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Alois SchwarzmüllerBeiträge zur Geschichte des Marktes Garmisch-Partenkirchen im 20. Jahrhundert |
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Herbert L.
Snapp (1901-1991) Der erste US-Soldat, der am 29. April 1945 nach dem
Ende des Krieges das Militärregime in Garmisch-Partenkirchen führte,
war Herbert L(evere) Snapp, Major der US-Armee.[1]
Mit der 10. Division („Tiger Division“) und ihren Panzern war er von
Schongau über Oberammergau, Ettal, Oberau und Farchant am frühen Abend
dieses Tages zum Rathaus Garmisch-Partenkirchen gekommen. Dort wurde ihm
und anderen US-Offizieren von einem Gremium aus einheimischen Bürgern,
unter ihnen Georg Schütte, bis 1933 2. Bürgermeister von Partenkirchen,
der Ort formell übergeben. Der Zweite Weltkrieg war damit für den
Olympia- und Kurort Garmisch-Partenkirchen beendet. Die Folgen des
Krieges und der Diktatur sollte der Ort aber auch noch in den folgenden
Jahrzehnten spüren.
Snapp ist am 21. Dezember 1901 in dem Städtchen Champaign County in Ohio als Sohn von Leonard und Clara Bella Snapp zur Welt gekommen. Er war Nachfahre von deutschen Einwanderern mit dem Namen Schnepff. Sein Vater arbeitete als Ingenieur bei der Pennsylvania-Eisenbahngesellschaft. Herbert L. wuchs in St. Paris auf, ein kleiner Ort
nahe von Champaign County. Er besuchte die East-High-School in
Columbus, erwarb 1924 den Bachelor of Science für Landwirtschaft an der
Ohio State University und später den Master für Pädagogik. 1929
heiratete er Vergie Hammack aus Virginia, 1931 wurde Tochter Nancy
geboren. Bis 1940 war er Lehrer und Schulrat im Union County/Ohio. In
dieser Zeit diente er in der Nationalgarde von Ohio.
Sein weiterer Werdegang:[2]
Von 1940 bis 1944 diente er als Hauptmann in der 166.
Infanteriedivision der 37. US-Division in der Armee der Vereinigten
Staaten. Mit der Mobilisierung für den Zweiten Weltkrieg wurde Snapp der
Fort Benning Infantry School und der Military Government School an der
Universität von Virginia zugewiesen. Damit wurde er auf sein Amt als
Militärgouverneur in Deutschland vorbereitet. Bei Kriegsende und nach dem deutschen Zusammenbruch
wurde er entsprechend seiner Ausbildung eingesetzt bei der jeweiligen
Militärregierung in den Landkreisen Heppenheim-Munsingen,
Garmisch-Partenkirchen (30. April bis ca. Mitte Juni 1945), Donauwörth,
Deggendorf, Passau und Schongau. 1947 wurde er zum Lt.-Colonel
(Oberstleutnant) befördert.
Trotz Kriegsgräuel und deutlicher Gegnerschaft zum
Nazi-Regime hatte Snapp keine feindselige Einstellung gegenüber den
Menschen, denen er in Garmisch-Partenkirchen begegnete. Sein Enkel
schreibt: „Despite the horrors of
war and an enemy of the Nazi regime, Snapp had a genuine respect and
affection for the German people. As a military governor, his chief
desire was to re-establish order and a general harmony so that the
people could rebuild their great country with their own talents and
labor, and heal from the wounds of years of terrible warfare.“[3] Major Snapp blieb als Militärgouverneur bis Mitte Juni 1945 in Garmisch-Partenkirchen. Er ist in Erinnerung geblieben, weil er sich in der ersten Not der Menschen für vieles eingesetzt hat, was dringend benötigt wurde. Pressefreiheit und die Freiheit der Religionsausübung und die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung waren ihm große Anliegen. Für seinen Landkreis hatte Snapp kurz nach Kriegsende Dr. Franz Fux zum vorläufigen Landrat ernannt: „Er ist verantwortlich für die Handlungen und die Sicherheit. der Einwohner. Er hat gemäß den Befehlen des Offiziers der Militärregierung, Major Snapp zu handeln.“ Am 27. Juni 1945 wurde Snapp abgelöst durch Captain Allen S. Lund. Im selben Jahr folgten noch die Militärgouverneure Major Kenneth A. Mc. Intyre und Major Charles A. Heyl – vier oberste US-Repräsentanten für den kleinen Landkreis Garmisch-Partenkirchen in nur einem Jahr.[4] Die Geschichte dahinter wäre noch zu erforschen – vermutlich hat sie zu tun mit dem Verschwinden des Reichsbankschatzes, der kurz vor Kriegsende noch im Landkreis aufgetaucht war; zuerst lagerte er in einer Mittenwalder Wehrmachtskaserne, ehe er dann vergraben wurde in einem Berg am Walchensee. Immer wieder geisterte dieser „Nazi-Schatz“ durch den Landkreis. Noch 2016 wurde auf einer Mittenwalder Straße von einem niederländischen Spekulierer mit schwerem Gerät danach gegraben. Aber ohne Erfolg.
Snapp konnte seine positive Haltung gegenüber der
Presse schon nach wenigen Tagen unter Beweis stellen. Obwohl die
Militärregierung der US-Besatzungszone die Einstellung aller
Presseorgane in ihrem Verantwortungsbereich angeordnet hatte, konnte das
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt mit Snapps Zustimmung noch mehr als
zwei Monate lang fast ungehindert gedruckt werden. Unter der Rubrik
„Heimatnachrichten“ wurde mitgeteilt: „Unser Blatt erlebte in diesen
Tagen Rekordauflagen. Wir haben die letzten Nummern in einer Auflage von
12000 Stück herausgebracht, während die normale Auflage unseres Blattes
8000 Stück betrug.“ Major Snapp erklärte,
„the newspaper was good“ und
das Garmisch-Partenkirchner Tagblatt konnte trotz gegensätzlicher
Entscheidung der obersten Militärregung weiter bis zum 4. Juni 1945
erscheinen.[5]
Ein Glück für die damaligen Leser und für die heutigen Lokalhistoriker.
Aus der Sicht von
Alois Adam, Schriftleiter bis
1937, haben sich die Ereignisse so abgespielt: Am Sonntag, den 29.April
1945, besetzten die amerikanischen Truppen Garmisch-Partenkirchen. Als
Governor wurde eingesetzt Herr Major Snapp. Die Geschäfte des Landrates
wurden dem Oberregierungsrat Dr. Fux übertragen. Er erwirkte vom
amerikanischen Governor die Erlaubnis, dass das Garmisch-Partenkirchner
Tagblatt weiter erscheinen durfte. Am Mittwoch, den 2. Mai 1945 kam die
Zeitung schon wieder heraus: „Ich
übernahm selbst wieder die Schriftleitung, die ich am 1.Okt.1937 an den
mir von der Kreisleitung präsentierten Schriftleiter Brunner abgegeben
hatte. Die ersten unter der amerikanischen Besetzung erscheinenden
Nummern des Tagblattes wurden zensiert, später fiel die Zensur fast ganz
weg. Ich fand viele begeisterte und fähige Mitarbeiter. Der Inhalt der
Zeitung wurde auch von Leuten der Militärregierung als gut bezeichnet.“[6] Einen weiteren Lichtblick nach Jahren der Finsternis brachte die Aufhebung der Verdunklung, die während der vergangenen sechs Kriegsjahre zum Schutz vor Fliegerangriffen angeordnet war: „Wir nehmen es als ein gutes Symbol, dass uns die Amerikaner auch dieses Licht wieder gebracht haben und unser Ort und unsere Wohnungen wieder hell erstrahlen dürfen.“ [7]
Dabei war die Begegnung zwischen Besetzten und
Besatzern zunächst durchaus problembeladen. In seinem ersten Lagebericht
an die Militärregierung[8]
notierte der Landrat folgendes über die
Ansichten der Deutschen von den
Amerikanern: „Der
Einmarsch brachte… viele Enttäuschungen. Schuld daran mag sein, dass ein
Großteil des deutschen Volkes davon, was eine Besatzung naturgemäß an
Umstellung und Einschränkungen für die Bevölkerung mit sich bringt, noch
keine Ahnung hatte. So kann (man) sich andererseits aber auch nicht des
Eindruckes erwehren, dass die Amerikaner mit einer sehr vorgefassten
Meinung nach Deutschland gekommen sind. In der Behandlung zwischen Nazi
und Nichtnazi kann man fast keinen Unterschied feststellen.“ Über die Lebensmittel- und Sicherheitslage hieß es im Juni 1945 im dritten Monatsbericht:[9] „Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen ist ein besonders großes Zuschussgebiet für Lebensmittel aller Art. Die Lebensmittellage ist durch die Unterbringung vieler Evakuierter, durch die hier in KLV-Lagern untergebrachten Kinder und die sich immer noch hier aufhaltenden zahlreichen ausländischen Arbeiter außerordentlich angespannt.“ Von der im Landkreis eingesetzten amerikanischen Militärregierung werde die Bevölkerung aber vielfach in der Herbeischaffung von Mehl unterstützt. Die allgemeine Sicherheit war gefährdet durch Plünderungen von ehemaligen Zwangsarbeitern.
Der Garmischer Pfarrer Josef Bittel schrieb in seinem Kriegs- und Einmarschbericht
über diese Zeit an das Münchner Erzbischöfliche Ordinariat:
„So wurden gleich in der ersten
Nacht sehr viele Häuser von den Truppen belegt. Die Leute mussten
vielfach in kürzester Zeit ihre Wohnungen räumen, manche nur auf einige
Tage. Viele sind heute noch nicht in ihren Häusern, darunter viele gute
Katholiken, die immer Feinde des 3. Reiches waren, während viele
Nationalsozialisten in ihren Wohnungen sein können, was viel Erbitterung
und Unzufriedenheit schafft. Manche Truppen waren in den Häusern
anständig; in vielen Wohnungen wurde arg gehaust, viel gestohlen, viel
demoliert.“ Die Kirchen, das Pfarrhaus und das Benefiziatenhaus
blieben unbehelligt. Major Snapp rief die Geistlichen zu einer Konferenz
zusammen, in der er erklärte: „Kirchliches
Eigentum darf nicht angetastet werden; die kirchliche Lehrverkündigung
ist wieder frei, nur dürften keinerlei nationalsozialistische Lehren
vorgetragen werden; die Jugend soll wieder den Eltern gehören, nicht
mehr dem Staat; Eltern und Kirche sollen die Jugend erziehen; der
Katechismus ist das wichtigste Buch in der Hand der Kinder; die Jugend
soll, wenn es Not tut, mit Strenge angefasst werden, damit sie wieder
Zucht und Ordnung lernt."[10]
Fotos:
[1]
Denise Kay Mahan Moore, They Came Across
the Water: The Ancestors of Vergie Mae
Hammack, Late Wife of Lieutenant Colonel
Herbert L. Snapp, Retired (1987) [2] „26 pages of the official military diary of my grandfather’s time in Garmisch“ – Enkel Jeffrey Yoest 2012 (Marktarchiv Ga.-Pa.)
[3]
This short
biography was submitted by his grandson,
Jeffrey P. Yoest, 2012 [4] Military Government Detachment 236 - Security Office (1945)
[5]
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt
05.05.1945
[6]
Aus: Josef Anton Grasegger, Die
amerikanische Besatzungszone unter
besonderer Berücksichtigung der
Situation in Garmisch-Partenkirchen“
(Facharbeit Werdenfels-Gymnasium, 2000)
- Kopie der Erklärung im Anhang der
Facharbeit
[7]
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt
12.05.1945
[8]
Marktarchiv Ga.-Pa. Schachtel 38 / Nr. 1
-
ohne Datum und ohne Unterschrift –
vermutlich von Landrat Hans Ritter /
Military Intelligence Detachment 320 /
Team 269 APO 9 / Schongau
[9]
Staatsarchiv München – LRA 199450
Garmisch-Partenkirchen – Monatsberichte
LRA Garmisch 1945 – 19.06.1945
[10]
Pfarrei Garmisch - Berichterstatter:
Pfarrer Josef Bittel Datum: 30. Juli
1945 in: Peter
Pfister (Hrsg.), Das Ende des Zweiten
Weltkriegs im Erzbistum München und
Freising - Die Kriegs- und
Einmarschberichte im Archiv des
Erzbistums München und Freising -
Redaktion: Roland Götz und Guido Treffler - Teil II - Regensburg 2005
[11]
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt
12.05.1945
[13]
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt
27.06.1945 [14] s.o. 26 pages of the official military diary of my grandfather’s time in Garmisch - Enkel Jeffrey Yoest 2012 (Marktarchiv Ga.-Pa.)
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© Alois Schwarzmüller 2018 |
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