Burgrain - der "dritte Ortsteil" von Garmisch-Partenkirchen 1939-1989

 

 

 

„Das ist nur der Anfang!“

Die Gründung der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft Garmisch-Partenkirchen im Jahre 1949 - Ein Rückblick auf die Entstehung der "neuen Siedlung" in Burgrain

 

Zum Jahreswechsel 1945/46 fasste Landrat Hans Ritter die Lage nach Krieg und Diktatur so zusammen: „Zwölf Jahre stand Deutschland unter der Diktatur von Ver­brechern. Fast die Hälfte dieser Zeit tobte der von den nationalsozia­listischen Ver­brechern entfesselte Krieg. Jetzt schweigen die Waffen. Aber Not und Elend, wohin wir schauen...“

Not und Elend auch in Garmisch-Partenkirchen, auch wenn unser Ort von den gro­ßen Zerstörungen des Luftkrieges ver­schont blieb und keine nennenswerten Verluste durch andere militärische Kampfhandlungen erleiden musste. Der Landkreis Gar­misch-Partenkirchen hatte sich während des Krieges schon und noch einmal dann in den ersten Nachkriegsjahren zu einem Sammelplatz für Tausende Evakuierte aus den zerbombten Großstädten des Deutschen Reiches, Flüchtlinge und Heimatver­triebene aus Schlesien, Ostpreußen und dem Sudetenland und von den Nazis zwangsweise deportierte Ausländer entwickelt. Noch im Jahre 1949 entfielen auf 100 Einwohner des Landkreises 8 Evakuierte, 20 Heimatvertriebene und 7 "Displaced Persons".

Schlossangerstraße - 1950

Schlossangerstraße - 1951

Schlossangerstraße - 1951

Kurt Fritsch, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Burgrain - 1949 Peter Maier - Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnungsbaugenossenschaft - 1949

Die ersten Siedlungshäuser an der Schlossangerstraße und die führenden Köpfe der Wohnungsbaugenossenschaft Garmisch-Partenkirchen: Kurt Fritsch, 1. Vorstand (links) und Peter Maier, Vorsitzender des Aufsichtsrates (rechts)

Unter der Überschrift „Ostern in der neuen Heimat“ notierte der „Hochlandbote“ im April 1946: „In den Nachtstunden von Dienstag auf Mittwoch traf ein neuer Flücht­lingszug aus der Tschechoslowakei, von Mies bei Pilsen kommend, in Garmisch-Partenkirchen ein... Der Transport, es ist der dritte, brachte 144 Männer, 280 Frauen und 183 Kinder in das Loisachtal...  49 Facharbeitern, vorwiegend Maurer und Zimmerleute, wurde Garmisch-Partenkirchen als Wohnort zugewiesen... Es be­darf tatkräftiger Hilfe, das schwere Los dieser Vertriebenen, ihr Fußfassen in der neuen Heimat zu erleichtern.“

Wie sollte man der Wohnungsnot in Garmisch-Partenkirchen Herr werden? Mit den bürokratischen Mitteln der Zuzugsgenehmigung und des Wohnungszuweisungs­scheines konnte der Mangel allenfalls einigermaßen gerecht verteilt, aber nicht be­seitigt werden. Mit der Einquartierung in Privathäuser, Pensionen und Hotels ließ sich der Fremden­verkehr als lebenswichtiger Wirtschaftsfaktor des Ortes nicht so schnell beleben, wie es wünschenswert gewesen wäre. Auch mit dem Ausbau von etwa 160 Wohnräumen in der ehemaligen Artilleriekaserne ließen sich die „verworrenen Ver­hältnisse“ allenfalls lindern.

So verwundert es nicht, dass der Ruf nach einer aktiven Wohnungspolitik der Gemeinden immer lauter ertönte. Es wurde gefordert, dass jede Landkreisgemeinde wenigstens zehn neue Siedlungshäuser errichten oder doch zumindest den Baugrund dafür zur Verfügung stellen sollte.

Der Kreis schließt sich: An der Jahreswende 1948/49 appellierte Bürgermeister Georg Schütte in seinen Neujahrsgrüßen an die Garmisch-Partenkirchner Bürger, den Mut nicht zu verlieren und die Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Weiter schrieb er: „Wenn wir auch aus der Vergangenheit hart die Lehren aus allem Fal­schen ziehen müssen, so müssen wir uns doch aufraffen, uns selbst zu helfen... Der Begriff „Nächstenliebe“ muss eine wahre Realität sein und nicht nur ein billiges Lippen­bekenntnis. Nur wenn jeder erkennt, dass sich nicht er allein oder sein Berufs­stand hier retten kann, ist die Atmosphäre geschaffen, die wir brauchen, um alle Fra­gen - auf das Gesamtwohl ausgerichtet - zur Lösung bringen zu können. Dies ist die unerbittliche Lehre, die wir aus dem Jahre 1948 ziehen müssen und mit der das Jahr 1949 beginnen muss. Je entschlossener, unter gegensei­tiger Rücksichtnahme, wir uns aufraffen, unsere Armut zu bekämpfen, umso mehr verpflichten wir damit die Weltöffentlichkeit, uns den Frieden zu geben, den Frieden, den wir brauchen.“

An Frauen und Männern, die den Gedanken der Selbsthilfe als Beitrag zur Lösung des Wohnungsproblems in Garmisch-Partenkirchen aufgreifen wollten, fehlte es nicht. Sie fanden sich zusammen und gründeten im Jahre 1949 die „Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Garmisch-Partenkirchen“.

In den ersten Januartagen des Jahres 1949 trafen sich im Kreisverwaltungsgebäude auf Einladung von Landrat Dr. Kessler die Bürgermeister des Landkreises, Vertreter der Forstbehörde, des Arbeitsamtes, der Flüchtlinge, der politischen Parteien, des Bauernverbandes und der bereits bestehenden Siedlervereinigungen „zu einer Be­sprechung über den künftigen sozialen Wohnungsbau im Hinblick auf die genossen­schaftliche Bauweise“, wie der Hochlandbote am 18.1.1949 meldete.

Bei dieser Zusammenkunft wurden die Schwierigkeiten erörtert, die den geplanten Siedlungsprojekten im Wege standen. Man klagte über die Hindernisse bei der Bau­platzbeschaffung, darüber, dass „die forsteigenen Grundstücke mit Weiderechten be­legt“ seien, dass es an Baufacharbeitern für die örtlichen Siedlungsvorhaben mangle. Der Leiter des Arbeitsamtes, Dr. Lüdecke, musste mitteilen, dass eine Finanzierung der Bauvorhaben durch die Arbeitsverwaltung in Garmisch-Partenkirchen leider nicht möglich sei, da die Arbeitslosenquote bei nur 4 Prozent liege und deshalb die Vergabe von sogenannten Notstandsarbeiten für die Siedlungen von der Arbeits­verwaltung nicht finanziert werden könnte. Der Vertreter der Bayerischen Landessiedlungsgenossenschaft, Dr. Dobler, stellte in den Mittelpunkt seiner Ausführungen die „Frage der Preise“ und betonte, dass die Baukosten im Landkreis Garmisch-Partenkirchen so hoch seien, dass sie „den Bau nahezu unmöglich“ machten. Weiter führte er aus: „Die Landes-siedlungsgenossenschaft habe bisher die Häuser für ihre Siedler durch Ei­genleistung der Siedler, Mithilfe der Gemeinden, verbilligte Baustoffe und Entgegen­kommen der Einheimischen um einen Preis von 15000.- bis 17000.- DM erstellen können, um sie nach dreijähriger Abzahlzeit der Kaufpreisschuld an die Siedler als Eigentum zu über­geben.“ Ein Problem aller Siedlergenossenschaften sprach der Mittenwalder Vorsitzende, Dr. Ferchl, zum Schluss die­ser denkwürdigen Sitzung im Landkreisgebäude noch an. Er beklagte sich über „den langwierigen bürokratischen Amtsgang in den Regierungsstellen, der den praktischen Bau immer wieder hinaus­zöge“ und bat um Hilfe des Landrats. Dr. Keßler versprach denn auch, „die örtlichen Siedlervereinigungen weiter in ihrer privaten Initiative zu unter­stützen.“

Die „Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Garmisch-Partenkirchen“ - ursprünglich sollte sie den Namen  „Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsbaugenossenschaft mbH“ tragen - wurde in den ersten Wochen des Jahres 1949 ins Leben gerufen. An der Spitze der Vorstandschaft standen bei der Gründung als erster Vorsitzender Kurt Fritsch, als zweiter und dritter die Herren Bauer und Neumann. Auf­sichtsratsvorsitzender wurde Peter Maier.

Bei der ersten öffentlichen Versammlung stellte der Vor­sitzende des Aufsichtsrates die Genossenschaft der Öffentlichkeit vor und betonte dabei, dass man vor allem „durch den Bau von Kleinwohnungen versuchen wolle, der innerhalb der Gemeinde herrschenden Wohnungsnot Herr zu werden.“ (Hochlandbote, 5.3.1949) Die Ein- oder Zweifamili­enhäuser, die man errichten wollte, sollten auf dem Gelände hinter der Artillerieka­serne gebaut werden. Die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen scheint diese Pläne nicht gut geheißen zu haben. Sie bot jedenfalls ein anderes Grundstück an - die Genossenschaft sollte „zunächst mit dem Grundstück zwischen Sonnenbichl-Siedlung und Farchanter Siedlung vorliebnehmen.“ Die Farchanter Siedlung - damit waren die „Siedlungspioniere“ gemeint, die sich schon seit 1939 in Burgrain, damals noch „Farchanter Gröben“genannt,  zwischen Loisach, Lahnewiesgraben und Burgstraße niedergelassen hatten. So ganz zufrieden war man von Seiten der „Gemeinnützigen“ mit diesem Gelände nicht, „da dieses Gebiet infolge des hohen Grundwasserstandes als Baugrund ungeeignet sei.“ Die Genos­senschaft bemühte sich sehr bald schon um gute Kontakte zur Ge­meindeverwaltung und zu den Bürgermeistern, denn, so hieß es, „die soziale Wohnungsfrage sei zu dringlich, als dass die Behörde sich demgegenüber verschließen könnte.“ Die Marktgemeinde und ihre Bürgermeister gaben die notwendige Unterstützung, so dass das Unternehmen von Anfang an gedeihen konnte. Vorbildlich war auch das Bündnis zwischen der Siedlergenossenschaft und dem Hotel- und Gaststättengewerbe. Der Sprecher des Hotel- und Gast­stättenverbandes, Link, be­tonte, „dass er mit den Zielsetzungen der Genossenschaft voll übereinstimme. Garmisch-Partenkirchen sei ein Fremdenverkehrsort und nur durch die augenblickliche Wohnungsnot an dessen Ausbau behindert.“

Neben der offiziellen Gründung der „Gemeinnützigen“ sind in den ersten Wochen und Monaten des Jahres 1949 noch zwei weitere wichtige Ereignisse festzuhalten: Dem Gemeinderat von Garmisch-Partenkirchen wurde von der bayerischen Staats­regierung mitgeteilt, „dass der bisher unter dem Namen „Siedlung am Farchanter Gröben“ geführte dritte Ortsteil der Gemeinde offiziell in „Burgrainsiedlung“ umbe­nannt wurde.“ Damit war nun amtlich geworden, was im Sprachge­brauch der Siedler schon längst üblich war.

Das zweite Ereignis hängt mit dem ersten auf das Engste zusammen: „Im Burgrain“, so teilte die „Gemeinnützige“ im „Rundschreiben Nr. 1“ vom 9. April 1949 allen ihren Mitgliedern mit, könne man nun mit dem Siedlungsbau beginnen, nachdem „die Be­mühungen, die Breitenau für unsere Pläne zu pachten, gescheitert sind.“ Die Vor­standschaft hoffte, „dass wir recht bald dort den ersten Spatenstich tun können und noch im Laufe dieses Jahres die ersten Wohnungen fertiggestellt werden.“ Ganz unbürokratisch wurde den „Genossen“ mitgeteilt, dass es sich bei dem Baugrund „um das Gelände links von der Straße“ handle.

Nachdem die Grundstücksfrage endgültig geklärt war, rückten die finanziellen Fragen in den Mittelpunkt aller Überlegungen. Die Genossenschaftsmitglieder wurden im „Rundschreiben Nr. 1“ aufgefordert, ihre Anteile bei der Kreissparkasse auf die „leicht zu merkende Konto Nr. 3“ einzuzahlen. Weiter heißt es: „Zur Finanzierung unseres Projektes bitten wir Sie nochmals, soweit es in Ihrer Kraft steht, möglichst viele An­teile zu zeichnen. Je größer unser Kapital ist, das wir auf diese Weise nach­weisen können, um so größer wird die Kreditgewährung des Staates sein -  um so schneller wird das Bauvorhaben voranschreiten und um so eher kommen Sie in den Besitz einer eigenen Wohnung.“

Am 15. April 1949 erhielt die Genossenschaft die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und die Genehmigung zur Eintragung in das Registergericht -  ein wichtiger Schritt als Voraus­setzung für die Förderung der Wohnungsbaugenossenschaft durch finan­zielle Mittel der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen. Im Dezember 1949 war es so­weit: Der Gemeinderat stellte 200000.- DM zur Verfügung. Die Summe entsprach dem Wert von etwa 200000 Stundenlöhnen eines Handwerkers.

Die Entscheidung darüber, unter welchen Bedingungen die junge Genossenschaft in Burgrain von der Gemeinde ge­fördert werden sollte, war nicht einfach. Der „Hochlandbote“ berichtete darüber: „Die äußerst langatmige Debatte führte zu keinem Ergeb­nis. Nachdem Gemeinderat Maier einen ausführlichen Vor­trag über Genossenschaftsrecht hielt, währenddessen 16 von den 26 anwesenden Gemeinderäten den Saal zeitweise verließen, wurde der Punkt der Tagesordnung nochmals zur eingehenden Beratung zurückgestellt.“

Am 21. Mai 1949 legte der Vorstand den Mitgliedern der Genossenschaft erste kon­krete Pläne darüber vor, wie die Wohnungen und Hauser gedacht waren. Die Geschäftsstelle, damals übrigens in der Von-Müller-Str. 11 in Garmisch, teilte mit: „Die im Projekt vorgesehenen Wohnungen bestehen aus 2 Zimmer, Küche, Wasch­küche mit evtl. Bad, Keller, Holzschuppen, für 2 - 4 Personen u. evtl. 3 Zimmer, Kü­che usw. für 5 u. mehr Personen. Es sind 2 Familien und Vierfamilienhäuser. Jeweils sind ca. 200 qm Land für Garten vorgesehen.“ Der Preis für die Wohnungen bewegte sich zwischen 30.- und 50.- DM monatlich. Wer in Garmisch-Partenkirchen wohnte oder wer eine Zuzugserlaubnis bekommen konnte, der durfte sich Hoffnungen auf eine dieser Wohnungen machen, so­fern er als Mitglied der Genossenschaft einen oder mehrere Anteile gezeichnet hatte. An die Mitglieder, die eine größere Summe zur Ver­fügung stellen konnten, sollten auch die ersten Wohnungen vermietet werden.

Am 26. Juni 1949 wurden die Mitglieder über den Beschluss des Aufsichtsrates un­terrichtet, „für die Zwei-Familienhäuser bei einer Bevorzugung in dem ersten Bauab­schnitt mindestens 10 Anteile zu verlangen.“ Wer eine Wohnung in den Vier-Famili­enhäusern anstrebte, bei dem „würde eine geringere Zahl von Anteilen genügen.“ Und weiter hieß es: „Die Zeichnungen der Vier-Familienhäuser sind nun auch da und können besichtigt werden.“ Ein Anteil an der Wohnungsbaugenossenschaft kostete 300.- DM.

Nach all den schwierigen Vorbereitungen in finanzieller Hinsicht konnte der erste Spatenstich erfolgen. Am 3. März 1950 wandte sich der Vorstand an die Mitglieder mit der Bitte, „falls Sie irgendwelche Änderungen bzw. zusätzliche Wünsche haben, sich mit den Handwerkern in Verbindung zu setzen. Wir machen Sie jedoch darauf aufmerksam, dass Änderungen, die einen Mehraufwand an Arbeit und Material be­deuten, von Ihnen selbst geldlich getragen werden müssen.“

Die folgenden Firmen haben die Arbeiten für die Errichtung der ersten Häuser und Wohnungen 1949/50 ausgeführt:

- Bau: Firma Baudrexl, Samweberstr. 12

- Strom: Firma Hofmann, Bahnhofstraße

- Installation: Firma Anzenberger, Am Brünnl

- Malerarbeiten: Firma Winterholler, Garmisch

 

Die Ausstattung der Wohnungen war denkbar einfach: Die Badewanne, der Wäsche­kessel sowie ein zweiteiliges Spülbecken für die Küche wurden von der Genossen­schaft geliefert. Jedes Zimmer sollte über eine Mittelbeleuchtung und drei Steckkon­takte verfügen. Herde und Öfen konnten über die Genossenschaft im Großeinkauf bezogen werden.
Im Juni 1950 war es dann soweit: Die zweite Siedlung in Burgrain feierte ihr Richt­fest mit diesem Spruch:

 

„Wir flehn, dass Glück die Menschen stets erfreue,
dass Friede herrsche, Einigkeit und Recht!

So knüpft ans gute Alte sich das Neue

und baut ein Heim dem kommenden Geschlecht.

Dem Bauherrn zum Wohl - ein Segen der Gemeinde.“

 

So lautete der Richtspruch, der vom Giebel des zehnten Siedlungsbaus gesprochen wurde. Mit „weiß-blauen Mascherln“ war der kleine Tannenbaum geschmückt, der vom Dachfirst herab die Vorstandschaft, an der Spitze Herrn Fritsch, den Architekten, Herrn Werz, Bürgermeister Schütte, den US-Residenten Mr. Roessler, Gemeinde­räte, Maurer, Zimmerer, Dachdecker - und nicht zuletzt die glücklichen zukünftigen Bewohner grüßte.

Stolz wurde den Gästen eines der Häuser gezeigt, das schon in wenigen Wochen bezogen werden sollte. Der Architekt betonte vor allem, dass man mit dem Entwurf der Siedlungshäuser bereits dafür Sorge getragen habe, „dass die Kinder der Fami­lien, die hier wohnen sollen, einmal groß werden können, ohne dass sich daraus neue Wohnungsprobleme ergeben. Gelobt wurde die aufgelockerte Bauweise, die es ver­meide, die Häuser „auf Vordermann auszurichten“, so dass hier der typische Eindruck einer langweiligen Siedlungsanlage vermieden wurde.

Riedwiesenstraße - 1955

 

Blick auf die Riedwiesenstraße (links) und auf die VdK-Siedlung (rechts im Vordergrund) 


„Bis tief in die Nacht hinein“ wurde gefeiert, die Farchanter Blasmusik spielte mit 14 Mann zum Tanz auf. Unter einem Sonnendach hatte man den schön geschmückten Festplatz hergerichtet. Und optimistisch war man: „Diese zehn Häuser, die jetzt ste­hen, sind erst der Anfang,“ so äußerte sich voll Zu­versicht der Vorstandsvorsitzende Fritsch. Von 64 Wohnungen, die man insgesamt beantragt habe, seien vom Staat weitere zwölf genehmigt worden. Für die restlichen 52 benötigte man noch 208 000.- DM. Besonderen Dank richtete Fritsch an die Marktgemeinde Garmisch-Partenkir­chen, die das große Wohnungsprojekt bisher großzügig unterstützt habe.

Wenige Wochen nach dem Richtfest fand die erste Generalversammlung der „Ge­meinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft Garmisch-Partenkirchen e.G.m.b.H.“ im Gasthof „Bayernstüberl“ statt. Die finanzielle Lage der Genossenschaft wurde „durch das Entgegenkommen der Gemeindeverwaltung“ als günstig bezeichnet. Aufsichts­ratsvorsitzender Maier sprach „dem Vorsitzenden Fritsch für seine Geschicklich­keit und unermüdliche Tätigkeit besonderen Dank aus.“ Man rechnete damit, dass bis zum 1. August 1950 zwanzig Wohnungen beziehbar sein würden. Wachsendes Vertrauen wurde konstatiert, „nachdem Bevölkerung und Behörden den Plänen der Genossen­schaft zunächst mit einiger Skepsis gegenübergestanden hätten.“ Bürgermeister Schütte versprach „weiter wohlwollende Förderung der Ziele der Genossenschaft“ durch die Marktgemeinde. Herr Ebert wurde neues Vorstandsmitglied, in den Auf­sichts­rat wurden durch Ergänzungswahlen die Herren Reiser, Müller und Löbel aufge­nommen.

   
  Hebauffeier  
 der Wohnungsbaugenossenschaft Garmisch-Partenkirchen  
an der Schlossangerstraße etwa Juni 1950  
mit dem ersten Burgrainer Gasthaus - der Kantine Bauer  

(Bilder: Heinz Löbel, Burgrain)  










 

Damit gab es nur fünf Jahre nach Kriegsende einen ver­heißungsvollen Auftakt für die Schaffung des dringend benötig­ten Wohnraums in Garmisch-Partenkirchen. Die Hoffnung vieler Menschen, nach Not und Elend, nach Ge­fangenschaft und Vertreibung ein Stückchen Heimat ihr Eigen nennen zu dürfen, erfüllte sich in Burgrain.

© Alois Schwarzmüller (2005)