Garmisch-Partenkirchen 1945-1949 - Die ersten Jahre nach Diktatur und Krieg

 

 

 

Kultur - Bildung - Kino

 

28.05.1945
Schnitzschule

Nach einem Besuch von US-Militärgouverneur Major Herbert Snapp bei Direktor Otto Blümel wurde die Schnitzschule als erste Schule im Landkreis am 28. Mai 1945 wieder eröffnet.

 

08.10.1945
Unterrichtsbeginn

"Die hiesigen Schulen konnten wegen Instandsetzung der Unterrichtsräume nicht zur gewünschten Zeit in Betrieb genommen werden. Der Unterrichtsbeginn an den Volksschulen ist jetzt für den 8. Oktober vorgesehen. Der Schulbeginn am Lyzeum und der Oberschule für Jungen wird noch bekannt gegeben werden.“

Hochlandbote 08.10.1945

 

08.10.1945
Zum Schulanfang

"… Ausgeschaltet ist jene Macht, die im letzten Jahrzehnt immer mehr die Erziehungsgewalt für sich in Anspruch nahm, die zerstörte, was weitblickende Lehrer und ein im alten Herkommen verwurzeltes Elternhaus an sittlichen Grundsätzen in die Herzen der Jugend legte, die verächtlich machte, was beide an Wissen und Können vermittelten, die sie in Ehrfurcht vor der Autorität und Lebenserfahrung des Alters vergessen ließ. Die Hitlerjugend steht nicht ehr trennend und entzweiend zwischen Elternhaus und Schule, und diesen beiden von alters her anerkannten Erziehungsmächten obliegt nun im Verein mit der Kirche wieder allein die Aufgabe, die Kinder zu brauchbaren, nützlichen Gliedern des Staates, zu selbständig denkenden, aufrechten und christlichen Menschen zu erziehen.

Der demokratische Staat, zu dem sich unser Vaterland ja allmählich entwickeln soll, sieht die Quelle seiner Kraft in der Bildung. Der freie Wettbewerb auf allen Gebieten der Wirtschaft und des Handels lässt nur den zur Höhe kommen, der etwas kann und etwas weiß. Die Aufgabe der Schule ist es, dieses Können und Wissen zu vermitteln, mit dessen Hilfe der junge Mensch den Lebenskampf zu bestehen hat...

Jetzt, bei ihrem Wiederbeginn, gilt für sie, hier vieljährigen Unrat aufzuräumen, lange Zeit Versäumtes wieder einzuholen. Zum andern Teil wird diese Riesenarbeit ungemein erschwert durch die Verminderung des Lehrkörpers um 50 - 60 Prozent, hervorgerufen durch die ausgeführte Säuberungsaktion….

Die Jugend muss sich nicht nur einordnen, sondern wieder unterordnen. Wie wurde unsere Jugend im Dritten Reich doch förmlich dazu verzogen, sich selbständig, ja unabhängig zu fühlen gegenüber den traditionsgebundenen Mächten… Die Nazistenbewegung hat sich ja gerne mit Jugendlichkeit gebrüstet und Jugendfrische frisiert. Wohin diese verbrecherische Unbekümmertheit, diese verantwortungslose, jugendliche Hemmungslosigkeit geführt hat, wissen und spüren wir alle. Hier muss mit eiserner Rücksichtslosigkeit ein- und durchgegriffen werden!... E. Wallner"
Hochlandbote 08.10.1945

 

HB 21.11.1945
Schlussfeier der Oberschule für Jungen

Schulleiter Höllerer dankte "für die Unterstützung seitens des amerikanischen Erziehungsoffiziers  Andersen, durch die es möglich geworden war, die Anstalt als eine der ersten Oberschulen Bayerns in Betrieb zu nehmen. Er hielt Rückschau auf die nun glücklich beendete Nazi-Zeit, während welcher die Leitung der Oberschule einen schweren Standpunkt hatte. Er zitierte einige drastische Fälle, die zur Genüge den Kampf der Schule gegen den HJ-Geist darlegten. Unterstützt wurde er darin von der Mehrzahl seiner ihm auch heute treu zur Seite stehenden Lehrkräfte, deren Standhaftigkeit auch auf die Schülerschaft befruchtend wirkte. … Um so schmerzlicher sind die Verluste, die der unsinnige Krieg forderte: sind doch mehr als hundert Schüler und drei Lehrer der Anstalt gefallen und auch einzelne vermisst.

… beleuchtete Bürgermeister Schütte den Entwicklungsgang der Schule vom Realschulvereins 1914 bis zur staatlichen Schule. Er sprach von einer Ära Höllerer, die viele brauchbare, charakterfeste Männer heranbildete und dem zersetzenden Hitlergeist die Spitze bot.“
Hochlandbote  21.11.1945
 

09.07.1946
Aufnahmeprüfung für die Oberschule

Von den 128 geprüften Schülern haben 101 bestanden.

„Aus Gründen räumlicher Art konnte aber nur 77 Schülern die Aufnahme fest zugesagt werden. Der Rest kann jedoch auf Grund des schriftlichen Prüfungsbescheides, der den Eltern oder Erziehungsberechtigten zugeschickt wird, an jeder anderen höheren Lehranstalt aufgenommen werden.“
Hochlandbote 09.07.1946
 

September 1945
Lizenzen der US-Militärregierung – Information Controll Departement

Insgesamt 29 Lizenzen für Rundfunk, Theater und Musik wurden erteilt, darunter

  • Puhlmann, Hans, geb. 1903 – Kabarett

  • Pelzer, Gisela von, geb. 1923 – Leihbücherei

  • Siebs, Sibod und Gisela, 1904 / 1906 – Verkauf von Zeitungen, Zeitschriften etc.

  • Wapler, Charlotte, 1901 – Verkauf von Zeitungen etc.

  • Raumer, Magdalena, geb. 1883 – Verkauf von Büchern etc.

  • Bierprigl, Gottlieb und Elisabeth, geb. 1904 / 1893 – Zeitungen, Zeitschriften

  • List, Dr. E. Walter, geb.27.05.1899 – Buchverlag

  • Lödermann, Agnes geb. 1888 – Zeitungen, Zeitschriften

  • Ebert, Hans, geb. 14.02.1891 – Drucker

  • Vermehren, Ulrich, geb. 10.10.1863 – Buchhandlung, Leihbücherei

  • Cavael, Rolf, geb. 27.02.1898 – Vorführung genehmigter Filme

  • Witzemann-Wozak, Maria, 1904 – Kulturgemeinde Garmisch-Partenkirchen

  • Gutmann, Ernst, geb. 20.07.1893 – Theateraufführungen

  • Linck, Wilhelm geb. 1901 – Kabarett

  • Wagner, Hans, geb. 05.07.1910, Ludwigstraße 90 – Vorführung genehmigter Filme

  • Lutz, Anton, geb. 08.03.1890, Ludwigstraße 7 – Zeitungen

  • Uhl, Karl, geb. 11.08.1892 – Theateraufführungen

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 22 - Wirtschaft 1945

 

08.10.1945
Kino, Theater und Musik

"... lagen einstweilen noch brach für die Zivilbevölkerung. Der Festsaal Garmisch war am 29. und 30. September erstmals wieder für ein Gastspiel freigegeben. Am 14. Oktober hören wir an derselben Stätte Josef Haydns „Schöpfung“ und dann folgt eins dem andern.

Die erste Kurmusik nach jahrlanger Pause war am 26. August vor unserem Herrn Gouverneur. Seither spielt sie Samstag Abend im Wittelsbacher Park und Sonntag Mittag vor dem Rathaus.“

Hochlandbote 08.10.1945

 

13.10.1945
Kammerorchester Garmisch-Partenkirchen

„Das neue Kammerorchester formierte sich in der Mehrzahl aus jungen, akademisch gebildeten Musikern, die Sehnsucht haben, wieder ihrem Kunstberufe sich zu widmen, der jahrelang brach gelegen oder höchstens einer Militärkapelle diente.“

21 Musiker, Dirigent Karl Heußner, Proben im Bayernstüberl - erste nichtöffentliche Auftritte in der Villa Englhorn an der Zoeppritzstraße und im Kurheim Dr. Wigger vor Verwundeten

„… öffentlicher Auftakt am 6. und 7. Oktober 1945 im Turnsaal des Lyzeums, von Oberin M. Rodriguez gütigst überlassen und akustisch sehr geeignet… im Dienst des neugegründeten Bayerischen Roten Kreuzes, das sich gegenwärtig eine Menge vordringlicher Aufgaben als Hilfsaktionen vorgenommen hat und dazu reichlicher Unterstützung bedarf… Leiter der Kreisstelle des BRK ist Landrat Ritter.“

Hochlandbote 13.10.1945
 

09.01.1946
Garmisch-Partenkirchner Kammerspiele

Intendant Sigurd Baller inszeniert „Scampolo“ von Dario Niccodemi.

„Weder Stück noch Darsteller waren bei der Premiere am 5. Januar die Hauptsache. Hauptsache war der Beweis, dass im Ruinenfeld Deutschland der Wille zur Kunst nicht ebenfalls zur Ruine geworden ist… Es muss aber alles getan werden, um auch hier in Garmisch-Partenkirchen eine wenn auch noch so kleine Keimzelle neuen Kulturbeginnens zu schaffen.“

Hochlandbote 09.01.1946

 

03.02.1946
Bunte Bühne Garmisch-Partenkirchen

"Wie die Bunte Bühne mitteilt, wird Karl John, den wir alle aus seinen letzten Filmen „Großstadtmelodie" und „Zwei in einer großen Stadt" kennen, vom 1. bis 15. März bei uns in Garmisch gastieren."

Karl John, manchmal auch Carl John (* 24. März 1905 in Köln; † 22. Dezember 1977 in Gütersloh) war ein deutscher Bühnen- und Filmschauspieler. Nach dem Erwerb der Hochschulreife studierte Karl John zunächst Architektur an der Technischen Hochschule in Danzig. Doch er entdeckte seine Liebe zur Bühne und zog nach Berlin, wo er auch Schauspielunterricht nahm. Nachdem er sich 1943 Goebbels gegenüber abfällig über die Kriegsführung geäußert hatte, fiel er in Ungnade und musste Kriegsdienst leisten. Nach dem 2. Weltkrieg spielte er im Antikriegsfilm In jenen Tagen (1947) mit und seine Rolle in der Wolfgang-Borchert-Verfilmung von Draußen vor der Tür mit dem Titel Liebe 47 zeigte seine eindrucksvollste Seite. http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_John

"Der bekannte Filmstar Will Dohm, der das Publikum schon oft durch seinen Humor aus den trüben Gedanken des Alltags gerissen hat, wird in dem Schwank „Der wahre Jakob" von Arnold und Bach am 15. und 18. März bei der Bunten Bühne gastieren."

Will Dohm (* 8. April 1897 in Köln-Delbrück als Wilhelm Dohm; † 28. November 1948 in München) war ein deutscher Schauspieler. Nach Ende des Ersten Weltkrieges arbeitete Dohm zunächst als Bankangestellter in Dresden und nahm zeitgleich privaten Schauspielunterricht beim damaligen Schauspieldirektor Georg Kiesau. Es folgten Bühnenstationen in Dresden und München (Kammerspiele). Am 28. November 1948 starb er im Alter von nur 51 Jahren in München. Er wurde auf dem Waldfriedhof München beigesetzt. http://de.wikipedia.org/wiki/Will_Dohm

Hochlandbote 03.02.1946

 

04.03.1946
Kulturwille in Garmisch-Partenkirchen

"Am 7. Febr. richteten die Kammerspiele Garmisch-Partenkirchen an die Marktgemeinde ein Schreiben, In dem das ernste Streben nach Förderung der kulturellen Interessen in unserer Gegend deutlich zum Ausdruck kommt. In unserer Gegenwart ist jedes Beginnen willkommen, das der breiten Öffentlichkeit den Wert der geistigen Güter näherbringt und verständlich macht. Denn damit wird ein wesentlicher Beitrag geleistet zur Überwindung der Vergan­genheit. Aus diesem Grunde seien einige be­sonders aufschlussreiche Gedanken aus diesem Schreiben wiedergegeben. Es heißt darin: Es ist das Bestreben Ballers und seiner Kammerspiele, in Garmisch-Partenkirchen und seinem Landkreis künstlerische Theateraufführungen zu bringen, die der Bevölkerung In dieser schweren, Zeit des Wiederaufbaues Entspannung und Erhebung bringen sollen. Besonders die Pflege unserer Klassiker als Künder unvergänglicher deutscher Kultur und der Werke gegenwärtiger Dichter haben sich die Kammerspiele zur Aufgabe gemacht.

In einer Zelt, da wir Deutsche arm an materiellen Werten geworden, da man uns vom Ausland aus, das durch die furchtbaren Taten der Nazis abgeschreckt ist, misstrauisch beobachtet, haben wir mehr denn ja die heilige Verpflichtung, die sittlich-ethischen Werte unseres Volkes In seiner Kunst zu mobilisieren, zu pflegen und zu erhalten. Sigurd Baller."
Hochlandbote 04.03.1946

 

06.04.1946
Eröffnung des Kleinen Theaters

"Das Kleine Theater hatte mit seinem Kabarett-Programm ausgesprochener Eigenarten einen guten Start. Georg Krönlein bewies erneut, dass er zur Sonderklasse gehört.

Evelyn Roberti, Hans Timmerding… Das Publikum, anfangs kühl wie der Saal, erwärmte sich schnell und dankte lebhaft."
Hochlandbote 06.04.1946

 

06.04.1946
Bunte Bühne Garmisch-Partenkirchen

„Der Lampenschirm“ von Curt Götz – Erstaufführung am 28. März

"Mit Otto Glauert – sein Talent ist einfach herrlich und mit Recht die meistbejubelte Leistung … Die Regie? Nein! Die Nachricht, dass Direktor Puhlmann geht, wurde durch Versprechungen der neuen Leitung versüßt…Da aber die Bunte Bühne bis auf Kleinigkeiten nur Hervorragendes brachte, übernimmt das „Kleine Theater“ ein verantwortungsvolles Erbe… Aber seien wir zuversichtlich – Die Bunte Bühne ist tot, es lebe das Kleine Theater“.
Hochlandbote 06.04.1946

 

08.05.1946
Kleines Theater

Klaus-Jochen Ueltzen hat die "Bunte Bühne" seit 01.04.1946 als „Kleines Theater“ übernommen, Programmbeginn ab 01.05.1946:
„Die Hinterbliebenen“ – Literarisches Kabarett aus München
Lustspiel „Tageszeiten der Liebe“ von Nicodemi
„Ein Strich geht durchs Zimmer“ von Katajeff mit Möller, Hundertschuh, Katharina Vogel
„XYZ“ von Klabund

„Eine Konkurrenz ist das Theater für niemand. Wir sind ein reines ‚Avantgarde-Theater’ und sind als solches wohl ziemlich einzigartig… Wir haben eine neue Zeit, die Zeit des Surrealismus. Surrealismus ist die Lehre des Unwirklichen, mein Spezialgebiet…. Wir werden also experimentieren. Wir werden Stücke bringen, die vor 1933 gebracht wurden, in erster Linie aber ganz neue Stücke deutscher, englischer, französischer und amerikanischer Autoren, selbstverständlich auch Klassiker…“
Hochlandbote 08.05.1946

 

24.06.1946
Randalierende Nazis im Garmischer Festsaal - Faust I. oder die Kritik an der Kritik

"Der mit gebührender Ehrfurcht erwartete und mit ebenso gebührendem Dank quittierte Rezitationsabend von Goethes Faust I durch Sigurd Baller und seine Theatergruppe hatte ein höchst bedauerliches Zwischenspiel, mit welchem wir uns prinzipiell auseinandersetzen wollen, bevor wir die Darbietungen selbst besprechen: Es ist ein alter und löblicher Theaterbrauch aller deutschsprachigen Kulturzentren, dass Goethes Faust in der Osterzeit zur Aufführung gelangt. So will es schon der „Osterspaziergang". Und es war von jeher eine große technische Leistung, der Tragödie Zweiten Teil darzustellen. Heute ist es einer kleinen Theatertruppe noch nicht möglich, auch nur den Faust I auf die Bühne zu bringen. Wenn es trotzdem gewagt wurde, sei es auch nur in der Form eines Rezitationsabends ohne Dekorationen, im Besuchsanzug sozusagen, dann kann man dies vom kulturellen Standpunkt aus nur begrüßen, denn Johann Wolfgang von Goethe braucht, wenn es drauf ankommt, gar keine Kulisse. Dass hierzu einleitende, erklärende und erläuternde Worte gesprochen wurden, scheint uns durchaus am Platze. Der Vortragende war Dr. Hanns Eberhard. Dass er ab und zu ins Politische hinabglitt, schien uns nicht notwendig, aber auch nicht unpassend.

Unpassend schien uns, jedoch, dass ein kleiner Teil der Zuhörer plötzlich — nachdem der Redner kaum 10 Minuten gesprochen hatte —- von einem akuten Keuchhusten befallen wurde, der sich in Räuspern und Zwischenrufen manifestier­te. Solch eine Krankheit steckt an, und an Mitläufern scheint die Welt Immer noch nicht ärmer geworden zu sein. „Schluss, Schluss! Wir wollen Faust hören, keine Politik! Faust! Faust! Schluss"...

Dr. Hanns Eberhard ist Kritiker. Als solcher hat er naturgemäß Feinde, und schriebe er auch immer nur Gutes, so hätte er dennoch Feinde, denn man vergesse die Neider nicht. Wir konnten uns des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich bei dem plötzlichen Keuchhusten nicht um den langsam wachsenden Zorn der Volksseele handelte, sondern um ostentativ bösartiges Verhalten einiger Weniger, deren Drahtzieher durch Abwesenheit glänzten. Dies muss zur Ehre der sonst wohlerzogenen Zuhörer gesagt werden. - Dr. C. A Scheel."
Hochlandbote 24.06.1946

 

09.07.1946
Gründung einer Kulturgemeinde Garmisch-Partenkirchen

Lizensiert durch die Militärregierung Garmisch-Partenkirchen am 28. Juni 1946 für Herbert Witzemann. Aufgabe ist es, „alle kulturell Schaffende, Einzelne wie Gruppen von Garmisch und außerhalb zu vereinen, um in gemeinsamer Arbeit und in gegenseitigem Kräfteaustausch das zu erreichen resp. aus dem Gesamtzusammenbruch zu retten, was deutschen Menschen heute erlaubt ist: Kultur... Und es sollen auch alle die Menschen teilnehmen können, die ihre äußere Heimat verloren haben, die durch das Kriegsschicksal hier am Wege liegen geblieben sind und die doch endlich wieder eine neue Heimat finden müssen.“
Hochlandbote 09.07.1946

 

16.07.1946
Kammerspiele Garmisch-Partenkirchen:

Sigurd Baller inszeniert Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“

„Dem Geist der Zeit entsprechend wurde die soziale Linie betont und demzufolge eine Genossenschaft gegründet. Soziale Erkenntnis und ethische Kunstauffassung lehnen den geschäftlichen Unternehmer eines Theaters ab, dem … seine Darsteller und die Werke der Dichter Ware sind, mit denen er handelt wie andere mit Stiefelsohlen oder Sauerkraut…. Innerhalb der Genossenschaft sind alle Mitglieder Diener und Teilhaber am Werke, denen gemeinsam der Gewinn zufließt. … haben sehr viele Bürger unserer Gemeinde ihr Vertrauen zu den Garmisch-Partenkirchner Kammerspielen durch Bitte um Aufnahme in die Genossenschaft bewiesen… den Kammerspielen die Untermauerung zu geben, die sie brauchen, um als dauerndes Unternehmen allen Fährnissen der Zeit und der Zukunft begegnen zu können.“
Hochlandbote 16.07.1946

 

16.07.1946
Kleines Theater

Intendant Ernst L. Gutmann beendete am 15. Juli 1946 eine erfolgreiche Spielzeit im Rassensaal.

Auf dem Programm standen

  • Bruno Frank: „Sturm im Wasserglas“

  • Gerhart Hauptmann: „Der Biberpelz“

  • Klabund: „XYZ“

  • Gerhart-Hauptmann-Gedächtnisfeier

  • Gastspiele mit Werner Fink, Liesl Karlstadt, Peter Igelhoff und Willi Dohm

In der neuen Spielzeit plant Gutmann Aufführungen von Shakespears „Othello“, Goethes „Clavigo“, Hebbels „Maria Magdalene“ und Gogols „Der Revisor“.
Hochlandbote 16.07.1946

 

19.07.1946
Die Aufgabe des Theaters in der heutigen Zeit

"Das war das Thema, des zweiten Tages der Hochschulwoche, es wurde von Spielleiter Dr. Falk Harnack in komprimierter Form nahezu erschöpfend behandelt. - Nach einem Rück­blick auf die hinter uns liegende Zelt völliger Kulturöde, in der zwar viel Geld für die Thea­ter zur Verfügung stand, in der man herrliche Dekorationen und fulminante artistische Einzelleistungen bewundern konnte, die aber den­noch nichts als ein großes Vakuum bedeutete, griff Dr. Harnack bis in die ersten uns bekannten Anfänge dramatischen Schaffens. Er führte aus, dass alle Dramatiker von Aischylos und Aristophanes über Schiller und Ibsen bis Wedekind Künder ihrer Zeit gewesen seien. Die Probleme der Zeit müssten Gegenstand der dramatischen Dichtung sein, und wo sie es ge­wesen sind, ist ihnen ewige Gültigkeit beschie­den, wofür wir gerade in der deutschen Klas­sik eklatante  Beweise haben.

Das erste Theaterjahr nach dem Kriege habe die Hoffnung, dass aus dien Schreibtischen der deutschen Dramatiker eine Fülle von dramatischen  Abrechnungen mit dem National­sozialismus herausquellen würde, grausam ent­täuscht; die Ernte auf diesem Felde sei karg. (Leider gab Dr. Harnack keine umfassende Ansicht über die Ursache dieser Sterilität be­kannt.) Die andere Hoffnung, dass wir schnell und lückenlos Anschluss an das internationale Schaffen der Jahre 1933 bis 1945 bekommen würden, habe sich auch nur in bescheidenen Grenzen erfüllt. Zwar seien einige westliche Dramatiker mit wirklich neuen Werken und mit zahlreichen Aufführungen zu uns gelangt, doch sei das noch völlig unzureichend, zumal der gegenwärtige Osten überhaupt nicht zu uns spreche, so dass man zu so veralteten Stücken wie „Ein Strich geht durchs Zimmer" seine Zuflucht genommen habe... - Dr. J. Kempfe."
Hochlandbote 19.07.1946

 

08.12.1946
Kulturwille in Garmisch-Partenkirchen

"In den Jahren vor dem Kriege war Gar­misch-Partenkirchen Kurstätte für viele Er­holungssuchende und die eigentliche deutsche Wintersportzentrale. Der Fremde suchte nicht so sehr nach kulturell unterhal­tenden und belehrenden Dingen, sondern brauchte die physische Erholung. Was die Gäste Garmisch-Partenkirchens in früheren Jahren interessierte, war das aus dem Lande geborene Volkstum, das in der Volkskunde so­wie in den Bauten der Kirchen, Klöster und Schlösser repräsentiert wurde. Dazu gehörte ferner das Kennenlernen des Brauchtums bei den einheimischen Festen allgemeiner oder familiärer Art, wobei besonders das Bauerntheater nicht vergessen wurde.

Heute ist Garmisch-Partenkirchen in erster Linie die Erholungsstätte der amerikanischen Besatzungstruppen, doch wäre es grundfalsch, wenn man es nur als solche betrachten wollte. Allein schon die jetzige Zusammensetzung der hier ansässigen Menschen zeigt, wie Garmisch-Partenkirchen in weit stärkerem Maße als die Garmisch-Partenkirchner Kammerspiele mit einem jungen Ensemble. Noch war ein passendes Stück nicht gefunden, so dass Baller sein Lustspiel „Die fünfte Jahres­zeit" schrieb und damit vor die Öffentlichkeit trat. Dann folgte „Scampolo". Man wagte eine Klassikeraufführung, „Sappho" von Grillparzer. Später kamen dann Schillers „Kabale" u. Liebe" und Leasings „Emilia Galotti" hinzu. Das Wagnis war geglückt und Garmisch-Par­tenkirchen spürte etwas von dem Kulturwillen junger Kräfte...

Ein Ereignis von ganz besonderer kul­tureller Bedeutung war die Hochschulwoche, die von einem Gremium bedeutender Wissenschaftler in Garmisch-Partenkirchen durchgeführt wurde und auf der zum ersten Mal nach dem Kriege ein englischer Gelehrter, Professor Griffiths, sprach. Von den Vorträgen erregten besonders die von Prof. Martin Winkler und Pater Pius aus Ettal Aufsehen, weil sie auch    allgemein aktuell und interessant waren… Dies zeigten besonders die Symphoniekonzerte im Festsaal mit Werken von Mozart, Beetho­ven und Gluck. Sehr verstärkt wurde das kul­turelle Schaffen durch die vielen guten Gastspiele, die meist ein nachhaltiges Echo fanden...

Obwohl in Garmisch-Partenkirchen sich eine große Zahl von Künstlern der Malerei aufhält und auch emsig am Werke ist, so konnten wir jedoch bisher nur recht wenige Ausstellun­gen erleben, von denen aber besonders die des Kunstmalers Julius Wolf hervorzuheben ist. Wir wollen hoffen, dass sich im kommenden Winter auch in dieser Hinsicht einiges Gute der Öffentlichkeit präsentieren wird."
Hochlandbote 08.12.1946

 

05.02.1947
Buchhandlungen und Leihbüchereien

Zum 1. Mai 19445 wurden folgende Konzessionen vergeben an

  • Otto Arlitowitz, Zeitschriften, Bahnhofstraße 4 - rassisch verfolgt

  • Gisela von Pelzer, Leihbücherei, Archstraße - politisch verfolgt

  • Charlotte Wapler, Buchhandlung, Zugspitzhaus

  • Christa Wehdeking, Buch- und Musikalienhandlung, Bahnhofstraße 1

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 22 / 82-822 – 1445 – 133 Gewerbewesen 1945

 

03.10.1947
Garmisch-Partenkirchen soll Universitätsstadt werden

„Seit längerem besteht der Plan, einzelne Fakultäten der Universität München in andere Orte der US-Zone zu verlagern. Bisher wurden vor allem Regensburg, Passau und Garmisch-Partenkirchen genannt. Seit über einem Jahr werden nun Verhandlungen zwischen dem Kultusministerium und den hiesigen Behörden gepflogen,, die durch entsprechende Gesuche des Landrates und des Bürgermeisters angeregt worden waren. Zunächst wurde geplant, entweder die Hochschule für Leibesübungen oder die Volkshochschule in Garmisch-Partenkirchen unterzubringen, jedoch sind alle Verhandlungen daran gescheitert, dass die für die Umquartierung in Aussicht genommene Artilleriekaserne als Interniertenlazarett eingerichtet wurde.
Hochlandbote 03.10.1947

 

1947
Joachim Günther, Der erste deutsche Philosophenkongress

"Garmisch-Partenkirchen, der unbeschädigt gebliebene oberbayrische Kurort am Fuß der Zugspitze, kann die Ehre für sich in Anspruch nehmen, dem ersten deutschen Philosophenkongress nach Kriegsende Herberge gegeben zu haben. Dass Philosophen Kongresse abhalten und dieses Bedürfnis sich bald nach der leidlichen Normalisierung der Verhältnisse eingestellt hat, ist wohl von der Sache her gesehen nicht nur eine Annehmlichkeit sondern eine Notwendigkeit. Philosophie, wie wir sie im Abendlande verstehen, ist zum mindesten seit Sokrates dialektisch, d. h. ein intermentaler Prozess, für den trotz aller Voraussetzungen, die er in der Gabe und Aktivität des Individuums besitzt, das Widerspiel und die wechselseitige Mäeutik mehrerer Köpfe vonnöten ist. Den einsamen Denker in Ehren, ihm muss aber das Gespräch, die Diskussion und zuhöchst von Zeit zu Zeit der Kongress, die große orchestrale Zusammenkunft korrespondieren. Daran ändert es auch nichts, wenn Kongresse so oft selbst von ihren Teilnehmern beschimpft werden, dass “nichts bei ihnen herausgekommen sei“. Es ist nur natürlich im lebendigen Widerspiel der Dinge, wenn nachher wiederum der einzelne Geist vor sich selber das Wort besitzt.

Der erste deutsche Philosophenkongress seit Kriegsende geht auf das Betreiben eines Akademischen Ausschusses nach Vorarbeiten durch die Redaktion der “Zeitschrift für philosophische Forschung“ zurück, während für seine praktische Ermöglichung die bayrischen Behörden vom Staatspräsidium und Kultusministerium bis zum Landrats- und Bürgermeisteramt Garmisch - Partenkirchen den Dank der Teilnehmer verdient haben.

Von seiner offenbar dem Belieben der Referenten anheimgestellten Thematik her ist der Kongress keine Spezialtagung gewesen, wenn ihm auch andererseits für ein umfassendes Treffen der deutschen Philosophen aus allen wesentlichen Lagern, wir wissen nicht, ob schon in der Anlage oder nur in der Verwirklichung die nötige Breite der Basis fehlte. Die Zonen- und Reiseschwierigkeiten mögen auch hier ihr einschränkendes Wort gesprochen haben, obwohl es kaum mehr verborgen werden kann, dass die Philosophie in Deutschland ihre Heimat im Wesentlichen an den Universitäten der Westzonen erwählt hat.

Ebenso dürfte das zweite, zeitbedingte Moment der Entnazifizierung keine allzu einschränkende Wirkung gehabt haben. Gerade auch durch den Kongress ist nämlich deutlich geworden, dass die deutsche Universitätsphilosophie dem Nationalsozialismus mit Distanz gegenübergestanden hat, so dass der Anteil der erst noch zu “Entnazifizierenden“ gegenüber anderen Wissenschaftskreisen gering und für das Bild der gegenwärtigen deutschen Philosophie kaum von großer Bedeutung ist; das Beispiel Heideggers vielleicht ausgenommen."
Merkur - Deutsche Zeitschrift für Europäisches Denken - Jahrgang 1947 - Heft 5, S. 761ff

 

November 1946
1. Hochschulwoche Garmisch-Partenkirchen

"Garmisch - Partenkirchen, internatio­nal bekannter Wintersportplatz, Recreational Center der amerikanischen Ar­mee, Herrgottswinkel Deutschlands, hatte den Mut, nach englischem Vor­bild eine Hochschulwoche mitten im Sommer zu veranstalten, die zu einem ungeahnten Erfolg wurde. Es war ihr besonderes Bestreben, Wissenschaft in ganz moderner Auffassung zu bringen und diese, nicht wie es früher üblich war, einem kleinen exklusiven Kreis zu vermitteln, sondern sie allen Schichten der Bevölkerung, besonders der arbei­tenden Jugend, zugänglich zu machen.

Themen, wie Atomphysik, Russland und die Jugendfragen hatten den größ­ten Publikumserfolg; aber bei allen Vorlesungen im geschmückten Saal des Klosterlyzeums herrschte eine Atmo­sphäre fast andächtiger Aufnahmebereitschaft, die nur zu deutlich den Hun­ger der heutigen Menschen nach geisti­gem Gut in freier Meinungsäußerung beweist...

Die Luft von Oxford schien die hohe schlanke Gestalt des berühmten Ang­listen, Professor Levin Schücking, zu umwehen, die unsichtbar der Talar der englischen Dons umflatterte, und man vermeinte den Duft jener Sommer zu spüren, von dem Shakespeares herrlich­ste Sonette singen: „May I compare thee to a summer's day -". Mit un­pathetischer Diktion und prägnanter Formulierung, die einen fast innigen Humor neben ihrer tiefen Deutung durchblicken ließen, entrollte der Ge­lehrte in großen, farbigen Zügen das Bild „Shakespeare und die Tragödie seiner Zeit"...

Lebhafte Diskussionen lösten die Vor­träge Professor Ebbinghaus aus Mar­burg und des Pater Dr. Pius Fischer von Kloster Ettal über die brennenden Probleme der Jugend aus. Sie bewiesen tiefes Verständnis für alle Nöte und teilten keineswegs den Pessimismus, der die heutige Jugend völlig dem Nihilis­mus anheimfallen sieht, der älteren Ge­neration aber eine große Verantwor­tung für die Gestaltung der Zukunft zuschoben...

Höhepunkt und Ausklang der Garmisch-Partenkirchner Hochschulwoche bildete der vor einem wahrhaft inter­nationalen Zuhörerkreis in englischer Sprache gehaltene Vortrag von Pro­fessor Dr. T. Hughes Griffiths M. A. vom Swansea University College (Wales). Er ist der erste Engländer, der in die U.S.A.-Zone Deutschlands gekom­men ist, um an dem neuaufblühenden deutschen Geistesleben teilzunehmen, dem er auch durch seine bayrische Frau sich stets verbunden gefühlt  hat. Es gehört zu seiner wesentlichsten Aufgabe, im Sinne seiner internationalen Arbeit zur Völkerverständigung und Erwach­senenbildung zu wirken. Er sprach in rhetorisch vollendeter, menschlich tiefbewegender Art über „The Western Democratic Way of Life". Die Verkün­digung der Menschenrechte in Frank­reich und Amerika mündet aus ver­schiedenen Richtungen in die gleiche Form der Demokratie. Der Mensch ist frei und gleich geboren, nicht Sklave des Staates, sondern soll seine Lebens­form nach eigener Wahl bestimmen und die Regierung wählen, die ihm diese garantiert. „Nicht nur wir, sondern auch Ihr Deutschen seid frei. Und wenn wir Engländer, Amerikaner oder Franzosen dieses einmal vergessen sollten, dann müsst Ihr uns daran erinnern, denn es ist die Grundlage unserer demokrati­schen Lebensform."...

Es war, als ob ein Hauch von Hoff­nung und Versöhnung den  überfüllten Saal durchflutete und sich in Hunder­ten von fragenden Augen widerspiegelte. - Nora Winkler von Kapp"
Berliner Hefte - 1. Jahr Heft 6 November 1946 S. 471ff

 

November 1947
2. Hochschulwoche Garmisch-Partenkirchen

"Die zweite Hochschulwoche in Gar­misch-Partenkirchen, vom Bayerischen Kultusministerium und von der ameri­kanischen Militärregierung großzügig gefördert, nahm einen noch eindrucksvolleren Verlauf als im vergangenen Jahr, was der überfüllte Saal und die starke Resonanz bewiesen, welche die Vorlesungen bekannter Gelehrter des In- und Auslandes in allen Kreisen der Bevölkerung auslöste. Garmisch-Parten­kirchen, dieser gesegnete Erdenwinkel, will der Wissenschaft eine Heimstätte bieten, die, wie Professor Schücking sagte, das gelehrte Gegenstück zu den Salzburger Festspielen zu werden be­müht ist.

Die Universitätswoche wurde eröffnet mit einem Vortrag des Rektors der Uni­versität München, Professor Aloys Wenzl, über „Freiheit und Bindung als Weltprinzip", in dem sich der Redner für die Bindung der menschlichen Frei­heit an die Werte aussprach, die weder als umwertbar, wie Nietzsche meint, noch als frei setzbar, wie Sartre sagt, angesehen werden dürften...

Professor Dr. Dr.h.c. Ernst Kretschmer, Tübingen, leitete auf die prakti­schen Gebiete der Wissenschaft über mit einem Vortrag zum Thema „Aufbau der Persönlichkeit in der Psychotherapie", der sich der berühmte Gynäkologe, em. Direktor der Universitätsfrauenklinik der Berliner Charité, Professor Dr. G, A. Badner mit dem diffizilen Thema „Seelisch bedingte Funktionsschäden der Frau" anschloss...

Der Ausklang der zweiten, mit unge­ahntem Erfolg durchgeführten Hoch­schulwoche stand unter internationalem Zeichen, denn Noel Brailsford, der Freund von Victor GoIIancz, dessen Plan: „Ret­tet Europa jetzt!" uns auch in Deutsch­land nahe angeht, ergriff als letzter das Wort... Engländer, war er als junger Mann Dozent der Logik an der schottischen Uni­versität Glasgow, die ihm später den Ehrendoktor verlieh. Er gehörte, wie so viele fortschrittliche Engländer vor dem ersten Weltkrieg, den „Fabiern" an und bildete mit Shaw, Wells, dem be­rühmten Philosophen Russel u. a. einen Kreis... Die Frauen müssen Brailsford besonders dankbar sein, denn schon vor der Jahr­hundertwende kämpfte er mit ihnen um ihr Wahlrecht. Später wandte er sich der Publizistik zu, um die Möglichkeit zu haben, den Völkern der Erde eine innere Befreiung und gesunde  Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen... Sein unermüdliches Eintreten für Ge­rechtigkeit in der Welt gipfelt, wie er in seiner in deutscher Sprache gehaltenen Rede ausführte, in der Forderung einer internationalen „Weltwache" der Ver­einten Nationen (UN), die Kriege ver­hindern und die Sicherheit jedes Landes garantieren soll. - Nora Winkler von Kapp"
Berliner Hefte - 2. Jahr Heft 9 November 1947 S. 713ff

 

17.10.1947
Gründung der „Musikalischen Gesellschaft Garmisch-Partenkirchen“

"Die am Mittwoch, den 22. Oktober 1947, mit einem Beethoven-Konzert im Festsaal vor die Öffentlichkeit tretende „Musikalische Gesell­schaft Garmisch-Partenkirchen" hat sich zum Ziel gesetzt, die gute Musik zu pflegen und unter diesem Zeichen die gesamte Bürger­schaft unserer Marktgemeinde und der anlie­genden Täler in einmütigem Streben zu ver­einen. Die Gesellschaft wird jährlich minde­stens zwölf Konzerte bieten, wobei die sym­phonische Musik, die Kammermusik, der künstlerische Solo-Vortrag und gelegentlich die gute heitere Muse in anmutiger Folge zu Worte kommen; auch Geselligkeit soll ge­pflegt werden. Die gesamte Bevölkerung, von den Einheimischen bis zu» den Neubürgern, wird eingeladen, sich dem hohen Bestreben der „Musikalischen Gesellschaft" zu erschlie­ßen und ihr beizutreten. Werbekarten werden verschickt, die Geschäftsstelle der Gesell­schaft und die Aufnahmebedingungen werden in der Presse bekanntgegeben werden... Bürgermeister Lödermann, Bürgermeister Schütte, MdL, Dr. Kessler, Landrat, Dr. Kupfer, Abt von Ettal, Hoffmann, Ev. Pfarrer"
Hochlandbote 17.10.1947

 

09.07.1948
Kammerspiele Garmisch-Partenkirchen – Rassensaal

Ihr Künstlerischer Leiter Dr. Johannes Kempfe ist im Juli 1948 im Alter von 58 Jahren verstorben. Die Leitung der Kammerspiele hatte er seit 1946 inne. Zugleich war er ständiger Mitarbeiter des Hochland-Boten als Musik- und Literaturkritiker. Sein Ziel war es, die beiden Theater in Garmisch-Partenkirchen fusionieren.  Seinem Freund Gustav Gründgens begegnete er in Garmisch-Partenkirchen mehrfach.

Im Gedächtnis bleibt seine Aufführung von Lessings "Nathan der Weise", inszeniert von Otto Glauert - mit Otto Glauert als Nathan, Monika Sieler als Recha und Rolf Hundertschuh als Tempelherr.
Hochlandbote 09.07.1948

 

07.09.1948
Eröffnungsvorstellung des Künstler-Theaters

Gespielt wurde Goethes „Stella“ unter der Regie von Grete Volckmar, früher Dresdner Staatstheater, mit Klaus Havenstein.

Nächste Premieren: „Die Nacht in Siebenbürgen“, dann „Jedermann“ - mit Brigitte Konopath, Ernst Schmucker, Josef Saxinger, Otto Glauert, Heinz Ostermann, Musik: Professor Alexander Blennow

„Aufruhr im Damenstift“ mit Grethe Volckmar, Hertha Ritter, Hedda Overbeck, Carola Melande, Lore Paukert unter der Regie von Otto Glauert

Hochlandbote 07.09.1948

 

30.10.1948
Wiedereröffnung des Werdenfelser Heimatmuseums

Das Museum  war seit 1939 geschlossen - 2100 Ausstellungsstücke konnten vor Beschädigungen und Plünderungen bewahrt werden. Unter der Direktion von Otto Blümel soll es neue Wege gehen.

Hochlandbote 30.10.1948

 

02.11.1948
Gründung der Künstlergilde Garmisch-Partenkirchen

Maler, Graphiker und Bildhauer bilden eine Interessengemeinschaft. Im Vorstand sind die Herren Heusel, Henel, Sammet tätig. Den Arbeitsausschuss sind die Künstler Cavael, von Salvini-Plawen, Schulz, Frau Kaiser aktiv.

Hochlandbote 02.11.1948

 

20.01.1949
Neues Zeitkabarett in Garmisch-Partenkirchen

"Unter dem etwas farblosen Namen „Die Jedermänner“ hat sich in Garmisch-Partenkirchen eine Gruppe von Schauspielern zu einem neuen Zeitkabarett zusammengetan. Man könne der Meinung sein, dass im Frühlingslüfterl der demokratischen Meinungsfreiheit aus dem entbräunten deutschen Kleinkunstwald bereits genugsam an derartigen mehr oder minder schmackhaften oder auch giften Pilzen emporgeschossen ist….“

  • Texte von Rolf Hundertschuh

  • Leonore Paukert

  • Brigitte Konopath

  • Klaus Havenstein

  • Gertrud Weberstetter

Hochlandbote 20.01.1949

 

18.05.1949
Werdenfelser Künstlerbund

"Die ständige Ausstellung des Künstlerbundes im Kreisverwaltungsgebäude hat einen Wechsel erfah­ren. Nicht nur neue Gemälde und Plastiken, son­dern auch neue Künstler stellten sich vor, und man muss feststellen, dass das Gesamtbild geschlossener, abgerundeter erscheint. Diesmal hat unstreitig die Plastik die Führung, nicht zahlenmäßig, aber durch das Gewicht ihrer künstlerischen Aussage. Altmei­ster Otto Hitzbergers Kreuztragender Christus ist ein Sinnbild des Leides, der Qual, der mensch­lichen Einsamkeit gleich einem Notschrei aus tief­bewegter Brust. Die schmerzdurchwühlte Steigerung des Ausdrucks, der an die Gefühlstiefe gotischer Ves­perbilder gemahnt, wird gleichsam gebändigt durch die lapidare Gewalt seiner strengen Vereinfachung von Umriss und Gestalt. Der blockhaft schwere und zugleich gefühlsgeladene Zusammenschluss der Mas­sen kennzeichnet auch die Tonfigur des Kauernden. Die in das Wesen der Tierseele sich einfühlende Af­fengruppe von Ursula Gräfin Schulenburg ent­wickelt ihre plastische Überzeugungskraft eben aus diesem gleichen Gefühl für den Wert der Schwere und der Geschlossenheit der Masse. Sie scheidet, wie auch der Porträtkopf des Bürgermeisters Schütte zeigt, auf individualistische Vereinzelung zielende Details aus, meidet das Abbildhafte, um in sehr sicherer Weise dank einer gut durchorganisierten Zusammenfassung der plastischen Massen Wesent­liches auszudrücken...

Unter den Gemälden sind es wieder die Bilder Karl Reisers, die mit Erstaunen fragen lassen, warum der Maler des Junimorgens in Garmisch und des Braunauer Straßenbildes sich so leicht an die rein sinnlich-optischen Oberflächenreize seiner gro­ßen Berg- und Blumenbilder im Musiksaal verliert. In den beiden genannten Bildern erweist er sehr wohl einen ökonomischen Ausgleich seiner Malmittel zugunsten einer kompositionellen Eigenge­setzlichkeit und den eigentümlichen Klang sehr per­sönlich empfundener Stimmung. Und was konnte er in dem Sonnenblumenbild erreichen! Es enthüllt doch seine Gabe der Verwandlung des Gegenstan­des in einen ornamental-dekorativen Stil im besten Sinne. Gerold Reiser scheint von hier auszugehen, um zu einem Blumenbild zu kommen, das vieles er­warten lässt...

Bleibt Gisbert Palmies Porträtkunst, zwei Frauenbildnisse, und das des Malers Pröls, eine schmeichelnde Malweise, mit Raffinement verfei­nernd, mit Bewusstheit für die Wirkung vorgetragen - eine verführerisch gleißende Augenkunst, der das Sichtbare trefflich gelingt. Im Antlitz des Malers Pröls freilich wetterleuchtet auch die menschliche Wahrheit. Man möchte einmal den Menschenschilderer Palmie kennen lernen.- Gr.Gustav  Barthel."

Hochlandbote 20.01.1949

 

 

Kino:

 

05.02.1947
Lizenzierung der Kinos in Garmisch-Partenkirchen

Hochlandkino: Karl Wagner, Treuhänder Dr. Sonneck

Kurlichtspiele: Rolf Cavael

"Der Betrieb ist von der Besatzungstruppe beschlagnahmt und für Zivilpersonen nicht zugänglich."

Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen - Schachtel 22 - 82-822 – 1445 – 133 - Gewerbewesen 1945

 

24.08.1948
Neues Kino

Der Kreisjugendausschuss schlägt vor, „das Kino als Gemeindebesitz von einem zu wählenden Kuratorium leiten zu lassen und den Erlös nach Deckung der Baukosten für soziale Zwecke zu verwenden. Das Kino darf keine politische Institution werden und darf auf keinen Fall zum kapitalistischen Unternehmen einer Einzelperson werden. Das neue Kino muss beispielgebend ein Muster sozialer Gesinnung unseres bedeutenden Fremdenverkehrsortes werden und muss sich ferner zur Aufgabe stellen, nur Spitzenfilme zu bringen, die moralisch einwandfrei sind und in keiner Weise das christliche Empfinden der überwiegenden Zahl der Bevölkerung verletzen. Außerdem soll das Unternehmen das Bestreben haben, Uraufführungstheater für in- und ausländische Filme zu werden. Gemeinderat Dr. Scheel"

Hochlandbote 24.08.1948

 

31.10.1949
„Hauptquelle der Unsittlichkeit sind unmoralische Filme“ - Tagung des Katholischen Frauenbundes

"Ettal. Kürzlich versammelten sich etwa 150 Frauen aus dem Werdenfelser Land zur alljährlichen Herbstwallfahrt des Katholischen Frauenbundes... Nach Begrüßung durch Fräulein Buzkowka hielt die neugewählte Diözesan-Vorsitzende, Frau Dr. Stoeckle, Fürstenfeld­bruck, ein Referat über den „Ruf der Zeit an die Frau“, in welchem sie an die katholischen Frauen und Mütter einen eindringlichen Warn- und Mahnruf richtete, ihre religiösen Pflichten als Ehefrauen und als Mütter zu erfüllen. Heute kämen, so sagte sie, auf eine normale Geburt in den Krankenhäusern vier .Abtreibungen; in Wirklichkeit sei jedoch die Zahl viel größer. Als eine Hauptquelle für die heutige Unsittlichkeit bezeichnete sie die unmoralischen Firme, welche die sittlichen Grundsätze in die breiten Schichten des Volkes hineintragen... Als Rettung vor dem Untergang unsere Volkes gäbe es nur eine von größtem Verantwortungsbewusstsein getragene christliche Erziehung und ein durch und durch religiöses Fa­milienleben."

Hochlandbote 31.10.1949

 

 

 

© Alois Schwarzmüller 2015