlen ca. 1100 Portionen außerhalb von Ga.-Pa.

"… mit angesehen, wie in den Landgemeinden vor Beginn der Schulspeisung weitaus mehr als die Hälfte der Kinder, oft 2/3 und mehr aus dem Schulzimmer gewiesen werden müssen, da sie der Speisung nicht teilhaftig werden dürfen… Die Kinder der Selbstversorger, meistens Bauernkinder, haben vielfach in frühesten Jahren schon auf dem elterlichen Hof schwerem körperliche Arbeit zu leisten, so dass der Ausschluss der Selbstversorger-Kinder nur teilweise eine wirkliche Berechtigung hat. Abgesehen davon verstehen Kinder nicht, warum eine in der Schule sich abspielende Vergünstigung nur auf bestimmte Gruppen beschränkt bleiben soll….

… in einer hiesigen Kinovorführung eines antisemitische Kundgebung abgespielt, gegen die politisch eingeschritten werden musste. Der starke Zuzug jüdischer Bürger ist im Landkreis und deren Lebensweise, die vielfach durch berufliche Untätigkeit gekennzeichnet ist und häufige Neigung zu Schwarzhandelsgeschäften erkennen lässt, haben eine kritische Haltung der übrigen Bevölkerung gegenüber den jüdischen Mitbürgern wachgerufen, die ebenso bedauerlich wie verständlich ist. Regungen von Antisemitismus in dem Ausmaße, wie sie in der besagten Kinovorstellung beobachtet werden konnten, hatten sich aber bisher nicht gezeigt…."

 

02.07.1947
Fremdenverkehr

"… Es hat sich die Erkenntnis bereits durchgesetzt, dass der Landkreis ohne Fremdenverkehr nicht leben kann. Entweder muss man dem Landkreis neue andere Erwerbsmöglichkeiten erschließen, oder man muss ihm durch Ausquartierung einer großen Zahl seiner hier eingewiesenen Flüchtlinge und Neubürger wieder Fremdenverkehrsraum als Einkunftsquelle geben. Ich bitte auch die Militärregierung in diesem Sinne um Klärung der Verhältnisse… Wenn selbst die Vereinigten Staaten an einem Touristenverkehr mit unserem Landkreis Interesse nehmen, dürfte es sich vertreten lassen, dass auch die Militärregierung in dem Sinne dem Landkreis entgegenkommt… Es wäre aber zu begrüßen, wenn endlich die Tatsache, dass wir ein Fremdenverkehrslandkreis sind, auch behördlicherseits zur Kenntnis genommen und respektiert würde. Gez. Kessler"

 

09.07.1947
Freigabe besetzter Häuser und Wohnungen

Freigabe des Café Hochland soll Versammlungs- und Unterrichtsraum für die jüdische Gemeinde werden

Hotel Tirol Deutsch-Amerikanischer Mädchenklub (GYA) Ga.-Pa.

Haus Roseneck Erholungsheim für Jüdisches Hilfswerk

Dagegen Widerspruch des Wohnungsamtes: Dauermieter

 

23.07.1947
Wohnungsbedarf

Wohnungsbedarf für ca. 2500 Personen als Angestellte militärischer Stellen der US-Armee in Garmisch-Partenkirchen

= ca. 10 Prozent der Bevölkerung

"… Ich glaube nicht zuviel zu behaupten, wenn ich sage, dass der Wohnraumbedarf der Angestellten der Besatzungsmacht ein schwerwiegendes Problem für Garmisch-Partenkirchen ist…"

 

06.08.1947
Kasernen

Jägerkaserne nach Auflösung des Internierungslagers wird von US-Dienststellen bezogen

 

13.11.1947
Wohnraumbewirtschaftung

Kernproblem des Landkreises: Wohnraumbewirtschaftung

"Bei der derzeitigen Überbevölkerung befriedigend überhaupt nicht zu lösen…Fühlbare Spannung zwischen Einheimischen zu Evakuierten und Flüchtlingen…

Große jüdische Kolonien in Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald. Erhebliche Wohnungsansprüche, die von der kommunalen Verwaltung schwer befriedigt werden können. Hierdurch gelegentliche Spannungen zum jüdischen Bevölkerungsteil."

 

25.11.1947
Wohnraumlage

"… Die Anordnung der Militärbehörden, dass der Landkreis Garmisch-Partenkirchen 15 Wohnhäuser neuerdings für militärische Zwecke zu räumen habe, belastet die bisher schon als verzweifelt anzusprechende Wohnraumlage auf´s Äußerste…. Sonderbehandlung ist jedoch unbedingt zu fordern, da in dem gleichen Ausmaß wie der Landkreis Garmisch-Partenkirchen kein anderer Landkreis in Bayern (auch nicht der Landkreis Bad Tölz) wohnraummäßig beansprucht wird…."

 

02.12.1947
Jüdische Kultusgemeinde

"Der Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde Garmisch-Partenkirchen Herr Finkelstein hat in den letzten Wochen mit Unterstützung des Staatskommissars für die rassisch, religiös und politisch Verfolgten Dr. Auerbach gegenüber Bürgermeisteramt Garmisch-Partenkirchen und Landratsamt die Forderung erhoben, für den Personenkreis der jüdischen Kultusgemeinde Garmisch-Partenkirchen 15 weitere Wohnungen zu erhalten, außerdem 3 Einzelzimmer für die Unterbringung von Lehrkräften. Wie mir der Beauftragte für Wohnungssachen bei der Militärregierung Herr Elias mitteilt, hat der Direktor der Militärregierung in den letzten Tagen das Begehren des Herrn Finkelstein befürwortet. Das Vorhaben des Herrn Finkelstein gibt mir Veranlassung, zum Thema Verhältnis zwischen Einheimischer Bevölkerung zur jüdischen Bevölkerung grundsätzlich folgendes zu bemerken:

In der bayerischen Bevölkerung war ein Antisemitismus niemals wirklich vorhanden, auch im Dritten Reich war er nur künstlich inszeniert. Die jüdische Bevölkerung hatte es früher hier gut. Die meistenteils seit vielen Generationen hier ansässigen Juden standen durchweg im besten, vielfach in hochgeachtetem Ansehen.

In Garmisch-Partenkirchen und seinem Landkreis war die jüdische Bevölkerung zahlenmäßig nicht stark vertreten.

Der Einstrom von ausländischen, meistenteils polnischen Juden nach Kriegsbeendigung führte besonders in Garmisch-Partenkirchen zu einer starken jüdischen Gruppe. Deutsche Juden sind hierunter nur sehr wenige. Das Einvernehmen mit diesen verlief in den von früher her gewohnten Bahnen ungetrübter vertrauensvoller Achtung.

Die ausländische, vorwiegend polnische Gruppe der jüdischen Bürger war bei ihrer zahlenmäßigen Stärke infolge der Wohnraumanforderung, die sie stellte, von vornherein ein Problem für die Marktgemeinde. Da die jüdischen Bürger nicht geneigt waren, sich in der Wohnraumbewirtschaftung in der gleichen Weise behandeln zu lassen wie die übrigen Bürger, ergab sich, dass die Kultusgemeinde gewissermaßen ein eigenes Wohnungskontingent in die Hand bekam, das sie selbst zu bewirtschaften hatte. Ausgegangen wurde von einer bestimmten Anzahl jüdischer Bürger, eine entsprechende Anzahl von Wohnungen, die man beiderseits für erforderlich und ausreichend hielt, wurde zugewiesen… Es kam also zu einer Vereinbarung zwischen Gemeinde und Kultusgemeinde mit Bestätigung der Militärregierung, wonach Herr Finkelstein dafür verantwortlich sei, dass die Gruppe der ausländischen jüdischen Bürger sich nicht über eine bestimmte Anzahl hinaus durch Zuzüge vermehren dürfe, andererseits dass es Herrn Finkelstein gestattet sei, für abgewanderte jüdische Bürger wieder eine entsprechende Anzahl nach Garmisch-Partenkirchen hereinzunehmen. Auf diese Weise hatte die jüdische Gruppe in Garmisch-Partenkirchen zuzugs- und wohnungsmäßig in gewissem Sinne eine Autonomie auf dem Boden der besagten Vereinbarung.

Herr Finkelstein behauptet nun, 15 jüdische Bürger bzw. Familien seien wohnungsmäßig unwürdig untergebracht und verlangt für diese 15 weitere Wohnungen.

Die Marktgemeindeist augenblicklich nicht in der Lage, dieses Ansinnen zu erfüllen, selbst wenn ihr die Erfüllung zur Pflicht gemacht würde….

Bei dieser Gelegenheit möchte ich nicht verfehlen auf die außerordentlichen stimmungsmäßigen Rückwirkungen hinzuweisen, die es haben müsste, wenn gerade in der jetzigen, durch die Freimachung einer größeren Anzahl Häuser für militärische Zwecke verschärften Wohnraumlage Wohnungen für jüdische Bürger im Zwangswege geschaffen werden müssten. Es ist Tatsache, dass die jüdischen Bürger im Durchschnitt wesentlich besser untergebracht sind wie andere Neubürger…"

 

10.12.1947
Wohnraumlage

"… Dass im Bereich der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen noch vor Weihnachten ca. 200 Personen infolge der Wohnraumforderung des Military Post umquartiert werden müssen, belastet die Stimmung erheblich."

 

16.12.1947
Bayernpartei

"… Das erste Auftreten der Bayern-Partei in Garmisch-Partenkirchen war stimmungsmäßig ein Versager. Die Bayern-Partei kennzeichnet sich durch eine besonders starke Betonung der bayerischen Selbständigkeit und eine Ablehnung eines Zusammengehens mit den übrigen deutschen Stämmen. Man kann die Tendenzen dieser Partei, objektiv gesprochen, als veraltet bezeichnen. Die Partei knüpft an Traditionen an, die schon seit dem 2. Deutschen Kaiserreich (ab 1870) auch von Bayern aus gesehen als überwunden gelten. Seit dieser Zeit ist es auch bei allen politische aufgeklärten Kreisen in Bayern Selbstverständlichkeit, dass eine Separation im politischen Sinne vom übrigen Deutschland nicht wünschenswert ist. …"

 

24.12.1947
Wohnraumprobleme

"… Die Verteilung der „Gouverneur-Spende" hat bei den Armen und Bedürftigen im Landkreis viel Freude bereitet und der schlimmsten Not abgeholfen….

Die Umquartierung der Personen, die in der für die Besatzung in Garmisch-Partenkirchen und Grainau zu räumenden Häusern gewohnt hatten, konnte mit größter Mühe seitens der zuständigen Wohnungsämter vorläufig durchgeführt werden."

 

Staatsarchiv München – LRA 199453 Garmisch-Partenkirchen – Monatsberichte LRA 1947

 

 

© Alois Schwarzmüller 2015